Auflösend bedingte Auflassungsvormerkung

  • Bei der Bedingungslösung handelt der Notar gerade nicht im Namen des Vormerkungsberechtigten. Diese ist genau für den Fall konstruiert, dass der Berechtigte nicht mehr bewilligen kann (z.B. wg. Insolvenz) oder nicht mehr bewilligen will (unseriöser Vertragspartner).
    Die Weisung an den Notar, den Bedingungseintritt herbei zu führen, wird daher regelmäßig vom Verkäufer (= Eigentümer) kommen und nicht vom Käufer (= Berechtigten). Die Löschung der Vormerkung soll bei dieser Lösung ohne eine Bewilligung des Betroffenen erfolgen. Demzufolge würde hierbei der § 19 GBO ausgehebelt.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Mit dem formellen Konsensprinzip hat das nichts zu tun. Es geht gar nicht darum, dass irgendwer bewilligen müsste, sondern um den (künftigen) formgerechten Nachweis des Bedingungseintritts, der die Vormerkung - wie jede andere auflösende Bedingung - zum Erlöschen bringt und eine Berichtigungsbewilligung ja gerade entbehrlich macht.

    Das Problem liegt in der Bedingung selbst, weil sie so inhaltlich ausgestaltet ist, dass sie aufgrund der Akzessorietät der Vormerkung gar nicht mehr eintreten kann, weil die Vormerkung dann bereits vor dem vorgeblichen Bedingungseintritt erloschen ist.

  • s. dazu jetzt auch den Beschluss des OLG Schleswig vom 27.07.2016, 2 Wx 55/16 = DNotI vom 4.8.2016;
    Leitsätze:
    1. Eine Auflassungsvormerkung kann unter der auflösenden Bedingung bestellt werden, dass der Notar durch Eigenurkunde eine Erklärung über das Vorliegen der Löschungsvoraussetzungen abgibt bzw. einen Löschungsantrag stellt.
    2. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag keine konkreten Weisungen an den Notar enthält, wie er im Falle der vom Verkäufer angezeigten Nichtzahlung des Kaufpreises vorzugehen hat. Das Fehlen konkreter Weisungen führt insoweit nur zu einem gesteigerten Haftungsrisiko des Notars, ändert aber nichts an der Zulässigkeit der auflösend bedingten Auflassungsvormerkung.
    (Leitsätze der DNotI-Redaktion)

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  • Nach Leitsatz 2 der Entscheidung des OLG Schleswig gilt also, dass man jedes bedingungsfreundliche Recht mit der auflösenden Bedingung versehen kann, dass es erlischt, wenn Hinz und Kunz gleich aus welchen Gründen einen Löschungsantrag stellen.

    Erinnert mich alles sehr an diese Diskussion:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post945867

    Auch das OLG Schleswig berücksichtigt nicht den Grundsatz der Akzessorietät. Ein Recht kann nicht mehr aufgrund einer auflösenden Bedingung erlöschen, wenn es aus Akzessorietätsgründen schon vorher erloschen ist. Die sich mit Wohnungs- und Nießbrauchsrechten beschäftigenden Äußerungen in Rechtsprechung und Literatur sind im Übrigen für die Vormerkung schon deshalb nicht einschlägig, weil sich hier keine Akzessorietätsfragen stellen.

  • ME ist der Anspruch solange nicht erloschen, bis derjenige, der dazu ermächtigt wurde, festgestellt hat, dass dem so ist. Dass dies nicht Hinz und Kunz sein kann (sondern Tom und Jerry als Notare:)), ergibt sich aus der Begründung des OLG Schleswig, wonach der Notar unter Wahrung seiner Amtspflichten über das Begehren, den Löschungsantrag zu stellen, zu entscheiden hat.

    Die Feststellung des Notars zum Erlöschen des Anspruchs stellt mE die Bedingung dar, nach der die akzessorische AV gelöscht werden kann. Insofern unterscheidet sich das nicht für die Bedingung beim Wohnungsrecht (s. dazu hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post932583)

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  • ME ist der Anspruch solange nicht erloschen, bis derjenige, der dazu ermächtigt wurde, festgestellt hat, dass dem so ist.

    Die auflösende Bedingung bezieht sich aber nicht auf den Anspruch, sondern auf Vormerkung. Und dass die Vormerkung nicht mehr aufgrund einer auflösenden Bedingung erlöschen kann, wenn sie aus Akzessorietätsgründen bereits zeitlich früher erloschen ist, sollte an sich unstreitig sein.

  • ME ist der Anspruch solange nicht erloschen, bis derjenige, der dazu ermächtigt wurde, festgestellt hat, dass dem so ist.

    Die auflösende Bedingung bezieht sich aber nicht auf den Anspruch, sondern auf Vormerkung. Und dass die Vormerkung nicht mehr aufgrund einer auflösenden Bedingung erlöschen kann, wenn sie aus Akzessorietätsgründen bereits zeitlich früher erloschen ist, sollte an sich unstreitig sein.


