Ausschlagung wegen falscher Anschrift des Erblassers beim falschen Gericht

  • Ich habe kürzlich ein Beispiel erlebt, wie eine Ausschlagung schlicht versägt werden kann. Auch wenn ich nicht mehr mit Nachlassverfahren befasst bin, würde mich interessieren, wer den Fehler zu verantworten hat.


    Bei mir (Insolvenzgericht) erschien ein Bürger, der als Erbe zweiter Ordnung einen Antrag auf Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens stellen wollte. Er gab an, dass der Erblasser zuletzt in der Maierstr. 2 (sinnwahrend verfremdet) in unserem Bezirk (A-Stadt) gewohnt habe. Danach wurde es widersprüchlich: er habe ausgeschlagen und jetzt ein Schreiben einer Gläubigerin erhalten, die eine Forderung gegen den Erblasser/Nachlass hat. Sodann wurde mir die Abschrift einer durch einen Notar beurkundeten an das AG A-Stadt gerichteten Ausschlagungserklärung mit der Angabe des letzten Wohnsitzes des Erblassers in der Maierstr. 2 in A-Stadt gezeigt. Der Bürger hatte auch das Schreiben der Gläubigerin mit Anlagen (Kreditantrag) dabei: das war unter der Anschrift Meierstr. 2 (ebenfalls sinnwahrend verfremdet) in der im Umland von A-Stadt befindlichen B-Stadt gelaufen. B-Stadt gehört zum Bezirk des AG C-Stadt. Nach dem Schreiben des AG C-Stadt komme er als Erbe in Betracht. Also dank Online-Zugriff EMA gemacht: der Erblasser war nie in A-Stadt gemeldet. Als nächstes Google Maps bemüht: Meierstr. in B-Stadt wurde sofort als vormaliger Wohnort identifiziert, Maierstr. in A-Stadt war es definitiv nicht.


    Ernüchterung machte sich breit, da der Fehler mit der Adresse bisher nicht aufgefallen war.


    Wer muss dafür einstehen: Fällt das in den Risikobereich der Erben, da bei der Ausschlagung nur die Unterschrift beglaubigt wird? Oder ist das am Ende gar ein beachtlicher Irrtum, der zur Anfechtung berechtigen würde (es sollte ja das Erbe ausgeschlagen werden, aber die Adressdaten und darüber auch das Gericht stimmten nicht)?

  • Das ist ja komisch. Dann müsste ja die Sterbeurkunde auch falsch sein. Sonst hätte das doch bei der Datenfütterung im System schon auffallen müssen, dass es sich um das örtlich unzuständige Gericht handelt. Wenn es sich bei dem Erblasser tatsächlich um dieselbe Person wohnhaft in einer anderen Stadt handelt, so würde ich den Ausschlagenden bitten mir die schriftlich mitzuteilen und dann würd ich die ganze Nachlaßakte an das örtlich zuständige Nachlassgericht übersenden und kurz 2 Sätze dazu schreiben.

  • In einem Bundesland mit amtlicher Erbenermittlung kann so etwas kaum passieren, weil das zuständige Nachlassgericht von jedem Sterbefall seitens des Standesamts von Amts wegen eine Mitteilung erhält. Geht eine Erbausschlagung (ohne Sterbeurkunde) ein und befindet sich die betreffende amtliche Sterbefallmitteilung nicht in der hierfür vorgesehenen Sammlung, wird demnach beim Ausschlagenden rückgefragt, wo der letzte Wohnsitz des Erblassers war, damit die Ausschlagung an das zuständige Nachlassgericht weitergeleitet werden kann.

    Im vorliegenden Fall kommt allenfalls die Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist mit der Begründung in Betracht, dass man im Glauben gewesen sei, bereits wirksam ausgeschlagen zu haben. Allerdings dürfte die Anfechtungsfrist bereits verstrichen sein, weil der Erbprätendent durch das ihm mittlerweile zugegangene Schreiben des Nachlassgläubigers vom zutreffenden Wohnsitz des Erblassers erfahren hatte. Zudem hat er das Nachlassinsolvenzverfahren beantragt und dies setzt seine Erbenstellung begrifflich voraus.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob amtliche Erbenermittlung durch Nachfrage nach dem letzten Wohnsitz hier das Problem verhindert hätte.

