§ 120 Abs. 4 ZPO bei Insolvenzverwaltern

  • Hallo,

    was macht ihr in folgender Konstellation:

    Insolvenzverwalter hat PKH bekommen. Die Verhältnisse der Masse ändern nachträglich zum Positiven. Der IV ist nicht verpflichtet (jedenfalls nach allen einschlägigen Kommentaren) darüber Mitteilung zu machen. Der Verwalter macht das Insolvenzverfahren dicht, es wird daraufhin aufgehoben.

    Hat dort schon mal jemand den Verwalter in Haftung genommen? (§ 60 InsO)

  • Hmm, gegen welche eine Haftung iSd. § 60 InsO begründende Pflicht sollte denn der InsVerw verstoßen haben?
    Muss der sich nicht ebenso wie jede andere Partei nur auf Anfrage des Gerichts zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse erklären?

    Ab dem 01.01.2014 dürfte die Rechtslage eine andere sein, wenn die PKH-Partei eine entsprechende Mitteilungsobliegenheit trifft.

    Ich lege meine PKH-Prüffristen immer so, dass sie erfahrungsgemäß noch im laufenden Insolvenzverfahren liegen - gerade letztens hat ein Insverw erfreulicherweise einige tausend Euro an die LK zurückgeführt. ;)

  • Nach der jetzigen Rechtslage habe ich mit "meinen" Rechtspflegern vereinbart, dass ich ihnen rechtzeitig vor Beendigung des Insolvenzverfahrens Mitteilung mache, sofern meine Insolvenzmasse für Zahlungen ausreicht. Klappt super und ich muss nicht alle paar Monate irgendwelche Ausküfte geben.

    Wie es nach der neuen Rechtslage wird; keine Ahnung :nixweiss:. Ich kann doch nicht bei jedem Zahlungseingang von EUR 1,00 eine Mitteilung schicken. Vielleicht könnte man ein ähnliches Gentlemen-Agreement treffen.

    Zu einer Inanspruchnahme nach § 60 InsO ist es hier noch nicht gekommen.

    p.s. Würde gern einen Querverweis ins Insolvenzforum vornehmen. Die dort anwesenden Kollegen interessieren sich vielleicht auch für das Thema.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Zitat

    Hmm, gegen welche eine Haftung iSd. § 60 InsO begründende Pflicht sollte denn der InsVerw verstoßen haben?

    Naja, ggf. hat er potentiell bestehende Masseverbindlichkeiten nicht berücksichtigt. Habe recherchiert, dazu gibt es nichts. Frag ja auch nur, weil wir den Fall permanent haben.

  • Also bei uns gibt es keine Meldung an das Gericht. Getreu dem § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO ("Auf Verlangen des Gerichts hat sich die Partei darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.") warten wir die entsprechende Anfrage ab und äußern uns dann. Eine Verpflichtung zur "Selbstanzeige" sehe ich nicht, schon gar keine Grundlage für eine persönliche Haftung.

    btw: Einen Fall, in dem noch etwas gezahlt werden musste, hatte ich bislang nicht. Die erfolgreichen Klagen mit PKH haben in der Regel nur die Vergütung reingeholt und nur selten zu einer Quote geführt...

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Eine echte Selbstanzeige gibt es bei mir auch nicht; aber bevor ich dauernd "die Hosen runter lasse und aufwendige Auskünfte erteile" sichere ich zu, dass ich mich spätestens vor dem Abschluss des Insolvenzverfahrens melden werde.

    Zukünftig gibt es dann doch die Offenbarungspflicht. Wie werden wir dann damit umgehen? Müssten wir dann alle Einnahme der Masse, die über die Kosten des Insolvenzverfahrens und die bestehenden Masseverbindlichkeiten hinausgehen, melden? Wenn ich aber mehrere Gerichte habe, melde ich dann überall die Hälfte oder macht das schnellere Gericht das Rennen :gruebel:. Ich bin da echt noch nicht schlüssig.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • hm, also irgendwas hab ich wohl nicht verstanden...
    IV bekommt PKH (weil masse nicht ausreichend und Gl. nicht herangezogen werden können); er verliert den Rechtstreit, dann ist irgendwoanders Masse da. Damit besteht m.E. eine Masseverbindlichkeit, die zu bedienen ist.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    :daumenrau

  • IV bekommt PKH (weil masse nicht ausreichend und Gl. nicht herangezogen werden können); er verliert den Rechtstreit, dann ist irgendwoanders Masse da. Damit besteht m.E. eine Masseverbindlichkeit, die zu bedienen ist.

    Ja und Nein:

    Ja, es handelt sich (bereits ab PKH-Bewilligung) um eine Masseverbindlichkeit. Denn durch den PKH-Bewilligungsbeschluss werden der PKH-Partei die Kosten nicht erlassen. Die bestehenden Ansprüche der Staatskasse gegen die PKH-Partei sind nur - wie bei einer Stundung - in ihrer Durchsetzbarkeit gehemmt (BGH, Beschl. v. 20.03.1997 - VII ZR 146/87). Es handelt sich daher - ähnlich wie bei der Verfahrenskostenstundung nach § 4a InsO - um eine Masseverbindlichkeit.

    Nein, diese Masseverbindlichkeit ist nicht zu bedienen (und darf vom Verwalter auch nicht bedient werden), solange der PKH-Beschluss noch in der Welt ist. Denn die Forderung darf von der Staatskasse nicht geltend gemacht werden und muss daher vom Verwalter auch nicht berücksichtigt werden. Die Durchsetzbarkeit wird nicht automatisch mit Verbesserung der Vermögensverhältnisse wieder hergestellt, sondern nur dann, wenn der Beschluss geändert wird, wofür das Verfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO einzuhalten ist. Anders als bei der Verfahrenskostenstundung, bei der der Schuldner nach § 4b Abs. 2 S. 2 InsO verpflichtet ist, "dem Gericht eine wesentliche Änderung dieser Verhältnisse unverzüglich anzuzeigen", besteht eine solche Verpflichtung für die "normale" PKH-Partei zumindest bis Ende 2013 nach einhelliger Auffassung nicht (OLG München, Beschl. v. 30.10.1991 - 16 WF 850/90). Solange daher keine Anfrage vom Gericht kommt und der Beschluss nicht geändert wird, bleibt es bei der fehlenden Durchsetzbarkeit und die Forderung wird nicht berücksichtigt.

    Die Änderungen, die der neue § 120a ZPO (§ 120a ZPO Abs. 2 S. 1: "Verbessern sich vor dem in Absatz 1 Satz 4 genannten Zeitpunkt die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich oder ändert sich ihre Anschrift, hat sie dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.") bringen wird, lasse ich auf mich zukommen...

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Tja, grade im Hinblick auf die Neuregelungen finde ich dat Thema ziemlich spannend. Aber da warte ich erstmal den Text ab...;)

  • Also mit "wir haben diesen Fall ständig" heißt, dass wir viele Fälle haben in denen PKH gewährt wurde und irgendwann genügend Masse vorhanden ist. Ich stelle hier vor allem praktische Erwägungen an, da die Anfrage gern auch mal nach Einreichung des Schlussberichts kommt. Es sieht halt immer irgendwie blöd aus.

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