Anruf aus der Psychiatrie

  • Das ist doch tägliche Routine auf der RASt. Klage aufnehmen, über Kostenfolge aufklären und weiter damit. Wenn er wieder kommt, altes Protokoll nehmen, Copy + Paste, aktualisieren und wieder weiter damit. Täglich grüßt das Murmeltier. Irgendwann vergeht die Lust... Bei uns zwar schneller als bei ihm, aber das ist Berufsrisiko.

  • In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen "Stammkunden", der bevorzugt freitags am späten Vormittag erschien und bei der RASt meines bayerischen AGs einen PKH-Antrag für eine neue Klage beim LG Bonn wegen Schadensersatz von mehreren Mio € aufgenommen haben wollte.

    Stets hatte er - neben einer Klappkiste mit Aktenordnern - bereits eine Entscheidung des LG Bonn dabei, in der sein PKH-Antrag in gleicher Sache mit einer 24seitigen Begründung mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen wurde.

    Gemäß §§ 118, 129a, 496 ZPO hätte man ja grundsätzlich den schwarzen Peter am Amtsgericht, aber da die Beschwerdefrist gegen die PKH-Ablehnung schon lange rum war, haben wir ihn immer weggeschickt.

    Einmal hatte er aber das Glück seines Lebens: Ich war nicht da, meine beiden Vertreter (die ihn auch schon kannten) und die Notvertreter aus der Nachbarabteilungen waren nicht da - der dienstjüngste Kollege musste ran. Der nahm den Antrag auf. Leider kam er trotzdem nicht weiter, das böse LG Bonn wies auch diesmal zurück. In die Beschwerde wollte er aber komischerweise nicht.

    Trotzdem kommt er immer wieder...

    In diesem Extremfall nehme ich wegen groben Unfugs kein Protokoll auf, allein die Vorstellung, sich durch die Ordner zu wühlen und eine Begründung zu fertige, in der ich dem OLG darlege, warum drei Richter am LG in 24 Seiten Begründung falsch liegen, ist ja schon grausam.

    Zum Glück ist dieser Antragsteller ein Netter, der versteht, warum wir nichts aufnehmen, und dann wieder geht.

    Trotzdem kommt er immer wieder...

  • Das ist doch tägliche Routine auf der RASt. Klage aufnehmen, über Kostenfolge aufklären und weiter damit. Wenn er wieder kommt, altes Protokoll nehmen, Copy + Paste, aktualisieren und wieder weiter damit. Täglich grüßt das Murmeltier. Irgendwann vergeht die Lust... Bei uns zwar schneller als bei ihm, aber das ist Berufsrisiko.

    Wenn es doch nur so einfach wäre... Das ist eine ganze Palette an verschiedenem Zeug: Unterlassung, Schadenersatz, Schmerzensgeld, Herausgabeansprüche, irgendwelche Auskunftsansprüche.


    Da geht es einmal quer durch das BGB, weil er mit jedem potentiellen Beklagten ein anderes Problem hat. Wenn den einfach nur ein halbes dutzend Leute abhören würden, wäre das halb so wild. Das einzige, was diese ganzen Sachen gemeinsam haben, ist der Umstand, dass die Klagen offensichtlich unbegründet (i.d.R. nicht einmal ansatzweise schlüssig) sind.

    Im Grunde genommen habe ich eigentlich nur Mitleid mit dem, aber ich kann ihm schlicht nicht helfen. Schlimm ist halt der Umstand, dass er von Dritten noch in seinem Wahn bestärkt wird. Ich fürchte so wird da nie Ruhe einkehren und ich werde noch einige Protokollierungstermine vor mir haben.

    2 Mal editiert, zuletzt von Corypheus (8. Juli 2019 um 13:44) aus folgendem Grund: Nach Hinweis von Kai etwas gekürzt

  • So bitter es ist, aber die Klage aufnehmen, nachdem du ihn eindringlich über das Kostenrisiko belehrt hast, ist der einzig gangbare Weg.
    Die Entscheidung über die Geschäftsfähigkeit und die Anregung einer Betreuung würde ich dem Richter überlassen.

