Querulanten-Eingaben

  • Mich würde interessieren, ob Rechtsprechung bekannt ist, die sich mit Eingaben von chronischen und unbelehrbaren Querulanten befasst (z.B., dass Gerichte darauf nicht (mehr) eingehen müssen, den Querulanten "bescheidlos" stellen u.ä.).

    Bekannt sind mir: BGH in NStZ 2007, 283 und EuGHMR in NJW 2012, 3501, bei denen man im Zivil- und Vollstreckungsbereich eher mit Analogien arbeiten muss.
    Stichworte wären u.a.: Missbrauch der Gerichte, unstatthafte Rechtsmittel etc.
    In juris bin ich nicht sonderlich fündig geworden.

    Vllt. hat ja d. eine oder andere etwas dazu... [Blockierte Grafik: http://www.schildersmilies.de/schilder/hoff.gif]

  • Das kann man pauschal schwer beantworten.

    Ich hatte es vor mehreren Jahren einmal mit der Fallgestaltung zu tun, dass eine Partei sich in eine Endlosspirale aus Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse begeben hat (sprich: Erinnerung gegen den KFB für das vorherige Erinnerungsverfahren), bei denen immer derselbe unbeachtliche materiellrechtliche Vortrag erfolgte. Sowas ist dann ja schwer zu stoppen, wenn ein Rechtsbehelf/Rechtsmittel eingelegt wird. Nach dem schätzungsweise dritten oder vierten Durchgang war Ruhe. Soweit ich mich erinnere, habe ich einige Zeit später die Löschung seines Haftbefehls angeordnet, so dass er durch den Haftbefehl auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde.

    Der BGH schreibt in Beschlüssen zu offenbar mehr oder weniger querulatorischen Eingaben am Ende häufig: "Der Beschwerdeführer kann nicht damit rechnen, in dieser Sache Antwort auf weitere Eingaben zu erhalten." Die Formulierung finde ich sehr charmant. Leider hat sie für Rechtspfleger nur eingeschränkten Nutzen, da nun einmal im Zweifel immer die Erinnerung gegeben ist. Wenn über Dinge korrespondiert wird, die offensichtlich nicht unter Rechtsbehelf/Rechtsmittel fallen, kann man ja mal überlegen, das Bedarf zu schreiben. Ich habe es noch nicht gemacht, bin aber bisher auch immer sehr gut damit gefahren, entsprechende Zuschriften so kurz wie nur irgendwie möglich zu beantworten. Das nimmt dieser Klientel auch den Wind aus den Segeln,

  • Danke für die Einschätzung. Bei mir ist das Problem, dass ich als Vollstreckungsgericht mit einer vom Rechtsverständnis völlig entrückten Schuldnerperson zu tun habe, die mit Gesetzen und Abkürzungen ankommt, die noch nie einer gehört hat, mit Begriffen wie Kriminelle beim Gericht, Hochverrat usw. arbeitet und gleichwohl Widersprüche und Aussetzungen beantragt, wenn auch mit völlig schwachsinnigen Begründungen. Zurückweisen kann ich nicht, weil nicht mal die Gegenpartei oder ein vollständiges Rubrum angegeben wird. Die Sonderakten des GV sind kaum zu kriegen, weil diese Person mittlerweile bei allen greifbaren Gerichten (Mahn-, zentrales Vollstr.-, Amts-, Land-, Oberlandesgericht, ja sogar dem EuGH aufgeschlagen ist, von der Regierung des Landes und Petitionsausschuss gar nicht zu reden). Wenn machbar, wendet die Person sich auch noch ans jüngste Gericht...
    Ich meine, bei der Justiz eine gewisse Hilflosigkeit festzustellen. Die Person bindet eine Menge Personal und Arbeitszeit. Für den Strafrechtsbereich hat sich der BGH diesbezüglich wenigstens mal versucht - bleibt also wieder die Analogie.

