Dienstbarkeit nicht ausreichend bezeichnet?

  • Was sagt ihr zu folgendem kleinen Fällchen:

    1970 wird dem jew. Eigentümer von Flst. 1 ein Geh- und Fahrtrecht bestellt. Weiter verpflichtet sich der Eigentümer, auf beiden Seiten des Weges keinen Zaun zu errichten.

    Antrag: "Für das Geh- und Fahrtrecht wird eine Grunddienstbarkeit bestellt und ihre Eintragung beantragt. Dies gilt auch für die Zaununterlassungsverpfl."

    Der Rechtspfleger trägt ein "Geh- und Fahrtrecht für......" mit dem Aktenvermerk, die Zaununterlassung sei lt. vom Notar zitierter Rspr. Ausfluss des Geh- und Fahrtrechts.

    Weiter wird ein Wasserleitungsrecht mit Betretungsrecht bestellt und dazu das Recht, einen Brunnen ausschließlich zu benutzen.

    Antrag: "Für das Wasserleitungsrecht wird eine Grunddienstbarkeit für....bestelllt und Eintragung bewilligt und beantragt. Sie wird auch für das Brunnennützungsrecht bestellt".

    Der Rechtspfleger trägt "Wasserbezugs- und leitungsrecht für....." ein.

    Der Eigentümer des berechtigten Grundstücks beantragt jetzt, bei Recht 1 "Zaununterlassung" zu ergänzen und bei Recht 2 "Betretungs- und ausschließliches Brunnennutzungsrecht".

    (Vorausgegangen ist ein Zivilrechtsstreit, da auch der Eigentümer des dienenden Grundstücks Wasser aus dem Brunnen entnommen hat. In den Urteilsgründen schreibt der Richter, ein gutgläubiger Erwerb ohne das ausschl. Brunnennutzunsrecht sei möglich, da dieses nicht ausreichend im Grundbuch eingetragen sei.....)

  • Da fehlt es wohl an Einigem.

    Bezüglich der Ausschließlichkeit der Nutzung ist nach § 874 BGB Bezugnahme möglich. Und wenn sie es nicht wäre, stünde insoweit überhaupt kein gutgläubiger Erwerb in Frage, weil das Recht dann insoweit nicht entstanden ist. Die Frage eines gutgläubigen Erwerbs würde sich nur stellen, wenn das Recht auch insoweit entstanden, es aber insoweit nicht eingetragen wäre. Da der Richter aber schon eine diesbezügliche Eintragung verneint, kann es insoweit von vorneherein nicht entstanden sein.

    Widersprüche über Widersprüche.

  • Wenn wir etwaige Widersprüche des Urteils mal beiseitelassen: Was ist denn überhaupt ausgeurteilt worden? Oder einfacher, stelle doch mal den Urteilstenor ein.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wobei man an einer ausreichenden Bezeichnung im Eintragungsvermerk schon zweifeln darf. Aus OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1257:

    "Einzelheiten des schlagwortartig bezeichneten Rechts können dann nach § 874 BGB durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung festgelegt werden, zum Beispiel nähere Regelungen darüber, wo, wann und von wem das vereinbarte Wegerecht ausgeübt werden warf, welche Art von Leitung verlegt werden darf und wer für den Unterhalt aufzukommen hat. Soll eine Dienstbarkeit - wie hier - in mehrfacher Hinsicht zur Grundstücksnutzung berechtigen, so muss der verschiedenartige Inhalt der Dienstbarkeit auch in der schlagwortartigen Kennzeichnung zum Ausdruck kommen (Haegele/Schöner/Stöber, Rdnrn. 1147, 275), etwa durch eine Kombination aussagekräftiger Begriffe wie „Geh-, Fahr- und Leitungsrecht”."

    Das Verbot der Einzäunung und das ausschließliche Brunnenrecht würde ich zum "verschiedenartigen Inhalt" zählen.

