Erbvertrag der Ehegatten bei Scheidung der Ehe

  • Die damaligen und mittlerweile geschiedenen Ehegatten haben zwei Erbverträge errichtet. Die Ehefrau ist nun verstorben.

    Nach § 2268 Abs. 1 BGB sind die Erbverträge grundsätzlich ihrem gesamten Inhalt nach unwirksam. Trotzdem würde ich beide Erbverträge ganz eröffnen.

    1) Ist dies richtig?

    Nach der in § 2268 Abs. 2 BGB festgelegten Differenzierung sind diejenigen Verfügungen trotz Scheidung wirksam, bei denen anzunehmen ist, dass Sie trotz der Scheidung getroffen worden wären.

    Im Umkehrschluss bedeutet dies zunächst, dass sämtliche gegenseitigen Erbeinsetzungen und Vermächtnisse der Ehegatten untereinander unwirksam sind.

    Ein vorliegender Erbvertrag enthält weiter auch die folgende einseitige Erbeinsetzung:
    "Die Ehefrau als überlebender Ehegatte und im Falle des gleichzeitigen Todes von Mann und Frau beruft zu Erben ihres Nachlasses die Kinder des Ehemannes...
    M.E. ist auch diese Erbeinesetzung unter Anwendung von § 2268 BGB unwirksam.

    Mangels anderer Einsetzungen durch die Ehefrau tritt gesetzliche Erbfolge ein, da Grundbesitz besteht, ist nach der Aufnahme eines Antrags ein gemeinschaftlicher Erbschein zu erteilen.

    Ein vorliegender Erbvertrag enthält zudem folgendes Vermächtnis:

    Die Ehefrau als zuerst sterbender und überlebender Ehegatte vermacht ihren ganzen Schmuck ihrem Patenkind...
    Hierbei handelt es sich um ein Vermächtnis, dass trotz Scheidung der Ehe gem. § 2268 Abs. 2 BGB wirsam ist.

    2) Liege ich mit meinen Annahmen richtig?

    Ob der Ehemann noch lebt, ist mir bisher nicht bekannt.

    3) Ist dies für das vorliegende Verfahren relevant? Muss der Ehemann im üblichen Umfang benachrichtigt/gehört werden?

  • :dito:

    würde ich beide Erbverträge ganz eröffnen.

    "Die Ehefrau als überlebender Ehegatte und im Falle des gleichzeitigen Todes von Mann und Frau beruft zu Erben ihres Nachlasses die Kinder des Ehemannes..."

    "Ganz" eröffnen nur, wenn sich die letztwilligen Verfügungen nicht trennen lassen. Der zitierte Inhalt deutet aber u.U. auf getrennte/trennbare Verfügungen hin, müsste genau geprüft werden.

  • Dem stimme ich zu. Eröffnen (bei untrennbaren Verfügungen ganz, sonst nur den maßgeblichen Teil) würde ich immer.

    Da ich die Wirksamkeit nicht zu prüfen habe, würde ich höchstens bei Bemerkungen im Eröffnungsprotokoll schreiben, dass der Erblasser von der in der Verfügung von Todes wegen genannten Ehefrau zum Zeitpunkt des Todes geschieden war. Welche rechtlichen Konsequenzen das dann hat, muss sich jeder Leser oder Beteiligte, der das Eröffnungsprotoll und den Erbvertrag bekommt, dass selbst raussuchen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Es sind alle Verfügungen von Todes wegen zu eröffnen.

    Das Nachlassgericht hat im Eröffnungsverfahren die Wirksamkeit der Verfügungen nicht zu prüfen, sondern nur festzustellen, ob das jeweilige Dokument vom äußeren Anschein eine letztwillige Verfügung darstellt. Dann ist es zu eröffnen und allen Beteiligten, die aus welchem Grunde auch immer ein Recht daraus herleiten könnten, bekannt zu machen.

    Oder von einer praktischeren Seite betrachtet: Auch ein - den Grund außer Acht lassend - unwirksames Testament kann im Erbscheinsverfahren eine gewichtige Rolle spielen. Derjenige, der es zu seinen Gunsten nutzen könnte, wäre beschwert, wenn er von diesem Testament nie Kenntnis erlangen würde.

  • Irgendwie komme ich in dem Fall nicht so richtig weiter...
    :gruebel:

    Zur Erinnerung/Ergänzung: Es liegen zwei Erbverträge der geschiedenen Ehegatten vor. Der erste Erbvertrag enthält Verfügungen beider Ehegatten, die jedoch trennbar sind. Der zweite Erbvertrag enthält nur Verfügungen des Ehemannes.

    Ich würde demnach den ersten Erbvertrag teilweise (hinsichtlich der Verfügungen der Ehefrau) und den zweiten nicht eröffnen.

    1) Ist dies richtig?

