Verfahren nach § 277 Abs. 3 FamFG?

  • Ich versteh das Verfahren nach § 277 III FamFG nicht richtig (wir hatten hier auch noch nie einen solchen Antrag und die Kommentierung ist dazu recht dünn).

    Fall:
    Ein Rechtsanwalt wurde vom Richter berufsmäßig zum Verfahrenspfleger bestellt im "Bettgitter-Verfahren". Genehmigungsbeschluss ergeht, Verfahrenspfleger gibt seine Stellungnahme ab und übersendet seine Kostenrechnung nach § 277 III FamFG. Und zwar macht er 2 Std./33,50 € geltend zzgl. 9 € Kopiekosten. Mit MWSt. also eine Summe von 90,44 €.
    Auf mein Schreiben, dass er bitte die konkret erledigte Tätigkeit angeben, minutengenau abrechnen und mir bitte mitteilen soll, wofür 9 € Kopiekosten angefallen sind, trägt er vor, dass der nach § 277 III FamFG abrechnet und er sich nicht weiter erlären muss.

    Meine Frage ist:
    Muss denn nicht im Vorhinein vom Betreuungsgericht bestimmt werden, dass der Verfahrenspfleger nach § 277 III FamFG abrechnen kann?
    Im MüKo zu § 277 (RN 16) steht: "Billigt das Gericht eine Pauschalentschädigung zu, dann ist damit konkludent festgestellt, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt wird." Danach müsste doch, wenn ich das richtig verstehe, derjenige, der den Verfahrenspfleger bestellt - entweder also Richter oder RPfl, abhängig davon, wer für das zu Grunde liegende Verfahren zuständig ist - im Rahmen der Bestellung des Verfahrenspflegers bestimmen, ob er pauschale abrechnen darf oder nicht. Also im Vorhinein, weil ja, die Zeit, in der die Pflegschaftsgeschäfte geführt werden, "vorhersehbar" sein muss.
    Kann das richtig sein? Denn solange ich Betreuungssachen bearbeite, hab ich solch eine gerichtliche Bestimmtung, dass pauschale Abrechnung erfolgen soll, noch nie gesehen. Weder vom Richter noch vom RPfl.

    Vielen Dank.

  • Ich hatte so einen Konstellation auch noch nie. Aber:

    1. ist der Antrag schon in sich nicht logisch, weil bei 2 Stunden nur 2x3=6 Euro Aufwandspauschale geltend gemacht werden könnten und

    2. ich das Gesetz und die (spärliche) Kommentierung bei Bork/Jacoby/Schwab so verstehe, daß das Gericht diese Art der Abrechnung im Vorfeld bestimmt.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich hatte so einen Konstellation auch noch nie. Aber: 1. ist der Antrag schon in sich nicht logisch, weil bei 2 Stunden nur 2x3=6 Euro Aufwandspauschale geltend gemacht werden könnten...

    Ja, der Verfahrenspfleger hat auch nicht die Pauschale nach § 277 III FamFG beantragt, sondern die Kopiekosten nach RVG abgerechnet, was noch - wenn denn § 277 III FamFG überhaupt geht - zu berichtigen/abzusetzen wäre.

  • Die Pauschale muss vorab vom bestellenden Organ der Rechtspflege festgelegt werden LG Mönchengladbach Rpfl. 2003, 365 .
    Allerdings wird eine nachträgliche Pauschalierung mit Zustimmung des VP für mögliczh gehalten ( Deinert/Lütgens Anm. 895 in deren Handbuch der Vergütung ) .

    Würde mal die Akte dem Richter vorlegen , was gewollt war .

    Die Kopiekosten wären im Fall der Pauschalierung auf jeden Fall abzusetzen wie oben erwähnt.

  • Habe jetzt noch HK-BUR (Bauer) zu § 277 FamFG zu Rate gezogen. Dort wird zusätzlich noch vertreten, daß die Anordnung der Vergütungspauschale nur im Einvernehmen mit dem Verfahresnpfleger möglich sei (unter Hinweis auf LG Münster zur pauschalierten Betreuervergütung nach altem Recht, BtPrax 2000, 42, 43). In Rz. 73 wird ausgeführt, daß dem Gericht durch Abs. 3 die "aber -aus guten Gründen- lange nicht überall genutzte Möglichkeit eröffnet" sei, mit der Vergütungspauschale einen von vornherein feststehenden Geldbetrag anstelle der zeitbezogenen Vergütung festzusetzen. Dagegen werden Bedenken geäußert, weil es sich um eine verdeckte und eigentlich verbotene Zeitlimitierung handele.
    Das stützt für mich die Ansicht, daß das Gericht diese Variante vorher festlegt.

