Kreiskasse fordert rückständige Gebühren/ Kosten trotz Insolvenzforderung

  • Hallo ihr Lieben,

    heute hab ich mal was, was ich gerne zur Diskussion stellen würde.
    Mein Schuldner möchte sein Auto bei der Zulassungsstelle anmelden, weil er unbedingt das Auto benötigt für seine Arbeitsstelle, die er ab dem 01.08. antritt. Leider sind dort noch offenen Gebühren (Steuern?), die an sich in die Insolvenzmasse fallen würden. Die Forderung (unter 400 EUR) hat die Kreiskasse nicht zum Verfahren angemeldet, weil, so Aussage der Kreiskasse, Forderungeb unter 400 EUR nicht angemeldet werden.
    Die Kreiskasse will nun aber das Fahrzeug aufgrund der noch offenen Gebühren nicht nicht anmelden und fordert vom Schuldner die offefen gebühren an. Er könne sie ja aus dem pfändungsfreien Vermögen zahlen, auf freiwilliger Basis.
    Auf Rückfrage bei der Kreiskasse, wie die auf diese Idee kommen (Hinweis auf §§ 81, 87 89 InsO) hält er mir das Urteil des BHG v. 14.01.2010 IX ZR 93/09 entgegen.
    Nachdem ich dasgelesen hab, versteh ich zwar schon die Anmutung der Kreiskasse, jedoch empfinde ich, dass dieses ein ganz schmaler Grad ist auf dem die sich befinden. Der Fall vom BGH war etwas anders gelagert als jetzt dieser.
    Ich sehe hier den Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens/ Restschuldbefreiung ausgehebelt und das Argument, der Schuldner könne ja freiwillig bezahlen, wirkt m. E. auch nicht, denn freiwillig scheint mir das gar nicht zu sein.

    Wie seht ihr das?

    LG, Mausejule.

  • Ich finde die Lösung der Kreiskasse auch "kreativ". Wahrscheinlich geht hier nur der lange und unbequeme Weg: Sch. soll sich von der Kreiskasse schriftlich die Anmeldung des KfZ verweigern lassen und dann gegen diesen Verwaltungsakt vorgehen. Dann wird man ja sehen, ob sie die Zahlung der Altschulden verlangen konnte. Allerdings hat der Schuldner bis zu einer Entscheidung dann kein angemeldetes Kfz, und rein lebenspraktisch muss er sich überlegen, ob er dann doch in den sauren Apfel beißt und die Rückstände bezahlt...Das wäre auch ein schöner Fall für BerH. Ich würde hier einen Schein erteilen.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

    Einmal editiert, zuletzt von Ecosse (3. Juli 2013 um 14:27) aus folgendem Grund: Wechstaben verbuchselt

  • Ich finde die Lösung der Kreiskasse auch "kreativ". Wahrscheinlich geht hier nur der lange und unbequeme Weg: Sch. soll sich von der Kreiskasse schriftlich die Anmeldung des KfZ verweigern lassen und dann gegen diesen Verwaltungsakt vorgehen. Dann wird man ja sehen, ob sie die Zahlung der Altschulden verlangen konnte. Allerdings hat der Schuldner bis zu einer Entscheidung dann kein angemeldetes Kfz, und rein lebenspraktisch muss er sich überlegen, ob er dann doch in den sauren Apfel beißt und die Rückstände bezahlt...Das wäre auch ein schöner Fall für BerH. Ich würde hier einen Schein erteilen.

    Ja, so sehe ich das auch. Ist echt total krass, was die Kreiskasse sich da einfallen lässt. Wahrscheinlich spekulieren die darauf, dass der Schuldner die Anmeldung dringend nötig hat. Aber mal ernshaft, ich finde das grenz an Nötigung.

    Ich habe ihm genau das gesagt, was Du gesagt hat. Schriftlich die Verweigerung einholen und BerH on Anspruch nehmen.
    Ich finde das geht gar nicht!

  • In dem Fall des Bundesgerichtshof war die Vorgehensweise wohl von dem Beitreibungserleichterungsgesetz/Kfz-Zulassung - BEG NRW gedeckt. Es wäre erst einmal zu fragen, ob es in Eurem Bundesland ein vergleichbares Gesetz gibt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich sehe das etwas anders als ihr. Meiner Meinung nach ist es ein ähnlich gelagerter Fall wie der vom BGH.
    Der Inso-Schuldner hat die rückständigen Forderungen, die nicht zum Verfahren angemeldet waren, auf (leichten) Druck der Kasse aus seinem Selbstbehalt gezahlt. Ich denke, dass diese Verfahrensweise sowohl durch das Urteil des BGH wie auch durch das BEG NRW gedeckt ist. Es mag etwas abenteuerlich aussehen, aber bei uns wird meines Wissens davon auch Gebrauch gemacht

  • Vielleicht kann hier der letzte Teil der Rn. 14 eine Rolle spielen:

    Es ist aber weder festgestellt, dass der Schuldner auf die Zulassung eines Fahrzeugs zwingend angewiesen war, noch war die Bezahlung der Rückstände aus dem insolvenzfreien Vermögen unzumutbar.