    2) Würdet Ihr den zweiten Erbvertrag in der Niederschrift mit dem Hinweis erwähnen, dass dieser keine Verfügungen auf den Tod der Ehefrau enthält und daher nicht zu eröffnen ist?


    Wenn man zum Ergebnis gelangt, dass die Verfügungen der Ehefrau bei einer Scheidung nicht getroffen worden wären, tritt gesetzliche Erbfolge ein. Aufgrund Immobilieneigentum ist ein Erbschein erforderlich.

    3) Muss ich diese Frage demnach bereits jetzt beurteilen und je nach Ergebnis einen Erbscheinantrag aufnehmen?

  • Die Antwort dürfte sich schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 348 FamFG ergeben:

    "Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen durch das Nachlassgericht"

    Verfügungen von Todes wegen sind insoweit gemäß § 2278 Abs. 2 BGB meiner Meinung nach nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen. Liegt eine solche Verfügung von der Erblasserin nicht vor, ergibt sich für mich kein Grund, den zweiten Erbvertrag bereits jetzt zu eröffnen. Scheinbar hat ja nur der noch lebende, geschiedene Ehegatte letztwillig verfügt.

    Die Frage ist: Was soll bezüglich der Erblasserin konkret bekannt gemacht werden? :)

  • 2)Würdet Ihr den zweiten Erbvertrag in der Niederschrift mit dem Hinweis erwähnen, dass dieser keine Verfügungen auf den Tod der Ehefrau enthält und daher nicht zu eröffnen ist?


    Wenn man zum Ergebnis gelangt, dass die Verfügungen der Ehefrau bei einer Scheidung nicht getroffen worden wären, tritt gesetzliche Erbfolge ein. Aufgrund Immobilieneigentum ist ein Erbschein erforderlich.

    3) Muss ich diese Frage demnach bereits jetzt beurteilen und je nach Ergebnis einen Erbscheinantrag aufnehmen?

    Ich brüte immer noch über diesen beiden Fragen, tendiere aber dazu,
    a) einen Vermerk über die Nichteröffnung des zweiten Erbvertrags in der Eröffnungsniederschrift aufzunehmen,
    b) den ersten Erbvertrag im schriftlichen Verfahren teilweise zu eröffnen.

    Allerdings könnte ich bei dieser Variante keinen Erscheinsantrag aufnehmen, der -je nach Beantwortung der obigen Frage Frage 3 notwending wäre.

    Ich komme einfach nicht weiter. Was würdet Ihr tun?

  • Ehrlich gesagt, ich erkenne das Problem nicht. Wenn die gesetzlichen Erben der Frau meinen, Erben zu sein, dann nimm den Erbscheinsantrag auf und sende ihn an den Ex mit der Möglichkeit zur Stellungnahme/Erhebung von Einwendungen.

  • Auch ich sehe hier kein Problem. Die gesetzlichen Erben der Ehefrau sind nach deiner Erbvertragsdeutung unstreitig antragsberechtigt, der aufzunehmende Antrag schiene den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen.

    Also aufnehmen, den geschiedenen Ehegatten anhören, gut ist.

    Ich hoffe, du hast im Eröffnungsprotokoll den zweiten Erbvertrag (in dem nur der geschiedene Ehegatte verfügt hat) nicht erwähnt.
    Denn das ist überhaupt nicht erforderlich. Wenn du es getan hast --> auch egal, da unschädlich

    Beste Grüße und einen schönen Abend

  • Auch ich sehe hier kein Problem. Die gesetzlichen Erben der Ehefrau sind nach deiner Erbvertragsdeutung unstreitig antragsberechtigt, der aufzunehmende Antrag schiene den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen.

    Also aufnehmen, den geschiedenen Ehegatten anhören, gut ist.

    Ich hoffe, du hast im Eröffnungsprotokoll den zweiten Erbvertrag (in dem nur der geschiedene Ehegatte verfügt hat) nicht erwähnt.
    Denn das ist überhaupt nicht erforderlich. Wenn du es getan hast --> auch egal, da unschädlich

    Beste Grüße und einen schönen Abend

    Der zweite Erbvertrag enthält folgenden Passus:

    "In diesem Erbvertrag sind nur die Bestimmungen des § 3 a (Verfügung des Ehemannes) vertragsmäßig getroffen. Diese Bestimmung ist mit den Bestimmungen in Ziffer 2 (Verfügung des Ehemannes) und in Ziffer 5 (Verfügung der Ehefrau) des oben näher bezeichneten Erbvertrags (erster Erbvertrag) gegenseitig vetragsmäßig getroffen."

    Wie bereits erwähnt, enthält der zweite Erbvertrag keine Verfügung der Ehefrau. Mit dem vorgenannten Passus enthält er aber einen Verweis auf gegenseitige vertragsmäßige Verfügungen der Ehegatten im ersten Erbvertrag.


    Ist der zweite Erbvertrag trotzdem nicht zu eröffnen?

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