BGH: Feststellung der Berufsmäßigkeit

  • Problem:

    Der BGH hat in drei aktuellen Entscheidungen eine Abkehr von der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung vollzogen, wonach die fehlende Feststellung der Berufsmäßigkeit jederzeit von Amts wegen und auch noch im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden kann.

    BGH, Beschl. v. 08.01.2014, Az. XII ZB 354/13, FamRZ 2014, 468 = NJW 2014, 863 = openJur 2014, 2215 (für den Betreuer);
    BGH, Beschl. v. 29.01.2014, Az. XII ZB 372/13, FamRZ 2014, 653 = openJur 2014, 6031 (für den Betreuer);
    BGH, Beschl. v. 12.02.2014, Az. XII ZB 46/13, FamRZ 2014, 736 = openJur 2014, 6126 (für den Ergänzungspfleger).

    Nach der BGH-Rechtsprechung gilt nunmehr:

    Die Feststellung der Berufsmäßigkeit muss sich aus dem Tenor des Bestellungsbeschlusses oder eindeutig aus den Entscheidungsgründen ergeben. Der Umstand, dass ein Rechtsanwalt zum Amtsinhaber bestellt wird, genügt hierfür nicht.

    Eine auf den Zeitpunkt der Bestellung des jeweiligen Amtsinhabers zurückwirkende Feststellung der Berufsmäßigkeit kommt nur im Wege der Beschwerde in Betracht. Wurde der Amtsinhaber unter Geltung des FamFG bestellt, ist das betreffende Beschwerderecht in vielen Fällen verfristet. Wurde der Amtsinhaber jedoch schon zu FGG-Zeiten (also vor dem 01.09.2009) bestellt, kann die Beschwerde dagegen - auch heute noch - unbefristet eingelegt werden. Es gilt dann aber der Instanzenzug nach dem FGG und nicht derjenige nach dem FamFG.

    Ist das Beschwerderecht verfristet (FamFG) oder wird eine noch zulässige Beschwerde nicht eingelegt (FamFG und FGG), ist nur eine im Beschlusswege mögliche Umwidmung der ehrenamtlichen Tätigkeit in eine berufsmäßige Tätigkeit für die Zukunft zulässig.

    Daraus ergibt sich:

    Wurde die Feststellung der Berufsmäßigkeit (auch versehentlich) unterlassen und kommt es auch im Beschwerdewege nicht zu einer auf den Bestellungszeitpunkt zurückwirkenden Nachholung dieser Feststellung, ist der bestellte Amtsinhaber nicht berufsmäßig, sondern ehrenamtlich tätig. Er kann daher für seine bereits in der Vergangenheit erbrachten Tätigkeiten nur nach § 1836 Abs. 2 BGB vergütet werden (bei Mittellosigkeit oder bei fehlendem Aktivnachlass also kein Vergütungsanspruch). Eine Vergütung als berufsmäßig tätiger Amtsinhaber kommt - für die künftigen Tätigkeiten - erst ab dem Zeitpunkt einer auf seinen Antrag erfolgenden vergütungsrechtlichen Umwidmung seiner bislang ehrenamtlichen Tätigkeit in Betracht.

    Alle vorstehenden Grundsätze gelten wegen § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB auch für jeden anderen Pfleger (§§ 1911, 1913 BGB) und insbesondere auch für den Nachlasspfleger.

    Diese Folgen der BGH-Rechtsprechung sind klar, darüber braucht also nicht mehr diskutiert zu werden. Es ergeben sich aber folgende weitere und bislang ungeklärte

    Fragen:

    1. Wie ist ein Amtsinhaber nach § 1836 Abs. 2 BGB zu vergüten, der an sich berufsmäßig tätig wäre, der aber mangels Feststellung der Berufsmäßigkeit nur ehrenamtlich tätig ist?

    2. Wie ist die vorgenannte Frage für den ehrenamtlichen Betreuer zu beantworten, für den mangels Feststellung der Berufsmäßigkeit die Stundensätze und die Zeitpauschalen der §§ 4 und 5 VBVG nicht gelten?

