Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen mit Unterhaltleistungen?

  • Hallo alle miteinander,

    stehe auf Arbeit gerade vor folgendem Problem. Im Fall hat die geschiedene Frau geringfügiges Einkommen. Aufgrund der Unterhalsleistungen vom Exmann ergäbe sich bei einer Zusammenrechnung von Einkommen und Unterhalt ein pfändbarer Betrag. Nun steh ich vor der Frage ob:

    1. überhaupt eine Zusammenrechnung nach § 850 e ZPO möglich ist
    2. die Unterhaltsleistung pfändbar ist. :gruebel:

    Wenn ich hierbei § 850b Abs. 1 Ziff. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO (Belligkeitsentsprechnung aufgrund der Forderungshöhe liegt vor + sonst ist nichts zu holen) heranziehe würde sich eigentlich die Pfändbarkeit und so eine Zusammenrechnungsmöglichkeit ergeben. :gruebel:

    Wie seht ihr das?

  • Ich würde schon sagen: ja. Wenn sich ein pfändbarer Betrag ergibt, ist er ja eh dem geringfügigen Einkommen zu entnehmen, dass ohne Frage grundsätzlich pfändbar ist.

  • Hallo.

    Abzustellen im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 850b ZPO ist nicht auf die Höhe, sondern ausschließlich auf die Art der Forderung, welche der Pfändung zugrunde liegt. In Bezug auf die Höhe ist im Rahmen der Billigkeitsprüfung auf die Höhe des zu pfändenden Anspruchs, hier also auf die monatliche Unterhaltshöhe.

    Es kommt also bei der Billigkeitsprüfung im konkreten Fall neben den in § 850b II ZPO genannten Voraussetzungen auf die Art des beizutreibenden Anspruchs und die Höhe des Unterhaltsanspruchs an. Nach Billigkeits-Abwägung im konreten Fall ergibt sich die grundsätzliche Pfändbarkeit / Unpfändbarkeit des Unterhaltsanspruchs.

    Nach Zöller, ZPO (21. Auflage) ist eine Zusammenrechnung nach § 850e Nr. 2 ZPO ausschließlich für Arbeitseinkommen und nicht für sonstige Einkünfte des Schuldners zulässig, so dass sich dann die Frage des Rechtschutzinteresses für die Pfändung ergibt, wenn sich aus der Höhe der Unterhaltseinkünfte allein kein pfändbarer Betrag ergibt.

    Ich würde die Bedenken gegen die Zusammenrechenbarkeit und die Frage des Rechtsschutzinteresses den Gl.-V. mit der Bitte um Überprüfung und ggf. Rücknahme des Antrags mitteilen.

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  • 850e lässt aber auch so ziehmlich alles zusammen rechnen, Sozialleistungen und Naturalleistungen z.B., da wird man wohl unterhalt nicht so ohne weiteres ablehnen können, wenn auch nur nach einer Billigkeitsprüfung.

  • Zitat von Ralf Zeigermann

    da wird man wohl Unterhalt nicht so ohne weiteres ablehnen können, wenn auch nur nach einer Billigkeitsprüfung.



    @Ralf Zeigermann : Nach der Kommentierung (Zöller) kann man die Zusammenrechnung m.E. schon ablehnen und ich sehe die grundsätzliche Unpfändbarkeit der Einkunftsarten des § 850b ZPO schon in einem Unterschied zu den laufenden Sozialleistungen mit Lohnersatzfunktion, deren Pfändbarkeit sich aus § 54 SGB-I ergibt und die in § 850e Nr. 2a ZPO ausdrücklich zusätzlich zu den Arbeitseinkünften i.S.v. § 850e Nr. 2 ZPO genannt sind.

    Aber du hast insoweit schon recht, dass ein Ergebnis der grundsätzlichen Pfändbarbeit der Unterhaltsleistungen keinen rechten Sinn macht, wenn man diese Leistungen nicht mit dem - auf jeden Fall pfändbaren - normalen Arbeitseinkommen zusammenrechnen kann - ich habe allerdings derzeit keine Zeit und Lust, jetzt juris web nach entsprechender Rechtsprechung zu durchsuchen... ;)

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  • Also ich seh die Frage der Zusammenrechnung so:

    Nach Allem, was ich bisher geprüft hatte, sind Einkünfte zusammenzurechnen. Und als Einkünfte ist wohl alles zu rechnen, was der Schuldner de Facto auf seinem Konto zugeschrieben bekommt. Sobald ( in der Sekunde) es bei ihm eingegangen ist, ist nicht mehr zu Unterscheiden nach dem Woher und dem Grunde, sondern der tatsächlichen Gutschrift. Der BGH hat darüber schon einiges entschieden. Der gutgeschriebene Betrag steht dem Schuldner voll zur freien Verfügung, so daß er dem Schuldner auch zum Bestreiten seines Unterhaltes zu Verfügung steht.
    Also auch Einkommen und Unterhalt. Wobei dann evtl. Unterhaltspflichten zu berücksichtigen wären.

  • @rüpfel : Das mit dem "Tipp" der Kontopfändung würde den Gläubiger bestimmt erfreuen, um ggf. an das Geld zu kommen; aber bei der Eingangsfrage ging es um die Zulässigkeit der Anordnung nach § 850e Nr. 2, 2a ZPO, also Direktpfändung bei den Drittschuldnern der dort zitierten Forderungen und diese Anordnung dürfte im Hinblick auf die o.g. Zöller-Rechtsprechung eben zweifelhaft sein.

