Auflösend bedingter Nießbrauch

  • Hallo,
    ich soll einen Nießbrauch eintragen - auflösend bedingt durch eine vom Grundstückseigentümer dem Grundbuchamt gegenüber abzugebende Widerrufs-erklärung.
    Ein Nießbrauch kann auflösend bedingt bestellt werden - aber unter welchen Voraussetzungen kann der Nießbrauch später wieder gelöscht werden?

    Der Notar meinte am Telefon, daß der Widerruf notariell beglaubigt dem Grundbuchamt vorgelegt werden muß und daß damit der Unrichtigkeitsnachweis erbracht sei.
    Ist der Widerruf nicht eine empfangsbedürftige Willenserklärung und muß sie nicht dem Berechtigten gegenüber erklärt werden?

    Schon mal danke für die Antworten.

  • Ich habe Zweifel daran, ob das im vorliegenden Fall eine zulässige Bedingung ist.

    Denn der "Widerruf" könnte sich nur auf die dingliche Einigungserklärung des Eigentümers nach § 873 Abs. 1 BGB im Hinblick auf die Begründung des Nießbrauchs beziehen. Wenn der Nießbrauch aufgrund dieser Einigung einmal materiell entstanden ist, ist die Einigungserklärung aber nicht mehr widerruflich.

  • Das heißt, ich brauche für die Löschung auf jeden Fall eine Löschungsbewilligung des Berechtigten. Die auflösende Bedingung ist unzulässig, weil das Recht nicht wegfallen kann mit einer Erklärung dem Grundbuchamt gegenüber.

    Dann werde ich mit einer Zwischenverfügung die unzulässige auflösende Bedingung beanstanden.

  • Die Bedingungskonstruktion führt hier dazu, dass die materiell erforderliche Mitwirkung des Berechtigten nach § 875 BGB umgangen wird, weil das Erlöschen des Rechts alleine vom Willen des Eigentümers abhängig sein soll. Ein unzulässiges Ergebnis kann auch auf dem Bedingungswege nicht herbeigeführt werden.

  • Hatten wir das hier nicht kürzlich, dass das Verhalten, also die Abgabe einer formgerechten, dem Grundbuchamt gegenüber abzugebenden Erkärung, egal, wie man die dann nennt, den Bedingungseintritt darstellt? Würde man dagegen auf die Erkärung selbst als das den Eintritt einer Potestativbedingung darstellende Ereignis abstellen (vgl. MünchKomm/Westermann § 158 Rn 19; BayObLG NJW-RR 1990, 87; zur "Kündigung" des Nießbrauchs), wäre der Nachweis durch eine Berichtigungsbewilligung zu führen. Finde den Thread nicht mehr.

  • Ich halte die Eintragung des Nießbrauchs mit dieser auflösenden Bedingung für zulässig unter der folgenden Voraussetzung:
    Materiell gibt es keine Vorschrift unter welcher Bedingung ein Recht gestellt werden kann.
    Zur Löschung im Grundbuch müsste der Bedingungseintritt jedoch in öffentlicher Urkunde nachgewiesen werden, siehe §§ 22 i.V.m. 29 Abs.1 Satz 2 GBO. Also muss die Erklärung des Eigentümers in öffentlicher Urkunde und nicht nur beglaubigt erfolgen


  • Materiell gibt es keine Vorschrift unter welcher Bedingung ein Recht gestellt werden kann.

    Was sich nicht rechtsgeschäftlich als Inhalt des Rechts vereinbaren lässt, kann auch nicht auf dem Bedingungswege herbeigeführt werden. Wenn also nicht vereinbart werden kann, dass der Nießbrauch abweichend von der zwingenden Norm des § 875 BGB durch einseitige Erklärung des Eigentümers aufgehoben werden kann, dann ist auch die Bedingung unzulässig, die diese einseitige Erklärung des Eigentümers zur auflösenden Bedingung des Rechts erhebt.


  • Materiell gibt es keine Vorschrift unter welcher Bedingung ein Recht gestellt werden kann.

    Was sich nicht rechtsgeschäftlich als Inhalt des Rechts vereinbaren lässt, kann auch nicht auf dem Bedingungswege herbeigeführt werden. Wenn also nicht vereinbart werden kann, dass der Nießbrauch abweichend von der zwingenden Norm des § 875 BGB durch einseitige Erklärung des Eigentümers aufgehoben werden kann, dann ist auch die Bedingung unzulässig, die diese einseitige Erklärung des Eigentümers zur auflösenden Bedingung des Rechts erhebt.

    Hast du eine entsprechende Entscheidung oder eine Kommentarstelle, dass die vorgenannte Bedingung nicht zulässig ist.

  • Das geht aneinander vorbei. Die auflösende Bedingung ist hier ein bestimmtes Ereignis, die das Recht zum Erlöschen bringt. Der Eigentümer "kündigt" oder "widerruft" daher nicht im rechtlichen Sinne, sondern bewirkt, indem er dies tut, nur das Ereignis. Auch wenn die Erklärung sonst rechtlich bedeutungslos ist.

  • Das geht aneinander vorbei. Die auflösende Bedingung ist hier ein bestimmtes Ereignis, die das Recht zum Erlöschen bringt. Der Eigentümer "kündigt" oder "widerruft" daher nicht im rechtlichen Sinne, sondern bewirkt, indem er dies tut, nur das Ereignis. Auch wenn die Erklärung sonst rechtlich bedeutungslos ist.