    3. Ist bei der Betreuung auch eine "umgekehrte" Umwidmung von der bislang berufsmäßigen Tätigkeit in Richtung der ehrenamtlichen Tätigkeit möglich?

    4. Muss der Amtsinhaber im Zuge der vergütungsrechtlichen Umwidmung seines Amtes im Rechtssinne - als Ehrenamtler - entlassen und - als Berufsamtsinhaber - neu bestellt werden?

    5. Wann beginnt für die bereits in der Vergangenheit erbrachten Tätigkeiten die vergütungsrechtliche Ausschlussfrist des § 2 VBVG, wenn in einem FGG-Altfall auf unbefristete Beschwerde des Amtsinhabers eine auf den Zeitpunkt seiner Bestellung zurückwirkende Umwidmung seines Amtes in eine berufsmäßige Tätigkeit stattfindet?

    6. Wie verhält es sich mit einer in der Vergangenheit erfolgten gerichtlichen Verlängerung der Ausschlussfrist, die in der rechtsirrigen Annahme erfolgt ist, dass der Amtsinhaber berufsmäßig tätig ist, wenn - vor allem in FGG-Altfällen - im Wege der Beschwerde eine auf den Zeitpunkt der Bestellung des Amtsinhabers zurückwirkende Umwidmung des Amtes in eine berufsmäßige Tätigkeit stattfindet? Bleiben diese Verlängerungen unwirksam, weil sie im Zeitpunkt der Beschlussfassung mangels Geltung einer Ausschlussfrist für Ehrenamtler ins Leere liefen oder werden sie aufgrund der rückwirkenden Umwidmung nunmehr ebenfalls rückwirkend wirksam?

    Anregung zur Diskussion

    Es steht außer Frage, dass die vorstehenden Fragen für die vergütungsrechtliche Praxis der Betreuungs-, Familien- und Nachlassgerichte von erheblicher Bedeutung sind, zumal ich davon ausgehe, dass die in den besagten BGH-Entscheidungen enthaltene "Sprengkraft" weitgehend noch gar nicht erkannt worden sein dürfte. Ich möchte daher eine vergütungsrechtliche Diskussion über die betreffenden Fragen eröffnen, zumal die Feststellung der Berufsmäßigkeit ausweislich der diesbezüglichen bisherigen reichhaltigen obergerichtlichen Vergütungsrechtsprechung offenbar in einer erheblichen Anzahl von Fällen - vor allem bei Nachlasspflegschaften - unterblieben ist.

    Ich werde mich auch fachzeitschriftlich zu den aufgeworfenen Fragen äußern. Da bis zur Veröffentlichung noch einige Monate vergehen werden, möchte ich die Diskussion über diese Fragen aber schon heute anstoßen, weil ihre erhebliche Bedeutung für vergütungsrechtliche Praxis völlig außer Frage steht.

    Hinweis zum Betreuungs- und Nachlassforum

    Da die vorliegende Problemstellung sowohl das Betreuungsgericht als auch das Familien- und Nachlassgericht (am "wenigsten" aber das Familiengericht) betrifft, habe ich das Thema sowohl im Betreuungsforum als auch im Nachlassforum eingestellt, weil viele User wohl nur in ihren "eigenen" Rechtsgebieten mitlesen. Damit es nicht zu einer "doppelten" Diskussion kommt, schlage ich vor, dass

    - die Fragen 2 und 3 im Betreuungsforum, und
    - die Fragen 1 und 4 bis 6 im Nachlassforum

    diskutiert werden.

    Diese Verfahrensweise ist beim Öffnen mehrerer Fenster oder Tabs ja kein Problem und auf diese Weise geht nicht alles durcheinander, zumal die in den Fragen 2 und 3 angesprochenen Probleme im Betreuungsbereich doch sehr spezifisch sind.

