§ 1628 BGB Ausschlagungsfrist

  • Hallo liebe Kollegen.

    Brauche dringend mal Euren Rat.

    A hat Erbschaft für sich und ihre minderjährigen Kinder ausgeschlagen. Der mitsorgeberechtigte Vater wurde von mir angeschrieben, dass er auch die Erbschaft ausschlagen müsse. Dieser hat sich geweigert. Nun ist eine Entscheidung des familiengerichts ergangen nach § 1628 BGB, wonach der Mutter die Entscheidung bzgl. Erbschaftsausschlagung übertragen wird.
    Ich meine, dass keine Rückwirkung vorliegt und Mutter nochmals ausschlagen muss und zwar am Besten innerhalb der noch laufenden Frist des Vaters, oder?

    Vielen Dank

  • Da kann man ja erst mal von Glück reden, dass die Frist für den Vater noch läuft (!), wahrscheinlich ist die Entscheidung dann wohl als eAO ergangen.
    Ich sehe allerdings keinen Grund, warum die Mutter die Erklärung wiederholen sollte. Rechtsgestaltend wurde ihr die alleinige Entscheidungsmacht zugesprochen. Sie handelt als nicht etwa "für den Vater". Sie ist vielmehr allein entscheidungsbefugt, und ihre Erklärung hat sie insoweit bereits abgegeben.

  • Nein, dem ist nicht so - wurde auch schon mehrfach im Forum erörtert.

    Als die Mutter ausgeschlagen hat, hatte sie nicht die alleinige Vertretungsmacht und es nützt daher nichts, wenn sie später ex nunc die alleinige elterliche Sorge erlangt.

    Wenn ein Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt und er nachträglich die rechtsgeschäftliche Vollmacht vom Vertretenen erlangt, wird dann sein Handeln "von selbst" wirksam? Nein, das wird es nicht und bei der gesetzlichen Vertretung ist es auch nicht anders.

  • Wie Cromwell, sie erhält jetzt die Entscheidungsbefugnis allein zu handeln, dann muss sie das auch tun, also nochmal ausschlagen, vgl. OLG Hamm, 15 W 38/02 (oder auch nicht).

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Nun, diese Entscheidung beschreibt ganz einfach, dass die Kindesmutter nochmal ausgeschlagen hat und beschäftigt sich dann im Übrigen hauptsächlich mit der Frage des Verhältnisses einer vorläufigen Anordnung und den eventuellen Auswirkungen einer anderslautenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Diese Entscheidung hatte ich auch schon in juris gefunden. Dass eine Ausschlagung nochmal erneut erfolgen muss, kann man auch bei 2-maligem Lesen nicht zwingend entnehmen.
    Ich gehe mal davon aus, dass viele Nachlass-Rechtspfleger eine nochmalige Ausschlagung nicht verlangen würden, weil sie die Fälle, dass innerhalb der Ausschlagungfrist z.B. der andere Elternteil verstirbt, diesem die elterliche Sorge entzogen wird, dessen elterliche Sorge beginnt zu ruhen oder dass eben die Entscheidungsbefugnis nur einem Elternteil übertragen wird, durchaus nicht unterschiedlich behandeln würden.
    Warum sie diesselbe Erklärung, die sie als einer von zwei gesetzlichen Vertretern schon mal (notwendigerweise) abgegeben hat, nun nochmal als alleiniger gesetzlicher Vertreter abgeben soll, nachdem das Mit-Vertretungsrecht des anderen in der EA-Frist (wenn auch später) entfallen ist, erschließt sich mir nach wie vor nicht, auch nach den beiden Vorbeiträgen. Zwei gesetzliche Vertreter können nun mal separat zu unterschiedlichen Terminen ihre Erklärungen abgeben, entfällt die Vertretungsmacht des anderen noch in der Frist (was ja auch im Extremfall durch Tod der Fall ist), kann man nach Ablauf der Frist doch feststellen, dass insgesamt nur die Erklärung eines Vertreters ausreicht und diese auch vorliegt (in der Ausschlagungserklärung muss ja nicht zwingend stehen "als alleiniger gesetzlicher Vertreter").

