Dilemma: Rechtspflege - Jura- Familie - Freizeit


  • Insbesondere aufgrund des wohl noch eine Zeitlang grassierenden Personalabbaus dürfte wohl kaum ein Weg zurück auf eine Stelle als Rechtspfleger führen.

    Das sollte man schon bedenken...

  • Wobei - zumindest in meiner Verwaltung - in den nächsten Jahren die großen Beamtenjahrgänge pensioniert werden ("alte" Bundesländer). Mangels vorausschauender Personalplanung wird das die Verwaltung mal wieder völlig überraschen und es entsteht wieder zeitweilig ein akuter, "unvorhersehbarer" Personalbedarf.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Hallo,

    ich studiere neben meinem Rechtspflegerjob (halbtags) noch Jura, derzeit im 5. Semester.

    Mein persönlicher Grund dafür war, dass die Bedingungen im Rechtspflegerberuf zunehmends schlechter werden (A8 Einstiegsbesoldung in manchen Bundesländern; Personalabbau und dadurch höherer Arbeitsanfall mit der Folge, dass Akten nicht mit der erforderlichen Intensität bearbeitet werden können; schlechte Beförderungssituation) und Leistungsbereitschaft einfach zu wenig honoriert wird.

    Mit einem guten Juraexamen (gutes befriedigend und besser) hat man m.E. sehr gute Jobchancen, bei denen auch die Verdienstmöglichkeiten deutlich besser sind als Rechtspfleger. Außerdem ist die Bandbreite der möglichen Tätigkeiten schlicht größer.

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Du hast ja ganz genaue Vorstellungen, wie dein Leben aussehen soll. Toll, wirklich. :daumenrau
    Wenn ich daran denke, wie ich mir mein Leben ausgemalt habe, als ich 22 alt war und wie mein Leben 24 Jahre später aussieht, muss ich doch schmunzeln, wie naiv anscheinend jede Generation in seiner Jugend ist.:wechlach:

    Einen Plan zu haben ist sicher gut, man muss sich nur bewusst sein, dass Pläne in der Regel die Angewohnheit haben, dass sie nicht einzuhalten sind, jedenfalls nicht 100 %ig und man bereit sein muss, seinen Plan immer wieder neu zu überarbeiten und den Gegebenheiten anzupassen.

    Ich kenne einige (sehr wenige) Kollegen, die nach dem Rechtspflegerstudium Jura studiert haben. Und noch wenigere sind dann wieder in der Justiz (Gericht / Staatsanwaltschaft) gelandet.

    Wenn du Spaß hast, Jura zu studieren, mach es. Wenn du es nicht versuchst, wirst du es mit Sicherheit irgendwann bereuen, nicht wenigstens den Versuch gewagt zu haben.

    Ich würde das Rechtspflegerstudium aber vorher abschließen und dann Jura in einer Fernuni studieren. So hast du weiter dein Gehalt und wenn das Studium nicht klappt, bist du auf der sicheren Seite. Außerdem kannst du nach bestandenen Examen relaxter die Stelle suchen, die dir wirklich Spass macht und bist nicht darauf angewiesen, die erst beste Stelle anzuehmen.
    Mein Traumjob wäre auch nicht Rechtsanwalt, obwohl ich weiß, dass es nicht nur Strafverteidiger gibt. Aber Richter würde ich auch nicht.
    Gericht / Richter und Gerechtigkeit haben nichts miteinander zu tun. Rechtspfleger und Gerechtigkeit aber mit Sicherheit auch nicht. Hat bei mir lange gebraucht, bis ich das eingesehen habe, aber so ist es (leider). Man muss sich halt damit abfinden.
    Mein Traumjob wäre Staatsanwältin, wenn ich Jura studiert hätte.

    Außerdem musst du Prioritäten im Leben setzen. Was ist dir wichtiger? Beruf, Familie oder Hobbies?
    Irgendwo musst du immer Abstriche machen.

    Ich wage zu bestreiten, dass die Richter eine 60 Stunden - Woche haben. In den Anfangszeiten vielleicht, aber wenn sie sich in ihr Dezernat eingearbeitet haben, bestimmt nicht mehr.

    Bei einer 40 Stunden - Woche Beruf, Familie und Hobbies unter einem Hut zu bekommen ist aber auch schwer.

