Geldentnahmen der Kinder unkontrollierbar?

  • Hallo,
    habe eine recht reiche Betroffene mit einem hohen sechsstelligen Betrag an Vermögen. Die Betroffene selber ist 89 und bekommt wohl demzufolge auch nicht mehr viel mit. Sie leidet an Aphasie. Nun ist es wohl schon länger üblich (wir haben die Sache von einem anderen Gericht übernommen), dass die Betroffene selber Darlehn gewährt hat im Bereich von 300000 €. Diese sind immer in eine familieninterne Firma geflossen, die sich mit Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung beschäftigt. Jetzt kann ich unter der mir mit dem jetztigen Jahresbericht vorgelegten Abrechnung und der beiligenden Darlehnsvereinbarung eindeutig den Namen der Tochter (Betreuerin) entziffern. Diese hat nunmehr ein Darlehn für die familieneigene Firma i.H.v. knapp 200.000 € bewilligt. Ist das noch ok?
    Was würdet Ihr da tun? Ich habe irgendwie Panik, dass ich was tun müsste, aber den Punkt verpasse...
    Vielen Dank für eine Antwort!

  • Das ist natürlich nicht okay. Betreuerin einladen und zur Rückzahlung auffordern. Falls dies nicht möglich ist, Ergänzungsbetreuer einsetzen, der kann neben Rückforderung ggf. auch Vereinbarung mit der Tochter treffen. Auf jeden Fall wurde ich die Befreiung widerrufen.

  • Hallo,
    ...Nun ist es wohl schon länger üblich (wir haben die Sache von einem anderen Gericht übernommen), dass die Betroffene selber Darlehn gewährt hat im Bereich von 300000 €...

    Ich bin mir nicht so sicher, ob das wirklich "natürlich" nicht okay ist. Ist es so, dass die Betreute diese Darlehen bereits gewährt hat, als sie selbst noch geschäftsfähig war, dann könnte es ja doch ihrem offensichtlichen Willen bzw. Wunsch entsprechen, das so zu handhaben. Jedenfalls stellt die Gewährung des Darlehens eine Geldanlage dar, welche eigentlich entsprechend § 1807 BGB gesichtert zu erfolgen hat. Andernfalls handelt es sich um eine andersartige Anlegung im Sinne von § 1811 BGB. Ob die Vorgehensweise der Betreuerin so korrekt ist und auch nicht dem Wohl der Betreuten widerspricht, könnte dann im Genehmigungsverfahren geklärt werden. Ein Gespräch mit der Betreuerin (und auch der Betreuten, sofern überhaupt möglich) wäre daher in der Tat hilfreich und auch angezeigt.

    So würde ich das wohl händeln.

    Edit, nur der Vollständigkeit wegen: Von § 1811 BGB ist auch die Tochter ja nicht befreit. Wenn die Geldanlage § 1807 enstpricht, wäre dagegen m.E. grundsätzlich nichts zu sagen.

  • § 1811 BGB ist nur eine Innengenehmigung, so dass die fehlende Genehmigung an der Wirksamkeit der Geldanlage nichts ändern würde. Da es sich hier um eine "familieneigene" Firma handelt, ist allerdings zu prüfen, ob die Betreuerin selbst - und in welcher Funktion - an ihr beteiligt ist, um die bestehenden Bedenken im Hinblick auf das Verbot des Selbstkontrahierens zu verifizieren. Greift § 181 BGB, ist der Darlehensvertrag unwirksam.

  • Hallo,
    zunächst vielen Dank für die Einschätzungen. Hier noch ein paar Ergänzungen.
    Es sind insgesamt 150.000 EUR in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Darlehn angelegt worden. Hieran beteiligt war der Ehemann der Betreuerin. Zum Anfang diesen Jahres ist dieser aus der Firma ausgeschieden und hat seine Anteile auf einen neuen Teilhaber übertragen.
    Ich habe mit der Betreuerin gesprochen. Bewusstsein für ein Fehlverhalten besteht nicht, da nur auf die schlechte Zinslage momentan geschaut wird und eine sichere Anlageform für inakzeptabel gehalten wird.

    Bei der Unterschrift unter dem neuen Darlehnsvertrag handelt es sich - nach eigenem Bekunden - um die Unterschrift von der Betreuerin. Die Betroffene ist nach Schlaganfällen, Demenz und Lähmungen nicht mehr dazu in der Lage.

  • Es handelt sich jetzt um eine eingetragene Partnerschaft. Jeder der Partner ist allein vertretungsberechtigt. Unterschrieben hat ein "Partner" aber nicht der seinerzeit noch in der Firma befindliche Ehemann der Betreuerin (soweit ich das aus der Unterschrift entziffern kann).

  • Das klingt langsam nach einer richtig kniffligen Angelegenheit. Auf jedenfall muss weiter untersucht werden, welche Gründe für und gegen die Anlage in der Form sprechen. Aus dem Bauch raus gilt meine ich grundsätzlich Sicherheit vor Rendite. Auf der anderen Seite kann es durchaus sinnvoll sein im Rahmen einer ganzheitlichen Anlagestrategie auch in risikoreiche Anlageformen zu investieren (sog. "Streuen"). Ob es dann auch genau diese Anlage sein muss ist ja dann auch noch die Frage.

    Ich bin froh, dass ich das nicht zu entscheiden habe ... :flucht:

  • Hallo,
    vielleicht als Ergänzung für das Verständnis noch ausgeführt:
    Es war vor ein paar Jahren bereits eine Ergänzungsbetreuung eingerichtet worden, die zum Ziel hatte eben solche merkwürdigen Anlagestrategien zu unterbinden bzw. Darlehn zurückzuführen und andere (kleine) Verfehlungen rückgängig zu machen. Da es sich um knapp über die Hälfte des Vermögens handelt und die Herrschaften überhaupt nicht einsichtig sind, habe ich nunmehr die Angelegenheit dem Abt. Richter vorgelegt m.d.B. die Einsetzung eines Ergänzungsbetreuers zu prüfen. Mag da noch so viel Rendite rausspringen, das hängt aber alles an der wirtschaftlichen Lage und ich habe keinen gesicherten Kapitalerhalt wie bei einer mündelsicheren Anlage. Was zudem für mich als Laie merkwürdig anmutet ist, das die Gesellschaft nunmehr dreimal so viel Darlehn aufgenommen hat, wie an Stammkapital vor der Umwandlung in die Partnerschaft vorhanden war. Außerdem sind von den ursprünglichen Partnern nur noch zwei insgesamt geblieben. Ich habe da kein besonderes Vertrauen.
    Was hättet Ihr an meiner Stelle gemacht?

  • Mindestens das selbe wie du jetzt. Möglicherweise hätte ich in Anbetracht der Tatsache, dass es sich offensichtlich um wiederholte Verstöße gegen Betreuerpflichten handelt, dies der Betreuerin mit deutlichen Worten klar gemacht und vielleicht auch schon einen Betreuerwechsel in Erwägung gezogen.

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