  • 2. Wie ist die vorgenannte Frage für den ehrenamtlichen Betreuer zu beantworten, für den mangels Feststellung der Berufsmäßigkeit die Stundensätze und die Zeitpauschalen der §§ 4 und 5 VBVG nicht gelten?

    - die  § 1836 Abs. 2 BGB Vergütung für den ehrenamtlichen Betreuer wird gehandhabt, wie gehabt. Sehr restriktiv :D Wer mag kann sich an den Sätzen für die Berufsvormünder orientieren, aber es gibt hier weder nach oben oder unten echte Grenzen, beim Pfleger ist das Problem ja sogar normiert § 1915 Abs. 1. S. 2 BGB. Stundenweise Vergütung ist m.E. empfehlenswert, da die Stunden ohnehin zur Prüfung von "Umfang und Schwierigkeit" dargelegt werden müssen.
    Die BBs werden sich also die Beschlüsse genau ansehen müssen und ggf. auch rechtzeitig tätig werden. Das werden die schon lernen.


    3. Ist bei der Betreuung auch eine "umgekehrte" Umwidmung von der bislang berufsmäßigen Tätigkeit in Richtung der ehrenamtlichen Tätigkeit möglich?

    -ich fürchte ja. War ja eigentlich schon immer möglich, es zählt was im Beschluss steht, wenn einer 50 Betreuungen hat und ausgerechnet bei dem millionenschweren Betreuten wurde die Feststellung der berufsmäßigkeit vergessen, dann gibt es eben fett Vergütung für Ehrenamtler ;)
    Da wäre insgesamt eine andere Handhabung, der Feststellung der Berufsmäßigkeit, insbesondere bei den Profis, die erstmal als ehrenamtliche ausprobiert werden, etc. auch mit Blick auf freie Berufswahl und so vielleicht angebracht.


    Für die Fälle wo Berufsbetreuer leer ausgehen würden, lässt der BezRev für eine Übergangszeit ggf. eine Kulanzregelung zu.

  • 2. Wie ist die vorgenannte Frage für den ehrenamtlichen Betreuer zu beantworten, für den mangels Feststellung der Berufsmäßigkeit die Stundensätze und die Zeitpauschalen der §§ 4 und 5 VBVG nicht gelten?


    Geltendmachung der tatsächlichen Aufwendungen bzw. der pauschalen Aufwandsentschädigung


    3. Ist bei der Betreuung auch eine "umgekehrte" Umwidmung von der bislang berufsmäßigen Tätigkeit in Richtung der ehrenamtlichen Tätigkeit möglich?


    Natürlich. Wenn die Betreuung nicht mehr so schwierig ist, so dass sie auch ein Ehrenamtler führen könnte, wäre der Berufsbetreuer zu entlassen und ein Ehrenamtler zu bestellen. Falls der Berufsbetreuer diese jedoch ehrenamtlich weiterführen möchte, bedarf es keines Betreuerwechsels.

  • Zitat

    Natürlich. Wenn die Betreuung nicht mehr so schwierig ist, so dass sie auch ein Ehrenamtler führen könnte, wäre der Berufsbetreuer zu entlassen und ein Ehrenamtler zu bestellen.

    Wenn das so natürlich ist stellt sich jedoch die Frage wo denn in dem ganzen Verfahren die, von der Politik vielbeschworene, Mischkalkulation verbleibt. Hierbei sollen ja eben "leichtere" bzw. wenig arbeitsreiche Fälle den Mehraufwand bei arbeitsintensiven Betreuungen auffangen.

  • Zitat

    Natürlich. Wenn die Betreuung nicht mehr so schwierig ist, so dass sie auch ein Ehrenamtler führen könnte, wäre der Berufsbetreuer zu entlassen und ein Ehrenamtler zu bestellen.

    Wenn das so natürlich ist stellt sich jedoch die Frage wo denn in dem ganzen Verfahren die, von der Politik vielbeschworene, Mischkalkulation verbleibt. Hierbei sollen ja eben "leichtere" bzw. wenig arbeitsreiche Fälle den Mehraufwand bei arbeitsintensiven Betreuungen auffangen.


