Notariatsreform in Baden-Württemberg

  • Wir stellen in Kürze drei fachfremde Angestellte ein, als Ersatz für drei Justizfachangestellte, die frustriert gekündigt haben und bereits andere Stellen in Aussicht haben.
    Neue Justizfachangestellte haben sich für die Stellen nicht beworben. Dies scheint öfters vorzukommen.

    Welche Erfahrungen habt Ihr mit fachfremden Angestellten, die sofort in der Lage sein sollten, Geschäftsstellen zu führen ?
    Wie lange ist die Einarbeitungszeit ? Werden hierfür Lehrgänge bzw. Einführungskurse vom OLG angeboten ?

  • Hier in Sachsen gibt es dafür sog. Weiterqualifizierungslehrgänge, die dauern 14 Wochen und werden in drei Blöcken durchgeführt.

    Mit der Qualität und Einarbeitungszeit dieser Leute ist es wie immer: Es gibt solche und solche. Manche sind nach kürzester Einarbeitungszeit von zwei, drei Monaten wirklich gut zu gebrauchen und arbeiten teils besser als voll ausgebildete Angestellte/Beamte im mD. Das betrifft vor allem ehemalige RA-Fachangestellte.

    Teils aber sind die Leute eben auch nicht zu gebrauchen...

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Das Ergebnis erzielen wir hier auch ohne spezielle Einarbeitung.:mad:

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Wann ist eigentlich mal die Umstellung abgeschlossen?

    Sterbefall Ende Februar 2018 (!) - 5x erinnert - Textbausteinansage vom Juli: Da die Umsetzung der Notariatsreform in BaWü mit erheblichen Belastungen verbunden ist, verlängern sich die bisherigen Arbeitszeiten zu unserem Bedauern.

    :mad:

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ein Amtsgericht hat alleine für die Weiterleitung eines Schreibens, das die richtige Adresse hatte, aber beim unzuständigen Amtsgericht eingeworfen wurde, 3 Monate gebraucht.
    Anderer Fall: Beim unzuständigen Amtsgericht wurde eine einstweilige Anordnung betr. Betreuerbestellung beantragt. Aus dem Antrag ist die Wohnanschrift des Betroffenen genau angegeben. Für die Weiterleitung dieses Antrags hat das unzuständige Amtsgericht genau 4 Monate benötigt.

    Herr, schmeiß Hirn ra !

    Einmal editiert, zuletzt von Anton (13. August 2019 um 15:42)

  • Hat sich die Personalsituation auf den Zentralen Grundbuchämtern und den Betreuungs- und Nachlassgerichten zwischenzeitlich merklich verbessert ?

    Ausgeschiedene Bezirksnotare/Notarvertreter wurden bzw. werden 1:1 durch Richter bzw. Rechtspfleger ersetzt.

    Ausgeschiedene Geschäftsstellenmitarbeiter werden (mangels Bewerbern überhaupt) nur teilweise ersetzt.

  • Hier etwas zur Situation der Richter und Staatsanwälte in Baden-Württemberg:

    Aus den Leitsätzen des SG Karlsruhe Entscheidung vom 11.12.2019, S 12 SB 1642/19
    http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laende…1&pos=2&anz=776

    Eine „erledigungsträchtige“ richterliche Arbeitsweise entspricht dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung öffentlicher Mittel aus § 7 Abs. 1 HO BW.

    Das Land Baden-Württemberg verlangt seiner Richterschaft eine übermäßig „erledigungsträchtige“ Arbeitsweise ab, weil es sie im Wege der chronischen Unterbesetzung seiner Gerichte und Staatsanwaltschaften systematisch zur Absenkung ihrer Sorgfaltsschwelle – einschließlich der veränderten, auch rechtswidrigen Anwendung des Prozessrechts – zwingt, obgleich das Bundesland hierdurch die richterliche Unabhängigkeit aus Art. 97 Abs. 1 GG, den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und die Wirksamkeit des Rechts als Mittel individueller und kollektiver Konfliktbearbeitung, das heißt: den Justizgewährleistungsanspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG, massiv beschneidet bzw. schlechterdings die Axt an die Wurzeln von Rechtsstaat und Demokratie anlegt und sich schleichend von seiner freiheitlich-demokratischen Grundordnung verabschiedet.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hier etwas zur Situation der Richter und Staatsanwälte in Baden-Württemberg:

    Aus den Leitsätzen des SG Karlsruhe Entscheidung vom 11.12.2019, S 12 SB 1642/19
    http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laende…1&pos=2&anz=776

    Eine „erledigungsträchtige“ richterliche Arbeitsweise entspricht dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung öffentlicher Mittel aus § 7 Abs. 1 HO BW.

    Das Land Baden-Württemberg verlangt seiner Richterschaft eine übermäßig „erledigungsträchtige“ Arbeitsweise ab, weil es sie im Wege der chronischen Unterbesetzung seiner Gerichte und Staatsanwaltschaften systematisch zur Absenkung ihrer Sorgfaltsschwelle – einschließlich der veränderten, auch rechtswidrigen Anwendung des Prozessrechts – zwingt, obgleich das Bundesland hierdurch die richterliche Unabhängigkeit aus Art. 97 Abs. 1 GG, den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und die Wirksamkeit des Rechts als Mittel individueller und kollektiver Konfliktbearbeitung, das heißt: den Justizgewährleistungsanspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG, massiv beschneidet bzw. schlechterdings die Axt an die Wurzeln von Rechtsstaat und Demokratie anlegt und sich schleichend von seiner freiheitlich-demokratischen Grundordnung verabschiedet.