    Aber da das Grundbuch wegen § 29 GBO keine formgerechte Kenntnis davon hat (und meistens auch nicht haben kann), dass der gesicherte Anspruch nicht mehr besteht, sind wir wieder im alten Konflikt von materieller Wahrheit vs. verfahrensrechtliche Wahrheit. Hier muss es m.E. hingenommen werden, wenn man ein Recht "jedenfalls" oder "Spätestens" dann erlöschen lässt, wenn eine nach § 29 GBO nachweisbare Bedingung eintritt.

    Ich selbst werde es trotzdem nicht so machen.

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  • Nennen wir es den Konflikt zwischen materieller Wahrheit und verfahrensrechtlichem Schein. Denn im Gegensatz zur Wahrheit kann der Schein trügen.

    Wenn die Bedingung dahin lautet, dass der Urkundsnotar zur Eigenurkunde erklärt, dass der gesicherte Anspruch nicht mehr besteht (sic!) und die Vormerkung zu löschen ist (Weber Rpfleger 2016, 460, 462; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, Rn. 1068), ist aber völlig klar, dass die Vormerkung aus Akzessorietätsgründen schon vorher erloschen sein muss und der Eintritt der auflösenden Bedingung somit materiell ins Leere geht.

    Wer gleichwohl die Zulässigkeit dieser Bedingung postuliert, macht deutlich, dass er sowohl das materielle Recht als auch das Verfahrensrecht den Beliebigkeiten der Beteiligteninteressen unterordnen möchte.

    Ich kann mich noch gut an eine in Anwesenheit vieler Notare durchgeführte Veranstaltung der LMU München erinnern, als es vor dem Inkraftreten des ERVGBG (und des § 899a BGB) darum ging, wie man den Käufer dagegen absichert, dass die verfügende GbR nicht zutreffend vertreten wird. Es wurde hierzu - auch im Schrifttum - vorgeschlagen, vorsichtshalber auch eine zusätzliche persönliche Übereignungsverpflichtung der im Grundbuch verlautbaren Gesellschafter zu beurkunden, damit der Anspruch in jedem Fall zugunsten des Käufers vormerkbar sein. Auf meinen Einwand, dass dies gegen das Identitätsgebot verstoße, wonach der Eigentümer mit dem Schuldner des Anspruchs identisch sein muss (was nicht vorliegt, wenn die GbR veräußert und sich die Gesellschafter persönlich verpflichten), wurde mir entgegnet, dass man das Identitätsgebot dann eben aufgeben solle.

    Man will ein bestimmtes Ergebnis und negiert deswegen das geltende Recht. Diese Einstellung macht zunehmend Schule.

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    Wenn die Bedingung dahin lautet, dass der Urkundsnotar zur Eigenurkunde erklärt, dass der gesicherte Anspruch nicht mehr besteht (sic!) und die Vormerkung zu löschen ist (Weber Rpfleger 2016, 460, 462; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, Rn. 1068), ist aber völlig klar, dass die Vormerkung aus Akzessorietätsgründen schon vorher erloschen sein muss und der Eintritt der auflösenden Bedingung somit materiell ins Leere geht.
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    Im Falle des oben (und vom OLG Schleswig) zitierten Gutachtens des DNotI vom 03.05.2016, Gutachtennummer: 148286 = DNotI Report 8/2016, 61 ff, bezog sich die auflösende Bedingung allerdings auf die Feststellung des Notars, dass der gesicherte Anspruch nicht mehr besteht („Die Vormerkung ist auflösend bedingt. Auflösende Bedingung ist die Einreichung einer Erklärung des Urkundsnotars in einer Eigenurkunde, dass der gesicherte Anspruch nicht mehr besteht.“). Und wenn der Anspruch erst mit dieser Feststellung erlöschen soll, dann scheint es mir keine Diskrepanz zwischen Anspruch und Vormerkung zu geben.

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  • und wie sieht es aus, wenn eine unbedingte Vormerkung zur Sicherung eines auflösend bedingten Anspruchs aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnisses eingetragen wird?
    Der Notar wird in einer Eigenurkunde den Bedingungseintritt in grundbuchmäßiger Form feststellen und aufgrund einer Bevollmächtigung beider
    Vertragsparteien den Löschungsantrag (Grundbuchberichtigung) stellen. Dann ist der Akzessorietät doch genüge getan?

  • Nach der Entscheidung des OLG Schleswig ist die Zulässigkeit der auflösend bedingten Vormerkung als herrschende Meinung anzusehen. Weiter wurde festgestellt, dass unabhängig von der Zulässigkeit -je nach Vertragsgestaltung- für den Urkundsnotar haftungsrechtliche, evtl. sogar disziplinarische Folgen entstehen können. Es bleibt daher abzuwarten, wie viele Notare diese Risiken auf sich nehmen und von der Bedingungslösung Gebrauch machen werden.

