Errungenschaftsgemeinschaft nach ungarischem Recht

  • Es liegt mir ein Kaufvertrag zwischen einem als Alleineigentümer eingetragenem Niederländer und einem Ungarn, nach dem der Ungar -der nach Angaben in vertragsloser Ehe verheiratet ist- allein erwirbt (der Niederländer ist auch in vertragsloser Ehe verheiratet) vor. Rechtswahl ist nicht getroffen.

    Der vorher zuständigen Kollegin wurde (auf Anforderung? nix in den Akten) vom Notar zum Antrag auf Eintragung der AV eine Urkunde vorgelegt, wonach der Ungar und seine Frau im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach ungarischem Recht leben und beide die Eintragung hinsichtlich des Vertragsobjektes als Eigentümer in dieser Errungenschaftgemeinschaft bewilligen und beantragen. (Außerdem genehmigt die Frau des Niederländers die ursprüngliche Urkunde).

    Was ist mit der jetzt beantragten Auflassung (die nur zwischen dem Niederländer und dem Ungarn erklärt wurde und nicht von der Ungarin genehmigt wurde - oder kann ich eine Genehmigung der Ungarin "hineinlesen" - abgesehen davon, dass ja auch nicht aus der Urkunde hervorgeht, dass der Ehemann für die Ehefrau handelt)? Oder erwirbt die Ungarin automatisch mit? :confused:

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Alle schon im Wochende?:gruebel:

    Das Güterrecht richtet sich bei den Erwerbern nach dem Staat, dem sie angehören. Weil zum Vorbehaltsgut nur das zählt, was durch Schenkung, Erbfolge, als Surrogat für Sondergut, zur individuellen Benutzung oder mit entsprechender ehevertraglicher Regelung erworben wird (vgl. Hügel/Zeiser Intern. Bezuge Rn 82.44), fällt das Grundstück also grds. in die Errungenschaftsgemeinschaft. Auch beim Erwerb durch einen der Ehegatten wird das Grundstück damit gemeinschaftliches Eigentum (Durchgangserwerb; vgl. Süß Rpfleger 2003, 53, 62). Und wie bei der deutschen Gütergemeinschaft wäre meiner Ansicht nach die Ehefrau aufgrund einer nachzureichenden Berichtigungsbewilligung des Ehemannes mit einzutragen.

  • Reicht dann nicht die bereits (bei Eintr. d. AV) vorgelegte Urkunde, wonach der Ungar und seine Frau im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach ungarischem Recht leben und beide die Eintragung hinsichtlich des Vertragsobjektes als Eigentümer in dieser Errungenschaftgemeinschaft bewilligen und beantragen, aus? Darin beziehen sie sich auf die Kaufvertragsurkunde, aufgrund derer der Ungar (=Ehemann) Alleineigentum aufgelassen bekommen hat ... ?

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Können Erwerber, die in Errungenschaftsgemeinschaft nach ungarischem Recht leben, zu je 1/2 erwerben?
    Hätte hier jemand Bedenken oder Anmerkungen dazu?

    Danke für eure Hilfe!

  • "Errungenschaftsgemeinschaft" klingt eher danach, dass alles während der Ehe Erworbene zum Gesamtgut gehört, so dass kein Erwerb zu Bruchteilen möglich wäre. Spezielle Kenntnisse zum ungarischen Güterrecht besitze ich aber nicht.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Würde ich laut Hügel, GBO, 1. Auflage, Internat. Bezüge, Rn. 79.43 auch so sehen. Aus der Urkunde geht hervor, dass beide imgesetzlichen ungarischen Güterstand leben. Gesetzlicher Güterstand ist dieErrungenschaftsgemeinschaft, die im ungarischen Recht Gütergemeinschaft genanntwird. DerErwerb in Bruchteilen ist demnach grundsätzlich nicht möglich.
    So zumindest meine Auffassung.
    Sieht das jemand anders?

  • Zu Ungarn findet sich hier das Gutachten der Notarakademie Baden-Württemberg, allerdings mit Bearbeitungsstand 01. Januar 2006
    http://www.notarakademie.de/pb/site/jum/ge…mberg/pdf/H.pdf

    Das ungarische BGB ist zum 26.2.2013 geändert worden. Die güterrechtlichen Regelungen finden sich nicht mehr im FamG, sondern im 4. Buch: Familienrecht §§ 4:1-4:244 des BGB.

    Küppers führt in der heute erschienenen WiRO 2014, 129, Ungarns neues BGB – Teil 1: Entstehung und Inhalt“ aus:

    Seite 132: ..“Das Familienrecht war bislang in einem gesonderten Gesetz geregelt36. Diesen typisch sozialistischen Regelungszustand zu beenden und das Familienrecht wieder in das bürgerliche Recht zu überführen war eines der Hauptmotive für den Neuerlass des BGB37.“

    36 Gesetz 1952:IV über die Ehe, die Familie und die Vormundschaft v. 6.6.1952, MK 1952 Nr. 48 S. 461.

    37 E. Weiss, Az új Polgári Törvénykönyv Családjogi Könyvéről [Über das Familienrechtsbuch des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs], Jogtudományi Közlöny 2013, S. 405-414.

    Seite 135: …“Auch im Familienrecht sind Statusrechte meist zwingend, während Güterrecht 64 und Unterhalt 65 weitgehend von den Parteien gestaltet werden können und sich selbst bei der Auswahl eines Vormunds für Minderjährige oder eines Pflegers für geschäftsunfähige Erwachsene privatautonome Elemente finden.“

    64 Die Grundsatznorm des § 4:63 Abs. 2 gewährt der Vertragsfreiheit der Ehegatten für ihre güterrechtlichen Vereinbarungen genauso weiten Spielraum wie die Generalklausel im Schuldrecht für Verträge allgemein.