    Das waren von Anfang an widersprüchliche Ansätze.

  • Zitat

    Das waren von Anfang an widersprüchliche Ansätze.

    Das mag ja sein, aber dieser Grundsatz war Bestandteil der Vergütungsberechnung und Argument zum reduzieren der verfügbaren Stunden. Von daher halte ich es für nicht angebracht hier von einer "Selbstverständlichkeit" bei der Abgabe "einfacherer" Betreuungen an Ehrenamtler zu reden.

  • Es geht bei den betreffenden Fragestellungen nicht um den Wechsel im Betreueramt mittels Entlassung des Berufsbetreuers und Bestellung eines anderen ehrenamtlichen Betreuers, sondern um die Umwidmung des Betreueramtes, wonach ein und dieselbe Person, die bislang Berufsbetreuer war, die gleiche Betreuung künftig ehrenamtlich führt.



  • Fragen:

    1. Wie ist ein Amtsinhaber nach § 1836 Abs. 2 BGB zu vergüten, der an sich berufsmäßig tätig wäre, der aber mangels Feststellung der Berufsmäßigkeit nur ehrenamtlich tätig ist?

    Ich würde mal platt sagen: So wie bisher auch. Denn Voraussetzung für eine Vergütung bzgl. eines NICHT mittellosen Betreuten nach § 1836 Abs. 2 BGB setzte doch schon immer( d. h. auch VOR der BGH-Entscheidung) voraus, dass keine Berufsmäßigkeit festgestellt wurde. Die Entscheidung des BGH wirkt sich doch insoweit gar nicht aus. § 1836 Abs. 2 BGB ist m. E. nicht nur eine schlichte Auffangvorschrift, sondern auch den Fall, dass Gericht ganz bewußt keine Berufsmäßigkeit festgestellt hat.

    Ich hatte in meiner Praxis schon mehrere Fälle von § 1836 Abs. 2 BGB. In den Fällen, hatte das Gericht absichtlich keine Berufsmäßigkeit festgestellt. Die Vergütung wurde dann als "Pauschale" (z. B. 1000,00 € für ein bestimmtes Kalenderjahr) gegen den Betreuten festgesetzt. Meist lag die Höhe der Vergütung irgendwo zwischen der Aufwandspauschale gem. § 1835a BGB und der Vergütung, die ein Berufsbetreuer im ersten Betreuungsjahr für einen vermögenden, NICHT-Heimbewohner erhalten hätte.


    @ Cromwell: Ich sehe durchaus wie du eine Sprengkraft der Entscheidung und die Notwendigkeit, dass die von dir aufgeworfenen Fragen künftig (höchst-)richterlich geklärt werden müssen. Wenn ich mir eingehendere Gedanken zu den Fragen 2. ff. gemacht habe, melde ich mich ggf. wieder.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Es geht bei den betreffenden Fragestellungen nicht um den Wechsel im Betreueramt mittels Entlassung des Berufsbetreuers und Bestellung eines anderen ehrenamtlichen Betreuers, sondern um die Umwidmung des Betreueramtes, wonach ein und dieselbe Person, die bislang Berufsbetreuer war, die gleiche Betreuung künftig ehrenamtlich führt.


    Jedenfalls am hiesigen Gericht haben die Richter aber auch den § 1897 Abs. 6 BGB im Blick, insbesondere wenn eine Verlängerung ansteht. Wenn die Betreuungsbehörde einen ehrenamtlichen Betreuer für das Verfahren vorschlagen kann, würde es dann wohl zum Wechsel kommen, wenn der Berufsbetreuer die konkrete Betreuung nicht ehrenamtlich weiterführen möchte.

    Von daher sollte man auch diese Konstellation mit berücksichtigen.

