Pfändung von Rentenersatzleistung; hier: Entschädigung für Heimunterbringung

  • Moin zusammen,

    ich habe evtl. was Interssantes.
    Die Sch. erhält auf das P-Konto eine Rentenersatzleistung für erlittene Schäden bei der Heimunterbringung (Fonds der Bundesregierung). Ich frage mich, ob diese pfändbar ist oder nicht.
    § 850b Abs.1 Nr. 1 ZPO käme in Betracht, gilt aber nur für laufende Geldleistungen. § 54 Abs. 3 Nr. SGB könnte greifen, tatsächlich was gefunden dazu habe ich nicht.

  • §850b ZPO würde ich wie du ausschließen, und § 54 SGB deshalb, da es hierbei nicht um Sozialleistungen handelt.
    Ich seh da spontan nichts, woraus man eine unpfändbarkeit herleiten könnte.

  • Wenn man diese Rentenersatzleistung dafür ansieht, den Schaden, der der Sch. bezüglich der Heimunterbringung entstanden ist zu "kompensieren", steht das doch für eine Rente oder Leistung, die aufgrund einer Verletzung von Körper oder Gesundheit gezahlt wird. Und diese dürfte so gut wie unpfändbar sein. Dazu sagen Stöber und Zöller überhaupt nichts.

  • So genau hab ich mich da nicht eingelesen.
    Aber es geht doch im Prinzip um einen sozusagen "privaten" Fond, der gemäß eigener Satzung an irgendwelche Leute irgendwelche Beträge auszahlt.
    Bei laufenden Zahlungen könnte man ja an § 850b ZPO denken, aber so fällt mir wirklich nichts ein.

  • Na ja die Kommentare sagen dazu nichts weil das ja noch ziemlich neu ist.
    Der Fond soll nach eigenem bekunden dazu beitragen,"... noch andauernde Folgeschäden aus der Heimunterbringung zu mildern. Das Hilfesystem des Fonds soll bestehende sozialrechtliche Versorgungssysteme ergänzen..." Damit wären die Zahlungen zwar grundsätzlich pfändbar aber ich würde schon davon ausgehen, dass sie den Beschränkungen des § 850 b ZPO unterliegen, wobei ich eine Rentenersatzleitstung einer monatlich zahlbaren Rente gleichstellen würde, weil das der Zielsetzung des Gesetzes entspricht (wenn du willst also eine teleologische Erweiterung).

  • wobei ich eine Rentenersatzleitstung einer monatlich zahlbaren Rente gleichstellen würde, weil das der Zielsetzung des Gesetzes entspricht

    hm, für mich ist diese einmalige Rentenersatzleistung gerade keine monatlich wiederkehrende Rente, sondern vom Charakter wirklich nur eine einmalige "Kapitalabfindung".
    Aber da kann man wirklich drüber streiten, und notfalls immernoch auf § 765a ZPO zurückgreifen.

  • Hallo zusammen,

    kann man nicht den Maßstab aus BGH IX ZB 263/10 vom 18.10.2012 ansetzen?
    Wenn schon die staatliche Pflichtentschädigung wegen rechtswidriger DDR-Haft der Vollstreckung unterliegt, müsste die hier relevante Ersatzleistung doch auch drunter fallen. Sonst wäre wohl die Generalabwägung nach § 765a ZPO erforderlich (BGH IX ZB 50/12 vom 20.06.2013, Rz. 19).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Dazu sagen Stöber und Zöller überhaupt nichts.

    Schau mal, wer im Zöller Zwangsvollstreckung kommentiert:cool:


    Ich kannte eine solche Entschädigung bisher auch nicht. Ich würde das nach dem hier Gelesenen über § 765 a ZPO lösen. Und da ist es eben Einzelfallentscheidung. Was spricht für Gläubiger? Was spricht für Schuldner? Wessen Interessen sind prioritär?

  • Wenn es sich um eine laufende (tia ?) Rentenersatzleistung handelt, käme ggf. eine Analogie zu § 17a Abs. 5 StrRehaG in Betracht, sonst § 17 Abs. 5 Satz 3 StrRehaG ?

    Was hast du denn bitte für einen konkreten Fall, mit welchen konkreten Anträgen von wem ?

    Offenbar Kontopfändung und P-Konto, also "Freigabe"-Antrag des Schuldners ?
    was (laufend / Einmalzahlung / Nachzahlung von "laufendem") ?
    in welcher Höhe ?
    sonstige Einkünfte, welche, in welcher Höhe ?
    pp. ?

    Ist doch alles denkbar: § 850k Abs. 4 ZPO i.V.m. § 850i ZPO i.V.m. § 850c Abs. 3 ZPO / ggf. mit § 850e Nr. 2 ZPO; § 765a Abs. 1 ZPO.

    mehr Butter bei die Fische, SV ist doch völlig unklar :lupe:

    2 Mal editiert, zuletzt von zsesar (11. April 2014 um 21:54)

  • Mir geht es erstmal um das Prinzip der Pfändung dieser Leistungen im Allgemeinen und evtl. Erfahrungen damit.

    Es gibt nicht mal einen Bescheid darüber sondern nur ein Schreiben, in dem steht, dass der Anspruch rechtens ist und die Höhe des Betrages. Mehr gibt es dazu nicht und wird es nicht geben (Aussage nach Rückfrage bei der Stelle in Bonn oder Köln). Bei diesem handelt es sich um eine Einmalzahlung von über 17.000,00 €.
    Der mir vorliegende Fall hat nicht direkt mit Pfändung zu tun, sondern mit dem Insolvenzverfahren. Das eine schließt das andere aber ja nicht aus.

