Notariatsreform in Baden-Württemberg

  • Mir ist überhaupt nicht klar, was und wie die Statistik in Nachlass- und Betreuungssachen zählt. Wo finde ich hierzu was ?


    AktO? PEBB§Y?

    Im Justizintranet beim Justizministerium unter Arbeitsmaterialien im Controlling oder so. Aber vom Prinzip her generiert entweder ein Eingang einen einmaligen Impuls für Pebb§y oder/und seltener der Bestand einen monatlichen. Wie viele Schreiben geschrieben werden, ob in forumSTAR oder in Word und per Hand ist egal.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Der achtmonatige Crashkurs für 16-19 grundbuchbeschlagene Beamte des mittleren Dienstes war gewiss nicht genug; dass für weniger als 20 Betroffene ein Bundesgesetz geändert wurde, finde ich bis heute grausig.

    Man versprach uns damals, dies werde ein einmaliger (Sünden-)Fall bleiben. § 35a RpflG passt im Moment noch nicht auf Förster. Selbst wenn sie in den letzten fünf Jahren überwiegend mit Grundstücken befasst gewesen sein sollten ...

    Angesichts dessen, dass der Rechtsstreit um die Holzvermarktung jetzt erst einmal vor den BGH gebracht wird, könnte es mit dem Versuch der Erweiterung des § 35a RpflG ("Förster im Landesdienst sind Ratschreiber im Sinne des § 35a RpflG") noch eine Weile dauern.

    Zu einem derartigen Ausmaß an Arroganz und Überheblichkeit lässt sich kaum noch etwas sagen.

    Wie schrieb ich so schön im RpflBl. 2014, 35: [...]

    Auch nicht besser, aber bei Dir schon fast als übliches niedriges Argumentationsniveau anzusehen.

    Und sollte man für diesen Fall dann nicht - wie die Vertreterin des BDR in der nichtöffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 07.05.2014 unter Hinweis auf ein Bonmot des Verfassers zu bedenken gab - als sog. „Dilettantenabteilung“ eine neue Abteilung IV des Grundbuchs schaffen, in welcher die von „Scheinrechtspflegern“ veranlassten Eintragungen erfolgen und für welche dann der Gutglaubensschutz suspendiert werden könnte?

    Toller Berufsverband, der solche Statements zum Besten gibt.

  • BREamter : möchtest du dich neben der (Ex)Kollegenschelte vielleicht auch zum Thema äußern ?!

    Ich kann die betroffenen Kolleginnen und Kollegen nach einer mehrmonatigen dauerkrankheitsbedingten rechtspflegerischen Unterstützung der Nachlassgerichtlichen Geschäftsstellen bei einem hamburgischen Gericht (ich habe teilweise selbst geschrieben, ausgefertigt, kopiert, beglaubigt, rausgeschickt, Post und Archivakten rausgesucht usw.) vollauf verstehen, dass sie die Mehrarbeiten, die im Rechtspflegerischen Arbeitspensum schlicht nicht vorgesehen sind, nicht auf Dauer selbst zusätzlich zur eigentlichen Rechtspflegertätigkeit, nach dem ihr volles Arbeitspensum bemessen ist und deren Qualität durch die Mehrarbeit sicherlich nicht steigt, übernehmen wollen.

    Die Vollübertragung bzw. Zuweisung der Nachlasssachen im RpflG bedeutet m.E. nicht auch den Zwang zur Übernahme der Geschäftsstellenarbeiten (bzw. früheren Kanzleiarbeiten).

    Im Moment kann man aus Sicht eines Rechtspflegers, der zur Unterstützung seiner erkrankten Geschäftsstellen-Mitarbeiterinnen und zur Aufrechterhaltung des nachlassgerichtlichen Geschäftsbetriebs über mehrere (8) Monate freiwillig eine ganz erhebliche Mehrarbeit geleistet hat) nur denken : Reiche ich den Kolleginen und Kollegen der Geschäftsstellen den kleinen Finger, dann ist mein ganzer Arm ab (hat der doch bisher schließlich auch mit gemacht) und mein Arbeitgeber scheint der Auffassung zu sein : Wieso aktuell und dringend mehr Personal im mittleren Justizdienst ? Läuft doch irgendwie.