    Die Arbeitszeit geht in der Regel bis 16.00 Uhr. Dann musst du nach Hause fahren. Je nach Arbeitsstelle und Wohnort braucht man dafür zwischen 1/4 Stunde und 1 1/2 Stunde.
    Haushalt und kochen nehmen pro Tag auch locker 1 bis 3 Stunden in Anspruch.
    Nicht zu vergessen zwischendurch die Aufgabe "Mama-Taxi" für die Kinder zu spielen und Termine im Kindergarten oder Schule wahrzunehmen. Bei mehreren Kindern natürlich öfters.

    Eine Zeit zum Abschalten braucht man in der Regel auch.

    Die Rechtspflegerinnen an unserem Gericht, die Kinder haben, arbeiten jedenfalls nicht in Vollzeit, weil ihnen dafür die Zeit fehlt.

    Ich wünsche dir jedenfalls Glück in der Zukunft.

  • ......Wenn ich daran denke, wie ich mir mein Leben ausgemalt habe, als ich 22 alt war und wie mein Leben 24 Jahre später aussieht, muss ich doch schmunzeln, wie naiv anscheinend jede Generation in seiner Jugend ist....

    Halte ich -mit Verlaub- für unsinnig.

    Klare Ziele und Vorstellungen haben nichts mit malerischen Träumen zu tun.
    Weiter schliessen klare Ziele ein Abweichen davon keineswegs aus; dann werden im Zweifel andere/neue Ziele verfolgt.
    Die Gradwanderung zwischen dem Verfolgen und daran kleben sollte jetzt nicht vertieft werden.

    Rechtspfleger müssen fast immer entscheidungsfreudig sein.

  • Streiten wir nicht um Begriffe wie "ausmalen". Ich hatte das schon im Sinne von "planen" gemeint.

    Die Themenstarterin "plant" eine bestimmte Anzahl von Kindern zu bestimmten Zeiten und grübelt schon jetzt über die Thema "Vereinbarkeit Familie und Beruf".
    Was ist, wenn sie zu den Zeiten, in denen sie Kinder haben will, keinen Mann findet, der bereit ist, seinen Samen für das Projekt zu opfern. (Extra böse formuliert!)
    Oder wenn sie eine Krankheit bekommt und keine Kinder bekommen kann?

    Vielleicht merkt sie in einem halben Jahr, dass die Juristerei ihr nicht liegt.


    Im Leben gibt es zu viele Unwägbarkeiten, als dass ein Plan auf lange Sicht erstellt und realisiert werden kann.
    Außerdem sollten sich mit den Jahren die Interessen und Vorlieben ändern.


    Wenn ich in meinem Leben keine Pläne gemacht hätte, wäre ich bestimmt nicht Rechtspflegerin geworden.
    Einige Pläne, die ich mir mit Anfang 20 gemacht hatte, habe ich realisiert (z. B. meinen Berufswunsch), an anderen bin ich noch dran (z. B. Geige spielen), einige habe ich mit Bedauern aufgegeben und andere mit Freude (sage ich jetzt nicht :teufel:). Ich denke, das geht allen so.

    Aber vielleicht findet sich hier im Forum jemand, der seine / ihre Pläne, die er mit Anfang 20 hatte, auch tatsächlich vollständig umgesetzt hat. Fänd ich toll.:daumenrau

  • Mal ne ganz andere Frage an die Threadstarterin: Was hast Du denn eigentlich nach dem Abi gemacht? Hab ich das ueberlesen? Oder hast Du jetzt mit 22 erst das Abi gemacht? Gerade, wenn man so in Zeitnot verfaellt und meint, dass es vielleicht nach nem Studium fuer Kinder zu spaet ist, frage ich mich halt, was bislang war.....

  • Also ja, meine Pläne (?) haben dann doch Gestallt angenommen: Ein Job, den ich nur mache, damit Geld reinkommt :strecker, Frau, zwei Kinder, nette Wohnung mit Garten und immer noch nicht ganz normal.

    So habe ich mir dat vor 23 Jahren vorgestellt und so ist es auch gekommen und es ist gut so.

  • Ich studiere derzeit auch Jura. Ich wollte nach dem Studium an der FH gerne noch weitermachen und hatte Lust auf mehr studieren. Ich hab mit dem Gedanken auch schon seit beginn des Studiums zum Rpfl gespielt und es dann nach einer halbjährigen Tätigkeit auch umgesetzt. Ich war auch schon 27 als ich mit dem Studium begonnen habe, da ich vor dem Rpfl-Studium schon eine Ausbildung zum Justizfachangestellten gemacht hatte und auch ein paar Jahre bei Gericht/StA gearbeitet hatte.

