Eröffnung eines widerrufenen Testamentes

  • Ein notarielles gemeinschaftliches Testament wurde vor vielen Jahren aus der amtlichen Verwahrung zurückgegeben. Damit gilt das Testament als widerrufen. Ein entsprechender Vermerk befindet sich auf dem Testament. Aus mir unbekannten Gründen liegt jedoch die Urschrift dieses Testamentes hinten in der Akte. Nun ist die Ehefrau verstorben. Da das Testament dem Nachlassgericht vorliegt, muss ich es eigentlich eröffnen. Oder kennt jemand einen Grund, es nicht zu eröffnen?

    Danke für die Antworten.

  • Wenn Du mutig bist, dann lege es in den Häcksler. Ich wäre mutig.:)

    Es hat offensichtlich jemand einen Fehler gemacht. Wenn man eröffnet, was die Erblasserin nicht mehr haben wollte und alles ihrerseits Mögliche tat, dass das Ding verschwindet, Kosten für die TE erhebt und Leute benachrichtigt, die das nichts angeht, könnte das sogar eine Schadensersatzpflicht des Landes verursachen.

  • Nur zur Abrundung:

    Du hast auch ein von beiden Eheleuten und dem Rpfl. unterzeichnetes Protokoll bzgl. der Rückgabe in der Akte (in dem steht, dass das Testament zurückgegeben wurde)?

    Aus der Akte ergeben sich auch keine Hinweise, ob und ggf. wie das Testament (ggf. nach erfolgter Rückgabe) (wieder) in die Akte gekommen ist?

    Die Antworten bzgl. der ersten Frage "ja" und bzgl. der zweiten Frage "nein" lautet, würde ich einen Vermerk machen warum du nicht eröffnest und die Akte (mit dem Testament) wieder wgl..

    Mutmaßen wir mal: Damals sollte das Testament zurückgegeben werden. Die Testatoren sagen zum Rpfl. "Das nehmen wir nicht mit. Schmeißen sie das mal in ihren Papierkorb." und dann wurde das Wegschmeißen vergessen oder man hat sich nicht getraut oder die Putzfrau hat es wieder aus dem Papierkorb gefischt oder... Das ist der Grund, warum ich jeden Testator anhalte das Testament auch wirklich mitzunehmen und außerhalb des Gerichts dann damit zu machen was ihm beliebt.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (26. April 2014 um 12:24)

  • Wenn Du mutig bist, dann lege es in den Häcksler. Ich wäre mutig.:)

    Für mich klingt das nach Urkundenunterdrückung. Das Testament kann ganz schnell zu einem Beweismittel werden, sei es dass der Erblasser testierunfähig war, sei es, dass es ein späteres Tesament gibt, das durch das frühere verständlicher wird.

  • Wo ist denn das Problem: das Testament trägt den Vermerk, dass es durch Rückgabe aus der Verwahrung als widerrufen gilt. Es ist unwirksam, aber körperlich noch existent. Seit wann müssen wir körperlich existente, aber -z.B. durch Veränderungen oder spätere Testamente- widerrufene Testamente nicht mehr eröffnen. Stecken wir solche Testamente immer in den Häcksler? Ich zumindest nicht. Und das Argument der durch die Testamentseröffnung entstehenden Kosten. Man kann doch nicht von den Kosten her argumentieren, oder? Wenn ich das Testament nun mal -weil es eben noch da ist- eröffnen muss, dann kostet es eben. Ich bekomme immer wieder uralte Testamente -z.B. aus der Zeit zwischen 1939 und 1945 aus irgendwelchen Gerichtstresoren- die eröffnet wurden. Auch da entstehen Kosten. Mir ist keine gesetzliche Ausnahme bekannt. Und solche Testamente machen Probleme, wenn der Erblasser -z.B. nach Heirat und der Geburt von Kindern- kein neues Testament gemacht hat.

  • Heutzutage wird fast alles nur unter dem Kostenaspekt diskutiert, und zwar meist von denen, die ansonsten nicht zu den herausragenden Vertretern ihrer jeweiligen Zunft gehören.

    Man braucht sich ja nur anzusehen, was im Anwendungsbereich des § 35 GBO mitunter für ein Zirkus aufgeführt wird, auch wenn ich durchaus zu jenen gehöre, die insoweit einer umfassenden Prüfung des Grundbuchamts das Wort reden.

