Klausel für zahlenden Bürgen

  • Mal eine Anfängerfrage eines Anwärters:
    Der Gläubiger hat eine titulierte Forderung gegen den Schuldner über 5.000 EUR. Ein Bürge hat den Gläubiger anstelle des Schuldners teilweise in Höhe von 3.000 EUR befriedigt. Der Gläubiger beantragt vollstreckbare Ausfertigung über 2.000 EUR, der Bürge über 3.000 EUR je gegen den Schuldner. Sollten beide pfänden, hätte der Gläubiger nach § 774 Abs. 1 S. 2 BGB den Vorrang.

    1. Muss ich das als Klauselerteiler irgendwie berücksichtigen bzw. verlautbaren?
    2. Darf zu Gunsten des Bürgen ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergehen, auch wenn der Gläubiger noch nicht gepfändet hat?

    Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas (Ovid, röm. Dichter, 43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

  • Hui, was für ein spezieller Fall. :eek:

    Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass ein "ganz normaler Fall" nach § 727 ZPO vorliegt. Also muss die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen oder dem Gericht offenkundig sein.

    Aus der beigefügten Beweisurkunde ergibt sich ja vermutlich, dass der Rechtsnachfolger in seiner Eigenschaft als Bürge geleistet hat?

    Die Feststellung von Rangverhältnissen würde ich nicht als Gegenstand der Klauselerteilung ansehen, sondern würde davon ausgehen, dass diese Frage erforderlichenfalls in einem Verteilungsverfahren (§§ 872 ff ZPO) zu klären wäre.


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • wie online. wenn der bürge nachweist, auf die forderung gezahlt zu haben tritt die cessio legis nach 774 bgb ein, was dazu führt, dass der titel nach 727 zpo umzuschreiben ist (zur vertiefenden lektüre vgl. auch: scheel notbz 2001, 286). es kann natürlich sein, dass 774 bgb abbedungen wurde (zur zulässigkeit: bghz 92, 374), insoweit wäre der schuldner aber darlegungs- und beweispflichtig. der bürge kann dann aus der übergegangenen forderung gegen den schuldner mittels eine pfüb pfänden, insoweit spielt 774 I 2 keine rolle (vgl. staudinger-horn, 774 rn 26). im übrigen wäre dies aber auch nicht im klauselerteilungsverfahren zu prüfen.

  • wie online. wenn der bürge nachweist, ...

    Genau da liegt der Hase im Pfeffer, ich wüsste nicht, wie sämtl. ! Vorauss. des § 774 BGB in öffentl. beglaub. Form nachgewiesen werden sollen, not. Bürgschaft OK., aber Befriedigung:gruebel:. (Klar, allseit. Zugeständnis geht immer.)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Denke auch, dass nicht sämtliche Voraussetzungen nachgewiesen werden müssen. Nur soweit, dass der Forderungsübergang belegt ist. Der Rest ist gesetzliche Folge. Wenn sich Gläubiger und Bürge nicht einig sind, müssen sie`s halt ausfechten. Aus MünchKomm/Habersack § 774 Rn 13:

    "Ein Streit zwischen Bürge und Gläubiger über den Vorrang von Sicherungsrechten ist im Wege der Drittwiderspruchs- oder Vorzugsklage nach §§ 771, 805 ZPO auszutragen; bei Streit über den Vorrang hinsichtlich der Forderung stehen die Feststellungsklage (§ 256 ZPO), Hauptintervention (§ 64 ZPO) und Widerspruch gegen den Teilungsplan (§ 115 ZVG) zur Verfügung."