  • Beim Zivilprozeß ging es darum, dass es dem Eigentümer des dienenden Grundstücks nach 30 Jahren einfällt, dass er jetzt auch mal Wasser aus dem Brunnen entnehmen könnte... und das ordentlich.

    Der Dbk - Berechtigte klagt auf Unterlassung der Wasserentnahme.


    Das Urteil lautent entspr. "....wird verurteilt es zu unterlassen....aus dem Brunnen Wasser zu entnehmen." 2. Ordnungsgeldandrohung

    Der Beklagte meinte, es sie die Ausschließlichkeit ja nicht im Grundbuch eingetragen und deshalb dürfe er entnehmen.

    Das Urteil sagt, es ist wurscht, was eingetragen ist, denn der Beklagte hat sich auch schuldrechtlich verpflichtet (hat 1970 mit unterschrieben).

    Aber, so sagt das Urteil, "ein gutgläubiger Erwerber des belasteten Grundstücks könne sich darauf berufen, dass er das Grundstück ohne die entspr. Grunddienstbarkeit erworben hat, da diese im Grundbuch nicht ausreichend eingetragen ist"

    Dann geht es noch um die Verwirkung, die nach Ansicht des Gerichts nicht eingetreten ist.

    Die Zaununterlassungsverpflichtung hat der Kollege damals nicht eingetragen, weil der Notar es lt. Aktenvermerk nicht für nötig fand. Es gäbe da eben Rspr. wonach das Teil des Geh- und Fahrtrechts sei und durch Bezugnahme gedeckt sei. Leider haben sie es versäumt, die entspr. Rspr. mit aufzuschreiben.

  • Ich sehe es mit den Vorschreibern (und wohl auch mit Dir) so, dass Zaununterlassungsverpflichtung und Brunnenbenützungsrecht nicht eingetragen worden sind. Eine Zaununterlassungsverpflichtung ist kein logisches oder zumindest weitgehend selbstverständliches Nebenrecht eines Geh- und Fahrtrechts, und ein Brunnenbenützungsrecht ist kein logisches oder zumindest weitgehend selbstverständliches Nebenrecht eines Wasserleitungsrechts.

    Das Urteil ist für Dich irrelevant, weil es zu den dinglichen Rechtsverhältnissen keinerlei Entscheidung trifft. Ob es sonst in sich stimmig ist, mag deshalb zwar interessant, kann Dir aber als Grundbuchrechtsfleger egal sein. Nebenbei kommt es auf einen gutgläubigen Erwerb mangels Unrichtigkeit nicht an: Zaununterlassungsverpflichtung und Brunnenbenützungsrecht sind mangels Eintragung nicht entstanden, und genau diesen Rechtszustand verlautbart das Grundbuch ja auch.

    Was bleibt zu tun? Die Anträge von damals sind nicht vollständig erledigt worden und somit bezüglich Zaununterlassungsverpflichtung und Brunnenbenützungsrecht noch offen. Sie müssen also noch erledigt werden, sei es durch Eintragung, wenn der heutige Eigentümer damals die Bewilligung erklärt oder ihr zumindest zugestimmt hat, sei es durch Zurückweisung, weil die Anträge nicht mehr vollziehbar sind.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Der heutige Alleineigentümer des Grundstücks war zum Zeitpunkt der Dienstbarkeitseintragung Miteigentümer des Grundstücks.

    Beim Brunnenrecht bin ich mir nicht sicher, ob es nicht durch Bezugnahme gedeckt ist, da Wasserbezugsrecht drin steht. Da könnt man irgendwie reinlesen, das es von einem Brunnen bezogen wird, na ja.....

    Der Kollege damals hat beim Wasserbezugs- und leitungsrecht auch geschrieben "Gleichrang untereinander".

    Der Anwalt des Antragstellers will auch noch das "Betretungsrecht" (zur Reparatur der Wasserleitung) ausdrücklich mit eingetragen haben, aber das ist ja in jedem Fall durch Bezugnahme gedeckt. Die "Ausschließlichkeit" der Brunnennutzung will er auch drin haben, wobei Cromwell meint, dass sei durch Bezugnahme gedeckt.

