§ 850f ZPO Heimkosten

  • Guten Morgen zusammen,

    ich habe erstmalig folgenden Sachverhalt.

    Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Gerichtskasse A von 1996 der die Witwenrente der Schuldnerin pfändet. Die Schuldnerin wohnt zwischenzeitlich in meinem Gerichtsbezirk.

    Beantragt wird die Heraufsetzung des unpfändbaren Betrages gemäß § 850f ZPO, da die Schuldnerin im Heim wohnt und der Eigenanteil der Heimkosten knapp 1.500 EUR beträgt. Entsprechende Bescheinigung liegt vor.

    a) Den PfÜB der Gerichtskasse A kann ich aufgrund meiner jetzigen Zuständigkeit abändern bzw. einstweilen einstellen, oder?

    b) In Betracht kommt m.E. nach § 850f Abs. 1b ZPO.
    Die Kommentierung sagt "Eine völlige Freistellung kommt – anders als im Falle des § 850f Abs 1 lit a ZPO – wohl nicht in Betracht. Müssten allerdings die besonderen Bedürfnisse ansonsten mit Leistungen nach dem Sozialrecht zu Lasten der Allgemeinheit gedeckt werden, kann auch eine vollständige Freigabe der Bezüge angeordnet werden."

    Hier kommt also evtl. eine vollständige Freigabe in Betracht. Wie seht ihr das?

    c) Nachweisen würde ich mir noch die Kontoauszüge der letzten drei Monate sowie die Höhe der Rente durch Rentenbescheid.


    Vielen Dank schonmal vorab!

  • zu a): Ja, über §§ 6 JBeitrO, 764 ZPO.

    zu b) und c) halte ich mich lieber 'raus, da ich selber Gerichtskasse bin :) (aber nicht die genannte Kasse "A" ;)). Liegen die Heimkosten denn im üblichen Rahmen oder handels es sich um die Luxus-Residenz mit Seeblick? Falls ja, müsste man die Belange von Schuldnerin und Gläubigerin vielleicht etwas genauer abwägen.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • zu a): Ja, über §§ 6 JBeitrO, 764 ZPO.

    zu b) und c) halte ich mich lieber 'raus, da ich selber Gerichtskasse bin :) (aber nicht die genannte Kasse "A" ;)). Liegen die Heimkosten denn im üblichen Rahmen oder handels es sich um die Luxus-Residenz mit Seeblick? Falls ja, müsste man die Belange von Schuldnerin und Gläubigerin vielleicht etwas genauer abwägen.

    Danke für die schnelle Antwort.

    Ich bin kein Fachmann für Heimkosten, aber überdurchschnittlich hoch erscheinen mir sie jedenfalls nicht. Die monatliche Gesamtrechnung inkl. Taschengeld beträgt zirka 2.500 EUR abzgl. Pflegekasseleistungen, sodass der o.g. Betrag übrig bleibt.

    Wenn du zu b und c dennoch etwas beitragen könntest wäre ich dir sehr dankbar ;)

  • 2.500,00 € Heimkosten passen wohl schon - die würde ich als Gläubigerin jedenfalls so akzeptieren und mich gegen einen entsprechenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts nicht ernsthaft wehren.
    Hast Du die Gerichtskasse A schon mal angehört? Würde bei einer Heraufsetzung überhaupt noch ein pfändbarer Betrag überbleiben?

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Die Gerichtskasse würde ich bei gleichzeitiger einstweiliger Einstellung anhören. Ob bei einer Heraufsetzung ein pfändbarer Betrag verbleiben würde weiß ich noch nicht, da die Höhe der Witwenrente bisher nicht bekannt ist.

    Danke für die BGH Rechtsprechung!

  • Hallo, ich hänge mich mit meiner Frage hier dran:

    Der Schuldner lebt ihm Heim. Die Heimkosten werden vom Bezirk getragen. Der Schuldner erhält nur Rentenzahlungen. Die Rentenzahlungen wurden bislang gepfändet (keine Unterhaltspfändung).
    Es wurde nun ein Antrag nach § 850f Abs. 1 ZPO gestellt, wonach die Rentenzahlung komplett pfandfrei gestellt werden soll, da die Rentenzahlung vollständig für den nicht gedeckten Teil der Kostenübernahme einzusetzen sind.

    Den BGH Beschluss vom 12.12.2003 (#5) habe ich bereits gelesen.

    Welche Inhalte müssten hier in den Freigabeschluss aufgenommen werden?
    Was ist konkret zu prüfen?

    Kann mir diesbezüglich jemand weiter helfen?

  • Wenn ich den Sachverhalt richtig verstehe, bezieht der Schuldner Grundsicherung im Alter nach den SGB XII. Ich würde mir den Bescheid des Sozialamtes (aus diesem ergibt sich der sozialhilferechtliche Bedarf) und die Kontoauszüge der letzten Monate vorlegen lassen (damit du siehst, dass die Rente auch tatsächlich auf dem Konto eingeht und nicht an das Heim ausgezahlt wird).

    Wenn dir durch den Bescheid nachgewiesen wird, dass die Rente nicht ausreicht, um den Sozialhilferechtlichen Bedarf des Schuldners zu decken, würde ich den unpfändbaren Betrag auf die Höhe der Renteneingänge festsetzen.