    Das ist äußerst frustrierend und schafft eine schlechte Grundstimmung. Meine derzeitige Motivation, so etwas zukünftig noch einmal zu machen, ist gleich null.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • # 3024: Good posting!


  •   Und ist es wirklich ein Fortschritt, wenn in jenem Bundesland vielleicht in absehbarer Zeit Grundbucheintragungen von Personen vorgenommen werden, die dafür nicht ausreichend qualifiziert sind und denen man glaubt, die Rechtskenntnisse eines Rechtspflegers binnen weniger Monate in Schnell- und Crashkursen beibringen zu können?


    Es war vor meiner Zeit, aber gab es in den östlichen Bundesländern nach der Wiedervereinigung nicht Bereichsrechtspfleger en masse?
    Berichte, dass die dortige Rechtspflege komplett den Bach runtergegangen ist, sind mit nicht bekannt.

    Mal ganz abgesehen davon, dass ich diese pauschalisierte Schwarzmalerei hasse - ein guter mittlerer Beamter, dem man in einer Zusatzqualifikation die notwendigen Kenntnisse vermittelt, kann durchaus bessere Leistungen abliefern, als ein Dipl.-Rpfl. (FH), der seine Prüfung mit Ach und Krach und 4,05 Punkten bestanden hat.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Im Moment kann man aus Sicht eines Rechtspflegers, der zur Unterstützung seiner erkrankten Geschäftsstellen-Mitarbeiterinnen und zur Aufrechterhaltung des nachlassgerichtlichen Geschäftsbetriebs über mehrere (8) Monate freiwillig eine ganz erhebliche Mehrarbeit geleistet hat) nur denken : Reiche ich den Kolleginen und Kollegen der Geschäftsstellen den kleinen Finger, dann ist mein ganzer Arm ab (hat der doch bisher schließlich auch mit gemacht) und mein Arbeitgeber scheint der Auffassung zu sein : Wieso aktuell und dringend mehr Personal im mittleren Justizdienst ? Läuft doch irgendwie.


    Hinzu kommt, dass sich neue Kollegen im mittleren Dienst noch schneller an einen solchen Zustand gewöhnen als die alten. Als nach Jahren - was sag ich: nach Jahrzehnten bei uns die Kostenbehandlung endlich mal wieder dorthin verlagert werden sollte, wo sie eigentlich hingehörte, war die Empörung (sic!) im mittleren Dienst groß. Ganz zu schweigen von denen des mittleren Dienstes, die sich dazu glatt außerstande sahen.

    Und der Dienstherr ... es ist leider so, dass erst etwas passiert, wenn es eben nicht mehr geht. Dazu gehört (leider) auch, einen nicht mehr fahrbaren Karren rechtzeitig an die Wand zu fahren.

    Ich persönlich kenne Kollegen Bereichsrechtspfleger - die gibt es übrigens auch hier im Forum -, die in ihrem Bereich den Vollrechtspflegern um nichts nachstehen. Es gibt sicher auch andere, wie überall (also wie auch bei den Vollrechtspflegern), keine Frage. Ich will daher gar nicht herumstreiten, wer "besser" ist, das halte ich für müßig. Nur: Wenn die gesetzgeberische Norm eigentlich die des Vollrechtspflegers mit der entsprechenden Ausbildung ist, dann sollte der Gesetzgeber auch dabei bleiben. Wenn immer dann, wenn ein Land es verpennt hat, sich rechtzeitig um Nachwuchs zu kümmern, nach einer Ausnahme geschrien wird, dann darf man sich - wie unser Berufsverband - schon fragen, warum man das Fähnlein der Rechtspfleger und ihrer so wichtigen Ausbildung überhaupt noch hoch hält, wenn es ja offensichtlich auch anders geht.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Urkundenverwahrende Stelle:
    Wer entscheidet über einen Antrag auf Erteilung eines begl. Abschrift bzw. einer Ausfertigung einer Urkunde ? Der Rechtspfleger oder die Geschäftsstelle?

