Auflassung, Rechte, TV und IV - nur zum Entknoten ...

  • Anno 1978 wird ein Kaufvertrag geschlossen, nach welchem A und B zui je 200/16880 Miteigentumsanteile an einem Grundstück erwerben. AV wird eingetragen, 1979 wird die Auflassung erklärt, zugleich werden diverse Rechte nach § 1010 BGB bewilligt.

    Später stirbt B und wird von C und D beerbt. Testamentsvollstreckung ist angeordnet. Beides wird bei der AV eingetragen.

    Wiederum später wird über das Vermögen des D das (Verbraucher-)Insolvenzverfahren eröffnet. Hiervon weiß das Grundbuch noch nichts.

    Wiederum etliches später wird nun der Antrag auf Endvollzug der Verträge gestellt. Ich möge dabei auch TV und IV eintragen.

    Und Punkt.

    Ich sehe das doch richtig, dass ich des Testamentsvollstreckers nicht bedarf, weil bereits der Erblasser alle Erklärungen abgegeben hat, die auch für und gegen die Erben wirken,

    dass ich dagegen aber schon der Mitwirkung des Insolvenzverwalters bedarf, weil der Antrag nach Wegfall der Verfügungsbefugnis gestellt worden ist und § 878 BGB daher nicht greift (das notwendige Ersuchen des Insolvenzgerichts dürfte eher kein Problem werden)?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Der Erwerber, d. h. die Erbengemeinschaft verfügt aber doch nicht. Wären sie auf Veräußererseite, wäre dies ebenfalls kein Fall des § 878 BGB, da der Tod des Veräußerers nicht dem Verlust der Verfügungsbefugnis gleichzusetzen ist (Schöner/Stöber, RN 3345, Böhringer „Überholende Rechtsvorgänge“ Rpfl.-Jahrbuch 1994, 223/224).

    Hier sind sie (C und D) aber an die Stelle des verstorbenen Erwerbers B getreten. Nach Staudinger/Pfeifer, BGB - Neubearbeitung 2011, § 925 RN 112 macht der Tod des Erwerbers gemäß § 130 Abs 2 die Auflassung nicht unwirksam.

    Böhringer führt dazu unter „Überholende Rechtsvorgänge“ im Rpfl.-Jahrbuch 1994, 223/225 aus:
    …“Stirbt der Erwerber bleibt seine Auflassungserklärung wirksam 10. Weiß das Grundbuchgericht (Erhebungen braucht es nicht anzustellen) vom Tod des Erwerbers, kann dieser nicht mehr eingetragen werde; es ist aber weder neue Auflassung noch Bewilligung erforderlich; lediglich ein Erbnachweis (§ 35 GBO)und ein Antrag auf Eintragung (§ 13 GBO) der Erben…“
    10 BGHZ 32, 369

    Der BGH führt dazu in BGHZ 32, 369 = NJW 1960, 1715 aus (Hervorhebung durch mich):

    ..“Der Erbfall bewirkt in vermögensrechtlicher Hinsicht eine Gesamtnachfolge. Es gehen nicht nur bereits begründete Rechte und Pflichten auf den Erben über, sondern grundsätzlich alle vermögensrechtlichen Beziehungen, auch die „unfertigen”, noch werdenden oder schwebenden Rechtsbeziehungen (Boehmer in Staudinger, § 1922 Randnote 216), also auch bedingte oder künftige Rechte, Bindungen und Lasten (Boehmer in JW 38, 2634 und in „Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben”, Bd. III S. 216, 270, 301, 302). Hat also ein Erblasser bereits über Vermögensgegenstände in einer ihn bindenden Weise derart verfügt, daß eine weitere Willenserklärung von seiner Seite nicht mehr nötig ist, mag auch sonst noch eine Voraussetzung für die Wirksamkeit seines Verfügungsgeschäfts fehlen, so tritt der Erbe in diese Bindung ein, und der Rechtsverlust vollendet sich, wenn die noch fehlende Wirksamkeitsvoraussetzung eintritt. So wirkt etwa die nach §§ 873 Abs. 2, 875 Abs. 2 BGB eintretende Bindung an die Einigung über den Übergang von Grundstückseigentum und an die Erklärung über die Aufhebung eines Grundstücksrechtes auch gegen den Erben (Boehmer, aaO; Planck, § 1922 Anm. 2 a β). Auch dann, wenn ein Vertrag vom Erblasser noch gar nicht geschlossen war, behält doch das von ihm erklärte Vertragsangebot seine Wirkung (vgl. §§ 130 Abs. 1, 153 BGB)….“