    Dein Beschluss muss gewährleisten, dass die Zahlungen des Sozialamtes und das Pflegegeld (gehen oft direkt an das Heim) und der Verfügungsbetrag des P-Kontos ausreichen um den von Sozialamt errechneten Bedarf zu decken.

    Alternativ könnten in deinem Fall auch die Voraussetzungen für 850l ZPO vorliegen.

  • Wenn ich den Sachverhalt richtig verstehe, bezieht der Schuldner Grundsicherung im Alter nach den SGB XII. Ich würde mir den Bescheid des Sozialamtes (aus diesem ergibt sich der sozialhilferechtliche Bedarf) und die Kontoauszüge der letzten Monate vorlegen lassen (damit du siehst, dass die Rente auch tatsächlich auf dem Konto eingeht und nicht an das Heim ausgezahlt wird).

    ....

    Viel sollte von der Rente nicht auf dem Konto des Schuldners eingehen, da diese gepfändet ist.

    (Unabhängig davon verlangen viele Sozialhilfeträger eigentlich die Abtretung der vollen Rente an sich, wenn die Heimkosten nur durch Pflegegeld und Grundsicherung zu finanzieren sind.)

    Bei entsprechenden Nachweisen könnte man m. E. durchaus eine vollständige Freigabe der Rente nach § 850f ZPO anordnen.

    Mit einem P-Konto hat der Sachverhalt - so wie ich ihn verstehe - nichts zu tun.

  • Genau so einen Fall hatte ich auch schon einmal. Den Beschluss habe ich mir glücklicherweise abgespeichert:


    In pp.

    werden sämtliche Renten bei der Drittschuldnerin gemäß § 850f ZPO aus der Pfändung freigegeben. Sämtliche Renten sind von der Drittschuldnerin an den Schuldner auszuzahlen.

    Der Beschluss über die einstweilige Einstellung vom 02.04.2020 wird aufgehoben.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, die weiteren Kosten des Beschlusses trägt der Schuldner, §§ 91, 788 ZPO.

    Die Wirksamkeit der Entscheidung wird von der Rechtskraft abhängig gemacht.


    Gründe:

    Am 10.02.2020 bzw. 23.02.2020 beantragte der Schuldner bzw. dessen gesetzliche Betreuerin die Erhöhung des Pfändungsfreibetrags bzw. die Freigabe der vollständigen Rente.

    Die Gläubigerin wurde zu dem Antrag angehört und hat sich innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert.


    Der Schuldner wurde am 10.12.2019 vollstationär in einem Heim in … aufgenommen. Aufgrund dessen bezieht der Schuldner neben seinen Renteneinkünften nunmehr zusätzlich Leistungen nach SGB XII. Aus dem Bescheid des ...-Kreises – der Kreisausschuss vom 23.01.2020 ist ersichtlich, dass die durch den Schuldner bezogenen Renten bei der Drittschuldnerin in voller Höhe auf die Leistungen nach SGB XII angerechnet werden.

    Die Renten bei der Drittschuldnerin sind jedoch durch die Gläubigerin aufgrund Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 02.02.2010 gepfändet worden. Zuletzt wurde monatlich ein Betrag in Höhe von 56,99 EUR an die Gläubigerin durch die Drittschuldnerin ausgezahlt. Dieser Betrag fehlt dem Schuldner letztendlich, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

    Hätte der Schuldner keinerlei Einkommen, so würde er die entsprechende Grundsicherung nach SGB XII in voller Höhe erhalten. Die Grundsicherung nach SGB XII ist gemäß § 54 SGB I unpfändbar. Da der Schuldner jedoch Renteneinkünfte hat, wurden diese richtigerweise in voller Höhe auf die Leistungen nach SGB XII angerechnet. Die vorliegende Pfändung bei der Drittschuldnerin führt nunmehr jedoch dazu, dass der Schuldner weniger erhält, als ihm für sein Existenzminimum zusteht. Der Schuldner darf mit seiner Rente nicht schlechter gestellt werden als solche Schuldner, die keinerlei eigene Einkünfte haben.

    Dem Antrag des Schuldners war daher stattzugeben.

    Zum Nachweis der Angaben hat der Schuldner Kontoauszüge und die entsprechenden Rentenbescheide vorgelegt.

  • Habe nochmal drüber gelesen, du könntest recht haben. Irgendwie habe ich mich Richtung P-Konto verrannt :strecker

  • Hier mal ein Auszug aus meinem Beschluss, den ich da mal erlassen hatte:

    Dem Schuldner ist ein über den unpfändbaren Betrag nach § 850d ZPO hinausgehender Teil seines Einkommens zu belassen, wenn dieser aus persönlichen oder beruflichen Gründen besondere Bedürfnisse hat (§ 850f Abs. 1 lit. b ZPO).

    Müssten die besonderen Bedürfnisse wie vorliegend mit Leistungen nach dem Sozialrecht zu Lasten der Allgemeinheit gedeckt werden, kann eine vollständige Freigabe der Bezüge angeordnet werden.
    Besondere Bedürfnisse sind von der Pflegeversicherung nicht gedeckte Kosten eines Heimaufenthalts (BGH BeckRS 2004, 01966)
    (BeckOK ZPO/Riedel, 33. Ed. 1.7.2019, ZPO § 850f Rn. 20-23)
    Vorliegend sind ausweislich der Pflegeheimrechnung xy € nicht gedeckt.

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