Nachweis selbständiger Tätigkeit im Rahmen von PKH

  • Hallo,

    habe hier folgenden Fall:

    Die Klägerin ist Studentin und begehrt PKH. Sie hat das Einkommen bis auf ihre selbständige Tätigkeit nachgewiesen. Sie erteilt privaten Klavierunterricht seit Mai 2013.

    Nach einem Hinweis, sie möge einen urkundlichen Nachweis vorlegen, hat sie mir als Beleg eine Gewinnermittlung ihres Steuerberaters zukommen lassen, aus der die monatlichen Einkünfte aus selbständiger Arbeit hervorgehen. Meine Kollegin meinte, dass dies nicht ausreiche.

    Frage: Reicht das aus und falls nein, warum nicht? Was muss denn vorgelegt werden? Gibt es hierzu Rechtsprechung?

    Danke schonmal!

  • Die (insbesondere steuerliche) Einkunftsermittlung kann in wesentlich größerem Umfang Abzüge enthalten, als dies unter PkH-Gesichtspunkten zulässig ist. Ich bilde mal ein Extrembeispiel: Die Studentin gibt ihren Klavierunterricht an einem ihr gehörenden Bösendorfer-Konzertflügel zum Neupreis von über 100.000,- Euro, den sie über 10 Jahre abschreibt. Ergibt steuerlich wirksame Abzüge von über 833.- Euro/Monat, so dass sie bei Einnahmen aus Klavierunterricht von 900,- Euro/Monat nur zu Einkünften von unter 70,- Euro/Monat kommt. Für PkH-Zwecke müsste man m.E. über eine Beleihung des Flügels für eine Einmalzahlung und jedenfalls den vollen Ansatz der 900,- Euro Einnahmen (brutto) nachdenken. Ich würde also nicht die Einkünfte sondern die Einnahmen und Betriebsausgaben nachweisen lassen. Mit freundlichen Grüßen AndreasH

  • Danke für Ihre Antwort!

    Nehmen wir mal an, dass das Klavier den Eltern der Schülerin gehört. Es geht auch letztlich um Einkünfte von lediglich 120 Euro im Monat aus dieser selbständigen Tätigkeit.

    Gibt es denn hierzu Rechtsprechung, was akzeptiert werden muss und was abgelehnt werden darf? Wie würden Sie denn als Richter über eine Entscheidung befinden, wonach die vorgelegte Gewinnermittlung kein geeigneter Nachweis sei?

  • Na, die wird keine kaufmännsiche Buchführung haben, da will ich sonst immer die kurzfristigen Gewinn/Verlustrechnungen sowie den Nachweis der Privatentnahmen sehen.

    Dazu Girokontoauszüge für 3 Monate.

    Aber wie Frog schon richtig bemerkt: Es spielt hier doch keine Rolle, ob 120 oder etwas mehr.

    Und mir würde das reichen.

  • Danke für Ihre Antwort!Nehmen wir mal an, dass das Klavier den Eltern der Schülerin gehört. Es geht auch letztlich um Einkünfte von lediglich 120 Euro im Monat aus dieser selbständigen Tätigkeit.Gibt es denn hierzu Rechtsprechung, was akzeptiert werden muss und was abgelehnt werden darf? Wie würden Sie denn als Richter über eine Entscheidung befinden, wonach die vorgelegte Gewinnermittlung kein geeigneter Nachweis sei?

    Entschuldigung für die späte Antwort. Zu Sache: Wegen der dargelegten Unterschiede zwischen Einkünften und Einnahmen würde ich es für richtig halten, wenn genauer nachgeschaut wird, wobei ich die Lösung von Störtebecker schon für ziemlich gut halte: Schnell machbar und trotzdem ziemlich aussagekräftig. Ich dürfte mich aber in einer Minderheit befinden. Ich habe regelmäßig PkH-Beschwerden zu entscheiden und stelle dabei häufig fest, dass eher zu wenig bei den finanziellen Verhältnissen aufgeklärt wird. Ist bei den Pensenzahlen der ersten Instanz ohne weiteres nachvollziehbar. Oft reicht schon der systematische Abgleich aller vorgelegten Belege mit den im Antrag angegebenen Zahlen um festzustellen: Hier stimmt etwas nicht. Mit freundlichen Grüßen AndreasH

  • Grs. auch wie Störtebecker.