    Ich habe auch gerade wieder so eine Kandidatin, absolut beratungsresistent und mit stabilem Wahngebilde.

    Nachdem die ersten Verfahren kostenpflichtig abgewiesen, die PKH jeweils abgelehnt und ein Bereuungsverfahren angeregt wurde, ist sie aber tatsächlich vorsichtiger geworden...auch wenn sie mir unterstellt, dass ich mit denen allen unter einer Decke stecke. Damit kann ich aber leben.

    Vielleicht muss deiner da auch erst mal hinkommen.

    Solche Antragsteller kommen und sind eine Weile extrem nervig aber sie gehen auch irgendwann wieder.

  • "...erklärte Herr xyz, ausgewiesen durch Personalausweis, nach eindringlicher Erklärung über das Kosten- und Prozessrisiko: Ich bestehe auf die Aufnahme folgender Erklärung:

    (Klagetenor)

    Gründe:
    Zur Begründung verweise ich auf die Anlage.

    Unterschrift

    geschl. Rpfl"

    Da er die Begründung selbst liefert und - hoffentlich - des Schreibens mächtig ist, mag er diese doch bitte auch selbst schreiben.
    Ich bin keine Tippse. Ich bin dafür da, einen rechtlich sauberen Antrag, der zulässig und zumindest schlüssig erscheint, zur Verfahrenseinleitung zu fertigen. Wer möchte, dass ich Blödsinn protokolliere, der kriegt immerhin einen rechtlich sauberen Antrag, darf seinen Blödsinn aber schön selbst zusammenschreiben. Oder ich bin so nett, drucke ihm einen "Muster-Tenor" aus und er kann auch die komplette Klage selbst fertigen.

    Sorry, aber meines Erachtens stellt ihr hier unser Licht mächtig unter den Scheffel. Warum ist denn gerade der Rpfl nach § 24 RpflG für die Protokollierung von Klagen zuständig? Damit eben zielführende, schlüssige Klageanträge eingehen, die rechtlich im Hinblick auf ihre Zulässigkeit und Schlüssigkeit grob vorgeprüft wurden.
    Wir sind nicht dafür da, jeden Mist aufzunehmen, sondern im Gegenteil auch deutlich zu sagen: Nein, das ist unzulässig bzw. unschlüssig, das protokolliere ich nicht.

    Wir sind kein Dienstleister, der es jedem "Kunden" recht machen muss. Wir sind ein wichtiger Bestandteil der Judikative. Klar freut sich der Richter über eine billige Nummer, mit der er schnell fertig wird. Die Zeit, die wir dafür aufbringen, wird uns aber an keiner Stelle auch nur ansatzweise berücksichtigt, weder in PEBB§Y, noch anderswo.

    Da bin ich absolut Idealist.
    Klar, wenn auch nur ein Funken Schlüssigkeit gegeben sein könnte, protokolliere ich auch eher, als dass ich ablehne. Aber bei so einem eindeutigen Unfug bin ich raus!

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Corypheus,

    wir sind uns ganz bestimmt alle einig, dass du in deiner Situatin nicht zu beneiden bist. Hab da mal ein bisschen recherchiert und tatsächlich etwas interessantes gefunden

    Es besteht Uneinigkeit darüber, ob bei Weigerung des Rechtspflegers, Anträge oder Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle aufzunehmen, dem Beschwerten die Möglichkeit der Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG zusteht (für die Erinnerung: KG v. 09.02.2009 - 11 W 1/09, Rpfleger 2009, 304-305 mit Darstellung des Streitstandes; offen gelassen: OLG Frankfurt v. 31.10.2011 - 3 Ws 1022/11, NStZ-RR 2012, 54-55).

