Pflichtverteidigervergütung nach Rücknahme der Berufung

  • Wir haben hier eine Frage zur Plichtverteidigervergütung - jemand evtl. ein Idee?

    Schilderung des Sachverhalts:

    Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist in der I. Instanz erfolgt.

    Urteil ergeht am 03.01.2013 in der I. Instanz mit Verurteilung des Angeklagten.

    Am 10.01.2013 legt RA Berufung - ohne Begründung - gegen das Urteil ein.

    Am 14.01.2013 erfolgt die Urteilszustellung an die Staatsanwaltschaft.

    Am 18.01.2013 erbittet RA eine Abschrift des Sitzungsprotokolls.

    Am 28.2013 erfolgt „Begleitverfügung“ des Staatsanwalts u. a. an Richter der 1. Kleinen Strafkammer einen Termin anzuberaumen.
      
    Richter am Landgericht fertigt Beschluss am 07.05.2013: Angeklagter soll untersucht werden (durch einen Sachverständigen). Ein Verhandlungstermin ist nicht bestimmt worden.

    Termin beim Sachverständigen ist am 15.07.2013 - den hat der Angeklagte nicht wahrgenommen

    Am 16.07.2013 erfolgt die Rücknahme der Berufung durch RA - ohne Begründung.

    Beschluss am 17.07.2013: Angeklagter trägt Kosten der Berufung.


    Am 16.07.2013 Einreichung der Gebührennote des RA:

    Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV RVG 216,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nr. 4141, 4126 VV RVG 216,00 EUR
    + Auslagen + Umsatzsteuer
    = 537,88 EUR

    Sind die Gebühren festsetzungsfähig? Danke für eure Rückmeldungen...

  • Sehe hier auch keine Probleme

    - Verfahren war beim LG, RA hat sich zumindest mit dem Beschluss des Landgerichts auseinandersetzen müssen

    - Verfahren wurde durch Mitwirkung des RA (hier Rücknahme der Berufung) nicht nur vorläufig eingestellt.

  • Ich muss hier mein Problem auch nochmal anhängen... bin noch Strafrecht-Neuling und irgendwie schmeckt mir diese Sache nicht ganz:

    Pflichtverteidiger war schon in 1. Instanz bestellt. Urteil ergeht.
    Am 15.1. legt Pflichtverteidiger Berufung (ohne Begründung etc) ein und nimmt diese 1 Woche später wieder zurück.

    Nun macht er Nr. 4124 und 4141 (1) S. 3 + 7002+ Ust geltend = über 600,00 €???
    Und das für 2 Blätter auf denen einmal steht: ich lege Berufung ein und ich nehme die Berufung zurück?
    :gruebel:

  • Der wird halt abgewartet haben, ob die StA in Berufung geht.

    Was soll man denn machen? Das Strafprozessrecht verlangt nun mal Rechtsmittel binnen einer Woche. Wenn man seine Überlegungen zur Einlegung auf schriftliche Urteilsgründe stützen könnte, gäbe es weit weniger "höchst vorsorglich" eingelegte Rechtsmittel, die später zurückgenommen werden.

    Es gibt weit mehr Entscheidungen zur Rücknahme der Revision, weil dort nicht zwingend die Hauptverhandlung vermieden wird. Das ist bei der Berufung anders. Deshalb denke ich, dass in allen Fällen, in denen nicht auf der Hand liegt, dass die Berufung allein zur Generierung zusätzlicher Gebühren eingelegt wurde, die VG und die 4141 erstattungsfähig entstanden sind.

    Entscheidungen bei Burhoff: http://burhoff.de/insert/?/burhoff/rvginhalte/liste_106.htm

    Über die Höhe solltest Du Dich bitte nicht empören. Einerseits weißt Du nicht, was der PV außerhalb Deiner Akte gemacht hat. Oft berät man sich in dieser einen Woche 2-3mal mit dem Mandanten, ob das Rechtsmittel aufrecht erhalten bleiben soll. Und andererseits - Pflichtverteidigung ist immer auch Quersubventionierung, da darf dann auch mal wenig Arbeit für viel Geld dabei sein, ausnahmsweise. Ist sonst oft umgekehrt. :(

  • Ich häng mich hier mal ran mit meinen Fragen...

    Revision wurde durch den Verteidiger eingelegt, die Revision zurückgenommen hat der Mandant selbst. Demnach sind mE keine Revisionsgebühren für den RA entstanden... zumindest nicht solange er nicht weitere Tätigkeiten in der Revision vortägt... oder?

