Rückstände aus Zeit der Zwangsverwaltung

  • Mal angenommen, die Zwangsverwaltung wird durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren aufgehoben. Der Zangsverwalter konnte jedoch während der laufenden Zwangsverwaltung nicht alle Mieten einziehen, da er einen schlecht zahlenden Mieter in der Immobilie sitzen hatte.

    Was ist denn nun mit den Mietrückständen aus der Zeit der Zwangsverwaltung? Kann die nun der Ersteher einziehen oder darf der (ehemalige) Zwangsverwalter, bevollmächtigt durch den ehemals die Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger, hier weiter gegen den Mieter vorgehen? Wem stehen also die Rückstände zu?

  • Endet das Zwangsverwaltungsverfahren wegen Zuschlagserteilung im parallel laufenden Zwangsversteigerungsverfahren bleibt der Zwangsverwalter befugt, die weiterhin der Beschlagnahme unterliegenden Forderungen - insbesondere Mietforderungen - einzuziehen (BGH - Entscheidung vom 11.08.2010, AZ: XII ZR 181/08).

    Der Zwangsverwalter ist also "befugt" (BGH-Euphemismus für "muss") die Mietforderungen weiter einziehen, die bis zur Zuschlagserteilung fällig geworden waren.
    Übt der Zwangsverwalter seine "Befugnis" nicht aus, macht er sich eventuell schadensersatzpflichtig.

    ---> Nach der von mir vertretenen Mindermeinung ist es falsch, dass das Zwangsverwaltungsverfahren wegen Zuschlagserteilung aufgehoben wird, da der Zwangsverwalter - wie gerade dieser Fall zeigt - weiter tätig bleiben muss.

    Dass der Zwangsverwalter seine objektverwaltende Tätigkeit nach Zuschlagserteilung einzustellen hat, ergibt sich schon durch den Zuschlagsbeschluss und muss nicht durch einen Aufhebungsbeschluss klargestellt werden.
    Seine "forderungsverwaltende" Tätigkeit muss der Zwangsverwalter hingegen fortsetzen - obwohl das Verfahren aufgehoben wurde.

    Durch die amtswegige Aufhebung wegen Zuschlagserteilung nimmt man dem betreibenden Gläubiger die Möglichkeit, den Zwangsverwaltungsantrag zurückzunehmen, um eine Freigabe der nach wie vor beschlagnahmten Forderungen herbeizuführen.
    Denn was schon aufgehoben ist, kann nicht nochmal aufgehoben werden.

  • Endet das Zwangsverwaltungsverfahren wegen Zuschlagserteilung im parallel laufenden Zwangsversteigerungsverfahren bleibt der Zwangsverwalter befugt, die weiterhin der Beschlagnahme unterliegenden Forderungen - insbesondere Mietforderungen - einzuziehen (BGH - Entscheidung vom 11.08.2010, AZ: XII ZR 181/08).

    Der Zwangsverwalter ist also "befugt" (BGH-Euphemismus für "muss") die Mietforderungen weiter einziehen, die bis zur Zuschlagserteilung fällig geworden waren.
    Übt der Zwangsverwalter seine "Befugnis" nicht aus, macht er sich eventuell schadensersatzpflichtig.......

    Vielen Dank für die ausführliche Antwort, die Fundstelle ist wirklich sehr hilfreich. Wenn ich das ganze nun richtig verstanden habe, hat der Ersteher der Immobilie also keine Möglichkeiten, die Rückstände beim Mieter einzutreiben.

  • Die Mietforderungen, die den Zeitraum bis zur Zuschlagserteilung betreffen, stehen materiell-rechtlich dem Ersteher nicht zu, sondern "gehören" weiterhin dem Eigentümer/Zwangsverwalter.
    Also hat der Ersteher keine Möglichkeit, solche Rückstände beizutreiben.
    Allerdings darf der Ersteher solche Rückstände "nutzen", um dem Mieter die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zu erklären.

  • Ich hänge mein Problem hier mal an.

    Nach Aufhebung der Zwangsverwaltung aufgrund Zuschlag in der Zwangsversteigerung nimmt der Zwangsverwalter weiterhin Raten auf rückständige (beschlagnahmte) Mieten ein. Die Mietrückstände sind nicht tituliert. Die Ratenzahlungen erfolgen freiwillig. Eine Ermächtigung wurde dem Zwangsverwalter nicht erteilt. Diese ist auch nicht erforderlich, da der Zwangsverwalter die beschlagnahmten Ansprüche ja weiter geltend machen kann.
    Nun dauert das Ganze schon einige Jahre und wird voraussichtlich noch weiter andauern. Der Zwangsverwalter möchte die Raten nun nicht weiter annehmen, weil diese in keinem Verhältnis zum Aufwand und seiner jährlich geltend gemachten Vergütung steht und bittet um eine Stellungnahme des Gerichts. Bei der monatlichen Rate handelt es sich um 20 EUR.

    Gläubiger wäre noch anzuhören. Schuldnerseite: Eigentumsverzicht und Vertreter nach § 787 ZPO.

    Hat jemand einen Vorschlag, wie der Zwangsverwalter aus seinen Pflichten raus kommt?