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  • Moment bitte.

    >>Ein Rechtsanwalt wurde vom Richter berufsmäßig zum Verfahrenspfleger bestellt im "Bettgitter-Verfahren".<<

    Also Unterbringungsverfahren, § 312 Nr.2 FamFG.
    Damit nicht § 277 III FamFG sonder §§ 318, 277 FamFG
    Der Richter setzt selbst fest. Er legt lediglich dem Anweisungsbeamten mit der Bitte um Anweisung der Auszahlung vor.

    Wenn kommentarlos vorgelgt wird nachfragen oder anweisen aber nicht zurückweisen.

  • Moment bitte.

    >>Ein Rechtsanwalt wurde vom Richter berufsmäßig zum Verfahrenspfleger bestellt im "Bettgitter-Verfahren".<<

    Also Unterbringungsverfahren, § 312 Nr.2 FamFG.
    Damit nicht § 277 III FamFG sonder §§ 318, 277 FamFG
    Der Richter setzt selbst fest. Er legt lediglich dem Anweisungsbeamten mit der Bitte um Anweisung der Auszahlung vor.

    Wenn kommentarlos vorgelgt wird nachfragen oder anweisen aber nicht zurückweisen.

    Der Richter setzt selbst fest?
    Versteh ich es richtig, dass wenn der Vergütungsantrag des Verf.-Pflegers in einem solchen Fall kommt, dann bei Euch der Richter über den Antrag entscheidet? Dem RPfl wird der Vergütungsantrag gar nicht erst vorgelegt?

  • Das würde mich allerdings sehr wundern, wenn es so wäre.

    Ich nehme jetzt einfach mal an, dass ich in meinem Fall für die Festsetzung der Vergütung zuständig bin.
    Was mach ich mit dem Antrag?

    Alternative 1:
    Ich lege die Akte dem Richter vor, der nachträglich (wohl möglich, siehe #5) zu bestimmen hat, ob Abrechnung nach § 277 Abs. 3 FamFG erfolgen kann oder nicht.

    Alternative 2:
    Ich stell mich auf den Standpunkt: Der Richter hat bei Bestellung des Verfahrenspflegers geschwiegen, also ist nur „normale“ Abrechnung nach § 277 Abs. 2 FamFG möglich.


    Und mal ganz am Rande:
    Hat jemand schon einmal so eine Bestimmung, dass dem Verfahrenspfleger „ein fester Geldbetrag zugebilligt wird“ in einer Akte gelesen? Wie würde die Formulierung denn überhaupt lauten? Zumindest in dem tollen BetreuTex gibt es eine Formulierungshilfe dazu nicht.


  • Und mal ganz am Rande:
    Hat jemand schon einmal so eine Bestimmung, dass dem Verfahrenspfleger „ein fester Geldbetrag zugebilligt wird“ in einer Akte gelesen? Wie würde die Formulierung denn überhaupt lauten? Zumindest in dem tollen BetreuTex gibt es eine Formulierungshilfe dazu nicht.

    Ich habe sowas schon gesehen, wird aber eher selten gemacht.
    In Eureka gibt es folgenden Textbaustein im Bestellungsbeschluss dazu: D. Verfahrenspfleger(in) wird für ihre/seine Tätigkeit gemäß § 277 Abs. 3 FamFG ein Pauschal­betrag in Höhe von ______________ EUR zugebilligt. Die voraussichtliche erforderliche Zeit ist dabei mit _____ Stunden angenommen worden. Weitergehende Aufwendungsersatz- und Ver­gü­tungs­an­sprüche stehen ihr/ihm nicht zur Verfügung.

    Wenn der Verf-Pfl. dann den entsprechenden Antrag stellt, muss auch kein Festsetzungbeschluss mehr gemacht werden.

  • Moment bitte.

    >>Ein Rechtsanwalt wurde vom Richter berufsmäßig zum Verfahrenspfleger bestellt im "Bettgitter-Verfahren".<<

    Also Unterbringungsverfahren, § 312 Nr.2 FamFG.
    Damit nicht § 277 III FamFG sonder §§ 318, 277 FamFG
    Der Richter setzt selbst fest. Er legt lediglich dem Anweisungsbeamten mit der Bitte um Anweisung der Auszahlung vor.

