Zuständigkeit für BerH bei ständig im EU-Ausland lebenden Deutschen

  • Hallo,
    folgender Fall:
    Bei mir stellt jemand einen Antrag auf Beratungshilfe. Er wohnt in Ungarn und unterhält schon seit jahrzehnten keinen festen Wohnsitz mehr in Deutschland. Seit 24 Jahren lebt er im Ausland. Nun soll gegen einen ehemaligen Arbeitgeber der seinen Sitz nunmehr bei uns im Landgerichtsbezirk hat, der aber NICHT in meinem Amtsgerichtsbezirk liegt, eine Beratung in zivilrechtlicher Hinsicht erfolgen. Nach meiner und in der von mir gefundenen Kommentarstelle vertreten Auffassung in Groß, Heidelberger Kommentar, BerH/PKH/VKH, 12. Auflage, § 4 BerHG Rn. 6, ist ersatzweise das Amtsgericht zuständig, bei dem das Bedürfnis besteht. Das sehe ich hier als das Wohnsitz- bzw. Geschäftssitzgericht des "Antragsgegners" an. Wie seht Ihr das? Gibt es andere Meinungen? Vielen Dank!

  • Ich teile deine Auffassung. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts am Sitz des ehemaligen Arbeitgebers lässt sich mit dem "Beratungsbedürfnis" gut begründen. Eine Zuständigkeit deines Gerichts sehe ich derzeit nicht.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Hallo noch einmal,
    bei der einzuklagenden Forderung handelt es sich um Arbeitsentgelt. Müßte man jetzt hier vielleicht davon ausgehen, dass die 19000 EUR vor dem zuständigen Arbeitsgericht geltend gemacht werden müßten? Dieses würde dann nämlich wieder einen anderen Bezirk betreffen. Am Amtsgerichtsbezirk der zu verklagenden Firma gibt es kein Arbeitsgericht. Wäre also vielleicht daran zu denken, die Sache an das Amtsgericht beim Arbeitsgericht zu verweisen?

  • Das Beratungsbedürfnis würde ich niemals mit dem Ort eines etwaigen Prozessgerichts gleichsetzen. BerH soll ja gerade ein gerichtliches Verfahren vermeiden.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Bei einem "Verklagen" seh ich gar kein BerH-Bedürfnis mehr ;)

    Das Bedürfnis zur Beratung besteht zunächst mal im EU-Ausland, also da, wo der Antragsteller seinen Wohnsitz hat. Sollte der Ast auch einen dauerhaften Aufenthalt im Inland haben, kann an diesem Ort ein Beratungsbedürfnis bestehen.

    Ist der einzige Inlandsbezug aber der Sitz des Arbeitgebers, ist das m.E. auch der einzige Punkt, an dem man für das Beratungsbedürfnis überhaupt anknüpfen kann. Alles andere erscheint mir unplausibel.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Ich hole die Frage einmal vor, da hier Uneinigkeit über die Zuständigkeit des hiesigen AG besteht.

    Es liegt BerH-Antrag eines dauerhaft im Ausland lebenden Deutschen vor, sodass hier der Gerichtsstand des Beratungsbedürfnisses gem. § 4 Abs. 1 S. 2 BerHG gilt.
    Problematisch ist, dass hier mehrere nicht zusammenhängende Angelegenheiten vorgetragen werden, um die sich der RA kümmern soll.
    Für eine dieser Angelegenheiten wäre die örtliche Zuständigkeit gegeben, eine Bewilligung würde aus anderen (nicht wirtschaftlichen) Gründen scheitern.

    Alle weiteren Angelegenheiten wären nach den möglichen Definitionen des Beratungsbedürfnisses der hier gefundenen Literatur nicht beim hiesigen AG örtlich verhaftet.

    Nun stellt sich die Frage: könnte trotzdem hinsichtlich aller Angelegenheiten beim hiesigen Gericht entschieden werden? Argument: es wäre nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn der Antragsteller bei verschiedenen AG seine Anträge stellen müsste.
    Oder wäre hier tatsächlich auf jede Angelegenheit abzustellen, sodass hier ggf. tatsächlich örtlich einzeln zu entscheiden wäre?

    Danke im Voraus fürs Mitdenken.

  • Ich würde es an die anderen Gerichte verweisen.

    Ja sicher, der Sinn der Zuständigkeit für BerH beim örtlichen AG ist der kurze Weg, der ist bei einem Ast. mit Wohnsitz im Ausland aber eh etwas länger, außerdem kann der Antrag schriftlich gestellt werden.

    Aber nur so kannst du gewährleisten, dass der Ast. nicht gegebenenfalls Anwalts-Hopping betreibt und bei mehreren Amtsgerichten BerH beantragt.
    Dann macht jedes Amtsgericht seins oder stellt gegebenenfalls fest, dass es da - na hoppla - selbst auch einen Antrag gekriegt hat. Selbst wenn du die Anträge zurückweist, kann er das beim nächsten Amtsgericht einfach nicht angeben, denn woher sollte das andere Amtsgericht deine Entscheidung kennen? Und es gibt Kollegen, die hauen über BerH-Sachen nur oberflächlich drüber, denn das Pensum zählt ja nix.

    Vielleicht bin ich da ein wenig misstrauisch, aber das habe ich alles schon erlebt. Und damit meine ich nicht den Fall mit dieser windigen Gestalt, die vor ein paar Jahren republikweit an jedes Amtsgericht ein- und denselben BerH-Antrag geschickt hat.

  • Guten Morgen,

    ich muss das Thema noch einmal hochholen.

    Ich habe hier einen Fall, in dem vom im Ausland lebenden Antragsteller nachträglich Beratungshilfe beantragt bzgl. des Antrages auf Haftopferentschädigung. Der Anwalt ist bereits schriftlich tätig geworden, weil im Antragsverfahren bereits Zurückweisung drohte. Das Antragsverfahren lief in Thüringen. Das mittlerweile anhängige Klageverfahren (es sind nunmehr aus diversen Gründen mehrere Monate vergangen seit Antragstellung) ist ebenso in Thüringen. Der Antrag wurde hier (anderes Bundesland) gestellt. Der Anwalt begründet seine Zuständigkeit damit, dass das Bedürfnis für die Beratungshilfe am Kanzleisitz (hiesiger AG-Bezirk) aufgetreten wäre. Meines Erachtens dürfte das rechtliche Problem und mithin das Bedürfnis für die Beratungshilfe in Thüringen entstanden sein, da dort ja auch die Antrags- und Klageverfahren anhängig sind/waren. Wie seht ihr das?

    Und, solltet ihr mir zustimmen, welches wäre wohl das zuständige AG? Dasjenige, in dem der Antragsteller seinerzeit in Haft unterbracht war? Oder dasjenige, an dessen Sitz die Behörde liegt, die über den Antrag entschieden hat?

    Danke für eure Hilfe,
    Klärchen

  • Und, solltet ihr mir zustimmen, welches wäre wohl das zuständige AG? Dasjenige, in dem der Antragsteller seinerzeit in Haft unterbracht war? Oder dasjenige, an dessen Sitz die Behörde liegt, die über den Antrag entschieden hat?

    Ich würde mich vermutlich nach § 8 StrRehaG richten, wenn er Haftentschädigung will.

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