  • Bei dieser Konstallation stellt sich aber das nachgefragte Problem nicht. Denn wenn im Wege des Betreuerwechsels ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt wird, kann dieser von vorneherein nur nach § 1836 Abs. 2 BGB vergütet werden und es stellt sich bei ihm nie die Frage, ob und in welcher Weise die "fehlgeschlagene" Berufsbetreuerbestellung Einfluss auf seine Vergütung als Ehrenamtler hat.

    Richtig ist natürlich, dass der "vermeintliche" Berufsbetreuer und der Ehrenamtler beide von vorneherein nur ehrenamtlich amtieren. Mir geht es aber um die Fälle, bei welchem man den Betreuer bislang als Berufsbetreuer ansah und sich erst durch die aktuelle Rechtsprechung des BGH ergab, dass er in Wahrheit nur als Ehrenamtler amtiert.

  • ...Mir geht es aber um die Fälle, bei welchem man den Betreuer bislang als Berufsbetreuer ansah und sich erst durch die aktuelle Rechtsprechung des BGH ergab, dass er in Wahrheit nur als Ehrenamtler amtiert.

    Ich würde sagen was ausgezahlt, bzw. festgesetzt ist, ist erst mal rum um's Eck. Falls jemand nicht passt, bitte Rechtsweg beschreiten soweit noch begehbar.

    Für die aktuellen Anträge: die Ermessensvergütung gem. 1836 iHv VBVG-Vergütung festsetzen bzw. anweisen und Richtervorlage mit der Bitte um Betreuerstatusfeststellungsbeschluss für die Zukunft.

  • Bereits rechtskräftig gewordene Vergütungsbeschlüsse bleiben natürlich bei Bestand, so dass die von diesen Beschlüssen erfassten Tätigkeiten vergütungsrechtlich erledigt sind.

    Eine "Umwidmung" der ehrenamtlichen Amtsführung in Richtung der berufsmäßigen Amtsführung kommt - außer im Beschwerdewege - nur für die Zukunft in Betracht und diese Umwidmung darf nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag erfolgen. Die bisher übliche Nachholung der Feststellung der Berufsmäßigkeit von Amts wegen ist daher nicht mehr zulässig!

    Für die Bemessung der Ermessensvergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB in Höhe der Sätze des VBVG gibt es nach meiner Ansicht keine Rechtsgrundlage. Bei Mittellosen oder fehlendem Aktivnachlass schon deshalb nicht, weil es für Ehrenamtler keine Vergütung aus der Staatskasse gibt (§ 1836 Abs. 2 HS. 2 BGB) und im Vermögensbereich ebenfalls nicht, weil das VBVG nur für die berufsmäßige Amtsführung gilt.

    Ein vermeintlicher Berufsbetreuer, der nur deshalb nicht als Berufsbetreuer amtiert, weil die Feststellung der Berufsmäßigkeit versehentlich unterlassen (oder sie unzulässigerweise und damit wirkungslos von Amts wegen nachgeholt) wurde, ist demzufolge nach § 1836 Abs. 2 BGB im Vermögensbereich ohne Berücksichtigung der vergütungsrechtlichen Restriktionen der §§ 4 und 5 VBVG zu vergüten. Er wäre also schlecht beraten, die vergütungsrechtliche Umwidmung seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in eine berufsmäßige Tätigkeit zu beantragen.

  • Bereits rechtskräftig gewordene Vergütungsbeschlüsse bleiben natürlich bei Bestand, so dass die von diesen Beschlüssen erfassten Tätigkeiten vergütungsrechtlich erledigt sind.

    Eine "Umwidmung" der ehrenamtlichen Amtsführung in Richtung der berufsmäßigen Amtsführung kommt - außer im Beschwerdewege - nur für die Zukunft in Betracht und diese Umwidmung darf nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag erfolgen. Die bisher übliche Nachholung der Feststellung der Berufsmäßigkeit von Amts wegen ist daher nicht mehr zulässig!
    Dieser Antrag wird beim BB der ehrenamtlich einen mittellosen betreut nicht lange auf sich warten lassen.