    Fakt ist aber, dass die Protokollierung überhaupt nur in engen Ausnahmefällen abgelehnt werden kann und die Wertung unverständlich gebliebener oder querulatorischer Erklärungen grundsätzlich dem Prozessgericht zu überlassen ist. Eine Ablehnung einer etwaigen (trotz Hilfeleistung des Urkundsbeamten nicht behebbaren) Unverständlichkeit, Verworrenheit, fehlen jeden vernünftigen Anlasses (Querulanten) oder übermäßigen Umfangs der Erklärung kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Das ist dann der Fall, wenn in der Inanspruchnahme der Protokollierung ein Missbrauch der Rechtspflege liegt (KG a.a.O., Rn 11 juris).

    Darauf hin müsste man also die Prüfung ausrichten.

    Zum Meinungsstreit dürfte nach meiner Auffassung die Dienstaufsichtsbeschwerde der richtige Weg sein und nicht die Erinnerung, weil es sich entgegen der Bewertung des KG bei der Protokollierung nicht um eine echte gerichtliche Entscheidung handelt (KG Rn 7. juris). Eine Entscheidung setzt immer ein irgendwie geartetes Verfahren voraus, welches in den Verfahrensgesetzen geregelt ist (ZPO, FamFG etc). Es wird entweder von Amts wegen, oder auf Antrag eingeleitet. Hieran fehlt es bei der Protokollierung jedoch. Weder kann man sagen, dass der Rechtspfleger von Amts wegen Erklärungen aufnimmt, sondern ja auf Wunsch des Rechtssuchenden. Ein "Antrag auf Stellung eines Antrages" ist gleichfalls nirgends geregelt und jawohl Quatsch.
    Die vom KG (Rn 8, juris) genannte Rechtsschutzgarantie kann auch durch die Justizverwaltung gewährleistet werden, in dem es im Verwaltungsweg im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde die "Entscheidung" überprüft. Letztendlich ist diese ja auch dafür zuständig, die verfassungsrechtlich zustehenden Voraussetzungen für die Gewährung des Rechtsschutzes durch die Gerichte zu schaffen.

  • Sorry, aber meines Erachtens stellt ihr hier unser Licht mächtig unter den Scheffel. Warum ist denn gerade der Rpfl nach § 24 RpflG für die Protokollierung von Klagen zuständig? Damit eben zielführende, schlüssige Klageanträge eingehen, die rechtlich im Hinblick auf ihre Zulässigkeit und Schlüssigkeit grob vorgeprüft wurden.

    Wir sind nicht dafür da, jeden Mist aufzunehmen, sondern im Gegenteil auch deutlich zu sagen: Nein, das ist unzulässig bzw. unschlüssig, das protokolliere ich nicht.

    Diese Meinung kann ich daher auch nicht teilen. Wir dürfen uns tatsächlich nicht als Tippsen, oder nur als einen wichtigen Bestandteil der Judikative, sondern in dem Augenblick als wichtiges Bindeglied zur Gewährleistung der verfassungsmäßigen Rechtsweggarantie betrachten. Und deshalb sind wir zur Protokollierung bis auf in ganz engen Grenzen zu ziehende Ausnahmen verpflichtet...Auch wenn es manchmal schwer fällt.


    PS: Vielleicht kann deine Verwaltung mal über eine Spracherkennungslösung für umfangreiche Protokollierungen nachdenken.

    Einmal editiert, zuletzt von ruki (5. Juli 2019 um 09:05) aus folgendem Grund: so viele Rechtschreibfehler ... wer noch immer welche findet, darf sie behalten ;-)

  • :daumenrau

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Das ist doch tägliche Routine auf der RASt. Klage aufnehmen, über Kostenfolge aufklären und weiter damit. Wenn er wieder kommt, altes Protokoll nehmen, Copy + Paste, aktualisieren und wieder weiter damit. Täglich grüßt das Murmeltier. Irgendwann vergeht die Lust... Bei uns zwar schneller als bei ihm, aber das ist Berufsrisiko.

    Wenn es doch nur so einfach wäre... Das ist eine ganze Palette an verschiedenem Zeug: Unterlassung, Schadenersatz, Schmerzensgeld, Herausgabeansprüche, irgendwelche Auskunftsansprüche.


