§ 811 Nr. 5 ZPO bei Nebentätigkeit

  • Ich sitze hier gerade über folgendem Problem:

    Der Schuldner war bis 2009 selbständiger Tontechniker und verfügt über eine Aufnahmeanlage mit einem Zeitwert von ca. 6.000,00 €. Nunmehr ist er seit einem Jahr angestellt tätig und seit März in Insolvenz. Im Rahmen seiner unselbständigen Tätigkeit benötigt er die Anlage nicht zwingend, so dass diese insofern nicht gem. § 811 Nr. 5 ZPO unpfändbar wäre. Allerdings übt der Schuldner seine Selbständigkeit als Nebentätigkeit weiter aus und benötigt hierfür die Anlage . Unpfändbarkeit bezogen auf die angestellte Tätigkeit liegt nicht vor. Oder ist aufgrund von Art. 12 GG davon auszugehen, dass auch bei der Nebentätigkeit Unpfändbarkeit vorliegt? Ich habe jetzt leider keinen ZPO Kommentar zur Hand, um das zu überprüfen.

  • Nebentätigkeit nicht ausreichend: AG Mannheim vom 24.04.2003 -13 M 8/03-, wobei ich nur den Leitsatz finde.

    Ggf. könnte eine Austauschpfändung infrage kommen?

    Treiben wir es auf die Spitze: Das Gerät ist 60.000€ wert und der Schuldner verdient damit 1.000€ im Jahr. Jeder vernünftig denkende Mensch würde das Gerät versilbern und damit Schulden bezahlen und ich hoffe auch die Vernunft der Gerichte, dass die in einem solchen Fall entsprechend entscheiden würden.

    Es bleibt daher die Frage, wann die Grenze der Verhältnismäßigkeit unter-/überschritten ist, und damit kommt es zur Einzelfallbetrachtung.

  • Ich sitze hier gerade über folgendem Problem:

    Der Schuldner war bis 2009 selbständiger Tontechniker und verfügt über eine Aufnahmeanlage mit einem Zeitwert von ca. 6.000,00 €. Nunmehr ist er seit einem Jahr angestellt tätig und seit März in Insolvenz. Im Rahmen seiner unselbständigen Tätigkeit benötigt er die Anlage nicht zwingend, so dass diese insofern nicht gem. § 811 Nr. 5 ZPO unpfändbar wäre. Allerdings übt der Schuldner seine Selbständigkeit als Nebentätigkeit weiter aus und benötigt hierfür die Anlage . Unpfändbarkeit bezogen auf die angestellte Tätigkeit liegt nicht vor. Oder ist aufgrund von Art. 12 GG davon auszugehen, dass auch bei der Nebentätigkeit Unpfändbarkeit vorliegt? Ich habe jetzt leider keinen ZPO Kommentar zur Hand, um das zu überprüfen.

    Was verdient er denn in der selbstsändigen Nebentätigkeit?

  • Nach den bisherigen Angaben des SChuldners (BWAs etc. liegen mir aber noch nicht vor) beläuft sich der Jahresumsatz auf ca. 15.000,00 €. Ich überlege mir derzeit, ob in entsprechender Anwendung des § 295 Abs. 2 InsO eine gewisse Ausgleichszahlung des Schuldners für den Wert verlangt werden kann. Ich meine, das mal in einem Kommentar gelesen zu haben.

  • Nach den bisherigen Angaben des SChuldners (BWAs etc. liegen mir aber noch nicht vor) beläuft sich der Jahresumsatz auf ca. 15.000,00 €. Ich überlege mir derzeit, ob in entsprechender Anwendung des § 295 Abs. 2 InsO eine gewisse Ausgleichszahlung des Schuldners für den Wert verlangt werden kann. Ich meine, das mal in einem Kommentar gelesen zu haben.

    Er ist doch wohl noch im eröffneten Verfahren, oder? Dann kannst Du doch (fast) alles einheimsen.

    Ich weiß nicht, ob das mit § 295 Abs. 2 InsO klappten könnte. Er steht doch in einem Arbeitsverhältnis und dass er noch nebenbei selbstständig sein könnte, hat der Gesetzgeber wohl nicht bedacht und deshalb nicht geregelt.

    Zusammenrechnung scheidet auf jeden Fall aus.

  • Unselbständige Nebentätigkeit wäre Mehrarbeit i.S.d. § 850a ZPO und damit zur Hälfte pfändbar.

