Testamentsvollstreckung ./. Nachlasspflegschaft

  • Hallo,
    ich würde sehr gern Eure Meinungen zu folgendem Fall hören:

    Der Erblasser hat ein Testament hinterlassen, in welchem kein Erbe benannt wurde. Auch Vermächtnisse o.Ä. sind nicht ausgesprochen. Er nennt darin lediglich die Gründe für seinen Freitod und setzt seinen Steuerberater als wörtlich "Nachlassverwalter" ein.
    Der Erblasser war Arzt und hatte eine immens große Bibliothek, wohl über 1000 Bücher, weiterhin Gemälde und sehr wertvolle Möbel.
    Der Erblasser ist erst vorgestern verstorben, ich habe noch keine Sterbeurkunde und schon kommen die ersten gesetzlichen Erben zum Ausschlagen, da die Verbindlichkeiten offenbar den positiven Nachlass übersteigen.
    Nun würde ich in einem solchen Fall eigentlich eine Nachlasspflegschaft anordnen, da recht viel werthaltiger Nachlass vorhanden ist, der zu sichern wäre und nicht klar ist ob ein Erbe die Erbschaft annimmt (sieht auch eher nicht danach aus).

    Nun hat der Erblasser ja aber im Testament einen "Nachlassverwalter" bestimmt. Das würde ich hier als Testamentsvollstreckung auslegen. Was mache ich nun? Erben habe ich wohl nicht. Der Testamentsvollstrecker wäre ja (erstmal) keinem Erben irgendwie zur Information verpflichtet...

    Meine Überlegungen:
    Kann hier die im Testament angeordnete Testamentsvollstreckung "einfach" als hinfällig angesehen und statt dessen eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden?
    Ein Nachlasspfleger hätte ja bei parallel laufender TV gar keine wirkliche Aufgabe und als Vertreter der Erben wäre ja eher ein Verfahrenspfleger da...
    Ich bin halt jetzt unschlüssig wie die TV zu behandeln ist.
    :(

  • Ich denke, dass man klar zwischen Erbfolge und Testamentsvollstreckung unterscheiden muss.

    Der vom Erblasser benannte Nachlassverwalter soll wohl offensichtlich als Testamentsvollstrecker über den gesamten Nachlass eingesetzt sein. Er ist damit Partei Kraft Amtes und hat nichts mit der Erbfolge zu tun. Er muss wohl auch nicht die Erben suchen, sondern nur den Nachlass verwalten.

    Im Gegensatz dazu stehen die Erben, die entweder bekannt sind, oder eben unbekannt. Sind die Erben unbekannt, so ist auch bei einer bestehenden Testamentsvollstreckung zur Wahrung der Rechte der Erben ein Nachlasspfleger einzusetzen, der dann der gesetzliche Vertreter der Erben ist und diese gegenüber dem TV vertritt. Dieses Wahrnehmen der Kontrollfunktion ggü. dem TV könnten die derzeit unbekannten Erben ohne Nachlasspfleger nicht, so dass darin regelmäßig das "Sicherungsbedürfnis" gesehen wird. Gleiches gilt übrigens auch dann, wenn keine Erben bekannt sind und der Erblasser eine trans- oder postmortale Vollmacht hinterlassen hat.

    In deinem Fall ist damit die einzige Frage wohl die, ob man nun wegen der unklaren Erbfolge neben dem TV einen Nachlasspfleger von Amts wegen bestellt oder das Fiskuserbrecht feststellt, wenn die bekannten Erben ausgeschlagen haben.