    Für die Bemessung der Ermessensvergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB in Höhe der Sätze des VBVG gibt es nach meiner Ansicht keine Rechtsgrundlage. Bei Mittellosen oder fehlendem Aktivnachlass schon deshalb nicht, weil es für Ehrenamtler keine Vergütung aus der Staatskasse gibt (§ 1836 Abs. 2 HS. 2 BGB) und im Vermögensbereich ebenfalls nicht, weil das VBVG nur für die berufsmäßige Amtsführung gilt.
    Nur weil die Rechtsgrundlage fehlt, heisst das nicht, dass man's nicht machen kann, die Vergütung nach § 1836 wird letztlich nach gutdünken bestimmt, die zufällige Übereinstimmung mit dem VBVG-Betrag ist sicher auffällig aber nicht zu beanstanden.
    Bei den mittellosen, liegt das ganze schlichtweg an der Kulanz der Staatskasse. Hier kann soweit ich mich entsinne, dann schon auch mal auf so Rechtsinstitute wie Treu und Glauben zurückgegriffen werden umd zu einem für den BB billigen Ergebnis zu kommen.

    Ein vermeintlicher Berufsbetreuer, der nur deshalb nicht als Berufsbetreuer amtiert, weil die Feststellung der Berufsmäßigkeit versehentlich unterlassen (oder sie unzulässigerweise und damit wirkungslos von Amts wegen nachgeholt) wurde, ist demzufolge nach § 1836 Abs. 2 BGB im Vermögensbereich ohne Berücksichtigung der vergütungsrechtlichen Restriktionen der §§ 4 und 5 VBVG zu vergüten. Er wäre also schlecht beraten, die vergütungsrechtliche Umwidmung seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in eine berufsmäßige Tätigkeit zu beantragen.

    In der Tat, der ehrenamtliche BB des vermögenden Betreuten wäre schön blöd irgendwas anderes zu beantragen außer einer angemessenen Ermessenvergütung.
    Die Situation wird sich bei der nächsten Betreuungsverlängerung ändern - oder auch nicht.
    Ist aber auch kein Problem, denn der Betreute hat's ja.

  • Deine erste "blaue" Einschaltung ist völlig zutreffend.

    Im Mittellosenbereich oder bei fehlendem Aktivnachlass kann der jeweilige Amtsinhaber nur mittels einer für die Zukunft wirkenden Umwidmung seiner bislang ehrenamtlichen Tätigkeit in eine berufsmäßige Tätigkeit zu einem Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für seine künftigen Tätigkeiten gelangen. Für die bereits in der Vergangenheit erbrachten Tätigkeiten bleibt es dabei, dass kein Vergütungsanspruch besteht.

    Anders verhält es sich natürlich beim Aufwendungsersatz, weil dieser auch Ehrenamtlern und auch im Fall der Mittellosigkeit zusteht (§ 1835 Abs. 4 S. 1 BGB). Auch der Weg zum pauschalen Aufwendungsersatz nach § 1835a BGB ist dann eröffnet.

    Der zweiten "blauen" Einschaltung vermag ich nicht zuzustimmen:

    Beim Betreuer gibt es für den in § 4 VBVG geregelten inkludierten Aufwendungsersatz nebst inkludierter Umsatzsteuer im Anwendungsbereich des § 1836 Abs. 2 BGB keinerlei Rechtsgrundlage. Gleiches gilt für die Zeitpauschalen des § 5 VBVG. Das gilt alles eben nur für den Berufsbetreuer!
    Im Übrigen wird in § 4 VBVG auch nicht zwischen Mittellosen- und Vermögensbereich differenziert, während es bei § 1836 Abs. 2 BGB ausschließlich um den Vermögensbereich gehen kann.

