PKH-Aufhebung wegen unrichtiger Angaben

  • Hallo :)

    Meine AStin bekam im Scheidungsverfahren 2008 ratenfreie PKH.

    Die Scheidung wurde im November 2008 rechtskräftig.

    Der beigeordnete RA teilt jetzt mit, dass die AStin damals falsche Angaben gemacht hat und insgesamt rund 1.500,- € Unterhalt und Kindergeld monatlich nicht als Einkünfte angegeben hat.

    Kann ich jetzt nach Ablauf der 4-jährigen Überprüfungsfrist die PKH noch aufheben und wie läuft die Aufhebung ab???

    Edit:
    Thema verschoben.
    Ulf, Admin


  • Der beigeordnete RA teilt jetzt mit, dass die AStin damals falsche Angaben gemacht hat und insgesamt rund 1.500,- € Unterhalt und Kindergeld monatlich nicht als Einkünfte angegeben hat.

    Kann ich jetzt nach Ablauf der 4-jährigen Überprüfungsfrist die PKH noch aufheben und wie läuft die Aufhebung ab???

    Die vierjährige Frist (du meinst mit Sicherheit den § 120 IV ZPO) betrifft nur die abändernde Entscheidung aufgrund geänderter persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse. Die hat mit dem § 124 ZPO nur in Nr. 2, 2. Hs was zu tun. Das Schreiben des RA würde ich auch nicht als Abänderungsantrag i.S.d. § 120 IV ZPO ansehen (da wäre dir auch die Vierjahresfrist im Weg).

    Eine Frist für die Aufhebung nach § 124 Nr. 2, 1. Hs. ZPO ist gesetzlich nicht vorgesehen. Nach Zöller kann eine Aufhebung aus diesem Grunde auch nur dann erfolgen, wenn durch die falsche Darstellung eine anderweitige Entscheidung (höhere Raten) hätte getroffen werden können/müssen. Ergibt soweit ja erstmal Sinn ;)

    Aufheben könnte man theoretisch - natürlich nach vorheriger Anhörung. Du hast hier einen Ermessensspielraum ("kann aufheben"), bei dem natürlich auch zu berücksichtigen ist, wie schwer der "Verstoß" war (vorsätzlich verschwiegen? Grob fahrlässig nicht angegeben?).

    Bei dem Sachverhalt klingt es zunächst nach "vorsätzlich verschwiegen", so dass du dein Aufhebungsverfahren durch die Anhörung einleiten kannst. Da kann ja noch einiges vorgetragen werden.

    Stellt sich allerdings die Frage, ob die Kosten im Falle einer Aufhebung weiterhin durchsetzbar wären (Die PKH ist quasi eine "Stundung", kann dann Verjährung eintreten?) und wieso der RA dir überhaupt jetzt diese Mitteilung macht...

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Zum Glück hat der BGH - und in diesem Fall bin ich mal dankbar für seine Entscheidung - den Sanktionscharakter von § 124 Nr. 2, 1. Alt. ZPO betont. Eine Kausalität der Falschangaben für eine zahlungsbefreite PKH-Bewilligung ist damit nicht erforderlich:

    "Die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachter falscher Angaben nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO setzt nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben, diese mithin auf den Falschangaben beruht." (BGH NJW 2013, 68ff).

    Wenn die Angabe empfangenen Unterhalts nicht erfolgt, ist das für mich mindestens grob nachlässig.
    Ich würde aufheben, dann kann die Kasse 30 jahre lang versuchen, das Steuergeld zurückzubekommen.

    Das Interesse des RA an der späten Mitteilung könnte in der Differenzvergütung liegen, an die er nach vier Jahren nicht mehr durch PKH-Zahlungsbestimmung, wohl aber bei PKH-Aufhebung kommen kann? :teufel:

  • Ich würde das Schreiben des Anwalts erst mal an seine Mandantin zur Stellungnahme und dem Hinweis auf die beabsichtigte Aufhebung schicken und danach entscheiden. Vielleicht erfährt man dann ja auch, warum der Anwalt sich jetzt erst meldet...