    Da geht es einmal quer durch das BGB, weil er mit jedem potentiellen Beklagten ein anderes Problem hat. Wenn den einfach nur ein halbes dutzend Leute zusammen mit dem BND abhören würden, wäre das halb so wild. Das einzige, was diese ganzen Sachen gemeinsam haben, ist der Umstand, dass die Klagen offensichtlich unbegründet (i.d.R. nicht einmal ansatzweise schlüssig) sind.

    Wenn für die Klagen eindeutig das LG zuständig ist, dann besteht für Anwaltszwang. Davon ist auch die Klageschrift umfasst. Eine solche zu Protokoll erklärte Klage ist somit offensichtlich unzulässig. Zumindest bei diesen Fällen kannst du die Protokollierung ablehnen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Das ist doch tägliche Routine auf der RASt. Klage aufnehmen, über Kostenfolge aufklären und weiter damit. Wenn er wieder kommt, altes Protokoll nehmen, Copy + Paste, aktualisieren und wieder weiter damit. Täglich grüßt das Murmeltier. Irgendwann vergeht die Lust... Bei uns zwar schneller als bei ihm, aber das ist Berufsrisiko.

    Wenn es doch nur so einfach wäre... Das ist eine ganze Palette an verschiedenem Zeug: Unterlassung, Schadenersatz, Schmerzensgeld, Herausgabeansprüche, irgendwelche Auskunftsansprüche. Da geht es einmal quer durch das BGB, weil er mit jedem potentiellen Beklagten ein anderes Problem hat. Wenn den einfach nur ein halbes dutzend Leute zusammen mit dem BND abhören würden, wäre das halb so wild. Das einzige, was diese ganzen Sachen gemeinsam haben, ist der Umstand, dass die Klagen offensichtlich unbegründet (i.d.R. nicht einmal ansatzweise schlüssig) sind.

    Wenn für die Klagen eindeutig das LG zuständig ist, dann besteht für Anwaltszwang. Davon ist auch die Klageschrift umfasst. Eine solche zu Protokoll erklärte Klage ist somit offensichtlich unzulässig. Zumindest bei diesen Fällen kannst du die Protokollierung ablehnen.

    Ich habe die Angelegenheit vertagt und bin mit dem Kläger so verblieben, dass ich nur den Tenor formuliere und er die Gründe schreibt. Normal halte ich davon wenig und schreibe die Gründe selbst. In der Regel sind die Gründe, welche das Publikum schreibt, nicht zu gebrauchen: Sie fixieren sich auf Nebensächlichkeiten, schildern die bisherigen Abläufe weder chronologisch noch wirklich nachvollziehbar / schlüssig. Mit solchen Kleinigkeiten wie Beweisangeboten hat sich bisher noch kein einziger aufgehalten ;). Es steht zwar zu befürchten, dass mein Tenor nichts mit dem "Werk" des Klägers zu tun hat, aber dadurch dürften die Erfolgsaussichten der Klage auch nicht mehr signifikant sinken. Je nachdem, wie übel der Termin läuft, werde ich eine Abschrift der Klage an das Betreuungsgericht schicken. Sofern im Betreuungsverfahren eindeutig herauskommt, dass der Kläger nicht geschäftsfähig ist, werde ich eventuell künftige Protokollierung verweigern.

    2 Mal editiert, zuletzt von Corypheus (8. Juli 2019 um 13:48) aus folgendem Grund: Nach Hinweis von Kai begzl einiger Nebensächlichkeiten gekürzt

  • Ich möchte vorsorglich darauf hinweisen, dass das Forum öffentlich - und damit potentiell auch für konkrete Verfahrensbeteiligte - einsehbar ist. Zum Schutz der Verfahrensbeteiligten und zum eigenen Schutz sollte gerade in eher persönlichen Angelegenheiten auf eine zu detaillierte Schilderung verzichtet werden.

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