    Außerdem geht es nicht nur um Betreuer, sondern auch um den Vormund sowie um Pfleger und Nachlasspfleger. Wenn Du Deine genannte Ansicht konsequent durchführst, müsstest Du insoweit zu einer Vergütung zu den (nach § 3 Abs. 3 VBVB "flexiblen") Stundensätzen des § 3 VBVG gelangen, obwohl es auch hier an einer Anwendbarkeit auf Ehrenamtler fehlt und dies für den Pflegschaftsbereich in § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB nochmals ausdrücklich festgehalten ist. Da dies keinesfalls in Betracht kommt, würde Deine Ansicht also im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass man Betreuer und andere Amtsinhaber im Hinblick auf die Heranziehung des VBVG in vergütungsrechtlicher Hinsicht unterschiedlich behandelt.

    Wenn jemand nicht berufsmäßig bestellt wurde, dann ist er eben Ehrenamtler und dann kann man das VBVB insgesamt "vergessen". Im Übrigen ist die Vergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB nach ganz überwiegender (zutreffender) Ansicht auch nicht auf die Höhe der Vergütung beschränkt, die der Ehrenamtler im Vermögensbereich als berufsmäßiger Amtsinhaber erhalten würde. Entsprechend dieser gesetzlichen Konzeption verbietet es sich, den ehrenamtlichen Betreuer auf die Sätze des § 4 VBVG beschränken zu wollen - und auch auf die inkludierte Umsatzsteuer, den inkludierten Aufwendungsersatz und die Zeitpauschalen des § 5 VBVG?

  • Ja.
    Ich glaube da hab ich blau zwei ein wenig missvertäbdlich formuliert, ich will keinesfalls VBVG anwenden.
    Ein ehrenamtlicher BB wird wird gem. § 1836 Abs. 2 BGB vergütet, wenn die Voraussetzungen für Vergütung gegeben sind bestimmt sich deren Höhe nach keinerlei Vorschriften, sie hat lediglich angemessen zu sein. Da kann schon mal ein schöner Batzen herauskommen.
    Also je nachdem wie der Einzefall liegt mehr oder weniger, jedenfalls maximal soviel, wie sich der Betreute leisten kann.

    Ein redlicher Betreuer wird seine Stunden aufschreiben und einen halbwegs nachvollziehbaren Stundenlohn verlangen.

    Ein ehrenamtlicher BB der einen mittellosen betreut geht leer aus, ob man nun seinen Vergütungsantrag zurückweist oder seinen Antrag auf Aufwendungsersatz gem. § 1835 Abs. 3 zurückweist kann ihm einerlei sein, er wird diese Betreuung nicht mehr lange weiterführen, wenn nicht kulanterweise aus der StaKa ohne Rechtsgrundlage weiter vergütet wird.
    Aufwendungsersatz allein führt nicht weiter, da es eben lediglich Aufwendungsersatz ist und bleibt.

    Das Problem sind doch die Fälle wo § 1836 Abs. 2 BGB eigentlich noch nicht anwendar ist, aber keine Mittellosigkeit gem. § 1836c BGB vorliegt. Nur weil einer nicht Mittellos ist ist er noch lange nicht vermögend oder schwierig, das dürften sogar die meisten sein.
    Die VBVG Vergütung müsste der Betreute selber zahlen, einfach nur weil es Gesetz ist, die Betreuung ist aber weder umfangreich noch schwierig genug um eine Vergütung zu rechtfertigen.


    Am einfachsten wäre der Betreuer verlangt seine Entlassung gem. § 1908b Abs.2, es dürfte kaum ernsthaft bezweifelt werden, dass es einem BB unzumutbar ist umsonst zu arbeiten und lässt sich als BB neu bestellen.

  • Hat denn dieses Thema wirklich so viel Sprengkraft? Mir ist seit Jahren kein Fall mehr (wohl dank der Technik) auf den Tisch gekommen, wo die Feststellung der Berufsmäßigkeit vergessen wurde. Diese Fälle sind schon etwas her, da wurde die Feststellung dann "von Amts wegen" nachgeholt. Das mag nach neuer Rechtsprechung nicht richtig gewesen sein, hat für mich aber gleichwohl für zukünftige Vergütungsanträge Bestand.