    Wird bei uns den Servicemitarbeitern zugeteilt.

  • Ohne die Leistung der Bereichsrechtspfleger zu bewerten, gebe ich BREamter recht:
    Das Niveau der Zitate ist unterirdisch.

    Ich bin nicht ganz sicher, ob hier der Zusammenhang noch klar ist, in dem die Aussage über die Dilettantenabteilung entstand:

    Nach den damaligen Plänen sollte eine kleine Gruppe von Beschlussfertigern (das sind kommunale Beamte des mittleren Dienstes) in einem dreimonatigen Crashkurs auf ihren Einsatz als Bereichsgrundbuchrechtspfleger in einem der zentralen GBÄ vorbereitet werden. Argument der Politik: Im Rechtspflegerstudium nimmt die Ausbildung im Grundbuch insg. ca. 3 Monate ein. Was dabei übersehen wurde: Grundbuchrechtspfleger müssen nicht nur im Grundbuchrecht firm sein, sie brauchen gründliche bis gründlichste Kenntnisse z.B.auch im Erbrecht, Gesellschaftsrecht, Vollstreckungsrecht, ja selbst mit dem Strafvollstreckungsrecht kommen sie in Berührung. Wir entwerten das Grundbuch, wenn die Eintragungen darin nicht auf solider rechtlicher Prüfung beruhen (können). Wir tun andererseits aber auch den Kollegen keinen Gefallen, wenn wir sie mit einer Aufgabe betrauen, ohne sie sachgerecht darauf vorzubereiten. Die beste Lösung wäre ein Aufstieg durchs Rechtspflegerstudium gewesen. Nur hätte man diese Lösung langfristig angehen müssen, was versäumt / nicht für wichtig gehalten worden war. Ich verweise nochmals auf die damalige Anhörung im Rechtsausschuss, meine Sicht der Dinge ist nachzulesen im Rechtspflegerblatt 3/2014, S. 34 ff.
    Ausgegangen ist es übrigens damit, dass der "Crashkurs" 8 Monate zu dauern hatte.

    hiro: Was heißt, die Justiz ist im Osten in der Nachwendezeit nicht den Bach runtergegangen? Sie war doch anfangs auf des Baches Grunde, die Wirtschaft am Boden, die Grundbücher oft seit Jahrzehnten kaum mehr auf Vordermann gebracht. Die Bereichsrechtspfleger haben neben den westlichen "Aufbauhelfern" hier überhaupt erst dafür gesorgt, dass zum Beispiel Grundstücksgeschäfte anliefen, Unternehmen gegründet werden konnten, dass eben rechtsstaatliche Verhältnisse in die Justiz einkehren, wie sie in der Bundesrepublik gang und gäbe waren. Ihre Leistung seit den Neunzigern wird - zumindest in der sächsischen Beförderungspraxis - nicht adäquat gewürdigt. In ihrer beruflichen Laufbahn bleiben sie in den niedrigen Besoldungsstufen stecken (bei gleicher Eignung und Leistung fehle ihnen, so der Dienstherr, ein Mehr an Befähigung).

    Bei aller Achtung vor der fachlichen Leistung der Bereichsrechtspfleger halte ich es für fatal, in den jetzigen Zeiten erneut auf eine "Schmalspurausbildung" zu bauen, die auf den ersten Blick schnell und wohl gar kostengünstig ist, mit der der Staat aber leichtfertig den Wert des vollausgebildeten Rechtspflegers preisgibt und das derzeitige Niveau des deutschen Rechtswesens aufs Spiel setzt.

  • Man braucht nur ein klein wenig zu warten und schon melden sich die üblichen Verdächtigen, welche die aktuellen chaotischen Zustände - ganz gleich, wo sie hervortreten - schönreden und die Verantwortlichen dieser Zustände fernab der Interessen der eigenen Belegschaft und - was noch schlimmer ist - fernab der Bürgerinteressen auch noch verteidigen.