    So sehe ich es auch

  • Hatten wir das hier nicht kürzlich, dass das Verhalten, also die Abgabe einer formgerechten, dem Grundbuchamt gegenüber abzugebenden Erkärung, egal, wie man die dann nennt, den Bedingungseintritt darstellt? Würde man dagegen auf die Erkärung selbst als das den Eintritt einer Potestativbedingung darstellende Ereignis abstellen (vgl. MünchKomm/Westermann § 158 Rn 19; BayObLG NJW-RR 1990, 87; zur "Kündigung" des Nießbrauchs), wäre der Nachweis durch eine Berichtigungsbewilligung zu führen. Finde den Thread nicht mehr.

    Du meinst sicher diesen hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post931843

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ganz abgesehen davon, dass ein dergestalt auflösend bedingtes Recht für den Berechtigten völlig wertlos wäre, weil er ständig damit rechnen müsste, seines Rechts wieder verlustig zu gehen:

    Eine derartige auflösende Bedingung verstößt gegen den Wesenskern der bestehenden materiellrechtlichen sachenrechtlichen Regelungen (hier: § 875 BGB), weil die für ein Erlöschen des Rechts normierte Voraussetzung der Gläubigermitwirkung auf dem Bedingungsumweg in ihr Gegenteil verkehrt wird.

  • Das geht aneinander vorbei. Die auflösende Bedingung ist hier ein bestimmtes Ereignis, die das Recht zum Erlöschen bringt. Der Eigentümer "kündigt" oder "widerruft" daher nicht im rechtlichen Sinne, sondern bewirkt, indem er dies tut, nur das Ereignis. Auch wenn die Erklärung sonst rechtlich bedeutungslos ist.

    Du bist also im Ergebnis der Ansicht, dass der Notar vorliegend nicht in der Lage war, sich rechtlich vernünftig auszudrücken?

    Es ist ausdrücklich von einem "Widerruf" die Rede. Also ist zu fragen, was widerrufen werden soll. Hierfür kommt nur die dingliche Einigungserklärung des Eigentümers im Hinblick auf die Bestellung des Rechts in Betracht und diese ist (spätestens, vgl. § 873 Abs. 2 BGB) nach erfolgter Entstehung des Rechts nicht mehr widerruflich.

  • Es ist ausdrücklich von einem "Widerruf" die Rede. Also ist zu fragen, was widerrufen werden soll. Hierfür kommt nur die dingliche Einigungserklärung des Eigentümers im Hinblick auf die Bestellung des Rechts in Betracht und diese ist (spätestens, vgl. § 873 Abs. 2 BGB) nach erfolgter Entstehung des Rechts nicht mehr widerruflich.

    Und das sehe ich eben anders. Bedingung ist die Einreichung eines Stückes Papier, das einen bestimmten Wortlaut enthält ...

    ... auflösend bedingt durch eine vom Grundstückseigentümer dem Grundbuchamt gegenüber abzugebende Widerrufserklärung.

  • Alles andere als perfekt.

    Eine Bedingung der vorliegenden Art stand bei der vom OLG München entschiedenen Fallgestaltung überhaupt nicht in Frage. Wir diskutieren hier darüber, ob eine Bedingung zulässig ist, die das Erlöschen des Rechts in das Belieben des Eigentümers stellt, während es im OLG-Fall eine Eigentümererklärung gewesen wäre, die bestätigt, dass die Partnerschaft beendet ist. Beim OLG-Fall ging es also um ein Drittereignis, im vorliegenden Fall alleine um das Erlöschen mittels Erklärung des Eigentümers ohne jedes Drittereignis.

  • "Perfekt" fand ich den Link. ;) Hätte mich sonst nicht losgelassen. Ist wie mit dem Titel eines Liedes, der einem nicht mehr einfällt.

    Zur Sache: Wenn man die Bedingung von einem beliebigen Verhalten des Eigentümers abhängig machen kann, dann doch auch gleich nur von dessen "Wollen" (vgl. MünchKomm/Westermann a.a.O.).

  • Bei den Kommentierungen zu § 158 BGB muss man vorsichtig sein. Was im Schuldrecht einer bestimmten Bedingung zugänglich ist, muss im Sachenrecht nicht auch so sein. Oder wollen wir künftig ganz allgemein auflösende Bedingungen - bei allen dinglichen Rechten! - zulassen, deren Inhalt sich darin erschöpft, dass der Eigentümer gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO erklärt, dass das Recht erloschen sei?

    Nach meiner Ansicht ein klarer Verstoß gegen den Numerus Clausus der Sachenrechte, der sich nicht nur darauf bezieht, welche Rechte es gibt, sondern auch darauf, wie sie inhaltlich ausgestaltet sein dürfen und inwieweit dies der Disposition der Beteiligten unterstellt ist.

  • Aber wo zieht man dann die Grenze? Vorliegend handelt es sich ja nicht mal um eine reine Wollensbedingung, weil auf ein bestimmtes Ereignis abgestellt wird, das aber natürlich allein vom Eigentümer beeinflußt wird. Ich weiß, daß das kein Argument ist, aber auch alle oben zitierten Gerichte, angefangen vom BayObLG ("Kündigung") bis zum OLG München ("Erklärung eines Beteiligten mit bestimmten Inhalt") hätten mit der Bedingung vermutlich keine Probleme.

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