    Der bei mir vorstellig gewordene Erbe war zunächst der festen Überzeugung, dass der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in A-Stadt hatte. Daher hätte er das wahrscheinlich auch auf eine entsprechende nachlassgerichtliche Nachfrage nach dem letzten Wohnsitz mitgeteilt.

    Ich habe - was die Frage der Anfechtungsfrist angeht - nicht auf das Datum des Schreibens der Nachlassgläubigerin geachtet. Könnte man hier nicht vielleicht sogar darauf abstellen, dass die Kenntnis des Anfechtungsgrundes dem Erben erst dadurch vermittelt wurde, dass ich ihm aufgezeigt habe (und dies wörtlich, da ich ihm sowohl das negative EMA-Resultat für A-Stadt als auch die Ergebnisse von Google Maps am Bildschirm gezeigt habe), dass entgegen der völlig verfestigten Vorstellung der Erblasser nicht in A-Stadt wohnte?

    Die nahezu identische Straße in C-Stadt ergab sich zwar aus dem Kreditantrag, der in Abschrift dem Anschreiben der Nachlassgläubigerin beigefügt war. Aber das sagt ja an sich nichts über den letzten Wohnsitz aus, wenn es nicht gerade so ein fast absurder Zufall hinsichtlich der Straßennamen gewesen wäre (die sich in der Realität auch nur um einen Buchstaben unterscheiden, aber wesentlich spezieller als das von mir gewählte Beispiel Maierstr./Meierstr. sind).

    Es wurde letztlich kein Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens aufgenommen, sondern ich habe darauf verwiesen, zunächst rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

  • Wann ist denn das passiert. Seit Einführung des FamFG ist es ja egal bei welchem Nachlassgericht die Ausschlagungserklärung eingegangen ist. Damit ist die Frist gewahrt und das AG A-Stadt muss die Ausschlagungserklärung nur noch an das AG C-Stadt weiterleiten. Wenn das natürlich alles vor dem 01.09.2009 passiert ist, sieht die Sache natürlich anders aus.

  • Wann ist denn das passiert. Seit Einführung des FamFG ist es ja egal bei welchem Nachlassgericht die Ausschlagungserklärung eingegangen ist. Damit ist die Frist gewahrt und das AG A-Stadt muss die Ausschlagungserklärung nur noch an das AG C-Stadt weiterleiten. Wenn das natürlich alles vor dem 01.09.2009 passiert ist, sieht die Sache natürlich anders aus.

    Die EAS muss innerhalb der Frist des § 1944 BGB entweder beim Nachlassgericht oder beim Wohnsitzgericht des Ausschlagenden eingehen - nicht bei irgendeinem Nachlassgericht. Hätte der Erbe an seinem Wohnsitzgericht ausgeschlagen, wäre er aus dem Schneider. Die EAS wurde aber in notarieller Urkunde erklärt und ging an ein unzuständiges Gericht. Das unzuständige Gericht hat seine Unzuständigkeit offenbar auch nicht bemerkt, weil der EAS keine StU beigefügt war - und auch keine angefordert hat. Deshalb wurde wohl keine Weiterleitung veranlasst. Ist halt sehr dumm gelaufen.

  • Wann ist denn das passiert. Seit Einführung des FamFG ist es ja egal bei welchem Nachlassgericht die Ausschlagungserklärung eingegangen ist. Damit ist die Frist gewahrt und das AG A-Stadt muss die Ausschlagungserklärung nur noch an das AG C-Stadt weiterleiten. Wenn das natürlich alles vor dem 01.09.2009 passiert ist, sieht die Sache natürlich anders aus.