    Man begreift offenbar nicht - oder will es nicht begreifen -, dass es bei der erhobenen Kritik gar nicht um die Einzelpersonen geht, die natürlich durchaus gute Arbeit abliefern können. Es geht vielmehr um die prinzipielle Frage, ob jemand, der in Crashkursen "ausgebildet" wird, den gleichen Wissensstand wie jemand haben kann, der das gesamte Studium durchlaufen hat. Das ist natürlich zu verneinen und hieraus hatte sich (ich zitiere: "ungeachtet aller überzeichneter Ironie") das Bonmot von den "Dilettanten" gebildet, das sich nicht in persona auf die betreffenden Kollegen bezieht, sondern auf den Zustand, dass jemand, der keine vernünftige Ausbildung (geschweige denn ein vernünftiges Studium) genossen hat, auf die Menschheit losgelassen wird, ganz abgesehen davon, dass er dann auch noch so viel verdient wie jemand, der studiert hat.

    Aber das ist eben der Zeitgeist. Neulich hat erst eine neu ernannte Ministerin der Bundesregierung gefordert, dass Erzieher im Kindergarten genauso wie Grundschullehrer besoldet werden sollen. Dies würde dann dazu führen, dass Erzieher mit FH-Ausbildung genauso bezahlt werden wie jemand, der - viel länger und noch dazu an der Universität - für das Lehramt studiert hat. Natürlich ist das völliger Schwachfug und deshalb muss man dem vorgeblichen Zeitgeist auch nicht unbedingt hinterher laufen. Aber auch insoweit gilt: Natürlich werden die sozialen Berufe zu gering vergütet. Aber es geht eben nicht, Dinge gleichzusetzen, die nicht gleichbehandelt werden dürfen, weil es einfach um unterschiedliche Sachverhalte und unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen geht.

    Noch einmal zurück zu den "Crashkursen": Ich neide es niemandem, auf diesem Wege Rechtspfleger geworden zu sein. Aber von jemandem mit juristischer Vorbildung muss ich erwarten können, dass er eine grundsätzliche Systemkritik von einer Kritik an der eigenen Person - die hier niemand geäußert hat - zu unterscheiden weiß. Wenn man sich so ansieht, was hier im Forum mitunter von "normal" ausgebildeten Rechtspflegern an Unsinn zum Besten gegeben wird, dann ist es nicht weit zu der Schlussfolgerung, dass der Crashkurs-Ausgebildete - was ja eigentlich in der Natur der Dinge liegt - vielleicht noch weniger an Fachwissen vorzuweisen haben.

    Ich bedauere es sehr, dass hier von "unterirdischem Niveau" gesprochen wird. Ich störe mich dabei weniger daran, dass diese Einschätzung von Leuten stammt, die - soweit ersichtlich und soweit aufgrund der Anonymität des Forums überhaupt überprüfbar - noch nicht wissenschaftlich hervorgetreten sind. Was mich aber stört, ist die Ignoranz, die solchen Äußerungen zugrunde liegt. Was ist eigentlich so schlimm daran, den eigenen Dienstherrn (oder meinetwegen auch die verantwortliche Politik) zu kritisieren, der (die) dieses Chaos angerichtet hat? Ist es wirklich so, dass man ein offensichtliches marodes System auf Gedeih und Verderb verteidigen muss, nur weil man diesem System selbst angehört? Die BREamters und die hiros sehen das offensichtlich so. Ich sehe das völlig anders und brauche mich dafür auch nicht zu rechtfertigen. Nichts ist eben verletzender als die Wahrheit. Die Fakten sprechen einfach für sich und diese Fakten lassen sich auch nicht von einer obrigkeitshörigen Klientel hinwegdiskutieren. Und wenn dies gleichwohl versucht wird, weiß man wenigstens, was man von diesen Leuten zu halten hat.

  • #3034: :daumenrau

    Meine Prophezeiung in Bezug auf die Anspielung auf Verhältnisse der Neuen Länder habe ich bereits in #2992 beschrieben. Wenn es das Ziel sein soll, 25 Jahre "Aufbauarbeit" zu wiederholen, sollte BaWü tatsächlich sich ein Beispiel an den Neuen Ländern nehmen *ironieaus*.

