Überzahlte Abtretung an den Treuhänder

  • Klasse,

    damit kann doch gegen den TH vorgegangen werden und wenn der öffr Erstattunganspruch so was wie Entreicherung kennt, dann ist doch der Anspruch des TH gegen die Gläubiger zu holen - freiwillig oder mit Bescheid und Gericht

  • Danke :yes:, das BSG-Urteil ist gut. Also doch § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X.

    Aber ob der TH der richtige Adressat ist? Ich tendiere eher zu den Gläubigern, schließlich haben die ja die Leistung zu Unrecht erhalten. der TH ist ja nur "Durchreicher".

    Es geht übrigens um 4800 Euro.

  • Meiner Meinung nach ist bei Sozialgeldleistungen § 53 Abs. 6 SGB I anwendbar, weil die Zahlungen (zu Unrecht) auf Grund einer Abtretung nach § 287 Abs. 2 S. 1 InsO an den TH erfolgten :

    § 53
    Übertragung und Verpfändung

    (1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können weder übertragen noch verpfändet werden.
    (2) Ansprüche auf Geldleistungen können übertragen und verpfändet werden

    1.zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind, oder
    2.wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.


    (3) Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.
    (4) Der Leistungsträger ist zur Auszahlung an den neuen Gläubiger nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet, der dem Monat folgt, in dem er von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis erlangt hat.
    (5) Eine Übertragung oder Verpfändung von Ansprüchen auf Geldleistungen steht einer Aufrechnung oder Verrechnung auch dann nicht entgegen, wenn der Leistungsträger beim Erwerb des Anspruchs von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis hatte.
    (6) Soweit bei einer Übertragung oder Verpfändung Geldleistungen zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner dem Leistungsträger zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Leistungsträger hat den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

  • Mein Beck-Online-Kommentar sagt, dass diese Vorschrift d. § 53 Abs. 6 SGB I wg. BSG-Urteil v. 30.01.2002, B 5 RJ 26/01 R eingeführt wurde und nur die Fälle betrifft, in denen von vornherein der Anspruch auf die Sozialleistung gar nicht (in der Höhe) bestand und trotzdem entsprechend der wirksamen Abtretung die Leistung an den Abtretungsgläubiger erbracht wurde.

    Für den andersgelagerten Fall, dass eine dem Leistungsempfänger tatsächlich zustehende Leistung aufgrund eines Mangels in der Abtretung zu unrecht an den Abtretungsgläubiger ausgezahlt wird, verweist der Kommentar auf § 50 Abs. 2 SGB X und BSG lt. post #20.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • daraus lässt sich inzwischen eine Diss ohne copy und paste machen



    Du bist hier der Volljurist. Dann leg mal los!

    Interessant finde ich das Thema allemal. Der Blick über den Tellerrand schult das Auge auch für eigene Problemstellungen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Im ihrem Kommentar zu § 53 Abs. 6 SGB 1 steht von der Einschränkung aus dem Beck-Kommentar nichts. Sie schreiben:

    "Wurden im Rahmen einer Abtretung Geldleistungen an den Abtretungsempfänger zu Unrecht erbracht, richtet sich der Erstattungsanspruch gegen den Abtretenden oder gegen den Abtretungsempfänger nach § 53 Abs. 6 SGB I. "Erbracht" im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass die Geldleistung in den Verfügungsbereich des Betroffenen gelangt ist. Nach dem Wortlaut des § 53 Abs. 6 Satz 1 SGB I sind sowohl der Abtretende als auch der Abtretungsempfänger als Gesamtschuldner zwar erstattungspflichtig.Ist die Abtretung übertilgt, ist allein der Abtretungsempfänger in Anspruch zu nehmen, da nur dieser Beträge zu Unrecht erhalten hat. Der Erstattungsanspruch ist nach § 53 Abs. 6 Satz 2 SGB I durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Vor Erteilung des Erstattungsbescheides ist der Abtretungsempfänger anzuhören (§ 24 SGB X). In der Anhörung ist dem Abtretungsempfänger die Sach- und Rechtslage sowie die beabsichtigte Rückforderung mitzuteilen. Im Hinblick auf die sich aus § 53 Abs. 6 Satz 1 SGB I ergebende zwingende Erstattungspflicht kann sich der Abtretungsempfänger letztlich nicht wirksam auf Vertrauensschutz oder den Verbrauch der abgetretenen Geldleistung berufen. Seitens des Rentenversicherungsträgers ist auch kein Ermessen auszuüben."