  • Zitat

    Denke auch, dass nicht sämtliche Voraussetzungen nachgewiesen werden müssen. Nur soweit, dass der Forderungsübergang belegt ist. Der Rest ist gesetzliche Folge. Wenn sich Gläubiger und Bürge nicht einig sind, müssen sie`s halt ausfechten. Aus MünchKomm/Habersack § 774 Rn 13:

    "Ein Streit zwischen Bürge und Gläubiger über den Vorrang von Sicherungsrechten ist im Wege der Drittwiderspruchs- oder Vorzugsklage nach §§ 771, 805 ZPO auszutragen; bei Streit über den Vorrang hinsichtlich der Forderung stehen die Feststellungsklage (§ 256 ZPO), Hauptintervention (§ 64 ZPO) und Widerspruch gegen den Teilungsplan (§ 115 ZVG) zur Verfügung."

    vielleicht verstehe ich das jetzt falsch aber: m.e. bezieht sich 774 I 2 lediglich auf sicherungsrechte, die unmittelbar auf die forderung bezogen sind, d.h. entweder akzessorische sicherungsrecht, die gemäß 774 I, 412, 401 I mit der forderung mit übergehen oder nichtakzessorische sicherungsrechte, bzgl. denen eine schuldrechtliche verpflichtung zur übertragung besteht. wenn der bürge aber nun irgendeine forderung des schuldners per pfüb pfändet, ist 774 I 2 doch gar nicht berührt oder?

  • Worauf willst du jetzt genau hinaus? Hat der Gläubiger bereits gepfändet, geht mit der Forderung auch das Pfandrecht auf den Bürgen über (vgl. Zöller/Stöber § 804 Rn 12). Wird der Bürge noch pfänden, kann er gegenüber dem Gläubiger wegen Absatz 1 Satz 2 ebenfalls keinen Vorteil erlangen. Für die Klauselerteilung bleibt das ohne Bedeutung.

  • Denke auch, dass nicht sämtliche Voraussetzungen nachgewiesen werden müssen. Nur soweit, dass der Forderungsübergang belegt ist. Der Rest ist gesetzliche Folge. ...

    Und das ist er erst, wenn sämtliche gesetzl. Vorauss. vorliegen. Allein die Zahlung belegt dies nicht, da die Forderung nur ! übergeht, wenn wirksame Bürgschaft und Zahlung hierauf etc.. Beim vergleichbaren Forderungsübergang gem. § 426 Abs. 2 S. 1 BGB reicht selbst der Zahlungsnachweis eines Gesamtschuldners nicht aus, vgl. OLG Karlsruhe, 20.03.2000, 7 W 8/00.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Zitat

    Worauf willst du jetzt genau hinaus? Hat der Gläubiger bereits gepfändet, geht mit der Forderung auch das Pfandrecht auf den Bürgen über (vgl. Zöller/Stöber § 804 Rn 12).

    richtig, in diesem fall darf m.e. der gläubiger vor dem bürgen befriedigung aus dem sicherungsrecht suchen.

    Zitat

    Wird der Bürge noch pfänden, kann er gegenüber dem Gläubiger wegen Absatz 1 Satz 2 ebenfalls keinen Vorteil erlangen.

    das sehe ich anders. wenn der bürge noch pfändet, steht das pfandrcht ja in keiner unmittelbaren verbindung mit der forderung. dann aber greift 774 I 2 auch nicht.

    Zitat

    Für die Klauselerteilung bleibt das ohne Bedeutung.

    das ist klar. die ausführungen in #7 waren rein interessehalber.

    Zitat

    Und das ist er erst, wenn sämtliche gesetzl. Vorauss. vorliegen. Allein die Zahlung belegt dies nicht, da die Forderung nur ! übergeht, wenn wirksame Bürgschaft und Zahlung hierauf etc.. Beim vergleichbaren Forderungsübergang gem. § 426 Abs. 2 S. 1 BGB reicht selbst der Zahlungsnachweis eines Gesamtschuldners nicht aus, vgl. OLG Karlsruhe, 20.03.2000, 7 W 8/00.

    zustimmung. in betracht käme wie von dir schon gesagt das geständnis des klauselschuldners. eventuell noch eine geständnisfiktion (138 III zpo - die anwendung im klauselverfahren soll aber strittig sein)?

  • Zitat

    Wird der Bürge noch pfänden, kann er gegenüber dem Gläubiger wegen Absatz 1 Satz 2 ebenfalls keinen Vorteil erlangen.

    das sehe ich anders. wenn der bürge noch pfändet, steht das pfandrcht ja in keiner unmittelbaren verbindung mit der forderung. dann aber greift 774 I 2 auch nicht.