    Und damit kommen wir wieder zur "Gretchenfrage", die hier im Forum stets unterschiedlich beantwortet wird. Jetzt gleich Fiskuserbrecht oder Nachlasspfleger bestellen und erst mal diesen Handeln lassen? Immerhin ist ja genügend Aktivnachlass da um den TV und den NLP davon zu bezahlen. Das musst du nun also für dich entscheiden...wobei ich -wie alle wissen-:D ein Freund von Nachlasspflegschaften bin und das Fiskuserbrecht als ultima ratio nach § 1964 BGB voraussetzt, dass zunächst einmal Erben gesucht werden, diese sich aber nicht finden lassen. Ergo: Ohne vorherige Erbensuche kein Fiskuserbrecht.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich überlege gerade, ob man den Wirkungskreis des Nachlasspflegers irgendwie beschränken müßte oder könnte, denn der TV hat ja die Verwaltung des Nachlasses unter sich und gleichfalls verdrängt dies nicht die dem NLPfleger durch Gerichtsbeschluss (Wirkungskreis) zugesprochene Verwaltungsbefungnis...ein interessentes materiellrechtliches Probelm......aber ohne den Aufgabenkreis "Verwaltung des Nachlasses" wäre es ggf. fraglich, ob der NLP nur beim Aufgabenkreis "Erbenermittlung" auch den TV überwachen kann. Wohl eher nicht....aber man könnte den Aufgabenkreis ja so fassen: "Ermittlung und Vertretung der unbekannten Erben, insbesondere gegenüber dem letztwillig eingesetzten Testamentsvollstrecker."

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (22. Januar 2014 um 14:26)

  • Wegen der Kontrollrechte der ( hier unbekannten ) Erben gegenüber dem TV wohl möglicher Wirkungskreis.
    Wie aber formulieren , solange unbekannt ist, ob der TV sein Amt überhaupt annimmt ?

  • ...solange unbekannt ist, ob der TV sein Amt überhaupt annimmt ?

    Das würde ich so schnell wie möglich herauszufinden versuchen. Testament sofort eröffnen und dem TV zukommen lassen mit der Anfrage unter kurzer Fristsetzung (an die er sich zwar nicht halten muss, aber vielleicht tut er es ja), ob er das Amt annimmt. Falls nicht, Nachlasspflegschaft wie in anderen Fällen auch. Etwas anderes gilt nur, wenn konkrete Anhaltspunkte da sind, dass der Nachlass akut gefährdet ist und Sicherung keinen Aufschub duldet ("Wer hat Zugang zum Haus" usw.).

  • Noch scheint ja das Testament noch nicht eröffnet zu sein.

    Man kann also zunächst abwarten, wie sich der TV dazu nach der Testamentseröffnung äußert, aber auch wenn er sich nicht äußert, liegt es am Nachlasspfleger, den TV über das NLG nach § 2202 III BGB aufzufordern, binnen einer Frist sich zur Annahme des Amtes zu erklären.

    Ich würde also nun gleich mit der Testamentseröffnung einen NLPfleger mit dem üblichen (vollen) Wirkungskreis bestellen und abwarten, was passiert. Lehnt der TV das Amt ab oder erklärt er sich auch nach der Aufforderung (vgl. § 2203 BGB) nicht, dann kann man m.E. sogar davon ausgehen, dass die TV im Ganzen weggefallen ist....aber m.E. kann man das eben erst dann annehmen und nicht schon oder alleine deswegen, weil eben jetzt keine konkreten Erben bekannt sind.

    Erklärt der TV die Annahme, kann dann der Wirkungskreis des NLP ggf. wieder durch einfachen Beschluss und Änderung der Bestallung abgeändert werden.

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  • Ich möchte an der Stelle zur Vollständigkeit nochmals aufzeigen, dass man auch durchaus der Meinung sein kann, dass nach (!!) der wirksamen Annahme des TV-Amtes eine Nachlasspflegschaft nicht erforderlich sei. Ich jedoch halte dies für falsch, wenn im Hinblick auf die entsprechende Rechtsprechung zur "Vorsorgevollmacht" in ähnlich gelagerten Fällen, ein Nachlasspfleger als notwendig angesehen werden kann, um die Rechte und Interessen der Erben zu schützen.

    Vgl. hierzu:

    Bei bestehender Testamentsvollstreckung ist ein Bedürfnis für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft in der Regel zu verneinen. Dies gilt auch, wenn eine noch zu gründende Stiftung Alleinerbin werden soll.
    LG Stuttgart, Beschluss vom 17. 7. 2009 - 1 T 61/2009

    Ist eine transmortale Vorsorgevollmacht erteilt, kann dennoch eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden (OLG München, NJW 2010, S. 2364). Dies wird mit dem Bedürfnis der Fürsorge für den Nachlass begründet, da die Vorsorgevollmacht in der Praxis kaum Bestimmungen darüber enthält, dass der transmortal Bevollmächtigte auch für die Erben handeln darf (Übersicht s. Roth, NJW-Spezial 2010, S. 231).