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  • Hallo,

    ich sehe es so, dass nach dem Gesetzeswortlaut des § 850e ZPO eine Zusammenrechnung nach Anhörung möglich ist.

    Ziff. 2: Mehrere Arbeitseinkommen sind auf Antrag vom Vollstreckungsgericht bei der Pfändung zusammenzurechnen.

    Ziff. 3: Mit Arbeitseinkommen sind auf Antrag auch Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung unterworfen sind.

    Unterhalt stellt weder Arbeitseinkommen noch eine nach § 54 SGB I pfändbare Sozialleistung dar. Somit kommt nach dem Gesetzeswortlaut eine Zusammenrechnung eigentlich nicht in Betracht. Infolge der Pfändbarkeit einer auf gesetzlicher Vorschrift basierenden Unterhaltsrente nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften (§ 850b Abs. 2 ZPO) muss m.E. nach einer Billigkeitsprüfung welche die Anhörung der Beteiligten erfordert (§ 850b Abs. 3 ZPO) eine Zusammenrechnung möglich sein (falls man die Billigkeit der Pfändung bejaht).

    Rechtsprechung zu dieser Problematik ist (auch) mir nicht bekannt.

    Gruß

    HuBo

  • bishop, hast da recht, aber das mit der kontenproblematik ist in diesem zusammenhang nur die logische folge, die eintritt. hugo bossi vertritt die ansicht, mit der ich seit jahren lebe und entscheide....zusammenrechnung möglich nach betrachten der sozialfragen und anhörung. :oops: geb ja zu, dass ich das mal vor längerer zeit nachgelesen hab und jetz nmach "hab ich schon immer so gemacht" dies entscheide, also kann grad ad hoc nicht mit zitaten dienen... auch hier: es sind einzelfallentscheidungen, ich höre vorher immer an und regle vorläufig mit einstweiligen anordnungen......(nebenbemerkung: das LG Freiburg vertritt in regelmäßiger rechtsprechung die ansicht, daß vorläufige regelungen des rechtspflegers v o r seiner entscheidung nicht rechtsmittelangreifbar sind....)

  • @rüpfel : Das war es, was ich meinte, als ich oben sagte :

    Zitat von the bishop


    Aber du hast insoweit schon recht, dass ein Ergebnis der grundsätzlichen Pfändbarbeit der Unterhaltsleistungen keinen rechten Sinn macht, wenn man diese Leistungen nicht mit dem - auf jeden Fall pfändbaren - normalen Arbeitseinkommen zusammenrechnen kann...



    Also würde ich (den Fall der Zusammenrechnung mit laufenden Leistungen i.S.v. § 850b ZPO hatte ich noch nicht) wohl im Zeifel und bei vernünftiger Argumentation der Gläubigerpartei diesbezüglich ebenfalls zu dem Ergebnis kommen, nach Billigkeitsprüfung die Zusammenrechnung zuzulassen...:)

    the bishop :kardinal:

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  • Dabei hat das LG Hamburg in einem vergleichbaren Sachverhalt hinsichtlich der Billigkeit keine übertriebenen Anforderungen an den Gl gestellt, im Prinzip muß er nur sagen "is billich" und der Schuldner muß gegenteiliges vortragen.

  • @Ralf Zeigermann : Bezog sich die Entscheidung auf eine Zusammenrechnung i.S.v. § 850e Nr. 2, 2a ZPO zweier Arbeitseinkommen oder AE mit Sozialleistung oder liegt dir eine Entscheidung betreffend die Zusammenrechnung von AE mit Leistungen i.S.v. § 850b ZPO vor ?

    Dann bitte die Entscheidung zwecks Anforderung näher bezeichnen...:habenw

    the bishop :kardinal:

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  • @moachekibschen : Da sich die Entscheidung mit der Pfändbarkeit von Sozialleistungen i.S.v. § 54 SGB-I befasst, die gem. § 850e Nr. 2a ZPO ausdrücklich mit anderen pfändbaren Sozialleistungen oder Arbeitseinkommen (AE) zusammenrechenbar sind, hilft das für die Frage der Zulässigkeit der Zusammenrechenbarkeit von AE mit (grundsätzlich unpfändbaren) Einkünften nach § 850b ZPO (hier : Unterhaltszahlungen) nicht wirklich weiter...

    Evt. kann man im Hinblick auf den obigen (m.E. zutreffenden) Beitrag von HuBo höchstens die Gründe der BGH-Entscheidung insoweit verwenden, als die Formulierung des § 54 IV SGB-I "... wie AE gepfändet werden" sehr ähnlich ist, wie die in § 850b ZPO gewählte Formulierung "nach den für AE geltenden Vorschriften gepfändet werden" und von daher grundsätzlich nicht einzusehen ist, warum man einerseits AE mit laufenden pfändbaren Sozialleistungen zusammenrechnen können soll (§ 850e Nr. 2a ZPO) und dies bei (nach erfolgter Billigkeitsprüfung) pfändbaren Leistungsarten i.S.v. § 850b ZPO anders sein sollte (Zöller, s.o., a.a.O.)

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