    Da auch bislang schon der gesetzliche Güterstand geändert werden konnte (s. Gutachten der Notarakademie B.-W.: „Seit 1. Juli 1987 kann der gesetzliche Güterstand durch Ehevertrag abgeändert werden, und zwar sowohl vor als auch nach der Eheschließung (§ 27 Abs. 2 FamG)“, dürfte dies dann, wenn die Vertragsparteien seit dem 26.2.2013 ihr Güterrecht frei gestalten können, noch eher möglich sein.

    Ich würde daher nicht ausschließen wollen, dass der Erwerb zu je ½ möglich ist und mit dem Notar wegen der Frage, welche güterrechtlichen Vereinbarungen existieren, Rücksprache nehmen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich schließe mich mal mit folgender Frage an:

    Käufer A ist deutsche Staatangehörige und Käufer B ist ukrainischer Staatsangehöriger. Sie kaufen ein Grundstück zu je 1/2 Anteil und wählen für ihre Ehe hinsichtlich des in der BRD belegenen unbeweglichen Vermögens das deutsche Recht.

    Der Erwerb zu 1/2 dürfte daher kein Problem sein richtig?

  • Ich schließe mich hier mal an mit folgender Konstellation:

    Eintragung einer AV ist beantragt, der Ehemann handelt alleine und ist nach Angabe im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Recht von Bosnien-Herzegowina verheiratet. Lt. Urkunde wird das Grundstück an den Ehegatten verkauft, "der damit den Vertragsgegenstand zusammen mit seiner eingangs aufgeführten Ehefrau X zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Recht von Bosnien-Herzegowina erwirbt".

    Sind bereits bei der AV jetzt beide Ehegatten in Errungenschaftsgemeinschaft einzutragen, oder vorerst nur der Ehemann, und erst bei der Auflassung samt Berichtigungsbewilligung dann beide Ehegatten?

  • Wenn -wie angegeben- der Erwerb „zusammen mit seiner eingangs aufgeführten Ehefrau X zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Recht von Bosnien-Herzegowina“ erfolgt, dann kann als Vormerkungsberechtigter nicht der Ehemann allein eingetragen werden.

    Zwar führt das BayObLG zur deutschen Gütergemeinschaft im Beschluss vom 4.6.1957 - BReg. 2 Z 172/56- aus: „Die Auflassungsvormerkung soll den schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der künftigen Trennfläche sichern. Dieser Anspruch erwächst aus dem not. Kaufvertrag, den der Ehemann St. allein mit den Verkäufern abgeschlossen hat. Nur er kann von seinen Vertragspartnern die Auflassung der Trennfläche verlangen, nicht auch seine Ehefrau, obwohl sie mit ihm in allgemeiner Gütergemeinschaft lebt (BayObLGZ 54, 141/145)“ entsteht“ Das BayObLG fährt aber fort: „Freilich fällt auch schon dieser Auflassungsanspruch - ebenso wie später das Eigentum an dem aufgelassenen Grundstück - gleichzeitig mit dem Erwerb durch den Ehemann kraft Gesetzes (§ 1438 BGB) ohne weitere rechtsgeschäftliche Übertragung in das Gesamtgut der allgemeinen Gütergemeinschaft (BayObLGZ 54, 14)“
    .
    Würde -entsprechende Anwendbarkeit des Rechts von Bosnien-Herzegowina vorausgesetzt- die Eintragung nur für den Ehemann bewilligt, könnte die Vormerkung wohl auch nur für ihn eingetragen werden. Vorliegend lautet die Eintragungsbewilligung des Veräußerers aber sicherlich dahin, die Vormerkung für den Ehemann und die Ehefrau X zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Recht von Bosnien-Herzegowina einzutragen ist. Da das Bestehen des Anspruchs bei Eintragung der Vormerkung nicht zu prüfen ist,
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post679128
    sind daher anhand dieser Bewilligung und des entsprechenden gestellten Antrags bereits bei der Vormerkung beide Ehegatten mit dem genannten Gemeinschaftsverhältnis einzutragen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke für deine Mühe, Prinz!

    Die Urkunde ist hier für mich nicht ganz eindeutig, weswegen sich mir diese Frage eben auftat.
    Die Verkäufer verkaufen wie geschrieben an den Ehegatten, "der damit... [siehe oben)" - nachstehend "Käufer" genannt.
    Zur Sicherung des Anspruchs "des Käufers" auf Eigentumsübertragung bewilligen die Verkäufer und beantragt der Käufer die Eintragung einer Vormerkung zugunsten des Käufers in das Grundbuch.

    Einmal editiert, zuletzt von bgm24 (17. Dezember 2015 um 09:21)

  • Das bestätigt meine Ansicht. Wenn die Bewilligung -wie von Dir angegeben- lautet: „Die Verkäufer verkaufen wie geschrieben an den Ehegatten, "der damit... [siehe oben)"… dann lautet sie vollständig: „Die Verkäufer verkaufen an Y, der damit zusammen mit seiner eingangs aufgeführten Ehefrau X zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Recht von Bosnien-Herzegowina erwirbt“. Also sind Käufer beide, die ja auch nach Deiner Ansicht später als Eigentümer einzutragen wären. Mithin ist die AV ebenfalls für beide einzutragen. Aus der Bewilligung ergibt sich jedenfalls nicht, dass der Anspruch lediglich für den Erschienenen vorgemerkt werden soll.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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