    Übertragen auf meinen Fall bedeutet dies:

    Rückforderungsbescheid ggü. TH nach § 287 Abs. 2 S. 1 i. V. m. 53 Abs. 6 SGB I. Vorher Anhörung. Das OLG Urteil Celle übersehe mich mal ;)

  • Im ihrem Kommentar zu § 53 Abs. 6 SGB 1 steht von der Einschränkung aus dem Beck-Kommentar nichts. Sie schreiben:

    "Wurden im Rahmen einer Abtretung Geldleistungen an den Abtretungsempfänger zu Unrecht erbracht, richtet sich der Erstattungsanspruch gegen den Abtretenden oder gegen den Abtretungsempfänger nach § 53 Abs. 6 SGB I. "Erbracht" im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass die Geldleistung in den Verfügungsbereich des Betroffenen gelangt ist. Nach dem Wortlaut des § 53 Abs. 6 Satz 1 SGB I sind sowohl der Abtretende als auch der Abtretungsempfänger als Gesamtschuldner zwar erstattungspflichtig.Ist die Abtretung übertilgt, ist allein der Abtretungsempfänger in Anspruch zu nehmen, da nur dieser Beträge zu Unrecht erhalten hat. Der Erstattungsanspruch ist nach § 53 Abs. 6 Satz 2 SGB I durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Vor Erteilung des Erstattungsbescheides ist der Abtretungsempfänger anzuhören (§ 24 SGB X). In der Anhörung ist dem Abtretungsempfänger die Sach- und Rechtslage sowie die beabsichtigte Rückforderung mitzuteilen. Im Hinblick auf die sich aus § 53 Abs. 6 Satz 1 SGB I ergebende zwingende Erstattungspflicht kann sich der Abtretungsempfänger letztlich nicht wirksam auf Vertrauensschutz oder den Verbrauch der abgetretenen Geldleistung berufen. Seitens des Rentenversicherungsträgers ist auch kein Ermessen auszuüben."

    Übertragen auf meinen Fall bedeutet dies:

    Rückforderungsbescheid ggü. TH nach § 287 Abs. 2 S. 1 i. V. m. 53 Abs. 6 SGB I. Vorher Anhörung. Das OLG Urteil Celle übersehe mich mal ;)



    Wir kommen ja zum selben Ergebnis. OLG Celle hast du m. E. nicht ganz richtig verstanden - dort wird festgestellt, dass den TH keine persönliche Haftung mit seinem höchsteigenen Vermögen trifft.

    Dein Rückforderungsbescheid muss m. E. an den TH in seiner Eigenschaft als TH für den Schuldner ergehen - nicht gegen ihn persönlich als Privatperson!

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Der neue Abs. 6 des § 53 SGB I wurde durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.3.2005 m.W. vom 30.3.2005 eingefügt. Die Vorschrift ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/4428 S. 25) tatsächlich eine Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG B 5 RJ 26/01 zur Rückforderung von zu Unrecht an den Zessionar ausgezahlten Leistungen. Überzahlungen an den Zessionar können Ihre Ursache zum einen in Mängeln der Abtretung selbst (sogen. Valutaverhältnis), zum anderen in Mängeln des Leistungsanspruchs (sog. Deckungsverhältnis) haben. Letzteres liegt z.B. vor, wenn der Leistungsanspruch des ursprünglich Berechtigten tatsächlich nicht, nicht in dieser Höhe oder nicht für diesen Zeitraum bestanden hat. Für diese Fallgestaltung (Mängel im Deckungsverhältnis) hatte der 5. Senat des BSG entschieden, dass der Leistungsträger die Sozialleistung nur vom ursprünglichen Leistungsberechtigten, nicht aber vom Abtretungsgläubiger zurückfordern könne. Damit ergab sich die für den RV-Träger missliche Situation, sich in derartigen Fällen an den häufig nicht leistungsfähigen Zedenten halten zu müssen.
    Hier soll durch § 53 Abs. 6 SGB I, der an die steuerrechtliche Vorschrift des § 37 Abs. 2 AO angelehnt ist, nach dem Willen des Gesetzgebers A B H I L F E schaffen. Nach Satz 1 der Regelung sind nunmehr sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner zur Rückzahlung verpflichtet. Satz 2 bestimmt, dass der Leistungsträger den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen hat.
    Nach dem gleichzeitig in das SGB I aufgenommenen § 71 beziehen sich Rückerstattungsansprüche nach § 6 auf alle Fälle, in denen die maßgeblichen Geldleistungen nach dem 30.03.2005 ganz oder teilweise zu Unrecht erbracht worden sind. Entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift kommt es nur darauf an, wann die Leistung in den Verfügungsbereich des Adressaten gelangt ist, nicht auf den Zeitraum, für den sie bestimmt ist. (alles aus: Text und Erläuterungen SGB I Allgemeiner Teil, 12. Aufl., herausgegeben von Deutsche Rentenversicherung). :gruebel::confused:

  • Ich muss das Thema nochmal aufmachen, biege aber in eine leicht andere Richtung ab.