    Das halte ich auf den fiktiven Pfändungsbetrag nach § 295 Abs. 2 InsO für direkt übertragbar.


    :dagegen: Das wäre eine unzulässige Zusammenrechnung, weil AE und Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nicht zusammengerechnet werden können. Wie Du schreibst, halt eben nur unselbstständige Nebentätigkeit.

  • Klar keine Zusammenrechnung, da selbständig.

    Die Regelung kann man aber direkt übertragen. Die Zahlungpflicht nach § 295 II InsO besteht also in Höhe des hälftigen fiktiven Pfändungsbetrags.

    Ich sehe das eher als Regelungslücke des Gesetzgebers, weil er das nicht bedacht hat (ist ja auch nichts neues oder ungewöhnliches).

    Aber wenn man den Absatz liest, muss man doch darauf kommen, dass es eine Odervorschrift zu Abs. 1 ist:

    Soweit der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre.


    Und da er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen ist, gibt es keinen Grund, für den Nebenjob, den er ja nicht ausüben muss, ebenfalls von einem angemessenen Dienstverhältnis (zusätzlich) auszugehen.

    Zwei angemessene Dienstverhältnisse ist eines zuviel, bzw. nicht mehr (nur) angemessen.

  • Wenn wir nun den Bogen zum Ausgangs-SV schlagen, würde ich die Meinung vertreten, dass wenn die selbständige Tätigkeit nicht angemessen :cool: ist, sie auch nicht zu einem Pfändungsschutz führen kann. Da muss der Schuldner eine Entscheidung treffen.

  • Wenn wir nun den Bogen zum Ausgangs-SV schlagen, würde ich die Meinung vertreten, dass wenn die selbständige Tätigkeit nicht angemessen :cool: ist, sie auch nicht zu einem Pfändungsschutz führen kann. Da muss der Schuldner eine Entscheidung treffen.

    Wenn man die Frage hinsichtlich der Angemessenheit zu der unselbstständigen Tätigkeit mit "Ja" beantwortet, stellt sich die Frage hinsichtlich der Angemessenheit doch gar nicht. Es geht doch bei der selbstständigen Tätigkeit darum, den TH so zu stellen, als wäre er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen.

    Und das ist er scheinbar, sonst hätte Reifenpanne das doch geschrieben.

  • Die Tätigkeit des Schuldners in seinem Anstellungsverhältnis kann man im vorliegenden Fall ganz eindeutig als angemessenes Dienstverhältnis ansehen.

  • Die Tätigkeit des Schuldners in seinem Anstellungsverhältnis kann man im vorliegenden Fall ganz eindeutig als angemessenes Dienstverhältnis ansehen.

    Also im eröffneten Verfahren alles aus der Selbstständigkeit kassieren und ab Aufhebung des Verfahrens vergessen.

  • Die Tätigkeit des Schuldners in seinem Anstellungsverhältnis kann man im vorliegenden Fall ganz eindeutig als angemessenes Dienstverhältnis ansehen.

    Also im eröffneten Verfahren alles aus der Selbstständigkeit kassieren und ab Aufhebung des Verfahrens vergessen.

    Ich glaube, wir reden in diesem Punkt etwas aneinander vorbei. Mir geht es jetzt vorrangig darum, vom Schuldner eventuell eine Art Ausgleichszahlung für den Wert der Aufnahmeanlage zu verlangen, wenn ich sie ihm für seine Selbständigkeit überlasse. Ohne Selbständigkeit wäre die ja zweifelsfrei pfändbar und könnte verwertet werden. Jetzt übt er neben seiner Haupttätigkeit eine Nebentätigkeit aus und "blockiert" so die Verwertung, wenn man aufgrund der Nebentätigkeit von einer Unpfändbarkeit gem. § 811 Nr. 5 ZPO ausgeht. In diesem Zusammenhang meine ich eben irgendwo mal gelesen zu haben, dass der Schuldner in Anlehnung an § 295 Abs. 2 InsO eine Art Wertersatz für die Anlage zu leisten hat.

  • Die Tätigkeit des Schuldners in seinem Anstellungsverhältnis kann man im vorliegenden Fall ganz eindeutig als angemessenes Dienstverhältnis ansehen.

    Also im eröffneten Verfahren alles aus der Selbstständigkeit kassieren und ab Aufhebung des Verfahrens vergessen.