    Meine Abt.-Richterin und ich wollen jetzt ein Schreiben allgemeiner Art fertigen und die Person damit so zu sagen "bescheidlos" stellen. Leider ist noch kein Betreuungsverfahren anhängig. :teufel:
    Offenbar gibt es zu diesem Thema nicht viel, was mich erstaunt, da Querulanz so selten ja nicht ist.

  • In 2 Sachen hat sich das LG über 8 Seiten die Mühe gemacht. Der Kammervors. riet mir aber ab, nur diese Entscheidungen zu zitieren und fertig. Das Ergebnis war übrigens, dass auf die LG-Entscheidung eine Antwort von 22 (!) Seiten kam und das LG jetzt auch rechtswidrig handelt. :daemlich:behaemmer

  • Da die Zuschriften laut #3 nicht als Erinnerung/Beschwerde zu identifizieren sind, rege ich die von mir in #2 genannte Strategie an. Formulierungsvorschlag (vorbehaltlich der genauen Gegebenheiten):

    Zitat

    Sehr geehrter Herr X,

    Ihre Schreiben vom ... liegen hier vor. Über die von Ihnen vorgetragenen Sachverhalte wurde durch die Beschlüsse vom ... abschließend entschieden. Mit einer Beantwortung weiterer Eingaben zu diesen Sachverhalten kann nicht mehr gerechnet werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Unterschrift

    Sicherheitshalber kann man noch Direktor/Präsident bzw. den in der Verwaltungsabteilung mit Dienstaufsichtsbeschwerden befassten Mitarbeiter befragen, wie das dort gesehen wird.

    Wenn es so offensichtlich ist, wie es geschildert wurde, würde ich mich nicht mit Suche nach Rechtsprechung aufhalten.

  • 2 DAB habe ich schon bekommen - rigoros abgeschmettert. Die Verw.weiß Bescheid und ist wohl auch bemüht, dem allen einen Riegel vorzuschieben. Der Risikofaktor ist bei uns die Verw. des LG, die recht bürgerfreundlich zu sein scheint. Aber wir sind jetzt dran, die Empfehlung wie beschrieben umzusetzen. Die Beschwerdekammern wissen auch Bescheid und haben die Person mittlerweile wohl auch selbst am Hals. Man glaubt das alles nicht...

  • Ich hatte bislang erst einen, der sehr unverrückbar an sein Recht glaubt. Das war aber eine Grundbuchsache. Und immerhin war er immer höflich.

    Die vielen Eingaben und Anträge haben ein vorläufiges Ende genommen, seit ich dazu übergegangen bin, seine Anträge nicht als querulatorisch, sondern ganz normal abzuarbeiten. Damit entfiel der Vorwurf, wir wollten uns mit seinem Anliegen ja gar nicht beschäftigen. Meine Begründungen fielen nicht sehr lang aus, sie waren kurz und schmerzhaft. Anschließend war das OLG gefragt. Seit sich der Antragsteller mit der Folgesache "Gerichtskostenrechnung über 400 Euro" (auch bis zum OLG) erfolglos herumschlagen musste, ist - bislang - Ruhe eingekehrt ...

    Ob Dir das nun hilft ...

    Demharter GBO § 1 Rn. 39 erwähnt eine Entscheidung in JFG 13, 267.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Hallo 13,

    wir handhaben das so, dass wir die jeweils erste oder ersten zwei Eingaben ernsthaft bearbeiten und beantworten. Im Regelfall wird das natürlich njcht akzeptiert, sondern es kommen Gegeneingaben etc. Diese Gegeneingaben werden einmal beantwortet, dann kommt der schon von BREamter zitierte Satz drunter. Weitere Eingaben werden darauf hin durchgesehen, ob was dran sein kann (auch eine solche Person kann ja mal recht haben), aber wenn nichts dran ist, dann nur mit kurzem Vermerk und ohne Bescheid zur Akte genommen. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit kommt dann meist nichts mehr, denn zum richtigen Abarbeiten wären ja neue Bescheide nötig, an denen man sich reiben kann.

    Bei einer früheren Behörde gab es eine Liste der Personen, die überhaupt keine Bescheide mehr bekommen.