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  • Ich sehe bei angeordneter TV und erfolgter Amtsannahme keinen Raum für eine Nachlasspflegschaft, jedenfalls nicht, was die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Erben im Verhältnis zum TV angeht. Insoweit ist die Rechtslage eine andere als bei der trans- und postmortalen Vollmacht, weil die Vollmacht die Verfügungsbefugnis der Erben nicht verdrängt.

    Aus einem Vortragsmanuskript:

    Ein Fürsorgebedürfnis im Hinblick auf die Anordnung einer Nachlasspflegschaft besteht auch, wenn der Erblasser zwar Testamentsvollstreckung angeordnet hat, die Wirksamkeit der Anordnung aber zweifelhaft ist, weil das betreffende Testament nicht von Hand zu weisenden Wirksamkeitsbedenken unterliegt[1] oder die Anordnung aufgrund einer erklärten Testamentsanfechtung in Wegfall kommen kann.[2] Aber auch bei wirksam angeordneter Testamentsvollstreckung ist zu bedenken, dass die unbekannten Erben ihre Rechte und Pflichten im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker nicht wahrnehmen können und der vom Erblasser ernannte Testamentsvollstrecker bis zur einer erfolgenden Erbenfeststellung somit völlig frei und unkontrolliert agieren könnte. Da insoweit aber nicht die Nachlassfürsorge, sondern die Fürsorge im Hinblick auf die persönlichen Interessen der unbekannten Erben in Frage steht, kommt insoweit keine Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB, sondern nur die Bestellung eines Pflegers für unbekannte Beteiligte nach § 1913 BGB in Betracht. Das Nachlassgericht darf sich daher bei seiner Verfahrensweise nicht auf seine eigene Anordnungszuständigkeit beschränken, sondern es muss durch eine entsprechende Anregung beim "kenntnislosen" Betreuungsgericht dafür Sorge tragen, dass es insoweit zu einer Interessenvertretung der unbekannten Erben kommt. Dies gilt umso mehr, als die unbekannten Erben im Verfahren zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses anzuhören sind. Auch insoweit ist - wie bei unbekannten Nacherben - nicht die Nachlasspflegschaft, sondern die Pflegschaft nach § 1913 BGB das zutreffende Rechtsinstitut.[3]


    [1] OLG Frankfurt ZEV 2012, 417; OLG Düsseldorf FamRZ 2013, 329 = FGPrax 2012, 260.
    [2] OLG Schleswig FamRZ 2011, 1898 = NJW-RR 2011, 1643.
    [3] Bestelmeyer FamRZ 2011, 145 (gegen OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1474 = FGPrax 2010, 77).

  • Gut Cromwell, das kann man natürlich so sehen...aber immerhin kommt man bei dieser Sicht auch dazu, dass letztlich bei unbekannten Erben "irgendwer" den TV zu kontrollieren hat und auch für das Gericht als Ansprechpartner für die unbekannten Erben vorhanden sein muss.

    Wenn man nun die Verantwortung auf das Betreuungsgericht "abdrücken" kann oder will, damit die dort einen Pfleger für die unbekannten Beteiligten nach § 1913 BGB bestellen, dann ist das eine Lösung. So richtig verstehen will ich das aber nicht, denn eigentlich ist dazu ja die Nachlasspflegschaft als lex specialis da...dachte ich zumindest. Und es sind ja eigentlich keine unbekannten Beteiligten sondern die unbekannten Erben, denn der TV ist ja kein Vertreter der Erben sondern Partei Kraft Amtes. Nur der Nachlasspfleger wäre der gesetzliche Vertreter der (unbekannten) Erben....

    Und was, wenn das Betreuungsgericht der Anregung des Gerichts auf Bestellung eines solchen Pflegers nicht folgt? An wen übersendet man dann neben dem TV noch das eröffnete Testament? Wer kontrolliert den TV dann? Macht dann das NLG einfach seine Akten zu und läßt den TV völlig unkontrolliert gewähren?

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  • Fairerweise muss man ja dazu sagen , dass Cromwell auch die Gegenmeinung des OLG Düsseldorf zu seiner These ( nenn ich das jetzt erst mal bloß ) zitiert hat.