  • Nun, diese Entscheidung beschreibt ganz einfach, dass die Kindesmutter nochmal ausgeschlagen hat und beschäftigt sich dann im Übrigen hauptsächlich mit der Frage des Verhältnisses einer vorläufigen Anordnung und den eventuellen Auswirkungen einer anderslautenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Diese Entscheidung hatte ich auch schon in juris gefunden. Dass eine Ausschlagung nochmal erneut erfolgen muss, kann man auch bei 2-maligem Lesen nicht zwingend entnehmen.
    Ich gehe mal davon aus, dass viele Nachlass-Rechtspfleger eine nochmalige Ausschlagung nicht verlangen würden, weil sie die Fälle, dass innerhalb der Ausschlagungfrist z.B. der andere Elternteil verstirbt, diesem die elterliche Sorge entzogen wird, dessen elterliche Sorge beginnt zu ruhen oder dass eben die Entscheidungsbefugnis nur einem Elternteil übertragen wird, durchaus nicht unterschiedlich behandeln würden.
    Warum sie diesselbe Erklärung, die sie als einer von zwei gesetzlichen Vertretern schon mal (notwendigerweise) abgegeben hat, nun nochmal als alleiniger gesetzlicher Vertreter abgeben soll, nachdem das Mit-Vertretungsrecht des anderen in der EA-Frist (wenn auch später) entfallen ist, erschließt sich mir nach wie vor nicht, auch nach den beiden Vorbeiträgen. Zwei gesetzliche Vertreter können nun mal separat zu unterschiedlichen Terminen ihre Erklärungen abgeben, entfällt die Vertretungsmacht des anderen noch in der Frist (was ja auch im Extremfall durch Tod der Fall ist), kann man nach Ablauf der Frist doch feststellen, dass insgesamt nur die Erklärung eines Vertreters ausreicht und diese auch vorliegt (in der Ausschlagungserklärung muss ja nicht zwingend stehen "als alleiniger gesetzlicher Vertreter").

    In allen von Dir genannten Fällen muss nochmals ausgeschlagen werden.

    Es gibt für die Vertretungsmacht keine dem § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB entsprechende Norm, wonach es genügt, dass die (alleinige) Vertretungsmacht nachträglich erworben wird.

    Das ist völlig eindeutig.

  • Mich würde wirklich mal interessieen, wieviele auf den Gedanken kommen würden, von der Mutter die Erbausschlagung für das Kind nochmal zu verlangen, wenn etwa während der Erbausschlagungsfrist der Vater verstorben wäre (ohne die Erklärung abgegeben zu haben). Ich muss mich outen: Darauf wäre ich nie gekommen, und die mittlerweile von mir hier befragten 2 Rechtspfleger auch nicht.
    Die Mutter war ja nicht "Nichtberechtigte" im Sinne der erwähnten Vorschriften, sie war "Mit-Berechtigte". Es fehlte halt nur noch an der Erklärung des zweiten "Mit-Berechtigten", die aber nun (z.B. nach dem Tode) gar nicht mehr möglich ist. Es gibt eben offenbar Dinge, die sind mitunter völlig unterschiedlich "selbstverständlich".

  • Dass - wie Du sagst - nahezu niemand auf den zutreffenden rechtlichen Gedanken käme, ist ja das eigentlich Traurige.

    Die Vertretungsmacht muss unstreitig im Zeitpunkt der Erklärung vorliegen, und zwar ganz unabhängig davon, ob es sich um die gesetzliche oder um eine rechtsgeschäftliche Vertretung handelt. Ebenso unstreitig ist, dass die Mutter im Zeitpunkt der Erklärung der Erbausschlagung nicht alleinige gesetzliche Vertreterin war. Es fragt sich also, ob dieser Vertretungsmangel geheilt wird, wenn sie später - aus welchem Grund auch immer - die alleinige gesetzliche Vertretungsmacht erhält. Dies ist zu verneinen, weil der Erwerb der alleinigen Vertretungsmacht nur ex nunc erfolgt und nicht auf den Zeitpunkt der Erklärung zurückwirkt. Aber auch eine ex-nunc-Heilung ist nicht möglich, weil es - im Gegensatz zur Verfügungsbefugnis (§ 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB) keine gesetzliche Vorschrift gibt, die eine solche Heilung anordnet.

    Nehmen wir an, es gibt eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zugunsten zweier Bevollmächtigter, wobei von der Vollmacht nur von beiden Bevollmächtigten gemeinsam oder vom überlebenden Bevollmächtigten alleine Gebrauch gemacht werden kann. Nun bestellt der Bevollmächtigte A ohne Mitwirkung des Bevollmächtigten B am Grundstück des Vollmachtgebers eine Grundschuld. Es ist klar, dass diese mangels Mitwirkung des B nicht eingetragen werden kann. Stirbt nun B nach dem alleinigen Vollmachthandeln des A, wird A dadurch zum alleinigen Bevollmächtigten - aber eben nur für die Zukunft, so dass die Grundschuld ohne erneutes Vertreterhandeln des nunmehr alleine vertretungsberechtigten A nach wie vor nicht eingetragen werden kann.

    Gleicher Fall, gleiche Lösung.

