Anweisung von Dolmetscherkosten

  • So, nachdem ich mir den Aufsatz von Lohle (in Jurbüro 2014, 339) mal durchgelesen habe, komme ich zum Ergebnis, dass dem Vertreter der Landeskasse anscheinend egal ist, wer die Entscheidung trifft, sodass ihm wohl auch seine Möglichkeit zur Einlegung eines Rechtsbehelfs (im Falle einer analogen Entscheidung nach § 464b StPO durch den Rechtspfleger) bzw. zur Stellung eines Antrages nach § 4 JVEG (im Falle es ist der Anweisungsbeamte der Anweisungsstelle für den festzustellenden Justizverwaltungsakt zuständig) egal ist. Dass es ihm aber nicht egal sein kann, zeigt bereits der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 JVEG geregelte Erlöschenstatbestand zur Geltendmachung der Dolmetscherkosten. Wenn also die Rechtsprechung eine "Gestattungspflicht des Gerichts" zur Übernahme der Dolmetscherkosten durch die Staatskasse (Richter muss also im Verfahren dies aussprechen) annimmt, dann versteh ich nicht, warum es sich dabei nicht mehr um eine Heranziehung eines Dolmetschers durch das Gericht im Sinne des JVEG handeln soll.

  • So, nachdem ich mir den Aufsatz von Lohle (in Jurbüro 2014, 339) mal durchgelesen habe, komme ich zum Ergebnis, dass dem Vertreter der Landeskasse anscheinend egal ist, wer die Entscheidung trifft, sodass ihm wohl auch seine Möglichkeit zur Einlegung eines Rechtsbehelfs (im Falle einer analogen Entscheidung nach § 464b StPO durch den Rechtspfleger) bzw. zur Stellung eines Antrages nach § 4 JVEG (im Falle es ist der Anweisungsbeamte der Anweisungsstelle für den festzustellenden Justizverwaltungsakt zuständig) egal ist. Dass es ihm aber nicht egal sein kann, zeigt bereits der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 JVEG geregelte Erlöschenstatbestand zur Geltendmachung der Dolmetscherkosten. Wenn also die Rechtsprechung eine "Gestattungspflicht des Gerichts" zur Übernahme der Dolmetscherkosten durch die Staatskasse (Richter muss also im Verfahren dies aussprechen) annimmt, dann versteh ich nicht, warum es sich dabei nicht mehr um eine Heranziehung eines Dolmetschers durch das Gericht im Sinne des JVEG handeln soll.


    Ich verstehe es schon.

    Der Dolmetscher tritt nicht in einem Gerichtstermin (Hauptverhandlung, Haftprüfung o. ä.) in Erscheinung und übersetzt auch nicht im Auftrag des Gerichtes irgendwelche Schriftstücke (Urteil, Schreiben des in U-Haft befindlichen Angeklagten usw.). Er ist daher lediglich außergerichtlich im Auftrag und nach Anweisung des Verteidigers tätig.

  • Aber er wird im auf Auftrag des Gerichts im Gerichtsverfahren tätig, sonst wäre ja die "Gestattung" des Gerichts auch überflüssig. § 1 JVEG verlangt nicht, dass es Tätiigkeiten für das Gericht übernimmt, sondern nennt lediglich die Voraussetzung der Heranziehung durch das Gericht. Und in Verbindung mit § 6 Abs. 3 e eRMK, scheint dies die Geltendmachung des Anspruchs durch den Dolmetscher direkt auch nicht auszuschließen...

  • Aber er wird im auf Auftrag des Gerichts im Gerichtsverfahren tätig, sonst wäre ja die "Gestattung" des Gerichts auch überflüssig. § 1 JVEG verlangt nicht, dass es Tätiigkeiten für das Gericht übernimmt, sondern nennt lediglich die Voraussetzung der Heranziehung durch das Gericht. Und in Verbindung mit § 6 Abs. 3 e eRMK, scheint dies die Geltendmachung des Anspruchs durch den Dolmetscher direkt auch nicht auszuschließen...


    Ich glaube, wir kommen mit unseren Meinungen nicht unter einen Hut.

    Die Gestattung soll den Verteidiger nur absichern, damit er die Auslagen für den Dolmetscher auch auf jeden Fall aus der Staatskasse erhält (und dies der Festsetzungsbeamte später nicht eventuell verweigern kann).