    Nur; was nützen denn Giroauszüge vom Frisör(meister) oder Pizzabäcker ?:cool:

    Ich finde die sehr aussagekräftig.:(

  • Och, die nützen schon... Denn wenn da keine regelmässigen Barabhebungen erfolgen, weiste, dat der noch sein Trinkgeld hat. Und da würde ich dann eine e.V. über die durchschnittliche Höhe verlangen. Ok, obs dann stimmt ?

  • Die Partei hat ein Arbeitsverhältnis in einem Unternehmen und hat gleichzeitig ein selbstständiges Unternehmen, ich gehe davon aus, dass es sich um ein betreutes Wohnen handelt, in dem er angestellt ist und gleichzeitig dafür ein selbstständiges Unternehmen betreibt. Der „Dienstwagen“ wird auch als privates Fahrzeug genutzt.

    Der betriebswirtschaftliche Bericht liegt mir vor, getrennt nach „mit Kfz-Eigenverbrauch“ und „ohne Kfz Eigenverbrauch“.
    Die private Nutzung des Firmenwagens wird gewährleistet, ist aber steuerrechtlich berücksichtigt, so heißt es von der Partei.

    Betriebseinnahmen:
    Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens, voller Steuersatz

    Mit Kfz Eigenverbrauch 10.000,00 € ohne Kfz Eigenverbrauch 0,00 €

    Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens (Kfz-Nutzung)


    Mit Kfz- Eigenverbrauch 2000,00 € ohne Kfz Eigenverbrauch 0,00 €


    Ohne Kfz Eigenverbrauch ist der Gewinn um diese 12.000,00 € reduziert und somit kommt die Partei rechnerisch auf eine ganz geringe Rate.

    Ich verstehe diese steuerrechtliche Sache nicht. Meines Erachtens habe ich doch Vorteile, wenn ich ein Auto privat nutzen kann, oder?
    Alles wird über die Firma bezahlt, Raten, Steuern, Versicherungen, Leasingrate .
    Privat werde ich damit nicht belastet.

    Wie rechnet Ihr den Gewinn/ den monatlicher Verdienst in so einer Situation aus?

    Kann mir einer helfen und das verständlich erklären.

    Btw: im übrigen hat die Partei auch noch privat einen Autokredit angegeben, den er noch abzahlt. Tut das not?

  • Bei Freiberuflern und Gewerbetreibende kommt es bei der Einkommensermittlung allein auf den Gewinn an. Sie müssen daher zum Nachweis ihrer Einkommensverhältnisse eine Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG für das Vorjahr vorlegen (vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 1998, 1301; s.a. BGH, JurBüro 1993, 105, 106). Dabei werden alle Betriebseinnahmen- und ausgaben eines Jahres einander gegenübergestellt und so der steuerpflichtige Gewinn oder Verlust errechnet.

  • Weshalb eigentlich für das Vorjahr? :gruebel:

    Die Einnahmenüberschuss-Rechnung für 2020 fände ich zumindest dann veraltet, wenn die Überprüfung erst im 3. Quartal 2021 oder später erfolgt.

    (Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie kann es ggf. größere Veränderungen gegenüber 2020 gegeben haben.)


  • Btw: im übrigen hat die Partei auch noch privat einen Autokredit angegeben, den er noch abzahlt. Tut das not?

    Das tut sicher not, wenn man seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt ;)

    Es ist egal wofür er eine Ratenzahlungsverpflichtung hat. Es zählt nur, dass er ihr nachkommt, sprich auch real Zahlungen leistet.
    Ausnahme nur dann, wenn eine augenscheinliche nicht notwendige Ratenzahlungsverpflichtung in Ansehung des bevorstehenden Gerichtsverfahrens eingegangen wird.

    Um bei deinen Autokredit zu bleiben:
    Hat er zwei Tage vor Klageinreichung sich ein neues angemessenes Auto gekauft, weil sein altes kaputt ist und er eins braucht um damit zur Arbeit zu fahren. dann wird die Ratenzahlung anerkannt.
    Hat er sich aber zum gleichen Zeitpunkt einen schicken Sportflitzer als Zweitwagen für Wochenendausflüge auf Pump geholt, dann nicht.
    Hat er sich letztes Jahr einen Maserati gekauft, den im Frühjahr gegen den Baum gesetzt und zahlt jetzt noch die Raten für das Teil, dann wird auch diese Ratenzahlung anerkannt. Hat er den Maserati aber zwei Tage vor der Klage als Vehikel für den Arbeitsweg angeschafft, dann dürfte der nicht angemessen sein (ein Porsche sollte ja wohl reichen ;)) und die Ratenzahlung nicht anerkannt werden und für den Maserati sogar Verwertung verlangt werden.

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