  • Gut, mit der Begründung, dass ein anfangs durchaus noch bestehender Mangel (nur eine Erklärung) durch die spätere Entscheidung des Familiengerichts nicht geheilt werden kann, mag sicher so sein. Insoweit kann man deiner Auffassung letztlich wohl folgen. Ich werde das berücksichtigen, sollte ich jemals vor einem solchen Problem stehen. Und die Kindesmutter, die das natürlich so nicht verstehen kann und die ggf. vom Nachlassgericht auch nicht die entsprechenden Hinweise bekommt, kann dann ja immer noch die auf Grund Fristablaufs zustande gekommene Annahme anfechten.

  • Ich habe zu genau dieser Thematik eine Akte auf dem Tisch:

    Kindesmutter schlägt für sich und als gesetzliche Vertreterin das Erbe nach dem Erblasser aus am 28.08.2013. Es besteht die gemeinsame elterliche Sorge mit dem Kindesvater für die beiden Kinder.

    Der Kindesvater wird vom Nachlassgericht mit Schreiben vom 15.10.2014 über die Ausschlagung der Kindesmutter informiert.

    Der Kindesvater rührt sich leider nicht.

    In der Zwischenzeit wird am 17.02.2014 ein Erbschein beantragt, der die beiden Kinder als Miterben ausweisen soll, da der Kindesvater - wie oben beschrieben - die Ausschlagung als mitsorgeberechtigter Elternteil trotz gerichtlichem Hinweisschreiben vom 15.10.2014 nicht erklärt hat.

    Nunmehr widerspricht die Rechtsanwältin der Kindesmutter der Erteilung des Erbscheins mit folgender Begründung:

    a) Die Kindesmutter habe ja bereits die Ausschlagung für ihre beiden Kinder erklärt
    b) zudem hat siemit Beschluss des Familiengerichts vom 03.12.2014 die alleinige elterliche Sorge zugesprochen bekommen (Beschluss liegt bei)

    Ich bin der Auffassung, dass die Ausschlagungsfrist für die Kinder bereist abgelaufen ist, da der Kindesvater bereits mit Schreiben vom 15.10.2013 über die Möglichkeiten der Ausschlagung und die damit verbundene, einzuhaltene Frist belehrt wurde.

    Daran ändert nunmehr auch die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter mit Beschluss vom 03.12.2014 nichts mehr, oder?

    Die Anwältin fragt nun zum einen an, ob die Kindesmutter die Ausschlagung erneut erklären muss, was sie grds. tun müsste, was aber am Ablauf der Ausschlagungsfristen nichts mehr ändern würde, oder? Und ob eine Anfechtungserklärung abgegeben werden müsste. Aber selbst eine nachträglich, erneut abgegebene Anfechtungs/Ausschlagungserklärung der Kindesmutter würde am Fristablauf doch nichts mehr ändern...

    Vielen Dank schon mal an diejenigen, die mir vielleicht helfen können.

  • Du hast recht und die Anwältin hat es nicht begriffen.

    Dieses Thema wurde nun schon endlos im Forum hin- und hergewälzt und es gibt genügend Rechtsprechung und Literatur, wonach die Ausschlagung im vorliegenden Fall nicht wirksam ist.
    Man muss sie - auch als Anwältin - halt auch lesen.

  • Ohne nochmals nerven zu wollen, könntest du mir ggf. Entscheidungen und Literaturstellen nennen, die ich anführen kann bzw. damit meine Begründung mit untermauern könnte?
    Wobei sich diese Dinge aus dem Gesetz heraus ergeben und ich meinen Beitrag von heute morgen nur mit den entsprechenden Paragraphen des BGB begründen müsste.


    Trotzdem Danke

  • Im Übrigen steht ja auch noch die Frage im Raum, ob die KM nun noch mit einer Anfechtung der Annahme etwas bewirken könnte, wenn schon eine Ausschlagung nicht mehr möglich ist. Aber auch dies ist zu verneinen, weil die möglichen Gründe für eine Anfechtung (Erklärungsirrtum, Irrtum über den Nachlassbestand als Eigenschaftsirrtum, Ausschlagungsfrist nicht bekannt ...) nicht vorliegen, es sei denn, der Vater hätte sich damals z.B. über den Nachlassbestand geirrt. Das scheint aber alles ziemlich unwahrscheinlich, denn wahrscheinlich hat es den Vater alles nur nicht interessiert, was letztlich später auch zur Sorgerechtsübertragung führte. An dem Status des Kindes als Erbe wird sich nach alledem nichts mehr ändern lassen, die Anwältin sollte sich lieber schon mal Gedanken über mögliche Haftungsbeschränkungen machen.

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