  • Mir geht es erstmal um das Prinzip der Pfändung dieser Leistungen im Allgemeinen und evtl. Erfahrungen damit.

    Es gibt nicht mal einen Bescheid darüber sondern nur ein Schreiben, in dem steht, dass der Anspruch rechtens ist und die Höhe des Betrages. Mehr gibt es dazu nicht und wird es nicht geben (Aussage nach Rückfrage bei der Stelle in Bonn oder Köln). Bei diesem handelt es sich um eine Einmalzahlung von über 17.000,00 €.
    Der mir vorliegende Fall hat nicht direkt mit Pfändung zu tun, sondern mit dem Insolvenzverfahren. Das eine schließt das andere aber ja nicht aus.

    Erfahrungen: nein.

    Wenn zur Unpfändbarkeit konkret nichts geregelt ist, ist es pfändbar.

    Eine Analogie zu § 17 Abs. 5 Satz 3 StrRehaG stützte dies.

    Bei Antrag ggf. möglich: § 36 InsO, § 850k Abs. 4 ZPO, § 850i ZPO > Tabelle bei 17.000 € > damit größtenteils, aber nicht komplett pfändbar.

    (Aber du scheinst gar keinen Sch.-Antrag vorzuliegen haben; dann regelt den Insolvenzbeschlag und die Massezugehörigkeit der überwiesenen Einmalzahlung der § 850k Abs. 1 ZPO ja ohnehin kraft Gesetzes.)

  • a) Der Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz vom 2. März 2011 über "Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde", bildet eine vom materiellen staatlichen Recht gelöste eigenständige neue Grundlage für hiernach erbrachte Leistungen.

    b) Zahlungen kirchlicher Körperschaften auf der Grundlage des Beschlusses der Deutschen Bischofskonferenz vom 2. März 2011 über "Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde", sind nicht pfändbar und fallen im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leistungsempfängers nicht in die Masse.

    BGH, Beschluss vom 22. Mai 2014 - IX ZB 72/12


    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…887&pos=0&anz=1

    Zitat

    (1) Eine Forderung ist dann nicht übertragbar, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Leistung auf höchstpersönlichen Ansprüchen des Berechtigten beruht, die er nur selbst erheben kann, wenn - anders als bei höchstpersönlichen Ansprüchen - ein Gläubigerwechsel zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson aber besonders schutzwürdig ist, oder wenn ohne Veränderung des Leistungsinhalts die dem Gläubiger gebührende Leistung mit seiner Person derart verknüpft ist, dass die Leistung an einen anderen Gläubiger als eine andere Leistung erschiene (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1985 - VII ZR 31/85, NJW 1986, 713, 714; vom 4. Dezember 2009 - V ZR 9/09, NJW-RR 2010, 1235 Rn. 12; vom 24. März 2011, aaO Rn. 42). In allen diesen drei Fallgruppen ist die Abtretbarkeit ausgeschlossen, weil andernfalls die Identität der abgetretenen Forderung nicht gewahrt bliebe.

    2) Hier liegt ein Fall der zweiten und der dritten Fallgruppe vor. Die geschuldete Leistung ist mit der Person des Gläubigers derart verknüpft, dass die Leistung an einen anderen Gläubiger, hier den Kläger als Insolvenzverwalter, sie als eine andere Leistung erscheinen lassen würde. Das Interesse des Schuldners, hier der Katholischen Kirche, an der Beibehaltung der Gläubigerperson für die freiwillige Leistung ist besonders schutzwürdig.

    Tja, ist das nun vergleichbar :gruebel:

  • So oder so bietet die BGH Entscheidung meiner Meinung nach erstmal keine Antwort für die ursprüngliche Frage hinsichtlich dem P-Konto.
    Auch wenn man (gem. BGH) zu dem Ergebnis kommt die Forderung an sich sei nach § 851 ZPO nicht übertragbar / unpfändbar -> sobald sie erfüllt und als Geld auch dem Konto ist, ist sie auf dem Konto ja nicht mehr geschützt. § 850k verweist ja nicht auf § 851 ZPO.

  • So oder so bietet die BGH Entscheidung meiner Meinung nach erstmal keine Antwort für die ursprüngliche Frage hinsichtlich dem P-Konto.
    Auch wenn man (gem. BGH) zu dem Ergebnis kommt die Forderung an sich sei nach § 851 ZPO nicht übertragbar / unpfändbar -> sobald sie erfüllt und als Geld auch dem Konto ist, ist sie auf dem Konto ja nicht mehr geschützt. § 850k verweist ja nicht auf § 851 ZPO.

    ... aber leichteres Spiel mit 765a ?

  • § 765 a ZPO wird immer gerne genommen, wenn man sonst keine andere Vorschrift findet oder sonst nicht mehr weiter weiß. :) Dabei wird aber vergessen, dass diese Schutzvorschrift als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist und nur anzuwenden ist, wenn die (ZV-)Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Soweit also eine Forderung überhaupt pfändbar ist, müssen schon schwerwiegende Gründe für eine Anordnung nach § 765 a ZPO (Sittenwidrigkeit usw.) vorliegen.

    Gegenständlich würde ich aber auch dazu tendieren, dass dieser Anspruch unpfändbar ist, weil er als (sozialer) Ausgleich für noch andauernde Folgeschäden aus der Heimunterbringung und zur Ergänzung der bestehenden sozialrechtlichen Versorgungssysteme dient.

    Dies wäre also, wenn man den Anspruch als pfändbar ansieht, ein Grund für eine Anordnung nach § 765 a ZPO, denn genau für solche Härtefälle ist diese Schutzvorschrift ja vorgesehen.

    2 Mal editiert, zuletzt von ZVR (4. Juni 2014 um 17:35)

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