    Es ist keineswegs so, dass wir "Vollrechtspfleger" nicht zu schätzen wissen, was unsere Kolleginnen und Kollegen "Bereichsrechtspfleger" in der Wendezeit vollbracht haben. Mit Dankbarkeit schaue ich sogar zurück, dass mich damals der letzte noch tätige Bereichsrechtspfleger im Angestelltenverhältnis(!) im Grundbuch eingearbeitet hat, bevor er selbst in den verdienten Ruhestand getreten ist. Allerdings war es im Umkehrschluss nicht schön mit anzusehen, unter welchen gesundheitlichen Aspekten ich ihn verabschieden durfte. Man hat ihn kaputt gespielt, psychisch wie physisch war er mit 63 Jahren ein Frack, nachdem 2 seiner Bereichsrechtspflegerkolleginnen 3 bzw. 5 Jahre zuvor krankheitsbedingt in den Ruhestand versetzt wurden. Für mich als frischgebackener und nur so vor Tatendrang strotzender Rechtspfleger eine Erfahrung, die prägend war für all das, was ich im Anschluss machen "durfte". Um so erschütternder ist es doch, solche Zustandsberichte wie die von bischop in #3024 geschildert, zu lesen, - die gerade das Phänomen der Neuen Länder widerlegen - dass es der jeweilige Dienstherr anscheinend nicht begreifen möchte, was er an dem Berufsstand des vollwertigen Rechtspflegers eigentlich hat, außer die Erkenntnis, dass er wohl Geld kostet.

  • #3035:

    Einen "kleinen" Unterschied gibt es zwischen den neuen Bundesländern und BaWü. Die Wiedervereinigung kam überraschend und schnell und deswegen stand überhaupt nicht die erforderliche Zeit zur Verfügung, um die erforderlichen Rechtspfleger auszubilden.

    In BaWü verhält sich das ganz anders. Dort wurde die Reform selbst geplant, man hatte lange Jahre Zeit, sich - auch vom auszubildenden Personal her - darauf vorzubereiten und getan hat man - nichts! Der Mangel ist also nicht gottgegeben, sondern hausgemacht. Versagen auf allen politischen Ebenen!

  • Es liegt kein Versagen vor. Man will die Justiz genau so betreiben, wie es jetzt der Fall ist. Das - kostenintensive -Personal wird bis auf den letzten Tropfen ausgemostet. Das interessiert nicht einmal die Gewerkschaften. Rückstände interessieren auch niemanden.

  • Man braucht nur ein klein wenig zu warten und schon melden sich die üblichen Verdächtigen, welche die aktuellen chaotischen Zustände - ganz gleich, wo sie hervortreten - schönreden und die Verantwortlichen dieser Zustände fernab der Interessen der eigenen Belegschaft und - was noch schlimmer ist - fernab der Bürgerinteressen auch noch verteidigen.

    Man begreift offenbar nicht - oder will es nicht begreifen -, dass es bei der erhobenen Kritik gar nicht um die Einzelpersonen geht, die natürlich durchaus gute Arbeit abliefern können. Es geht vielmehr um die prinzipielle Frage, ob jemand, der in Crashkursen "ausgebildet" wird, den gleichen Wissensstand wie jemand haben kann, der das gesamte Studium durchlaufen hat. Das ist natürlich zu verneinen und hieraus hatte sich (ich zitiere: "ungeachtet aller überzeichneter Ironie") das Bonmot von den "Dilettanten" gebildet, das sich nicht in persona auf die betreffenden Kollegen bezieht, sondern auf den Zustand, dass jemand, der keine vernünftige Ausbildung (geschweige denn ein vernünftiges Studium) genossen hat, auf die Menschheit losgelassen wird, ganz abgesehen davon, dass er dann auch noch so viel verdient wie jemand, der studiert hat.