  • @ Lions Heart: Ich weiß, dass die Mausejule nicht in Eurem Bundesland sitzt, deshalb kann Euer Landesgesetz keine Anwendung finden. Und dann muss man eben schauen, ob andere Bundesländer ebenfalls solche Regelungen getroffen haben.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • In BaWü gibt es ein Fahrzeugzulassungsverweigerungsgesetz....

    Wahrscheinlich hat jedes Bundesland ähnliche Regungen, wenn es um rückständige Gebühren und Auslagen aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen geht

    Wegen anderer Rückstände beim Kreis, z. B. Abfallgebühren oder Gebühren des Gesundheitsamtes, wäre eine Verweigerung wohl unzulässig.

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

  • Der Schuldner muss sich bloß eine Härtefallbescheinigung vom Finanzamt holen. Mit der muss die Zulassungsstelle das Kfz trotz Steuerrückständen zulassen. Die Zulassungsstelle verhält sich übrigens vollkommen korrekt, da sie nur sieht, dass aufgrund von Steuerrückständen > 10 Euro eine Zulassung nicht möglich ist. Sie weiß weder in welcher Höhe die Rückstände bestehen noch um welche Rückstände (Insolvenzforderungen oder Neuverbindlichkeiten?) es sich handelt. Insbesondere meldet die Zulassungsstelle auch nicht die Steuerrückstände zur Insolvenztabelle an; dies wäre Aufgabe des Finanzamts bzw. künftig des Hauptzollamts.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

    2 Mal editiert, zuletzt von Exec (9. Juli 2013 um 13:56)

  • der Schuldner darf ! insolvenzrechtlich - nicht toxisch - aus dem unpfändbaren zahlen, aber er muss nicht !. Unbedingt gegen diese Art der zwangsweisen Gläubigerbevorzugung vorgehen. Es ist letztlich sogar unter strafrechtlichen Aspekten nicht uninteressant !

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  • Der Schuldner muss sich bloß eine Härtefallbescheinigung vom Finanzamt holen. Mit der muss die Zulassungsstelle das Kfz trotz Steuerrückständen zulassen. Die Zulassungsstelle verhält sich übrigens vollkommen korrekt, da sie nur sieht, dass aufgrund von Steuerrückständen > 10 Euro eine Zulassung nicht möglich ist. Sie weiß weder in welcher Höhe die Rückstände bestehen noch um welche Rückstände (Insolvenzforderungen oder Neuverbindlichkeiten?) es sich handelt. Insbesondere meldet die Zulassungsstelle auch nicht die Steuerrückstände zur Insolvenztabelle an; dies wäre Aufgabe des Finanzamts bzw. künftig des Hauptzollamts.

    :gruebel:Es geht hier doch gar nicht um Steuerrückstände, sondern um rückständige Gebühren des Kreises selbst, wegen derer die Zulassung verweigert werden kann.

  • Vermutlich berichtet der Themenstarter nur was der Schuldner als Laie so vorgetragen hat.

    Kann ich mir schwer vorstellen, dass es tatsächlich um Gebühren handelt, die bei der Zulassung eines Kfz entstanden sind (s. Text der niedersächsischen Verordnung). Wenn ich zur Zulassungsstelle gehe, wollen die immer erst Cash sehen, bevor die auch nur in Erwägung ziehen, mit mir zu reden. Zudem betragen die Gebühren für die Kfz-Anmeldung so aus dem Bauch heraus unter 30 Euro... Das ist dem Schuldner nun wirklich zuzumuten.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Ich habe hier auch einen Fall aus NRW, bei dem das FA nach Insolvenzeröffnung eine Vollstreckungsankündigung über rückständige Kfz-Steuer geschickt hat für Zeiträume vor Eröffnung und sogar noch vor Antrag.

    Das Fahrzeug war bereits zugelassen, der Verwalter hätte das doch nicht zahlen dürfen oder sehe ich das falsch?

  • Wem hat das Finanzamt die Vollstreckungsankündigung geschickt? Gehörte das Fahrzeug zur Insolvenzmasse o. wurde es freigegeben? Läuft das Verfahren noch? Hat der Verwalter nicht mitgeteilt, warum er das bezahlt hat und welche Rolle spielst du dabei?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Wem hat das Finanzamt die Vollstreckungsankündigung geschickt? Gehörte das Fahrzeug zur Insolvenzmasse o. wurde es freigegeben? Läuft das Verfahren noch? Hat der Verwalter nicht mitgeteilt, warum er das bezahlt hat und welche Rolle spielst du dabei?

    Die Vollstreckungsankündigung wurde dem Schuldner geschickt, IN-Verfahren. Das Fahrzeug gehört zur Masse und wurde nicht freigegeben (da nicht belastet). Das Verfahren läuft noch, ich prüfe gerade die Schlussrechnung.

    Eine Rückfrage beim Verwalter steht noch aus, ich wollte mich zunächst aber informieren, ob es evtl. doch zulässig war. Allerdings hat der Schuldner hier mehrfach 'Brände gelöscht' über die Barkasse, da sich auch die Privatwohnung an der Geschäftsanschrift befand (z.B. Energieversorger).

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