    Ende der vom AG festgesetzten Zeit der Abtretung am 01.06.2020 (Wortlaut des Treuhänders).
    Ist der Lohn für Juni jetzt anteilig oder voll noch abzuführen?

    Per se würde ich ja den ganzen pfändbaren Betrag geben, denn es ist doch eigentlich egal, ob das Verfahren am 02., 15. oder 22. endet. :confused:

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Entscheidungen hierzu sind mir nicht bekannt, Uhlenbruck, § 287 Rn. 52a, stellt nicht auf die Fälligkeit ab, da idR das Entgelt erst zum Ende des betreffenden Monats bzw. noch später zu zahlen ist, sondern auf eine analoge Regelung zum § 628 S.1 BGB, da sonst die Gläubiger leer ausgehen würden. Das trifft in den Fällen natürlich zu, dafür gibt es andere Berufsgruppen, bei denen das Entgelt vorab zum 1. eines Monats gezahlt wird, dies wäre dann natürlich rückzurechnen.

    ME müsste sollte man es einfach so durchwinken, da ja auch ein Insolvenzverfahren idR nicht am 1. eines Monats eröffnet wird, jedenfalls nicht im IK-Bereich. Bei Eröffnung am 10. hat der Frühbezieher das GEld schon verwendet (die Gläubiger gehen leer aus), während den Spätbezieher die Verfügungsbeschränkung trifft. Da gleicht es sich dann wieder aus.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Das Thema kommt ja irgendwie immer wieder regelmäßig auf. Und wird von jedem unterschiedlich gesehen. Komischerweise gibt es dazu keine Rechtsprechung, jedenfalls keine, die mir bekannt ist.

    Hier wurde das z.B. mal diskutiert:https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?57553-Ablauf-der-Abtretungserklärung-was-ist-mit-dem-letzten-Monat&highlight=ende+abtretung

    Ergebnis gab es aber auch nicht.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Zwischennachricht: Danke der Hinweise! :daumenrau

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  • Entscheidungen hierzu sind mir nicht bekannt, Uhlenbruck, § 287 Rn. 52a, stellt nicht auf die Fälligkeit ab, da idR das Entgelt erst zum Ende des betreffenden Monats bzw. noch später zu zahlen ist, sondern auf eine analoge Regelung zum § 628 S.1 BGB, da sonst die Gläubiger leer ausgehen würden. Das trifft in den Fällen natürlich zu, dafür gibt es andere Berufsgruppen, bei denen das Entgelt vorab zum 1. eines Monats gezahlt wird, dies wäre dann natürlich rückzurechnen.

    ME müsste sollte man es einfach so durchwinken, da ja auch ein Insolvenzverfahren idR nicht am 1. eines Monats eröffnet wird, jedenfalls nicht im IK-Bereich. Bei Eröffnung am 10. hat der Frühbezieher das GEld schon verwendet (die Gläubiger gehen leer aus), während den Spätbezieher die Verfügungsbeschränkung trifft. Da gleicht es sich dann wieder aus.

    Wenn man bei Beginn der Abtretung auf die Fälligkeit abstellt, muss man das sicherlich am Ende der Abtretung auch - so haben wir das damals jedenfalls gehandhabt. Da haben wir dann entweder im ersten Monat nix bekommen, weil die Eröffnung/der Beginn der Abtretung nach Fälligkeit des Lohns/Gehalts lag und im letzten dann eben noch das letzte, was fällig war vor Beendigung.

    Ist doch eigentlich auch logisch, wenn der EÖ-Beschluss wie eine Pfändung wirken soll. Jedenfalls war das für mich logisch.

    Wenn das Verfahren am 31.05. des Jahres X eröffnet wurde, war im Mai möglicherweise kein pfändbares Gehalt mehr da, weil das Mai-Gehalt schon ausgezahlt wurde. Am Ende der Abtretung war es dann noch im Mai des Jahres X+6 noch an den TH/IV zu zahlen.

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