  • Wie sich aus meiner in der FamRZ veröffentlichten Entscheidungsanmerkung ergibt, ist die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf unabhängig von der hier im Forum besprochenen Fallgestaltung in jedem Fall unzutreffend. Denn es ist unstreitig, dass der Nachlasspfleger nicht die unbekannten Erben in dem Nachlassverfahren vertreten kann, in welchem er als Nachlasspfleger bestellt wurde. Die Anhörung der Erben im TV-Zeugniserteilungsverfahren kann der Nachlasspfleger somit keinesfalls vermitteln.

    Hier haben wir den Fall, dass der Nachlasspfleger die Interessen der unbekannten Erben im Verhältnis zu einem ernannten Testamentsvollstrecker wahrnehmen soll. Ich halte dies ebenfalls für keinen Akt der Nachlasssicherung, denn es geht nicht um den Nachlass als solchen, sondern um die Vertretung der Erben im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker, der den Nachlass verwaltet.

    Was die Erbenermittlung angeht, steht die Zulässigkeit einer Nachlasspflegschaft außer Frage. Es fragt sich nur, ob für die Vertretung der Erben im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker nicht ein Pfleger nach § 1913 BGB die zutreffende Lösung ist.

  • Erst einmal vielen Dank für die rege Diskussion.

    Ich eröffne jetzt das Testament und sende es dem Testamentsvollstrecker und den gesetzlichen Erben (hier die Eltern des Erblassers) zu. Die Eltern haben angekündigt auszuschlagen, wollen dies aber die Tage beim Notar machen.
    Meine Idee war auch dem TV nun zu bitten binnen einer Woche mitzuteilen ob er das Amt denn überhaupt annimmt.
    Das ist hier - laut Aussage der Verwandten des Erblassers - wohl auch mehr als fraglich, da die Abwicklung aufgrund der Vielzahl der hinterlassenen Gegenständen recht zeitaufwendig sein wird.

    Mein Problem war nun ob ich parallel dazu jetzt bereits eine NL-Pflegschaft anordne. Nur wegen des Aufgabenkreises "Erbenermittlung" ist dies aus meiner Sicht nicht erforderlich. Nach meiner Kenntnis scheint die Familie recht übersichtlich zu sein. Die Mutter des Erblassers hat mir sämtliche Verwandte mit Namen, Geburtsdaten und Adressen benannt. Bis alle ausgeschlagen haben können aber natürlich noch Monate ins Land gehen. Am Ende würde ich dann das Fiskuserbrecht feststellen.

    Hier geht es also vorrangig darum, dass solange unbekannt ist wer nun Erbe ist, der Testamentsvollstrecker (der ja als Vertrauensperson vom Erblasser eingesetzt wurde) einen "Gegenpart" hat, jemand die unbekannten Erben vertritt.
    Ist hier nicht ein Verfahrenspfleger tatsächlich sinnvoller? So richtig weiß ich nicht wie ich das über eine Nachlasspflegschaft regeln soll...

  • :confused:
    Es wurde doch aber m.E. überzeugend von Cromwell dargelegt , dass ein NLP in die falsche Richtung geht.
    Und ein Verfahrenspfleger nimmt nur Verfahrensrechte wahr; er hat keinesfalls materiellrechtliche Aufgaben wie z.B: Kontrollrechte gegenüber dem TV.

  • Nun, ein "Verfahrenspfleger" ist sicher das, was überhaupt nicht in Frage kommt. Das geht eigentlich schon aus dem Namen hervor. Die Aufgabe des gesuchten Vertreters besteht doch darin, außerhalb eines Verfahrens die Interessen und Rechte der unbekannten Erben gegenüber dem TV zu vertreten.
    Ob nun ein Nachlasspfleger oder ein Pfleger für unbekannte Beteiligte der richtige Vertreter ist, mag unterschiedliche Meinungen hervorbringen. Weitergehend und mit etwas Phantasie wird man diese Aufgaben auch unter "Sicherung des Nachlasses bis zur Annahme der Erbschaft" subsumieren können. Auf der anderen Seite ist der von Cromwell ins Spiel gebrachte Pfleger für unbekannte Beteiligte auch nicht von der Hand zu weisen. Ich denke mal, dass es sich hierbei um einen Grenzfall handelt, bei dem man durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann. Letztlich schlimm ist das letztlich auch nicht, da, egal, wie man den Pfleger bezeichnet und wer für Anordnung, Überwachung und Vergütung zuständig ist, auf Basis der gleichen gesetzlichen Vorschriften zu handeln ist.
    Ich denke mal stark, dass viele Betreuungsgerichte die Bestellung ablehnen würden. Bei uns im Hause kann man da allerdings sachlich diskutieren und wird gemeinsam eine Lösung finden.