  • Zitat

    Hat jemand einen Vorschlag, wie der Zwangsverwalter aus seinen Pflichten raus kommt?

    1.
    Das Gericht könnte das Verfahren v.A.w. aufheben, da dem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte.
    2.
    Der Zwangsverwalter könnte die Forderung verkaufen. Nach der Verteilung des Verkaufserlöses wäre das Verfahren abgeschlossen.
    3.
    Man könnte gegenüber dem Gläubiger anregen, den Vollstreckungsantrag zurückzunehmen. Nach Antragsrücknahme wäre das Verfahren entsprechend aufzuheben.

  • 1. scheidet bei mir aus, da der betreibende Gläubiger in der Zwangsversteigerung nicht voll befriedigt wurde.
    2. erscheint mir nicht praktikabel.
    3. Hierhin gingen auch meine Gedanken. Allerdings hatte ich so eine Konstellation - Aufhebung nach Aufhebung - noch nicht. Daher
    dachte ich, vielleicht hatte jemand schon mal so einen Fall in der Praxis.

  • Hallo, ich hänge hier mal noch ein aktuelles Problem dran.
    Die Zwangsverwaltung wurde im Jahr 2015 aufgrund Zuschlags im parallelen Zwangsversteigerungsverfahren aufgehoben. Der Zwangsverwalter hatte in seiner Eigenschaft 2014 bereits Vollstreckungstitel für Mieten aus Zeiträumen der Zwangsverwaltung erwirkt. Die Abwicklung der Zwangsverwaltung dauerte bis 2019 an. Dann war Schlussrechnung gelegt, geprüft und der Vorgang bei uns weggelegt.

    Nunmehr meldet sich der Insolvenzverwalter des seit 2018 in Insolvenz befindlichen Schuldners und möchte die Vollstreckungstitel des Zwangsverwalters auf sich umgeschrieben haben. Der Zwangsverwalter teilt dazu mit, dass nach seiner Auffassung mit dem Prüfungsvermerk zur Schlussrechnungslegung die titulierten Forderungen beschlagnahmefrei geworden sind und "bestätigt" dem Insolvenzverwalter, dass das jetzt Forderungen des Schuldners seien und er die Vollstreckungsklausel beanspruchen kann.

    Stehen diese Forderungen jetzt tatsächlich dem Schuldner zu? Das Verfahren ist ja nicht durch Antragsrücknahme beendet worden, sondern durch Zuschlag. Müsste der Berechtigte nicht jetzt eher der Gläubiger sein?

  • Solange der betreibende Gläubiger nicht voll befriedigt ist und noch etwas da ist, das vom Zwangsverwalter verwertet werden kann - hier: offene Mietforderungen - ist das Verfahren nicht beendet. Verfahrensbeendigung tritt auch nicht dadurch ein, dass die Schlussrechnung mit Vermerken versehen oder die Akten vom Gericht weggelegt werden.

    Zitat

    Müsste der Berechtigte nicht jetzt eher der Gläubiger sein?

    Cessio Legis? Nein! Der Zwangsverwalter kann die Forderungen im Rahmen eines Kauf- oder Schenkungsvertrages abtreten - auch an den Gläubiger. Automatisch gehen die Forderungen jedoch nicht über.

    Die vom Zwangsverwalter bislang nicht eingezogenen Mietforderungen gehören weiter zum Vermögen des Schuldners und sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gegenstand der Insolvenzmasse. Allerdings unterliegen die Forderungen weiterhin der Beschlagnahme in dem nicht beendeten Zwangsverwaltungsverfahren.

    Die Beschlagnahme entfällt etwa dann, wenn der Gläubiger seinen Antrag zurücknimmt und das Gericht aufhebt. Erst danach könnte der zwischenzeitlich bestellte Insolvenzverwalter Titel auf sich umschreiben lassen. Wenn der Insolvenzverwalter unbedingt die Vollstreckungstitel auf sich umschreiben lassen möchte, um weiter gegen säumige Zahler vorzugehen, soll er den Gläubiger halt zur Rücknahme des Zwangsverwaltungsantrages bewegen.

  • Danke erstmal für die Ausführungen!
    Sollte der Gläubiger tatsächlich seinen Antrag noch zurücknehmen, wären wir aber wieder bei der Problematik, die oben schon einmal aufgeworfen wurde, dass ich ein bereits aufgehobenes Verfahren nochmals durch Beschluss aufheben würde. :gruebel:

  • rechtlich ist Fossil zuzustimmen.

    Aber: Der ZwVerw. hat 4 Jahre versucht, die Forderung einzutreiben und dann "aufgegeben".
    Dem hat der Gl. im Rahmen der Verfahrensabwicklung nicht widersprochen, so dass ich zunächst mal davon ausgehe, dass der Gl. kein Interesse mehr an der Beitreibung der Forderung hat. (das kommt ja doch häufiger vor....)

    Ich würde den Sachverhalt dem Gl. spiegeln und ihn um Zustimmung bitten, sofern er mit dem Vorgehen des ZwVerw. einverstanden ist.
    Einen gesonderten Beschluss würde ich in dem Fall nicht mehr machen.

  • Tja, das leidige Thema Theorie - Praxis.

    Praxis: WinterM, ganz klar!

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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