    - Das Höchsteinstellungsalter für den Richterdienst liegt, zumindest in NRW, derzeit bei 40 Jahren. 35 Jahre ist nicht mehr aktuell. Du musst einfach mal in den entsprechenden Vorschriften gucken, die Vorschriften für die Beamtenlaufbahn müsste hier einschlägig sein, da darauf verwiesen wird. So hast du zumindest genug Zeit für dein Studium.

    - Man halt als Rpfl vielleicht bessere Chancen als Ri genommen zu werden, besonders hoch ist die Chance trotzdem nicht, da es an vielen Faktoren hängt und die Stellen begehrt sind. Zu einem Jurastudium gehört auch die Bereitschaft, außerhalb des Richterdienstes tätig zu sein, da sehr viel wahrscheinlicher.

    - Ich halte nichts davon, neben dem Jurastudium mehr als 5-10 Stunden die Woche zu arbeiten, da es das Jurastudium zeitlich einfach nicht hergibt. Das ist nur machbar, wenn man das Jurastudium entsprechend verlängert, also nicht nach dem 8. Semester den sogenannten "Freischuss" macht. Ich bekomme Bafög auf Darlehensbasis und arbeite nebenbei für 400 EUR in einer Anwaltskanzlei einmal die Woche. Das Bafög muss man als Zweitstudent vollständig zurückzahlen sobald man kann, es ist also mit Verschuldung verbunden, wobei der Zinssatz niedrig ist. Als Arbeiterkind sind deine Chancen für den Bafög-Anspruch zumindest nicht gering. Ob sich das Studium finanziell lohnt ist aber zumindest fraglich, wenn man manche Juristengehälter mit denen der Rpfl vergleicht und dabei auch noch die mögliche Verschuldung berücksichtigt und das Geld, was man während des Studiums für 7-10 Jahre nicht verdient.

    - Zumindest das OLG Hamm war für eine Teilzeitbeschäftigung neben dem Jurastudium nicht zu haben, in keiner Konstellation.

    - Die Rückzahlungsverpflichtung für die Ausbildungsvergütung wird für ein Studium gestundet, man muss einen Antrag darauf stellen und die Studienbescheinigungen jedes Semester einreichen. Nach dem Studium kann man sich dann für eine Stelle im öffentlichen Dienst bewerben und dies dem LBV nachweisen. Wenn man genommen wird, wird die Rückzahlungsverpflichtung nicht fällig, da man wieder für das Land tätig ist. Wenn man nicht genommen wird hat man sich trotzdem angeboten und müsste wohl auch nicht zurückzahlen. Man muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass man ja wieder als Rpfl arbeiten könnte, da man die Qualifikation zum Richteramt hat.
    Falls doch mal eine Rückzahlung eingefordert werden sollte, sollte man meiner Meinung nach die Erfolgsaussichten einer Klage prüfen (lassen), da es meiner Meinung nach gegen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer verstößt auf Europaebene. Richtungsweisende Rechtsprechung gibt es aber meines Wissens nach für Beamte noch nicht.

    - Ein abgeschlossenes FH-Studium reicht in jedem Fall für das Jurastudium aus, da es eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung enthält. Niemand wird im Nachhinein auf ein Abiturzeugniss bestehen, ein Dipl. ist meiner Meinung nach auch viel mehr wert.

    - Das Jurastudium ist anders, aber auf keinen Fall schwerer als das Rpfl-Studium. Das liegt aber nicht unbedingt daran, dass das Jurastudium so leicht ist, sondern das der Rpfl schwer. Rpfl genießen bei den meisten Juristen auch ein hohes Ansehen. Das Rpfl-Studium hilft mir sehr beim Jurastudium sehr, sowohl beim Rechtsverständnis als auch bei den Kenntnissen über eine gute Organisation des Studiums. Nicht Intelligenz, sondern Organisationsvermögen und Fleiß sind Garanten für ein gutes Examen. Eine Umrechung der Rpfl-Noten auf die Juranoten funktioniert nicht. Ein gutes Rpfl-Examen ergibt kein vollbefriedigendes Staatsexamen. Aber meine Noten sind im Jurastudium meist besser als an der FH, das hat jedoch mehrere Gründe. Ich gehörte nicht zu den besten meines Jahrgangs.