    Muß es das? Woraus ergibt sich, dass bereits eine Verbindung bestehen muß? Pfändet der Gerichtsvollzieher nachträglich aufgrund der übergegangenen Forderung das Auto des Schuldners und reicht es bei der Erlösverteilung nicht für Gläubiger und Bürge, wird der Bürge nach dem Wortlaut der Norm mit seinem Teil der Forderung zurückstehen müssen.

  • Zitat

    Muß es das? Woraus ergibt sich, dass bereits eine Verbindung bestehen muß? Pfändet der Gerichtsvollzieher nachträglich aufgrund der übergegangenen Forderung das Auto des Schuldners und reicht es bei der Erlösverteilung nicht für Gläubiger und Bürge, wird der Bürge nach dem Wortlaut der Norm mit seinem Teil der Forderung zurückstehen müssen.

    ich lese das aus der fundstelle staudinger-horn, 774 rn 26 heraus:

    "Einigkeit besteht aber darüber, dass im Übrigen ein Vorrang des Gläubigers nach Abs 1 S 2 nicht in Betracht kommt, wo es um andere Rechte des Gläubigers geht, die mit dem verbürgten Anspruch und den Nebenrechten nicht zusammenhängen, zB wenn mit der Hauptforderung ein Grundpfandrecht übergeht oder übertragen wird, so tritt dieses Grundpfandrecht nicht gegenüber anderen Grundpfandrechten zurück; diese behalten ihren im Grundbuch festgelegten Rang (BGHZ 110, 41, 46)."

    ich sehe den normzweck von I 2 darin, dass der gläubiger ggü dem bürgen vor einer beeinträchtigung des ursprünglichen sicherungszwecks der bürgschaft gesichert werden soll, nicht allgemein vor wirtschaftl. beeinträchtigungen.

  • Staudinger nimmt als Beispiel dafür, das dem Gläubiger nicht der Vorrang gebührt, die nicht akzessorische Grundschuld. Was einzusehen ist. Aber bezüglich der Hauptforderung ("dem verbürgten Anspruch"; Staudinger a.a.O.) eben schon. Wäre doch ein seltsamens Ergebnis, wenn der Bürge noch aufgrund seiner nachrangigen Hauptforderung pfändet und dieses Pfandrecht dann dem Gläubiger gegenüber besserrangig wäre.

  • Mich würde hier in erster Linie interessieren, wie der gesetzliche Übergang formal nachgewiesen wurde. Hierzu fehlen gänzlich die Informationen.
    Ich bin da ganz bei Wobder mit seinen Hinweisen und bezweifele, ob eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO hier so reibungslos funktioniert.

    Der Rest sind Folgeprobleme. Wenn ein Titel mit Teilrechtsnachfolgeklausel für den Bürgen vorliegt, dann kann er daraus auch vollstrecken, natürlich auch mittels PfÜB. Die Rangfolge ergibt sich aus § 804 III ZPO.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • m.e. bezieht sich 774 I 2 lediglich auf sicherungsrechte, die unmittelbar auf die forderung bezogen sind

    Wenn ein Titel mit Teilrechtsnachfolgeklausel für den Bürgen vorliegt, dann kann er daraus auch vollstrecken, natürlich auch mittels PfÜB. Die Rangfolge ergibt sich aus § 804 III ZPO.

    Hat mir jetzt keine Ruhe gelassen. Ist aber offenbar tatsächlich so, dass der Bürge bei teilweiser Befriedigung des Gläubigers nur bei der Verwertung von bereits bei Zahlung bestehenden (und infolge übergegangenen/übertragenen) Sicherungsrechten Rang nach dem Gläubiger hat. Trotz Abs. 1 S. 2 aber nicht automatisch auch bei künftigen Pfändungen.

    Seltsamer Weise wird dann aber andererseits Abs. 1 S 2 als Begründung dafür herangezogen, weshalb der Gläubiger bei Zahlung des Bürgen vor Insolvenzeröffnung bis zu seiner vollen Befriedigung die Quote, die eigentlich dem Bürgen zusteht, fordern kann. Eigentlich sollte man doch davon ausgehen, dass bei Eröffnung nach der Zahlung auch dabei wieder eine Benachteiligung des Gläubigers möglich ist.

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