    In Deinem Fall hat der Notar offenbar bereits namens des Erwerbers A und der beiden Miterben C und D den Antrag auf Eintragung des Eigentumsübergangs gestellt und ein Erbnachweis liegt wohl ebenfalls vor. Dann stellt sich aber doch eigentlich nur die Frage, ob die bereits bei der AV vermerkte Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzgl. des Miterben D von Amts wegen (nochmals) einzutragen ist oder ob es dazu eines erneuten Ersuchens bedarf (zur Eintragungsfähigkeit s. LG Dessau 7. Zivilkammer, Beschluss vom 20.11.2000, 7 T 533/00 = ZInsO 2001, 626).

    p. s.:

    Da der unter TV stehende Nachlass eine Sondermasse bildet (s. BGH 9. Zivilsenat, Urteil vom 11.05.2006, IX ZR 42/05 Rz. 23:

    …“ Der unter Testamentsvollstreckung stehende Nachlass bildet eine Sondermasse (vgl. BGHZ 71, 296, 304; OVG Berlin ZIP 1995, 1432, 1434), aus der nur die Nachlassgläubiger zu befriedigen sind (Gottwald/Eickmann, Insolvenzrechtshandbuch, aaO § 31 Rn. 129 f; HK-InsO/Marotzke, aaO § 331 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Siegmann, § 331 Rn. 7). Die Bildung einer Sondermasse ist immer dann erforderlich, wenn aus einem Teil der Masse nur bestimmte Gläubiger befriedigt werden, während den anderen Gläubigern nur die übrige Masse haftet (vgl. Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 141; MünchKomm-InsO/Lwowski, InsO § 35 Rn. 74; Uhlenbruck, InsO aaO § 35 Rn. 7). Das Erfordernis der Sondermasse ergibt sich hier aus § 2214 BGB…“

    und die TV vom Erblasser und nicht von einem der Miterben angeordnet wurde, würde ich den TV-Vermerk eigentlich auch eintragen wollen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (5. April 2014 um 19:27) aus folgendem Grund: p.s. eingefügt

  • Wie schon gesagt wurde, ist die Wirksamkeit der Auflassung hier nicht das Problem, da diese sowohl für die Erben des Veräußerers als auch - wie hier - für die Erben des Erwerbers wirkt. Dies ergibt sich schon aus dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge.

    Der Anspruch bzw. der Miteigentumsanteil des Erwerbers B wird als Nachlassgegenstand des Nachlasses B von einem TV verwaltet. Damit ist den Erben C und D die Verfügungsbefugnis entzogen (§ 2211 Abs. 1 BGB). Demzufolge kommt auch dem Insolvenzverwalter des Miterben D - solange die TV besteht - keine Verfügungsbefugnis zu und die Insolvenzgläubiger haben auf den vom TV verwalteten Nachlass keinen Zugriff (§ 2214 BGB). Zu allem vgl. Palandt/Weidlich § 2205 Rn. 2, Siegmann ZEV 2006, 408 und die bereits von meinem Vorredner zitierte BGH-Entscheidung (NJW 2006, 2698).

    Aufgrund dieser Rechtslage stellt sich die Frage, ob - derzeit - überhaupt ein Insolvenzvermerk im Hinblick auf die Person des Miterben D eingetragen werden kann. Denn streng genommen wäre dies ein "schlafender" Insolvenzvermerk für den Fall der Beendigung der TV.


  • Aufgrund dieser Rechtslage stellt sich die Frage, ob - derzeit - überhaupt ein Insolvenzvermerk im Hinblick auf die Person des Miterben D eingetragen werden kann. Denn streng genommen wäre dies ein "schlafender" Insolvenzvermerk für den Fall der Beendigung der TV.

    Und was ist hierzu Deine Meinung?

  • ...

    Aufgrund dieser Rechtslage stellt sich die Frage, ob - derzeit - überhaupt ein Insolvenzvermerk im Hinblick auf die Person des Miterben D eingetragen werden kann. Denn streng genommen wäre dies ein "schlafender" Insolvenzvermerk für den Fall der Beendigung der TV.

    Da aber auch bei Anordnung der TV der Erbteil pfändbar bleibt und daher dem Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters unterliegt (Reimann in: Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2012, § 2214 RN 7; J. Mayer in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Hrsg: Bamberger/Roth, Stand: 01.02.2014, § 2214 RN 4 mwN) hat der Vermerk über die Insolvenzeröffnung nicht nur den Fall des Wegfalls der TV Bedeutung. Aber auch für den Fall der Beendigung der TV, also wenn z. B. der TV den Miteigentumsanteil nach § 2217 BGB freigeben sollte, müsste mE bereits jetzt der Insolvenzvermerk eingetragen werden, denn auch die freigegebenen Gegenstände unterliegen dem Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters (Staudinger/Reimann, aaO.), das er dann zusammen mit dem Miterben C hinsichtlich des MEA ausüben könnte.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!