    Wenn kommentarlos vorgelgt wird nachfragen oder anweisen aber nicht zurückweisen.

    Der Richter setzt selbst fest?
    Versteh ich es richtig, dass wenn der Vergütungsantrag des Verf.-Pflegers in einem solchen Fall kommt, dann bei Euch der Richter über den Antrag entscheidet? Dem RPfl wird der Vergütungsantrag gar nicht erst vorgelegt?

    Das würde mich allerdings sehr wundern, wenn es so wäre.

    Allein zuständig ist der Richter für Unterbringungssachen, also auch für die Festsetzung.
    Die Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG direkt, daher ist woanders (RpflG) nix zu finden darüber.

    Es ist ausdrücklich keine Betreuungssache, oder Zuweisungssache, sonder ein eigens Verfahren, für das der Betreuungsrichter zuständig ist.

    s. a. MüKo ZPO § 312 FamFG Rn 12, dort stehts sogar ausdrücklich nochmal extra dabei, dass es sich auch auf Verfahresnpflegervergütung ertreckt.

    Ein Rpfl darf die roten Hefte niemals in die Finger kriegen. ;)

    Zur Sache selbst:

    ich würd ihm die zwei Stunden geben und die Kopierauslagen, einfach anweisen und fertig.
    Knappe 100,--€ für Verfahrenspflegschaft, das passt schon.

    Minutengenaue Abrechung! Ich bin doch nicht die Telekom, hier, :gruebel: Doch nicht bei popligen zwei Stunden, solange hat der ja schon kopiert:teufel:

    Sei froh wenn er nicht dahinterkommt, dass er vom Richter wahrscheinlich sog. RVG bekommen würde ;)


  • Nach § 318 FamFG gilt für den Verfahrenspfleger in Unterbringungssachen die Regelung für Verfahrenspfleger in Betreuungssachen (§ 277 FamFG) entsprechend.

    Für diese Betreuungssache ist der Rechtspfleger zuständig, an einem Richtervorbehalt in § 15 RPflG fehlt es.

    Die erwähnte Kommentierung kann ich daher nicht nachvollziehen.

    Ansonsten ergäbe sich die merkwürdige Konstellation, dass der Richter die VerPfl für Unterbringungen und der Rechtspfleger die im Rahmen von Betreuungsanordnungen durch den Richter bestellte VPfl vergüten würde.

  • Mit Erstaunen hab ich die o. g. Stelle im MüKo gelesen. Tatsächlich, der Richter soll für die Entscheidung über den Vergütungsantrag des Verfahrenspflegers in Unterbringungssachen zuständig sein. Und dabei macht es vermutlich auch keinen Unterschied, ob das "Bettgitter-Verfahren" isoliert läuft oder innerhalb eines Betreuungsverfahrens, oder?

    Meine Akte (ist übrigens ein laufendes Betreuungsverfahren und kein isoliertes "Bettgitter-Verfahren" ohne Betreuerungsverfahren) lege ich jetzt dem Richter vor mit der Bitte um Vorgabe, ob der Verfahrenspfleger nach § 277 Abs. 3 FamFG abrechnen kann oder nicht, da diese Entscheidung ja wohl nachträglich noch möglich sein soll.
    Suspekt ist mir das Ganze aber immer noch...

  • Genauso ist das!

    Einen Richtervorbehalt gibt es desshalb nicht, weil es auch keine Übertragung gibt, vgl. § 3 RpflG, im ganzen RpflG kommt nicht ein einziges mal das Wort Unterbringung vor....
    Eine Betreuungssache ist per Gesetz KEINE Unterbringungssache und umgekehrt auch nicht, § 271 FamFG und § 312 FamFG jeweils ganz für sich allein, daran ändert auch eine Verweisung auf einzelne Verfahrensvorschriften nix.

    Dass sie Unterbringungssachen kein eigenes Az. bzw. Registerzeichen haben ist irreführend und schlichtweg falsch, hilft aber nix.

  • Und wird das auch irgendwo, außer bei leviathan, in der Praxis so vollzogen? :confused:

    Nein. Und ich glaube auch nicht, dass das bei den Nachbargerichten so gehandhabt wird. Das "Bettgitter-Verfahren" wird im laufenden Betreuungsverfahren mit abgefrühstückt. Kein neues Verfahren und über den Vergütungsantrag des Verf.-Pfleger entscheidet der RPfl.

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