  • Notar_BW hat meines Erachtens den richtigen Ansatz.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich gebe Notar_BW ja auch grds. recht. Das unwirksame, widerrufene usw. Testamente zu eröffnen sind ist klar.

    Dennoch würde ich schauen, ob die Gründe bekannt sind oder ermittelt werden können, warum das Testament noch in der Akte ist bzw. wie es (wieder) zur Akte gelangt ist.

    Wenn man klar erkennen kann, das vergessen wurde es herauszugeben, dann kann man hier schon darüber diskutieren, ob tatsächlich eine Eröffnung zu erfolgen hat.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich gebe Notar_BW ja auch grds. recht. Das unwirksame, widerrufene usw. Testamente zu eröffnen sind ist klar.

    Dennoch würde ich schauen, ob die Gründe bekannt sind oder ermittelt werden können, warum das Testament noch in der Akte ist bzw. wie es (wieder) zur Akte gelangt ist.

    Wenn man klar erkennen kann, das vergessen wurde es herauszugeben, dann kann man hier schon darüber diskutieren, ob tatsächlich eine Eröffnung zu erfolgen hat.

    Wenn die Herausgabe vergessen wurde, haben wir keinen wirksamen Widerruf des Testamentes, vgl. § 2256 Asb. 1 S. 1 BGB. Diese Argumentationskette würde erst Recht zur Notwendigkeit der Eröffnung führen. Die Wirksamkeit der Verfügung spielt jedoch, wie bereits von anderen und von mir auch hier im Forum an anderer Stelle schon angemerkt, keine Rolle für die Frage, ob die Verfügung zu eröffnen ist.

    Ich würde im Eröffnungsprotokoll wahrscheinlich einen kurzen Vermerk anbringen, damit alle, denen die Verfügung bekannt gemacht wird, bezüglich der Frage der Wirksamkeit des Testaments sensibilisiert werden.

    Im Testamentseröffnungsverfahren obliegt es dem Rechtspfleger nicht zu prüfen, warum eine Verfügung (noch) in der Akte ist, die laut Protokoll herausgegeben wurde. Diese Frage ist allenfalls im Erbscheinsverfahren zu klären.

    In einem solchen Verfahren könnte sich aber unter Umständen herausstellen, dass das Testament tatsächlich herausgegeben und somit unwirksam geworden ist und sodann wieder zur Akte gegeben wurde (aus welchen Gründen auch immer). Gegebenenfalls wäre der überlebende Ehegatte zur Frage, ob die Herausgabe erfolgt war, zu hören. Auch eine Stellungnahme des damals zuständigen Rechtspflegers könnte Licht ins Dunkel bringen. Aber eben erst im Erbscheinsverfahren.

    Einmal editiert, zuletzt von Schirmacher (26. April 2014 um 21:17) aus folgendem Grund: Satz eingefügt

  • Auch wenn die Verwahrungsakten nebst Rücknahmeprotokoll nicht mehr greifbar sein sollten, dürfte an der erfolgten wirksamen Rücknahme kein Zweifel bestehen, denn mangels Gegenwart des Testators hätte der Verwahrungsumschlag nicht geöffnet und auch der besagte Widerrufsvermerk auf dem Testament nicht angebracht werden dürfen.

    Warum das Testament letztlich in den Akten verblieben ist, spielt im Ergebnis keine Rolle. Es handelt sich um ein Testament, das ungeachtet und unbeschadet seines erfolgten Widerrufs zu eröffnen ist.

    Wenn Leute das zurückgegebene Testament nicht mitnehmen wollen, frage ich immer, ob sie das Testament nicht gleich zerreißen wollen. Das wird in der Regel dann auch gemacht und ich nahm in das Protokoll dann immer folgenden Passus auf:

    "... wurde das Testament ... zurückgegeben und vom Erschienenenen in Gegenwart des Rechtspflegers zerrissen."

  • Vielen Dank für die Antworten.

    Ich habe zwischenzeitlich mit meinem Kollegen gesprochen, der in der Vertretung den Erbscheinsantrag aufgenommen hat. Er meinte, dass möglicherweise die Antragsteller, die noch ein weiteres handschriftliches Testament eingereicht haben, auch das widerrufene Testament zur Akte gegeben haben. Aber ganz sicher ist er sich nicht mehr.

    Ich werde dann das widerrufene Testament auch eröffnen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!