  • Beim Brunnenrecht ist das aber, wie das Urteil auch zeigt, mindestens mal hochstreitig. Ich würde da gar nicht diskutieren und hier in der Veränderungsspalte eintragen, dass das Recht auch die Nutzung des Brunnens umfasst; gemäß Bewilligung vom ... eingetragen am ... Dann ist es spätestens jetzt eingetragen, und soweit es auf den dinglichen Rechtsbeginn ankommen sollte, mögen sie halt streiten.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Die "Ausschließlichkeit" der Brunnennutzung will er auch drin haben, wobei Cromwell meint, dass sei durch Bezugnahme gedeckt.

    Für einen Ausschluß des Eigentümers von der gleichartigen Benutzung reicht Bezugnahme (vgl. Schöner/Stöber Rn 1130 a, 1229 je m.w.N.).

  • Da haben wir den Salat.

    Denn nunmehr kommt es sehr wohl auf die Frage an, ob die Eintragungen in der vorliegenden Form ausreichend waren und die Rechte mit ihrem gewollten Gesamtinhalt entstanden sind. Denn wenn sie es nicht sind, können sie - soweit sie noch nicht entstanden sind - durch Eintragung zwar noch entstehen, aber natürlich nur im Rang nach den bereits wirksam entstandenen Grundschulden.

  • Das wird auf eine Zurückweisung hinauslaufen, weil keine rangrichtige Eintragung mehr möglich ist? Der Eigentümer des belasteten Grundstücks wird wohl keine rechte Lust haben, von seinen Grundschuldgläubigern Rangrücktrittserklärungen beizubringen.

  • Ich fürchte, jetzt müssen wir etwas weiter ausholen.

    Es gibt folgende Möglichkeiten, die für beide Dienstbarkeiten getrennt zu beurteilen sind:

    1. Die Eintragung ist für den gewollten (gesamten) Rechtsinhalt ausreichend

    In diesem Fall ergeben sich keine Probleme. Die Dienstbarkeit ist entstanden. Die Grundschulden haben Nachrang.

    2. Die Eintragung ist für den gewollten (gesamten) Rechtsinhalt nicht ausreichend

    In diesem Fall kann die Dienstbarkeit nur im Umfang der Eintragung entstanden sein. Es handelt sich dabei entsprechend § 139 BGB um ein Entstehen der Dienstbarkeit als selbständiges dingliches Recht mit dem Inhalt, bezüglich dessen sich Einigung und Eintragung decken.

    Im Verhältnis zu diesem entstandenen Recht haben die Grundschulden Nachrang.

    Wird nun "restvollzogen" - soweit dies noch möglich ist -, so entsteht hierdurch keine einheitliche Dienstbarkeit mit dem gewollten Gesamtinhalt, sondern es entsteht eine neue selbständige Dienstbarkeit mit dem bislang nicht eingetragenen Restinhalt.

    Diese Dienstbarkeit hat nicht nur Rang nach den Grundschulden, sondern auch Rang nach den bislang wirksam entstandenen Dienstbarkeiten.

    ----------------

    Welche von beiden Möglichkeiten zum Zuge kommt, hängt für jede der beiden Dienstbarkeiten davon ab, ob beide Dienstbarkeiten ursprünglich mit dem gewollten Gesamtinhalt entstanden sind, ob nur eine Dienstbarkeit ursprünglich mit dem gewollten Gesamtinhalt entstanden ist und die andere nicht, oder ob beide Dienstbarkeiten ursprünglich nur mit dem eingetragenen Teilinhalt entstanden sind.

  • Ja, soweit ist es mir schon klar. Aber was tun in der PRAXIS :gruebel:

    Ich tendiere dazu, dass bei beiden Rechten etwas fehlt (Brunnen und Zaun).