    Ich glaube, wir reden in diesem Punkt etwas aneinander vorbei. Mir geht es jetzt vorrangig darum, vom Schuldner eventuell eine Art Ausgleichszahlung für den Wert der Aufnahmeanlage zu verlangen, wenn ich sie ihm für seine Selbständigkeit überlasse. Ohne Selbständigkeit wäre die ja zweifelsfrei pfändbar und könnte verwertet werden. Jetzt übt er neben seiner Haupttätigkeit eine Nebentätigkeit aus und "blockiert" so die Verwertung, wenn man aufgrund der Nebentätigkeit von einer Unpfändbarkeit gem. § 811 Nr. 5 ZPO ausgeht. In diesem Zusammenhang meine ich eben irgendwo mal gelesen zu haben, dass der Schuldner in Anlehnung an § 295 Abs. 2 InsO eine Art Wertersatz für die Anlage zu leisten hat.

    Für mich gehört die Anlage nach § 35 InsO zum Vermögen des Schuldners und ist zu verwerten.

    Was wäre eine sinnvolle Verwertung? Soll doch der Insolvenzschuldner die Anlage aus der Insolvenzmasse kaufen.

    Alle wären zufrieden und das rechtliche Problem gelöst. :D

  • Die Tätigkeit des Schuldners in seinem Anstellungsverhältnis kann man im vorliegenden Fall ganz eindeutig als angemessenes Dienstverhältnis ansehen.

    Also im eröffneten Verfahren alles aus der Selbstständigkeit kassieren und ab Aufhebung des Verfahrens vergessen.

    Ich glaube, wir reden in diesem Punkt etwas aneinander vorbei. Mir geht es jetzt vorrangig darum, vom Schuldner eventuell eine Art Ausgleichszahlung für den Wert der Aufnahmeanlage zu verlangen, wenn ich sie ihm für seine Selbständigkeit überlasse. Ohne Selbständigkeit wäre die ja zweifelsfrei pfändbar und könnte verwertet werden. Jetzt übt er neben seiner Haupttätigkeit eine Nebentätigkeit aus und "blockiert" so die Verwertung, wenn man aufgrund der Nebentätigkeit von einer Unpfändbarkeit gem. § 811 Nr. 5 ZPO ausgeht. In diesem Zusammenhang meine ich eben irgendwo mal gelesen zu haben, dass der Schuldner in Anlehnung an § 295 Abs. 2 InsO eine Art Wertersatz für die Anlage zu leisten hat.

    Dann habe ich Deine Nr. 5 tatsächlich nicht so aufgefasst, wie Du es gemeint hast.

    Ich hatte aber auch gefragt, was er aus der Nebentätigkeit für Einkünfte bezieht und in Ergänung, dass er ja sicher noch in dem eröffneten Verfahren ist. Die Frage ist dann noch, wie lange es dauert, bis das Verfahren (voraussichtlich) aufgehoben wird.

    Wenn Du also während des eröffneten Verfahrens die Nebeneinkünfte (ggfs. bis auf die "Betriebskosten") einziehen kannst, stellt sich doch die Frage, ob es für die Masse besser ist, die Anlage zu verwerten oder die Einkünfte für die Dauer des Verfahrens einzuziehen.

    Ausgleichzahlung? Wo soll er das Geld hernehmen, wenn Du es nicht aus der selbstständigen Tätigkeit freigibst?

    Meiner Meinung nach hat § 295 Abs. 2 InsO aber im eröffneten Verfahren gar nichts zu suchen.

  • Meiner Meinung nach hat § 295 Abs. 2 InsO aber im eröffneten Verfahren gar nichts zu suchen.


    :confused:

    Warum nicht. Vielen Insolvenzschuldnern wird eine (ehemalige oder neue) selbstständige Tätigkeit aus der Insolvenzmasse freigegeben.

    § 295 II InsO regelt für diesen Fall, dass der Selbstständige so zu stellen ist, als wenn er angemessen im Angestelltenverhältnis arbeiten würde.

    Das soll verhindern, dass sich Selbständige gegenüber der Insolvenzmasse arm rechnen ( was Sie gegenüber dem FA ja immer tun:D) und somit keine Pfändungsbeträge für die Insolvenzmasse anfallen.

    Das mal kurz nebenan angemerkt zu § 295 II InsO und laufendem Insolvenzverfahren.

  • § 295 InsO regelt die Obliegenheiten des Schuldners während der Laufzeit der Abtretung.

    Hast Du Entscheidungen, dass die Vorschrift auch für das eröffnete Verfahren anzuwenden ist oder ist das nur Deine Meinung?

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