    RA wurde vor dem 01.08.2013 beigeordnet... dann gibts ja die erstinstanzlichen Gebühren nach altem RVG, Berufung hat der RA nach dem 01.08.2013 eingelegt.
    Dann bekommt er doch die Berufungsgebühren nach neuem RVG oder muss ich dennoch auf die Beiordnung abstellen?

  • Revision wurde durch den Verteidiger eingelegt, die Revision zurückgenommen hat der Mandant selbst. Demnach sind mE keine Revisionsgebühren für den RA entstanden... zumindest nicht solange er nicht weitere Tätigkeiten in der Revision vortägt... oder?

    Sehe ich auch so.

    RA wurde vor dem 01.08.2013 beigeordnet... dann gibts ja die erstinstanzlichen Gebühren nach altem RVG, Berufung hat der RA nach dem 01.08.2013 eingelegt. Dann bekommt er doch die Berufungsgebühren nach neuem RVG oder muss ich dennoch auf die Beiordnung abstellen?

    Neues RVG - 60 Abs. 1 S. 2 RVG

  • Möchte mich mit folgendem Sachverhalt an euch wenden und bitte um eure Meinungen :

    Pflichtverteidiger in der I.Instanz legt Berufung - ohne weitere Begründung ein, schreibt lediglich dazu :
    Sollte die Staatsanwaltschaft keine Berufung einlegen oder eine eingelegte Berufung zurücknehmen, erbäte er einen kurzen Hinweis, damit erörtert werden kann, wie weiter zu verfahren ist. Mitteilung an ihn, dass seitens der Staatsanwaltschaft keine Berufung eingegangen ist.
    Jetzt beantragt der Pflichtverteidiger für das Berufungsverfahren Gebühren gem.Nr. 4124 und 4141 VVRVG.
    Ich habe es so gesehen, dass keine Gebühren für das Berufungsverfahren angefallen sind gem.§ 19 Abs.1 Nr. 10 RVG. Der Pflichtverteidiger sieht das natürlich anders und begründet es damit, dass die Sache geprüft und erörtert wurde und er keinen Zweifel an den geltend gemachten Gebühren hat.
    Sind diese tatsächlich entstanden ? Ich bin mir nicht mehr sicher.
    Danke für eure Hilfe.

  • Jede Tätigkeit nach der Berufungseinlegung führt zur Nr. 4124 VV RVG und die Rücknahme dann zur Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG. Wo ist das Problem? :)

  • Na und? Ist doch sonst oft mühevoll genug.


    Mag ja sein, dass es Verfahren gibt, für die die Pflichtverteidigervergütung als nicht ausreichend anzusehen ist. Das Gegenteil kommt aber auch immer wieder vor.

    Unabhängig davon ist der Verteidiger gehalten, keine sachlich nicht gerechtfertigten Gebühren auszulösen.

    (Wohlgemerkt, ich meine den Fall, wenn ein Pflichtverteidiger generell gegen die erstinstanzlichen Urteile Berufung einlegen würde, um diese sogleich zurückzunehmen und die entsprechenden Gebühren entstehen zu lassen.)

  • Die Frage ist doch - wie wahrscheinlich ist das? Und wie wahrscheinlich ist es, dass eine solche missbräuchliche Rechtsmitteleinlegung auf Dauer von den Kostenfestsetzern nicht bemerkt wird?

    M.E. verbieten sich solche anlasslosen Überlegungen, solange das Prozessrecht dem Angeklagten keine andere Möglichkeit lässt, als vorsorglich in Berufung zu gehen.

  • Na und? Ist doch sonst oft mühevoll genug.


    Mag ja sein, dass es Verfahren gibt, für die die Pflichtverteidigervergütung als nicht ausreichend anzusehen ist. Das Gegenteil kommt aber auch immer wieder vor.

    Unabhängig davon ist der Verteidiger gehalten, keine sachlich nicht gerechtfertigten Gebühren auszulösen.

    (Wohlgemerkt, ich meine den Fall, wenn ein Pflichtverteidiger generell gegen die erstinstanzlichen Urteile Berufung einlegen würde, um diese sogleich zurückzunehmen und die entsprechenden Gebühren entstehen zu lassen.)

    Eben, es ist eine Mischkalkulation. Und wer will beurteilen, ob die Berufungseinlegung "sachlich nicht gerechtfertigt" ist. Die Gründe, warum Berufung eingelegt wird, geht doch niemanden etwas an.

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