PKH-Aufhebung wegen unrichtiger Angaben

  • Vielen Dank für die Antworten :) Um das "warum der RA DAS mitteilte" mal aufzulösen: Der RA wurde von seiner Mandantin angezeigt, weil er bei ihr und beim Gericht abrechnete. Die Staatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren eingestellt, nun ermittelt noch die Generalstaatsanwaltschaft... Als Retourkutsche hat er dem Gericht mitgeteilt, dass die Mandantin die PKH zu unrecht bekommt hatte, da sie Zahlungen verschwieg. :eek:

  • Der Richter hat mir eine Scheidungssache zur Prüfung gem. § 124 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. ZPO vorgelegt. Die Partei hat in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse kein Grundstück angegeben. Im Termin hat sie die Frage nach Grundeigentum dann aber mit Ja beantwortet. Sie hat eine Eigentumswohnung.
    Der Richter hatte dem RA dieser Partei im Termin selbst schon eine Stellungnahmefrist gesetzt und auf die Möglichkeit der Aufhebung hingewiesen. Der RA schreibt, die Partei sei der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig und habe den Fragebogen mithilfe einer Bekannten ausgefüllt. Sie sei davon ausgegangen, dass sich die Frage nur auf gemeinschaftliches Eigentum der Eheleute bezieht. Im Termin (mit Dolmetscher) hätte sie ja dann alle Fragen wahrheitsgemäß beantwortet.
    M. E. ist trotzdem aufzuheben. Die Partei hat falsche Angaben gemacht. Wenn sie der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, muss sie jemanden um Hilfe bitten, der das Formular versteht. So schwer ist das ja nicht. Es stellt sich auch die Frage, warum der Anwalt (der zu dem Zeitpunkt schon mandatiert war) ihr nicht geholfen hat.
    Sieht das jemand anders?

  • Ich schon - zumindest, wenn die ETW selbst bewohnt ist, also auch bei wahrheitsgemäßer Angabe es bei der bewilligten VKH verblieben wäre.
    Dieses "ungeschriebene Tatbestandsmerkmal" halte ich schon für erheblich. Natürlich kann man die harte Linie fahren und grundsätzlich unterbliebene Angaben durch Aufhebung sanktionieren. Das halte ich allerdings nur dann für zweckdienlich, wenn diese unterbliebenen Angaben tatsächlich Auswirkungen auf die Entscheidung gehabt hätten (Rechtsprechung habe ich gerade nicht parat, meine aber, dass das OLG Hamm die Sache auch so sieht).

    Ist es fremdgenutztes Wohnungseigentum, wäre eine Aufhebung daher auch in meinen Augen richtig. Bei selbstgenutztem WE nicht.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • M. E. ist trotzdem aufzuheben. Die Partei hat falsche Angaben gemacht. Wenn sie der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, muss sie jemanden um Hilfe bitten, der das Formular versteht. So schwer ist das ja nicht. Es stellt sich auch die Frage, warum der Anwalt (der zu dem Zeitpunkt schon mandatiert war) ihr nicht geholfen hat.

    Es reicht aber nicht aus, dass die Angaben objektiv unrichtig waren, sondern nach § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist subjektiv mindestens grobe Fahrlässigkeit erforderlich.
    Wenn die Beteiligte der Meinung war, dass ihre Bekannte hinreichend sprachkundig ist, wie hätte sie dann erkennen können, dass das nicht der Fall war?

    Dass das Übersetzen so schwer nicht ist, möchte ich bezweifeln, denn man kann das Formular nur dann sauber in eine Fremdsprache übersetzen, wenn man Kenntnis juristischer Fachbegriffe hat.

    Die Grundstücksfrage lautet:

    Zitat

    Verfügen Sie oder Ihr Ehegatte/Ihre Ehegattin bzw. Ihr eingetragener Lebenspartner/Ihre eingetragene Lebenspartnerin allein oder gemeinsam über Grundeigentum? (z.B. Grundstück, Haus, Eigentumswohnung, Erbbaurecht)

    [falls ja:] Größe, Anschrift/Grundbuchbezeichnung, Allein- oder Miteigentum, Zahl der Wohneinheiten, Verkehrswert in Euro

    Wer das aus dem Stegreif in eine Fremdsprache seiner Wahl übersetzen kann, darf sich melden. :D

    Soweit es den Rechtsanwalt angeht, kommt z.B. in Betracht, dass er wegen XII ZB 38/09 keine Tätigkeit im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung entfalten wollte. Im übrigen geht es insoweit nicht darum, ob er ihr hätte helfen können, sondern ob er dafür mandatiert war.

    Auch wenn hier bei diesen Themen häufig eine stark fiskalisch orientierte Sichtweise vorherrscht, muss man sich halt vergegenwärtigen, dass die Falschangabe alleine für die Aufhebung nicht ausreicht, sondern auch die subjektiven Voraussetzungen zu prüfen und festzustellen sind.

  • Bei der Frage, ob wegen "ergebnisunschädlichen" falschen Angaben die PkH zu widerrufen ist, sind die Fronten gespalten, bis in den BGH hinauf.

    Für eine Sanktionswirkung falscher Angaben: BGH IV ZB 16/12 vom 10.10.2012

    Gegen eine Sanktionswirkung und damit Aufhebung nur, wenn bei richtigen Angaben etwas anderes rausgekommen wäre: BGH VI ZB 30/12 vom 23.04.2013

    Dabei versucht der VI. Senat die Entscheidung des IV. Senats durch die Hintertür der Ermessensausübung auszuhebeln, weil er sonst beim Großen Senat hätte vorlegen müssen. Und "Vorlegen" ist dort oben offenbar genauso verhasst wie jedes andere Rechtsmittel bei den Instanzgerichten.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • #29 :daumenrau, das überzeugt mich jedenfalls in der Argumentation.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich hänge mich hier mal dran:

    Vor zwei Jahren wurde der Partei PKH bewilligt, nun bekomme ich die Akte zur Überprüfung.
    Als ich den Namen sah, wusste ich sofort, wer das ist, weil ich letzte Woche ein sehr umfangreiche Grundbuchakte mit genau diesem Beteiligten hatte (Antragsteller haben es bei Mischdezernaten echt schwer;)). Dort wurde jetzt eine Veränderung eingetragen.

    Das Grundstück, um das es da ging, wird nicht von der Partei bewohnt und war weder im damaligen PKH-Antrag noch im jetzigen PKH Überprüfungsverfahren angegeben.

    Kann ich diese Kenntnis benutzen und von Amts wegen weiter ermitteln oder darf ich das im PKH Verfahren nicht? § 118 ZPO verstehe ich so, dass das für die Erstbewilligung möglich ist. Eine Aufhebung nach § 124 Nr. 2 müsste daher doch auch auf Kenntnisse, die von Amts wegen ermittelt wurden, gestützt werden können, oder?

  • Sehe ich genauso. Es wäre ja wirklich ein starkes Stück, wenn so etwas ungeahndet bliebe. Hier sind gemischte Dezernate doch wirklich ein Segen...:teufel:

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