  • Nur zur Klarstellung:

    Mit "Aufwendungsersatz" meinte ich nicht nur denjenigen nach § 1835 Abs. 3 BGB, sondern auch den Ersatz der "normalen" Aufwendungen (Fahrtkosten, Schreibauslagen usw.).

    Ob die angesprochenen Grenzfälle "die meisten" sind, wird davon abhängen, wo man tätig ist. In meinem Bezirk gibt es sehr (sehr) viele Vermögende und insoweit ist es natürlich ein eklatanter Unterschied vor einen Betreuer, ob er nach § 1836 Abs. 2 BGB oder mit den "Brosamen" des VBVG vergütet wird.

    Zur Frage der Umwidmung vertrete ich die Ansicht, dass sie bei der Betreuung nicht nur in Richtung der berufsmäßigen Amtsführung, sondern auch "umgekehrt" in Richtung der ehrenamtlichen Amtsführung möglich ist (bei Vormundschaften, Pflegschaften und Nachlasspflegschaften spielt das keine Rolle, weil die §§ 4 und 5 VBVG ohnehin nicht gelten). Denn das Gesetz kennt keinen Zwang zur berufsmäßigen Amtsführung. Außerdem kommt es zu diesem zulässigen Nebeneinander von ehrenamtlicher und berufsmäßiger Amtsführung bei der Führung mehrerer Betreuungen nun auch aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des BGH, weil jemand, der ansonsten Berufsbetreuer ist, aufgrund fehlender Feststellung der Berufsmäßigkeit eben nur ehrenamtlicher Betreuer ist. Wäre das besagte Nebeneinander von beruflicher und ehrenamtlicher Betreuung nicht möglich, dürfte es diese Rechtsfolge gar nicht geben.

  • Hat denn dieses Thema wirklich so viel Sprengkraft? Mir ist seit Jahren kein Fall mehr (wohl dank der Technik) auf den Tisch gekommen, wo die Feststellung der Berufsmäßigkeit vergessen wurde. Diese Fälle sind schon etwas her, da wurde die Feststellung dann "von Amts wegen" nachgeholt. Das mag nach neuer Rechtsprechung nicht richtig gewesen sein, hat für mich aber gleichwohl für zukünftige Vergütungsanträge Bestand.

    Wenn man die vielen OLG-Entscheidungen betrachtet, die sich mit der Nachholung der Feststellung der Berufsmäßigkeit beschäftigen, muss es sich schon um eine erkleckliche Anzahl von Fällen handelt. Wie mir aus der OLG-Praxis berichtet wird, besteht das Problem aber insbesondere bei Nachlasspflegschaften ("wurde oft vergessen") und deshalb wundert es mich auch etwas, dass im eingangs verlinkten Nachlassparallelthread über diese Fragen nicht diskutiert wird.

    Bei Betreuungen tritt das Problem wohl deshalb nicht so häufig auf, weil die Feststellung der Berufsmäßigkeit nach § 286 Abs. 1 Nr. 4 FamFG Teil der Beschlussformel ist und die betreffenden Bausteine natürlich hierauf Rücksicht nehmen. Gleichwohl sind zwei Betreuungsfälle mit der betreffenden Problematik bis zum BGH gelangt.

  • Ergänzend:

    Ich teile nicht die Auffassung, wonach von Amts wegen unzulässigerweise von Amts wegen vorgenommene Nachholungen der Feststellung der Berufsmäßigkeit die beabsichtigten Feststellungwirkungen entfalten. Denn aus der aktuellen BGH-Rechtsprechung ergibt sich, dass eine solche gerichtliche Entscheidung im Gesetz nicht vorgesehen ist und deshalb kann diese Wirkung auch nicht eintreten, wenn sie ein Gericht beschließt. Dies hat der BGH in anderem Zusammenhang auch bereits entschieden, nämlich für den Fall der Ernennung eines Testamentsvollstreckers nach § 2200 BGB, wenn die Testamentsvollstreckung bereits materiell beendet war (BGHZ 41, 23).

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