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  • Im Einvernehmen mit Herrn Notar Dr. Hartmann aus Jüchen füge ich dessen Stellungnahme zu dem Aufsatz von Jurksch an.

    edit by Kai: Anlage (Akteninhalt, noch dazu nicht anonymisiert und mit Klarnamen) entfernt; siehe die Forenregeln

    Thema dürfte durch die OLG-Rechtsprechung durch sein. Wer dennoch Interesse an der Stellungnahme hat, kann sie bei mir gerne anfordern. Da ich allerdings kein Werkzeug zur Bearbeitung von Pdf auf meinem Dienstrechner habe, warne ich davor, dass der Name des Notars und meiner im Klartext zu lesen sind. In einem Punkt darf ich allerdings beruhigend mitteilen, dass es sich nicht um Akteninhalt handelt, sondern um einen Gedankenaustausch zwischen dem Notar und mir, mit der ausdrücklichen Erlaubnis der Weitergabe.

  • s. dazu jetzt den Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 11.10.2016:

    Es ist rechtlich möglich, eine Vormerkung unter die auflösende Bedingung zu stellen, dass beim Grundbuchamt eine Erklärung des Urkundsnotars eingereicht wird, der gesicherte Anspruch bestehe nicht.

    KG Berlin 1. Zivilsenat, Beschluss vom 11.10.2016, 1 W 337/16
    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal…true#focuspoint

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  • Ich habe eine normale (bedingte) Vormerkung eingetragen. Die Bedingung ist die übliche, dass der Notar eine Erklärung abgibt indem der Anspruch nicht besteht. Auf Grundlage solcher bedingten Vormerkungen habe ich schon einige Vormerkungen gelöscht, indem der Vertrag geplatzt ist. Weiterhin habe ich schon diverse Eigentumsumschreibungen vorgenommen, indem auch die Vormerkung gelöscht wurde, da in der Urkunde die Löschung der Vormerkung vom Erwerber bewilligt wurde. (so auch 99 % aller Urkunden)
    Nun habe ich das 1 % vorliegend, indem die Eigentumsumschreibung normal vollzogen werden soll und die Vormerkung gelöscht werden soll. Jedoch hat der Erwerber in der Urkunde die Löschung nicht bewilligt, sondern der Notar gibt nur die Erklärung ab, dass der Anspruch nicht besteht und beantragt die Löschung der Vormerkung auf Grundlage der Bedingung. Hättet ihr damit Probleme?

  • Ich habe eine normale (bedingte) Vormerkung eingetragen. Die Bedingung ist die übliche, dass der Notar eine Erklärung abgibt indem der Anspruch nicht besteht. Auf Grundlage solcher bedingten Vormerkungen habe ich schon einige Vormerkungen gelöscht, indem der Vertrag geplatzt ist. Weiterhin habe ich schon diverse Eigentumsumschreibungen vorgenommen, indem auch die Vormerkung gelöscht wurde, da in der Urkunde die Löschung der Vormerkung vom Erwerber bewilligt wurde. (so auch 99 % aller Urkunden)
    Nun habe ich das 1 % vorliegend, indem die Eigentumsumschreibung normal vollzogen werden soll und die Vormerkung gelöscht werden soll. Jedoch hat der Erwerber in der Urkunde die Löschung nicht bewilligt, sondern der Notar gibt nur die Erklärung ab, dass der Anspruch nicht besteht und beantragt die Löschung der Vormerkung auf Grundlage der Bedingung. Hättet ihr damit Probleme?

    Der Wahrheitsgehalt der Erklärung ist doch von uns nicht zu prüfen.

    Unabhängig davon: Nach EW ist der Anspruch erfüllt und besteht nicht mehr, also auch keine inhaltlichen Probleme?

  • Ich habe zu diesem Thema jetzt eine andere Frage oder besser gesagt, eine Formulierungsfrage:

    In unserer Verträgen steht Folgendes:
    1.

    Der Verkäufer bewilligt und der Käufer beantragt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Übertragung des Eigentums. mit der Beschränkung, dass der Anspruch und die Anwartschaft auf Eigentumsverschaffung nicht abtretbar sind und nur zur Kaufpreisfinanzierung verpfändet werden können.

    2.
    Die Vormerkung steht unter der auflösenden Bedingung der Einreichung einer vom Grundbuchamt inhaltlich nicht zu überprüfenden Erklärung des amtierenden Notars, dass der gesicherte Anspruch nicht besteht.

    3. Verwendungsanweisung, also, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit der der Notar die Löschung der AV beantragen darf.


    Bei ca. 99 % der Rechtspfleger wird daraufhin seit Jahren die Eintragung einer auflösend bedingten Auflassungsvormerkung nebst Verfügungsbeschränkung eingetragen.

    Nun häufen allerdings die Fälle, dass die auflösende Bedingung gar nicht mehr eingetragen wird, weil "diese in der Bewilligung fehlen".

    Jetzt bin ich verwirrt. Habe ich die letzten Jahre das alles falsch gemacht? :gruebel: Und wo finde ich die Fundstelle, dass die Bedingung in der Bewilligung zu enthalten ist.

  • Nein, die Bedingung ist Inhalt der Bewilligung. Die Bewilligung endet nicht am Ende des Absatzes.

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