    Die EAS muss innerhalb der Frist des § 1944 BGB entweder beim Nachlassgericht oder beim Wohnsitzgericht des Ausschlagenden eingehen - nicht bei irgendeinem Nachlassgericht. Hätte der Erbe an seinem Wohnsitzgericht ausgeschlagen, wäre er aus dem Schneider. Die EAS wurde aber in notarieller Urkunde erklärt und ging an ein unzuständiges Gericht. Das unzuständige Gericht hat seine Unzuständigkeit offenbar auch nicht bemerkt, weil der EAS keine StU beigefügt war - und auch keine angefordert hat. Deshalb wurde wohl keine Weiterleitung veranlasst. Ist halt sehr dumm gelaufen.

    Gerade darauf wollte ich hinaus, als ich meinte, dass so etwas in einem Bundesland mit amtlicher Erbenermittlung aus den von mir genannten Gründen kaum passieren kann, es sei denn natürlich, der in diesem Bundesland zuletzt wohnhaft Erblasser wäre in einem Bundesland ohne amtliche Erbenermittlung verstorben, weil das Sterbestandesamt dann keine amtliche Todesanzeige an das zuständige Nachlassgericht übermittelt.

  • Ich frage mal ganz dumm nach: Bekommt nicht jedes Nachlassgericht seit Einführung des ZTR eine Sterbefallbenachrichtigung für jeden Sterbefall oder nur die in Bundesländern mit Erbenermittlung?
    Wenn ersteres zutrifft, müsste doch immer ein Vorgang registriert sein und wenn eine Ausschlagung kommt, zu der keine ZTR- Benachrichtigung vorliegt, dann dürfte man unzuständig sein und kann den Ausschlagenden entsprechend informieren.

  • Nein, nicht jedes NLG bekommt die ZTR-Sterbefallmitteilungen. Diese Mitteilungen erfolgen nur dann, wenn die Verwahrungsanzeige vom Notar veranlasst (und vom NLG bestätigt) ist oder die StÄmter die Überführung der Verwahrnachrichten vorgenommen haben.

  • Nein, nicht jedes NLG bekommt die ZTR-Sterbefallmitteilungen. Diese Mitteilungen erfolgen nur dann, wenn die Verwahrungsanzeige vom Notar veranlasst (und vom NLG bestätigt) ist oder die StÄmter die Überführung der Verwahrnachrichten vorgenommen haben.

    Okay, dann ist da tatsächlich ein Unterschied zwischen den Bundesländern, wir in BW bekommen in jedem Fall die Mitteilung, auch wenn keine VvTw vorhanden ist.

  • Habe derzeit keinen aktuellen Fall auf dem Tisch, wo ich das überprüfen könnte. Müsste aber gleich sein, denn die ZTR-Benachrichtigung soll in Zukunft die Benachrichtigung durch das Standesamt ersetzen und da erhalten wir vom Wohnortstandesamt die Mitteilung auch, wenn der Erblasser außerhalb BW , ja selbst wenn er im (echten) Ausland starb.

    Werde das mit ZTR und außerhalb BW verstorben im Auge behalten.

  • Ich habe jetzt auch eine Akte bekommen, wo die Erbausschlagungen über Monate beim falschen Nachlassgericht eingegangen sind, da der letzte Wohnsitz falsch angenommen wurde.
    Das unzuständige Nachlassgericht hat auch nächstberufene Erben informiert, die dann teilweise ihre Ausschlagung bei Notaren erklärt haben und der Notar dann an das (falsche) benachrichtigende Gericht die Ausschlagung gesandt hat.
    Wie geht man mit diesen Ausschlagungserklärungen im Erbscheinsverfahren um?

  • Die Ausgangsfrage scheint m.E. noch gar nicht wirklich geklärt zu sein: Ich würde es mal mit § 2 Abs. 3, § 3 Abs. 1 FamFG probieren, in Annahme, dass das zuvor aufnehmende Gericht tatsächlich von einer originären Zuständigkeit ausging. Kann doch nicht sein, dass dem Ausschlagenden nunmehr zum Nachteil gereicht wird, wenn er davon ausging, der Erblasser begründete dort seinen Wohnsitz und das vermeintlich zuständige Nachlassgericht bestreitet indes bisher seine Zuständigkeit nicht.

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