  • Würde ich auch so machen - Doppel an Astin z.K. und falls nichts kommt oder nichts relevantes kommt - PKH aufheben

    ... aber auf alle Fälle mit dem Hinweis, dass beabsichtigt ist, die PKH aufzuheben, was das für Folgen hat und dass Gelegenheit besteht zur Stellungnahme bis zum ....


    _________________________________________________________________________________



    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • :daumenrau
    Wir sind ja nicht im Strafprozess... Die Mitteilung über das Verschweigen ist aktenkundig gemacht worden.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Dann drehen wir den Spieß doch mal um ;) Du hast das Schlagwort auf den Tisch gebracht - warum könnte hier im PKH-Verfahren ein Verwertungsverbot vorliegen (ganz davon abgesehen, dass dieser Einwand auch im Anhörungsverfahren noch vorgebracht und begründet werden könnte/müsste)?

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes erfordert das Vorliegen eines nicht gerechtfertigten Grundrechtsverstoßes. Dieser könnte in der Verletzung der Verschwiegenheit durch einen RA -auch normiert in § 43a II BRAO - liegen (vgl. OLG Köln FamRZ 2007, 296). Betroffen ist dabei das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" gemäß Art. 2 I, 1 I GG. Das OLG Köln hat in dem entschiedenen Fall allerdings im Rahmen der Güterabwägung das "öffentliche Interesse auf ein unbeeinträchtigtes Sozialhilfesystem" höher eingestuft. Was durchaus angezweifelt werden kann.

  • Ich meinte die von dir noch einmal zitierte Entscheidung, konkret folgenden Passus: "Die Regeln der Beweisverwertungsverbote greifen insoweit nicht ein. Denn sie setzen voraus, dass in ein verfassungsrechtlich geschütztes Individualrecht eingegriffen wird und die Verwertung nicht ausnahmsweise durch Güterabwägung gerechtfertigt wird (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. § 286 Rdnr. 15 a mit weiteren Nachweisen). Der Verstoß des beigeordneten Rechtsanwalts gegen seine Verschwiegenheitsverpflichtung wiegt jedoch geringer als das öffentliche Interesse auf ein unbeeinträchtigtes Sozialhilfesystem (zu welchem die Gewährung von Prozesskostenhilfe gehört), zumal der Verstoß nicht den Kernbereich der Rechtsberatung betrifft."

  • Zitat

    Danke für die Klarstellung. (Seltsam, dass dejure.org die Entscheidung nicht unter der Fundstelle, sondern nur unter ihrem Aktenzeichen verlinkt.)


    Voraussetzung für die Verlinkung auch der Fundstelle durch dejure ist, dass die Zeitschriftenfundstelle dort eingepflegt ist.

  • Die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes erfordert das Vorliegen eines nicht gerechtfertigten Grundrechtsverstoßes. Dieser könnte in der Verletzung der Verschwiegenheit durch einen RA -auch normiert in § 43a II BRAO - liegen (vgl. OLG Köln FamRZ 2007, 296). Betroffen ist dabei das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" gemäß Art. 2 I, 1 I GG. Das OLG Köln hat in dem entschiedenen Fall allerdings im Rahmen der Güterabwägung das "öffentliche Interesse auf ein unbeeinträchtigtes Sozialhilfesystem" höher eingestuft. Was durchaus angezweifelt werden kann.



    Interessant! Ich hatte bisher keinen solchen Fall, so dass sich mir die Frage des Verwertungsverbotes noch nie gestellt hatte.

    Ob der Abwägung der betroffenen Güter so gefolgt werden kann, mag jeder für sich selbst entscheiden - es ist auf jeden Fall gut, diese Auffassung zu kennen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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