Enterbung Ehefrau?

  • Ich hab einen Problemfall und komme nicht weiter:

    In meiner Akte wurde 2008 ein Erbschein erteilt. Grundlage hierfür bildete ein privatschriftliches Testament aus dem Jahre 1995. In diesem setzte der Erblasser ausdrücklich seine drei Kinder (mit Angabe der Namen) zu gleichen Teilen zu seinen Erben ein.

    Im Jahre 2004 hat der Erblasser geheiratet.

    Eine neue Vfg. v. T. w. wurde nicht errichtet, so dass weiterhin das Testament von 1995 galt.

    Die Ehefrau wurde damals auch zum Erbscheinsantrag gehört und hatte diesem schriftlich zugestimmt.

    Nun meldet sich ein RA und möchte, dass der alte Erbschein eingezogen und ein neuer erteilt wird, in dem die Ehefrau als Erbin zu 1/2-Anteil und die drei Kinder zu je 1/6-Anteil ausgewiesen wird.

    Dies begründet er damit, dass erst nach der Testamentserrichtung das Erbrecht der Ehefrau begründet wurde und sie nicht durch das T. enterbt worden sein kann.

    Er ist der Meinung, dass das gesetzliche Erbrecht der Ehefrau nur durch eine Enterbung, also durch eine letztwillige Vfg. zum Erlöschen gebracht worden sein kann. Insoweit komme hier nur das T. von 1995 in Betracht. In diesem Zeitpunkt hatte der Erblasser aber zweifellos nicht den Willen, seine spätere Ehefrau, die er in diesem Zeitpunkt noch nicht kannte, zu enterben.

    Der Umstand, dass die Eheleute nach der Eheschließung keine neue Vfg. v. T. w. getroffen haben, greift für ihn hier nicht für eine Enterbung der Ehefrau, da eine Enterbung stets eine eindeutige und ausdrückliche letztwillige Verfügung voraussetzt. Mit der Nichterrichtung eines Testamentes kann niemals der Ausschluss von einem gesetzlichen Erbrecht begründet werden, schreibt er weiter.

    Auch die Zustimmungserklärung der Ehefrau kann seiner Meinung nach eine Enterbung nicht begründen, da es auf den Erblasserwillen zum Zeitpunkt der Errichtung der Vfg. v. T. w. ankommt und dieser wollte nicht bei der Testamentserrichtung seine spätere Ehefrau von der Erbfolge ausschließen.

    Ich bin mir nun nicht sicher, was ich hier zu tun habe, da mir ein solcher Fall bisher noch nicht vorkam.

    Liegt der RA hier mit seiner Argumentation richtig oder ist es so, dass die Ehefrau nicht Erbin geworden ist, da es ein Testament gibt, welches ausdrücklich die Kinder als Erben ausweist und nach der Eheschließung ein neues Testament hätte errichtet werden können.

    Da ich weiß, dass, falls ich den Erbscheinsantrag zurückweisen würde, RM eingelegt werden würde vom RA, frage ich, ob einer von euch schon einmal so einen Fall hatte oder mir einer eine Gerichtsentscheidung nennen kann, wo so ein Fall entschieden wurde.

    Falls ich dem RA Recht geben würde, würde mir dann der Erbscheinsantrag des RA ausreichen oder müsste mir ein Erbscheinsantrag eines Notars vorgelegt werden?

    Ich hab dann auch noch Fragen zum weiteren Verfahrensgang:

    Da ich die gesetzlichen Erben zum Erbscheinsantrag anhören muss, würde ich den Antrag an diese schicken und schauen, ob die sich diesbezüglich äußern.
    Falls sie Einwendungen erheben sollten, würde ich die Sache an den Richter abgeben (bin in Niedersachsen tätig, hier ist der Ri zuständig, wenn Einwendungen zu Erbscheinsanträgen auf Grund Vfg. v. T. w. erhoben werden - bin mir in diesem Fall aber auch nicht sicher, da ich hier dann ja eine Kombination aus gesetzlicher und gewillkürter Erbfolge hätte?!).

    Ist eine Kombination aus gesetzlicher und gewillkürter Erbfolge überhaupt möglich? Ich kann doch nicht in einen Erbschein reinschreiben, dass der Erblasser sowohl auf Grund gesetzlicher Erbfolge als auch auf Grund privatschriftlichem Testament beerbt worde ist von...oder ist das möglich?

    Falls ich mich der Ansicht des RA anschließen müsste, müsste ich dann erst den alten Erbschein einziehen (also Einziehungsbeschluss) und dann die Kinder zum neuen Erbscheinsantrag anhören oder müsste ich die Kinder schon vor dem Einziehungsbeschluss anhören.

    Ich hoffe, ihr könnt mir helfen.

    2 Mal editiert, zuletzt von blackswan87 (25. November 2013 um 19:46)

  • Ich habe es mehr mit der gesetzlichen Erbfolge, aber meines Erachtens ist es wohl so: Eine nach der Testierung erfolgte Heirat kann einen Anfechtungsgrund nach § 2078 BGB (Motivirrtum) oder nach § 2079 BGB (Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten) darstellen. Die Ehefrau wäre anfechtungsberechtigt nach § 2080 BGB. Allerdings beträgt die Anfechtungsfrist 1 Jahr ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes (§ 2082 BGB) und da liegt wohl das Problem, denn dazu sollte der RA etwas vortragen.....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Cromwell war schneller...

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  • Bzgl. des Stellens eines Erbscheinsantrages durch einen Rechtsanwalt:
    Ja, das darf er (darf grds. auch jeder weitere -durch den Antragsteller- Bevollmächtigte).
    Allerdings müsste sich der Antragsteller wegen der Versicherung an Eides Statt separat an einen Notar oder das Gericht wenden, auch wegen den notwendigen Urkunden.

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