    Eine rangrichtige Eintragung ist ja nicht mehr möglich. Kann der Antrag dann überhaupt noch vollzogen werden?
    Ist der Antrag des Berechtigten nur als Anregung zu verstehen?

  • Ärger kiegt man hier sowieso. M.E. hat man die Wahl. Entweder man sagt, dass eine Dienstbarkeit mit verschiedenen Inhalten bewilligt und beantragt war, von denen nur ein Teil vollzogen wurde. Dann ist der restliche Antrag folglich noch unvollzogen und auf das neue Schreiben des Berechtigten käme es dann gar nicht an. Dass der Eigentümer urspünglich nur als Miteigentümer bewilligt hat, würde mich ohne Weiteres, also ohne dass hier jemand noch eine gegenteilige Entscheidung einstellt, nicht stören, da die Bewilligung von Anfang an auf eine Belastung des Grundstücks als Ganzes abzielte und nicht nur auf eine des jeweiligen Miteigentumsanteils. Der Nachrang nach den Grundschulden ist zwar nicht schön, wird aller Wahrscheinlichkeit nach aber nie zum Tragen kommen. Gegebenenfalls könnt man die Beteiligten vor einer Eintragung noch Anhören. Und dann wartet man auf die Beschwerde des Eigentümers. Oder man geht davon aus, dass die Eintragung den gesamten Inhalt der Dienstbarkeit wiedergibt; bei der Zaunerrichtungsunterlassungsverpflichtung wegen der vom damaligen Kollegen leider nicht zitierten Entscheidungen und beim Brunnenrecht wegen des "Wasserbezugs". Und legt das Scheiben des Berechtigten zum Beispiel als Fassungsbeschwerde (vgl. Hügel/Holzer § 125 Rn 8) aus.

  • Diese Geschichte mit der Unterlassung einer Zaunerrichtung und der Brunnenbenützung wurde auch erst mit Schreibmaschine in die Urkunde eingefügt. Wann weiß ich nicht. Wahrscheinlich im Notartermin.

    Dann hat der (längst verstorbene) Kollege mit Bleistift daneben geschrieben "= Ausfluß des Geh- und Fahrtrechts, so auch Notar lt. Rspr." Außerdem hat er alles wichtige sauber mit Rotstift unterstrichen. Der wird sich doch das alles genau überlegt haben...

    Da muss es doch irgend eine alte Entscheidung geben, die heute niemand mehr kennt.

    Das mit der Fassungsbeschwerde gefällt mir ganz gut. Ich weise den Antrag mit 3 Sätzen zurück und dann wird schon irgendwas passieren.

  • Kommt natürlich auch darauf an, was mit dem Zaunerrichtungsverbot genau gemeint war. Als Verbot einer Beeinträchtigung der Dienstbarkeit, also z.B. einer Fahrbahnverengung durch den Zaun, hätte der Notar natürlich recht (vgl. § 1027 BGB). Wenn es dagegen keinen unmittelbaren Bezug zum Geh- und Fahrtrecht hat, sicher nicht.

  • Da wär eine Entscheidung:

    ".....Zulässig (§ 256 Absatz I ZPO) und begründet ist der Antragauf Feststellung, daß die Bekl. zu 1 bis 4 nicht die Beseitigung des dieAusübungsfläche der Grunddienstbarkeit Nr. 1 - Gartenrecht - abgrenzenden Maschendrahtzaunes beanspruchen können.Die Berechtigung dieses Antrages ergibt sich aus der - wie dargelegt -wirksamen Dienstbarkeit Nr. 1. Diese gestattet nach dem Inhalt der in derGrundbucheintragung in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung die Einzäunungder Teilfläche von 856 qm in der hier vorgenommenen Art....."
    BGH, Urteil vom 25-10-1991 - V ZR 196/90 (Frankfurt) NJW 1992, 1101

    Der BGH sagt also, dass man hinsichtlich des Rechts auf Einzäunung auf die Bewilligung Bezug nehmen kann.
    Umkehrschluss daraus..........

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