    Um die Entscheidung richtig einzuordnen, sollte man sich die Begründung näher anschauen und vor allem berücksichtigen, dass zur Untermauerung des oben zitierten Satzes "Fundstellen" aus dem Landesinfo der Neuen Richtervereinigung sowie ein Interview aus dem Focus herangezogen werden. Macht man sich dann die Mühe, einen Blick in die Landesinfo der NRV zu werfen, begegnet man dort einem in - zumindest baden-württembergischen - Justizkreisen wohlbekannten Richter, der bis zum Bundesverfassungsgericht gegen eine Rüge seiner Präsidentin geklagt hat. Dies sollte Anlass geben, dem Verein mit einem gesunden Maß an Skepsis gegenüberzustehen; wie auch bereits dem Urteil, denn ich zitiere in meinen Entscheidungen auch nicht den BDR-Newsletter.

    Konkret von den Nachlassgerichten kann ich berichten, dass eine Kollegin hier im Haus in einer Nachlasssache in der eigenen Familie sehr überrascht war, wie schnell das Testament eröffnet wurde und sie eine Abschrift erhalten hat. Ist zwar nur ein Blick auf ein Nachlassgericht von vielen, aber es gibt definitiv Nachlassgerichte, bei denen es läuft.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!


  • Um die Entscheidung richtig einzuordnen, sollte man sich die Begründung näher anschauen und vor allem berücksichtigen, dass zur Untermauerung des oben zitierten Satzes "Fundstellen" aus dem Landesinfo der Neuen Richtervereinigung sowie ein Interview aus dem Focus herangezogen werden. Macht man sich dann die Mühe, einen Blick in die Landesinfo der NRV zu werfen, begegnet man dort einem in - zumindest baden-württembergischen - Justizkreisen wohlbekannten Richter, der bis zum Bundesverfassungsgericht gegen eine Rüge seiner Präsidentin geklagt hat. Dies sollte Anlass geben, dem Verein mit einem gesunden Maß an Skepsis gegenüberzustehen; wie auch bereits dem Urteil, denn ich zitiere in meinen Entscheidungen auch nicht den BDR-Newsletter.

    Konkret von den Nachlassgerichten kann ich berichten, dass eine Kollegin hier im Haus in einer Nachlasssache in der eigenen Familie sehr überrascht war, wie schnell das Testament eröffnet wurde und sie eine Abschrift erhalten hat. Ist zwar nur ein Blick auf ein Nachlassgericht von vielen, aber es gibt definitiv Nachlassgerichte, bei denen es läuft.

    Zu Abs. 1: Genau das habe ich auch gedacht.

    Zu 2: Bezüglich der Arbeit der Nachlassgericht kann ich das auch bestätigen. Es gibt nur wenige Ausnahmen, und das war vor dem Stichtag auch nicht anders.

  • Nachdem seit über einem Jahr hier keine Beiträge mehr eingestellt wurden, scheinen ja alle mit der Notariatsreform glücklich zu sein.

    Kann man bei uns so sagen , allerdings mit erheblicher Terminbelastung bei allen Rechtspflegern.
    Ich habe bereits an anderer Stelle schon erwähnt , dass hier 98 % aller Erbscheinsanträge nicht über einen Notar eingereicht werden, sondern bei Gericht protokolliert werden.
    Und die Ausschlagungen kommen bekanntermaßen noch dazu.
    Insbesondere dann toll, wenn das eigentlich zuständige Nachlassgericht gegenüber Erben gesetzeswidrig behauptet, dass man dort vor Ort nicht ausschlagen könne, sondern sich ausschließlich :eek: an sein Wohnsitzgericht zu wenden habe.
    Kommt in letzter Zeit leider häufiger vor.

    Wo stehe ich in 2021 mit meinen Terminen ? Derzeit bei Anfang Mai.
    Aber auch nur , weil ich morgends meist der erste bin und abends der Vorletzte , weil die Putzfrau noch da ist.


  • Nachdem seit über einem Jahr hier keine Beiträge mehr eingestellt wurden, scheinen ja alle mit der Notariatsreform glücklich zu sein.

    Schweigen kann auch eine Form der Resignation sein


    ...
    Insbesondere dann toll, wenn das eigentlich zuständige Nachlassgericht gegenüber Erben gesetzeswidrig behauptet, dass man dort vor Ort nicht ausschlagen könne, sondern sich ausschließlich :eek: an sein Wohnsitzgericht zu wenden habe.
    ...

    Kurios.
    Mit diesem Argument landen Beteiligte oft an meinem Gericht, da ihnen das für den Nachlassfall zuständige Gericht (verschiedene im eher nordbadischen Raum) ebenjene Auskunft gegeben hat.
    Aber das kann auch ein subjektives Empfinden meinerseits sein, dass man das Gefühl hat, dass diese Argumentation häufiger von dort kommt.

  • Ich arbeite an einem Gericht in Nordbaden und kann berichten, dass wir aktuell fast nur Ausschlagungen nach § 344 aufnehmen. Publikum wird gerne von den eigentlich zuständigen Gerichten zu uns geschickt. Von den Beteiligten höre ich dann öfters "man habe in XY gesagt, dass man es doch mal bei hier probieren soll. Da gibt es schneller einen Termin". Habe inzwischen das Gefühl ich arbeite nur noch für andere Gerichte. Bei uns wird auf jeden Fall keiner abgewiesen.

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