    Leider ist es immer wieder so, dass diesen Leuten in der Vergangenheit wirklich mal Unrecht geschehen ist, meist durch nachlässige und flüchtige Sachbearbeitung einer auch sprachlich ungeschickten Eingabe dieser Personen. Ganz selten gelingt es mal, bis zum eigentlichen damaligen Kern vorzustoßen und dort etwas zu reparieren, deswegen bearbeiten wir mindestens einmal gründlich.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Danke für die weiteren Ausführungen.

    Man hat ja im Laufe des langen Justizdaseins schon so einiges mitgemacht, aber so ein Fall ist selbst mir noch nicht untergekommen.

    Die Phase mit der ordnungsgemäßen Abarbeitung der ersten Fälle haben wir hinter uns, sogar das LG hat - wie erwähnt - sich die Mühe gemacht und den sinnfreien Vortrag Stück für Stück auf 8 Seiten auseinandergenommen. Resultat: Antwort von 22 Seiten und alle, die die gewollte Meinung nicht bestätigen, handeln rechtswidrig und begehen Hochverrat und sonst was. Es hat also keinen Sinn, hier auf Einsicht zu hoffen.

    Aus einem älteren Fred zu diesem Thema - Beitrag v. 21.11.2006 - habe ich eine Vfg. vom Mod. Tommy gefunden, die mir recht ansprechend erscheint. Es wird hier gar nichts anderes übrig bleiben, den Querulanten jeweils bescheidlos zu stellen, denn nach einer Entscheidung des OLG S-A aus dem Strafbereich ist eine generelle Bescheidlosstellung nicht zulässig, lediglich für den Einzelfall. So einiges glaube ich inzwischen zusammengetragen zu haben, aber für den Zivilberreich ist leider nach wie vor nichts dabei. Die Entscheidung zitiert von Andreas aus dem Demharter werde ich noch mal prüfen und dann wird einfach ein Anschreiben formuliert und die jeweilige Sache, die regelmäßig unwahren Vortrag wider besseres Wissen enthält, "totgelegt". Eine Anrufung sämtlicher verfügbarer Behörden und Institutionen ist vorprogrammiert, schon wegen Hochverrats :D, so dass sich dann höhere Instanzen damit befassen müssen.

    Eine Querulanz, chronische Uneinsichtigkeit und Verwirrtheit ist jedenfalls ebenso ersichtlich wie der Missbrauch der Justiz. Vllt. kommt ja eine Instanz auf die Idee der Vorladung, um sich dann mal Gedanken über die Prozessfähigkeit zu machen. Mir fehlt einfach die Zeit, mich jedes Mal wieder damit befassen zu müssen - und das ist nach alledem wohl auch nicht mehr erforderlich oder gar tunlich. Ein solcher Kandidat hat nach der Rechtsprechung den Anspruch auf Bescheidung letztendlich verwirkt.

    Vielen Dank für die Mithilfe. :daumenrau

  • Du hast in #3 erwähnt, es sei noch kein Betreuungsverfahren anhängig. Schon mal darüber nachgedacht eines anzuregen? Evtl. nicht von dir selbst, sondern durch deine Verwaltung o.ä. Der Fall scheint ja ziemliche Kreise bei euch zu ziehen.
    Nicht, dass ich falsch verstanden werde: ich plädiere nicht dafür einen Menschen quasi kaltzustellen, damit er nur bloß keine Arbeit mehr macht und mit der Nerverei aufhört.
    Aber was du so bruchstückhaft aus den Eingaben zitierst und an Verhalten beschreibst könnte schon krankhaft sein.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Darüber sind sich hier wohl im Grunde auch alle einig. Die Crux ist, dass eine Anregung nach Verschaffung eines pers. Eindrucks durch Vorladung erfolgen soll/kann. Der Betreffende soll schwer-/bzw. gehbehindert sein und agiert somit nur von zu Hause aus.