    Aber das ist eben der Zeitgeist. Neulich hat erst eine neu ernannte Ministerin der Bundesregierung gefordert, dass Erzieher im Kindergarten genauso wie Grundschullehrer besoldet werden sollen. Dies würde dann dazu führen, dass Erzieher mit FH-Ausbildung genauso bezahlt werden wie jemand, der - viel länger und noch dazu an der Universität - für das Lehramt studiert hat. Natürlich ist das völliger Schwachfug und deshalb muss man dem vorgeblichen Zeitgeist auch nicht unbedingt hinterher laufen. Aber auch insoweit gilt: Natürlich werden die sozialen Berufe zu gering vergütet. Aber es geht eben nicht, Dinge gleichzusetzen, die nicht gleichbehandelt werden dürfen, weil es einfach um unterschiedliche Sachverhalte und unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen geht.

    Noch einmal zurück zu den "Crashkursen": Ich neide es niemandem, auf diesem Wege Rechtspfleger geworden zu sein. Aber von jemandem mit juristischer Vorbildung muss ich erwarten können, dass er eine grundsätzliche Systemkritik von einer Kritik an der eigenen Person - die hier niemand geäußert hat - zu unterscheiden weiß. Wenn man sich so ansieht, was hier im Forum mitunter von "normal" ausgebildeten Rechtspflegern an Unsinn zum Besten gegeben wird, dann ist es nicht weit zu der Schlussfolgerung, dass der Crashkurs-Ausgebildete - was ja eigentlich in der Natur der Dinge liegt - vielleicht noch weniger an Fachwissen vorzuweisen haben.

    Ich bedauere es sehr, dass hier von "unterirdischem Niveau" gesprochen wird. Ich störe mich dabei weniger daran, dass diese Einschätzung von Leuten stammt, die - soweit ersichtlich und soweit aufgrund der Anonymität des Forums überhaupt überprüfbar - noch nicht wissenschaftlich hervorgetreten sind. Was mich aber stört, ist die Ignoranz, die solchen Äußerungen zugrunde liegt. Was ist eigentlich so schlimm daran, den eigenen Dienstherrn (oder meinetwegen auch die verantwortliche Politik) zu kritisieren, der (die) dieses Chaos angerichtet hat? Ist es wirklich so, dass man ein offensichtliches marodes System auf Gedeih und Verderb verteidigen muss, nur weil man diesem System selbst angehört? Die BREamters und die hiros sehen das offensichtlich so. Ich sehe das völlig anders und brauche mich dafür auch nicht zu rechtfertigen. Nichts ist eben verletzender als die Wahrheit. Die Fakten sprechen einfach für sich und diese Fakten lassen sich auch nicht von einer obrigkeitshörigen Klientel hinwegdiskutieren. Und wenn dies gleichwohl versucht wird, weiß man wenigstens, was man von diesen Leuten zu halten hat.


    Um es mal auf den Punkt zu bringen: Du magst ein Crack sein, was die rechtliche Materie anbelangt und dich auch auf genau dieser Spielwiese rege wissenschaftlich betätigen. Von Verwaltungsabläufen und organisatorischen Fragen hast Du aber dadurch weder mehr noch weniger Ahnung als irgend jemand sonst hier, der zu gestrigen Zeiten mal in der bayerischen Justiz tätig war und mit der dortigen Verwaltung anscheinend seine individuellen - ich mutmaße vor allem schlechte - Erlebnisse hatte.
    Schon mal von "Overclaiming" gehört?

    Dein Bild von dem, wie die Reformen in Baden-Württemberg gelaufen sind und laufen, stammt nicht aus erster Hand. Wenn du meinst, dass die hiesigen Forenbeiträge ein objektives Bild beschreiben, dann glaubst du auch den Nachrichten auf Facebook oder dem Postillion. Dir scheint es offensichtlich und warum auch immer ein Anliegen zu sein, das Ende des Systems herbei zu schreiben. Was du aber nicht siehst oder sehen willst, trotz Problemen läuft die Maschine und zwar jeden Tag ein bisschen besser. Sie könnte besser laufen, klar! Aber auch wesentlich schlechter wäre vorstellbar gewesen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

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