    Dennoch bleibt die Tätigkeit des Dolmetschers außergerichtlich. Eine vergleichbare Konstellation wäre es z. B., wenn eine Partei in einem Zivilprozess einen Dolmetscher für außergerichtliche Vergleichsbemühungen beauftragt (nur dass eine Zahlung der Auslagen hier nicht aus der Staatskasse erfolgen würde). Mit dem Prozess an sich bzw. den Gerichtsverhandlungen hätte der Dolmetscher für eine Zivilsache genauso wenig zu tun, wie der vom Verteidiger (Strafsache) für Gespräche mit dem Angeklagten in der JVA beauftragte Dolmetscher.

  • Ich komme mal auf den Ausgangsfall zurück: Dort wird von einer "Besuchsüberwachung" gesprochen. Dabei handelt es sich aber doch wohl nicht um den hier diskutierten Fall, in dem der Pflichtverteidiger seinen Mandanten in der JVA zu einem Gespräch aufsucht, sondern um die Überwachung eines (privaten) Besuchskontakts des Angeklagten.
    Mir liegt nämlich nun ein solcher Fall vor. Der Mutter des Angeklagten wurde durch das Gericht eine "Dauerbesuchserlaubnis" erteilt mit dem Zusatz, dass der Besuchskontakt in deutscher Sprache abzuhalten ist. Da die Mutter der deutschen Sprache aber nicht mächtig ist, wurde ein Dolmetscher hinzugezogen, der jetzt seine Gebühren anfordert. Dabei bin ich sowohl unsicher, ob die Kosten mangels entsprechender richterlicher Anordnung überhaupt aus der Staatskasse zu begleichen sind (die Kosten belaufen sich bereits auf deutlich über 1.000,- EUR - meines Erachtens Privatvergnügen des Angeklagten), als auch wer funktionell für die Anweisung der Kosten zuständig ist (Rechtspfleger oder Kostenanweisungbeamter der Geschäftsstelle). Hat jemand Erfahrung mit solchen Fällen?

  • Habe das gerade mit unserer BezRev besprochen, die sieht das anders und hatte auch sogleich eine Entscheidung des OLG Celle (vom 12.08.2015, 2 Ws 134/15) parat. Demnach stellt die durch das Gericht angeordnete akustische Überwachung von Besuchen nicht deutsch sprechender naher Familienangehöriger eines in Untersuchungshaft befindlichen Beschuldigten eine durch das Gericht veranlasste Hinzuziehung eines Dolmetschers im Sinne des § 1 S. 1 Nr. 1 JVEG dar. Davon ausgehend ist der Dolmetscher sehr wohl durch das Gericht zu bezahlen, funktionell jedoch durch den Kostenanweisungsbeamten. :gruebel:

  • Jetzt nach zufälliger Recherche wieder darauf gestoßen:

    Ich sehe zwischen beiden Fällen keinen Unterschied, als es die Heranziehung eines Dolmetschers durch das Gericht voraussetzt, mithin ein Anspruch des Dolmetschers nach dem JVEG gegenüber dem heranziehenden Gericht besteht. Funktionell zuständig ist der jeweilige Anweisungsbeamte des heranziehenden Gerichts, der im Rahmen eines Justizverwaltungsaktes den Anspruch des Dolmetschers prüft und anschließend die Vergütung feststellt, vgl. ausführlich mein Post in #20

  • Muss diesen Thread noch einmal aufwärmen.

    Bei uns ist es kürzlich "zum Trend" geworden, dass die Pflichtverteidiger die Dolmetschervergütung direkt an diese zahlen und erst im Rahmen der Pflichtverteidigervergütung die Geltendmachung dieser Auslagen erfolgt.

    Nun liegen mir Anträge verschiedener Pflichtverteidiger vor. Dabei fällt auf, dass manche die Dolmetscherauslagen zum Bruttobetrag der Pflichtverteidigervergütung addieren. Andere weisen die Beträge (inklusive Umsatzsteuer) bei den eigenen Auslagen mit aus und anschließend wird auf den Gesamtbetrag von Gebühren und Auslagen die Umsatzsteuer berechnet.