    Ich fühle mich für Derartiges auch nicht - über Richter hinweg - kompetent. Man hat das hier in Richterkreisen besprochen und ist zu dem Ergebnis gekommen, ohne etwas wie einen pers. Eindruck über die Prozessfähigkeit in der Hand zu haben, gehe eine Empfehlung eher nach hinten los. Ich nehme an, dass die Verschaffung eines Eindrucks in absehbarer Zeit passieren wird, wahrscheinlich beim LG.

  • Mein Liebling kam in einere Akte auf 39 Rechtsmittel/Berufungen/Beschwerden (er bezeichnete sie nicht so genau), gegen jeden, der in der Akte tätig wurde gab es einen Befangenheitsantrag, natürlich mit Rechtsmittel. Das wurde nach und nach abgearbeitet, geholfen hat es dem Patienten nicht. Einem anderen Querdenken hat mein OLG mitgeteilt, dass derartige Schriftsätze künftig nicht mehr beschieden werden.

  • Da kann ich mithalten: 2 DAB, 2 Befangenheitsanträge - alles abgeschmettert. Da wir nicht wissen, wer mittlerweile alles von dieser Person angerufen wurde, warten wir noch auf Reaktionen. :D

  • Ich bezweifel sehr, dass eine Betreuung in solch krassen Fällen weiterhilft. Zum einen setzt eine Betreuung eine gewisse Bereitschaft des Betroffenen voraus, sich helfen zu lassen (aus Mangel an einer solchen sind schon Betreuungen wegen Aussichtslosigkeit aufgehoben worden, gerade bei Querulanten), zum anderen ist eine Betreuung nicht dazu da, sich lästige Quälgeister vom Hals zu halten. Man muss mit solchen Querulanten leben. Dazu bietet die von Andreas in #8 zitierte Entscheidung eine gute Richtschnur: Wenn Rechtmittelweg ausgschöpft ist, Ankündigung, dass künftige derartige Eingaben nicht beantwortet werden, wenn dann noch was kommt: z.d.A. In der Verwaltung gibt es meistens eine Sammelakte für Eingaben, die völlig abwegig sind und auch keinem Verfahren zugeordnet werden können, z.B. Austritt aus der BRD usw. Diese werden dort unbeantwortet abgeheftet.

  • Eine Betreuung wäre lediglich hilfreich gewesen, solche Personen frühzeitig durch etwaige Bezugnahme "bescheidlos" zu stellen. Da im Allgemeinen eine generelle Bescheidlosstellung nicht zulässig ist, muss in jede Sache zumindest am Anfang neu eingestiegen werden. Ganz so einfach wie mit dem Austritt aus der BRD oder Anrufung des "jüngsten Gerichts" ist es dann doch nicht. :cool:
    Aber mittlerweile ist bereits ein Schreiben an solche Kandidaten im Entwurf fertig.

  • Da im Allgemeinen eine generelle Bescheidlosstellung nicht zulässig ist, muss in jede Sache zumindest am Anfang neu eingestiegen werden.

    Logisch, denn im 99. Schriftsatz kann ja doch mal etwas ganz anderes und/oder etwas Relevantes stehen. Mal ganz ohne Witz ...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Über genau diesen Punkt stimmten der Vorsitzende meiner Beschwerdekammer und ich auch überein. Man ist letztlich doch gezwungen, jedes Mal zu prüfen. Das ist wie bei der Feuerwehr mit dem blinden Alarm - man muss auch jedes Mal ausrücken... :roll:

  • Wenn ich mich recht entsinne, gab es da 'mal einen interessanten Aufsatz mit Tipps zum Thema: "Zwangsversteigerung gegen Querulanten - ein Verfahren ohne Ende? in Rpfleger 1981, S. 81-85. :gruebel:

  • Die einzige Art Querulant bei meiner Arbeit ist in der Regel ein "Reichsbürger".

    Dafür bietet sich das Urteil des VG Frankfurt (Oder) Az: 7 K 626/10 an.

    Es gab noch eine ähnliche Entscheidung vom FG BaWü, aber die finde ich nicht.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!