    Es gibt viele Gründe die für und gegen einen solchen Schritt sprechen, entscheident ist nur, was man selbst möchte. Ich genieße mein Leben derzeit wie nie zuvor, habe eine abgeschlossene Ausbildung, ein abgeschlossenes Studium und werde wohl das Jurastudium mit 34/35 Jahren mit dem 2. Staatsexamen abgeschlossen haben, wenn alles nach Plan läuft. Was danach kommt kann aber keiner sagen und viel Geld verdiene ich auch nicht in all den Studienjahren. Das war mir das Studium aber wert.

    Schließ erstmal das Rpfl-Dipl. ab und überlege dir danach genau, wie es weitergehen soll. Und tu das, was die Herz dir sagt.

  • Hallo Johann,

    Zitat


    - Ich halte nichts davon, neben dem Jurastudium mehr als 5-10 Stunden die Woche zu arbeiten, da es das Jurastudium zeitlich einfach nicht hergibt. Das ist nur machbar, wenn man das Jurastudium entsprechend verlängert, also nicht nach dem 8. Semester den sogenannten "Freischuss" macht.

    Das sehe ich anders. Ich weiss nicht, in welchem Semester du bist und wieviel du an Zeit fürs Studium aufwendest, aber ich liege so bei 30-35h pro Woche. Das bekommt man auch neben einem Halbtagsjob gut hin - insbesondere wenn man VAZ hat ;) Man muss halt immer konsequent am Ball bleiben.
    Auch sollte man die Synergieeffekte zum Rechtspflegerberuf nicht unterschätzen.
    Mein Plan ist jedenfall, den Freischuss wahrzunehmen und ich halte das auch für realistisch.

    Zitat


    Das Jurastudium ist anders, aber auf keinen Fall schwerer als das Rpfl-Studium. Das liegt aber nicht unbedingt daran, dass das Jurastudium so leicht ist, sondern das der Rpfl schwer. Rpfl genießen bei den meisten Juristen auch ein hohes Ansehen. Das Rpfl-Studium hilft mir sehr beim Jurastudium sehr, sowohl beim Rechtsverständnis als auch bei den Kenntnissen über eine gute Organisation des Studiums. Nicht Intelligenz, sondern Organisationsvermögen und Fleiß sind Garanten für ein gutes Examen. Eine Umrechung der Rpfl-Noten auf die Juranoten funktioniert nicht. Ein gutes Rpfl-Examen ergibt kein vollbefriedigendes Staatsexamen. Aber meine Noten sind im Jurastudium meist besser als an der FH, das hat jedoch mehrere Gründe. Ich gehörte nicht zu den besten meines Jahrgangs.

    Da stimme ich dir zu - die Verständnisvorteile sind enorm.
    Ich würde allgemein sagen, dass der durchschnittliche Rechtspflegeranwärter fleissiger ist als der durchschnittliche Jurastudent. Das schlägt sich auch in den Noten wieder: 50 % Durchfallquote in Klausuren - das gab es im Rechtspflegerstudium in keinen Klausuren. Auch sind sehr gute/gute Klausuren im Jurastudium meist seltener als im Rechtspflegerstudium bzw. kommen auch manchmal gar nicht vor.

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Ich könnte mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ich mehr als einen Tag die Woche nebenbei arbeiten könnte, mein Wochenplan ist voll ausgefüllt und es soll ja auch noch Zeit für Freundin und Freunde bleiben. Wenn man bei der Arbeit aber nicht so viel zu tun hat und man zusätzlich noch die Arbeitszeit auf die Hälfte reduziert, dann ist man ja fast schon bei 1 Tag wirklicher Arbeit die Woche. Ich glaube neben meiner Tätigkeit beim Amtsgericht hätte ich es auch hinbekommen, wenn ich um 50 % hätte reduzieren können, das lag aber auch an meiner relativ geringen Arbeitsbelastung und die kann ja schwankend sein. Aber das OLG hat sich auf keine Arbeitszeitreduzierung eingelassen. Und es ist vielleicht auch kein Nachteil, wenn man sich voll und ganz auf das Studium konzentrieren kann. Ich wüsste nicht, ob dann nicht doch mal das Studium oder die Arbeit darunter leiden.

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