    Auch nach Lektüre im Kommentar bin ich noch nicht wirklich schlauer, wie es nun richtig ist bzw. ob dem Pflichtverteidiger auch hinsichtlich der Dolmetscherauslagen Umsatzsteuer zusteht. :gruebel:

    Wie ist eure Meinung bzw. Handhabung?

  • Ust auf Ust geht nicht. Entweder die Ust wird rausgerechnet und wieder draufgeschlagen, oder der Bruttobetrag wird nach der Bruttovergütung angegeben. Sauberer ist die erste Variante, zumal es Fälle gibt (Nahverkehrsfahrten z.b.), bei denen 7% rausgerechnet und dann 19% aufgeschlagen werden müssen.

  • Ust auf Ust geht nicht. Entweder die Ust wird rausgerechnet und wieder draufgeschlagen, oder der Bruttobetrag wird nach der Bruttovergütung angegeben. Sauberer ist die erste Variante, zumal es Fälle gibt (Nahverkehrsfahrten z.b.), bei denen 7% rausgerechnet und dann 19% aufgeschlagen werden müssen.


    Gilt das generell? Oder spielt es eine Rolle, ob die Rechnung (z. B. des Dolmetschers) den RA als Empfänger und Auftraggeber ausweist?

    (Wie schon geschrieben, der Online-Kommentierung konnte ich keine eindeutige Aussage entnehmen.)

  • Ob der Anwalt auf die Auslage Umsatzsteuer erheben muss, hängt davon ab, ob es sich um einen durchlaufenden Posten oder um die Erstattung eigener Auslagen handelt (vgl. BGH, Urteil vom 06. April 2011 – IV ZR 232/08 –, juris). Und das hängt davon ab, ob er selbst Schuldner der Auslage war (dann Umsatz) oder ob er den Betrag für jemand anderen verauslagt hat (dann durchlaufender Posten). Bezogen auf die Dolmetscherkosten: Wenn er als Auftraggeber gegenüber dem Dolmetscher aufgetreten ist, sind es eigene Auslagen, auf die er Umsatzsteuer erheben muss. Wenn hingegen der Dolmetscher vom Gericht beigezogen worden ist und der Anwalt aufs die Rechnung bezahlt hat, ohne den Betrag selbst zu schulden, wäre es nur ein durchlaufender Posten. (Wobei ich bei gerichtlichen Beschlüssen, dass die Hinzuziehung eines Dolmetschers erforderlich sei, eher dazu tendieren würde, diese als Beschlüsse nach § 46 RVG auszulegen.

    Davon zu trennen ist der Vorsteuerabzug. Wenn ein Produkt erst über mehrere gewerblich Tätige beim Endkunden ankommt, soll sich die Umsatzsteuer durch die Zwischenschritte nicht addieren. Wenn der Rechtsanwalt also einen Dolmetscher beauftragt, erhebt schon der Dolmetscher Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer, die der Anwalt dem Dolmetscher gezahlt hat, kann er gegenüber dem Finanzamt als Vorsteuer abziehen. Dafür erhebt er selbst dann die Umsatzsteuer auf den Netto-Betrag der Dolmetscherrechnung und führt diese Umsatzsteuer dann ans Finanzamt ab.

  • Ob der Anwalt auf die Auslage Umsatzsteuer erheben muss, hängt davon ab, ob es sich um einen durchlaufenden Posten oder um die Erstattung eigener Auslagen handelt (vgl. BGH, Urteil vom 06. April 2011 – IV ZR 232/08 –, juris). Und das hängt davon ab, ob er selbst Schuldner der Auslage war (dann Umsatz) oder ob er den Betrag für jemand anderen verauslagt hat (dann durchlaufender Posten). Bezogen auf die Dolmetscherkosten: Wenn er als Auftraggeber gegenüber dem Dolmetscher aufgetreten ist, sind es eigene Auslagen, auf die er Umsatzsteuer erheben muss. ....

    Der Pflichtverteidiger ist selbst Auftraggeber, wie sich aus den Dolmetscherrechnungen ergibt. Dieser wurde beauftragt, um bei Gesprächen des RA mit seinem Mandanten in der JVA zu übersetzen.

    Also muss der RA deinen Ausführungen nach (auch) hinsichtlich dieser Auslagen (Bruttobetrag) die Erstattung der Umsatzsteuer erheben.