    (hatte beim Verfassen die Beiträge #15 und #16 noch nicht gelesen)

  • Pragmatische Vorgehensweise:

    Ich würde das Testament eröffnen, an die Eltern und den TV zustellen und dann warten, bis die Ausschlagungen der Eltern und/oder eine Meldung des TV kommt, den man dazu durchaus mal auffordern kann, sich binnen 6 Wochen zu erklären (einfach so :-).

    Schlagen die Eltern binnen 6 Wochen nicht aus, ist alles erledigt.

    Schlagen die Eltern aus und meldet sich er der TV binnen der 6 Wochen nicht, würde ich einen Nachlasspfleger mit vollem Wirkungskreis bestellen und abwarten. Wie gesagt: Ich als NLP würde den TV nach § 2202 III BGB auffordern und abwarten, ob ich nicht so die gesamte TV weg bekomme. Nimmt der TV das Amt an, würde ich das Fiskuserbrecht feststellen und die Pflegschaft aufheben.

    Schlagen die Eltern aus und erklärt der TV zugleich binnen 6 Wochen seine Annahme, würde ich ebenfalls das Fiskuserbrecht feststellen.

    Ich vermute mal, wie es laufen wird: Die Eltern schlagen aus und der TV lehnt die Annahme ab. Du bestellt einen Nachlasspfleger, der findet einen durchaus beachtlichen Aktivnachlass dem jedoch ein größerer Schuldenberg gegenüber steht. Der Nachlasspfleger kann dann entweder einen Gläubigervergleich anstreben oder eine Nachlassinsolvenz beantragen.

    Ganz witzig wird´s jedoch, wenn die Eltern die Erbschaft annehmen, der TV das Amt annimt und die Eltern dann noch eine Nachlassverwaltung zur Haftungsbeschränkung beantragen. Dann dürfen sich der Nachlassverwalter und der TV "streiten", wer denn nun den Nachlass verwaltet...auch ein interessantes Problem :)

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  • Ich habe folgenden Fall:

    Der Erblasser hinterlässt ein Testament, in dem er sowohl seine gesetzlichen Erben als auch die gesetzlichen Erben seiner vorverstorbenen Ehefrau zu Erben einsetzt.
    Außerdem ordnet er TV an und ersucht das Nachlassgericht um Ernennung eines TV.

    Hier sind keinerlei gesetzliche Erben bekannt, weder gesetzliche Erben des Erblassers noch seiner vorverstorbenen Ehefrau.

    Grundsätzlich würde ich mich auf den Standpunkt stellen, dass bei angeordneter TV keine Nachlasspflegschaft in Betracht kommt (es gibt keine Anhaltspunkte gegen die Wirksamkeit des Testaments).
    Allerdings bin ich mir unsicher, wie ich weiter vorgehen soll. Gemäß §2200 Abs.2 BGB wären die Beteiligten (= u.a. gesetzlichen Erben) anzuhören, wenn dies keine erhebliche Verzögerung oder
    unverhältnismäßige Kosten zur Folge hat. Also würde ich wohl auf eine Anhörung verzichten und einen TV ernennen.

    Dann hätte ich zwar einen TV, aber immer noch keine Erben. Der TV wird diese wohl kaum ermitteln.
    Also doch eine Nachlasspflegschaft anordnen? (zumindest zur Ermittlung der Erben?) Oder welche Vorgehensweise würdet ihr mir raten?

  • Meine Meinung: Klarer Fall von § 1960 BGB.

    Denn egal ob der Erblasser einen TV ernannt oder eine postmortal gültige Generalvollmacht hinterlassen hat. Sind die Erben unbekannt besteht dringendes Sicherungsbedürfnis darin, den TV oder Generalbevollmächtigten bei seiner Arbeit zu überwachen. Hinzu kommt, dass du als NLG den Erben das Testament zur Kenntnis geben musst.

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