    Davon zu trennen ist der Vorsteuerabzug. Wenn ein Produkt erst über mehrere gewerblich Tätige beim Endkunden ankommt, soll sich die Umsatzsteuer durch die Zwischenschritte nicht addieren. Wenn der Rechtsanwalt also einen Dolmetscher beauftragt, erhebt schon der Dolmetscher Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer, die der Anwalt dem Dolmetscher gezahlt hat, kann er gegenüber dem Finanzamt als Vorsteuer abziehen. Dafür erhebt er selbst dann die Umsatzsteuer auf den Netto-Betrag der Dolmetscherrechnung und führt diese Umsatzsteuer dann ans Finanzamt ab.

    Nun bin ich etwas verwirrt. Also darf entgegen deinem ersten Absatz der Pflichtverteidiger die Umsatzsteuer nun doch nicht auf den Brutto- sondern nur auf den Nettobetrag der Dolmetscherkosten erheben? :gruebel:

  • Auf den Bruttobetrag darf die USt nie erhoben werden.

    In dem Fall, dass der RA den Dolmetscher selbst beauftragt, kann er die auf seine Auslagen gezahlte Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen. Die Auslage wird Netto in die RA-Vergütungsrechnung eingestellt, und auf diese wiederum vom RA USt erhoben. Die dann ans FA abzuführen ist.

  • Unterliegt der Berechtigte der Umsatzsteuerpflicht, fällt Umsatzsteuer auch auf die Bestandteile seiner aus der Landeskasse zu zahlenden Vergütung an, die lediglich Auslagenersatz darstellen. Dies gilt auch dann, wenn die Auslagen für Leistungen eines Dritten entstanden sind, die selbst nicht der Umsatzsteuer unterliegen (z.B. Porto gemäß § 4 Nr. 11b UStG).
    vgl. im Sinne des JVEG SG Fulda, Beschluss vom 03.06.2015 - S 4 SF 58/14 E - zitiert nach juris.

    Daraus würde ich ebenso schließen, dass lediglich die Umsatzsteuer aus dem jeweils anfallenden Nettobetrag zu berechnen sei, weil es ja nicht um die Umsatzsteuerpflicht eines Dritten handelt, sondern lediglich um die geschuldete Leistung.

    Da aber meine Auffassung ohnehin nur die Auftragserteilung für den Dolmetscher durch das Gericht vorsieht, geht es um den Durchlaufposten des Pflichtverteidigers, so dass im Fall der fehlenden Umsatzsteuerpflicht des Dolmetschers eben keine Umsatzsteuer gezahlt werden kann - unabhängig davon, dass es schön ist, wenn der Pflichtverteidiger den Dolmetscher zwar bezahlt, der Anspruch des Dolmetschers selbst sich aber im Sinne des JVEG ausschließlich gegen die Landeskasse richtet. Ich sag nur § 2 Abs. 1 Nr. 1 letzter HS JVEG(!).

  • ...
    Da aber meine Auffassung ohnehin nur die Auftragserteilung für den Dolmetscher durch das Gericht vorsieht, geht es um den Durchlaufposten des Pflichtverteidigers, so dass im Fall der fehlenden Umsatzsteuerpflicht des Dolmetschers eben keine Umsatzsteuer gezahlt werden kann - unabhängig davon, dass es schön ist, wenn der Pflichtverteidiger den Dolmetscher zwar bezahlt, der Anspruch des Dolmetschers selbst sich aber im Sinne des JVEG ausschließlich gegen die Landeskasse richtet. Ich sag nur § 2 Abs. 1 Nr. 1 letzter HS JVEG(!).


    Der Dolmetscher in meinem Fall unterliegt der Umsatzsteuerpflicht und hat diese dementsprechend auf seinen Rechnungen ausgewiesen.

    Aus meiner Sicht schuldet der die Musik, der sie bestellt hat. Die Beauftragung der Dolmetscher für die Kontakte zum Mandanten erfolgt bei uns stets durch die Verteidiger selbst (ohne Zutun des Gerichtes). Der Dolmetscher könnte m. E. daher seiner Vergütung beim Verteidiger einklagen, wenn dieser nicht bezahlen sollte.

    Wünschenswert bei Beauftragung durch den Pflichtverteidiger ist sogar, dass dieser die Auslagen zunächst vorschießt und erst mit seinem Vergütungsantrag abrechnet.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!