§ 1026 BGB: rechtliche Beschränkung und amtliche Karte

  • Wie handhabt ihr das?

    Nach Palandt § 1026 BGB RNr. 2 muss die Ausübung einer Dienstbarkeit rechtlich beschränkt sein.

    Obergerichtliche Entscheidungen sprechen mal von "Flurkarte", mal von "Lageplan", "amtliche Bescheinigung/Lageplan", die als Grundlage der Unrichtigkeit nach § 22 GBO vorliegen müssen.

    Standardfall ist bei mir meistens:
    A räumt dem B ein Leitungsrecht ein. Die Leitung ist schon verlegt. Verlauf und Lage der Leitung ergeben sich aus dem beigefügten Plan, der vorlag und eingesehen wurde sowie mit Schnur und Siegel der Urkunde verbunden ist. Über eine mögliche Verlegung der Leitung wird nichts gesagt, auch nichts explizites in Bezug auf eine rechtliche Einschränkung.

    Es handelt sich um keine amtliche Karte, sondern irgendeine Kopie eines alten Plans, oder aus einem Bauplan, Skizze etc., die beigefügt werden.

    Dann kommt irgendwann der § 1026 BGB Antrag.

    Ein Vergleich dieses Plans und der aktuellen Flurkarte ergibt, dass zumindes die damals verlegte Leitung nicht auf dem abgeteilten Grundstück liegt.

    Da ich aber keine rechtliche Einschränkung habe und kein amtlicher Plan vorliegt, sind die Vorraussetzungen des § 1026 BGB doch dann nicht gegeben, oder?

  • ...

    Über eine mögliche Verlegung der Leitung wird nichts gesagt, auch nichts explizites in Bezug auf eine rechtliche Einschränkung.

    ...
    Da ich aber keine rechtliche Einschränkung habe sind die Vorraussetzungen des § 1026 BGB nicht gegeben.


    :daumenrau


    Habe mir ein paar kleine Klarstellungen im Zitat erlaubt ;)

    Selbst wenn der Plan amtlich wäre, müsste die Ausübung trotzdem noch "rechtlich" beschränkt werden.

  • Dieses "rechtlich beschränkt" oder "rechtsgeschäftlich beschränkt" möchten halt die Notare (jedenfalls einige hier bei uns) gern weit auslegen, damit man möglichst viele Rechte nach § 1026 BGB behandeln kann. Wie genau muss denn die Formulierung sein?

    Möcht gern einen Riegel vorschieben, da jetzt in jeder 2. Urkunde schon so ein Antrag gestellt wird.

  • "Wie genau muss denn die Formulierung sein?"
    Kann man so nicht sagen.

    1026 soll die Grunddienstbarkeit nicht inhaltlich verkürzen." MüKo Rn 2, da muss man eben aufpassen und sich die Rechte jeweils ansehen, ob § 1026 BGB passt. Patentlösung gibt es keine.

  • ...

    Obergerichtliche Entscheidungen sprechen mal von "Flurkarte", mal von "Lageplan", "amtliche Bescheinigung/Lageplan", die als Grundlage der Unrichtigkeit nach § 22 GBO vorliegen müssen.

    Standardfall ist bei mir meistens:
    A räumt dem B ein Leitungsrecht ein. Die Leitung ist schon verlegt. Verlauf und Lage der Leitung ergeben sich aus dem beigefügten Plan, der vorlag und eingesehen wurde sowie mit Schnur und Siegel der Urkunde verbunden ist. Über eine mögliche Verlegung der Leitung wird nichts gesagt, auch nichts explizites in Bezug auf eine rechtliche Einschränkung.

    Es handelt sich um keine amtliche Karte, sondern irgendeine Kopie eines alten Plans, oder aus einem Bauplan, Skizze etc., die beigefügt werden.
    ...

    Wenn wegen des Verlauf und der Lage der schon verlegten Leitung auf einen der Eintragungsbewilligung beigefügten Plan verwiesen wird, der vorlag und eingesehen wurde sowie mit Schnur und Siegel der Urkunde verbunden ist, ergibt sich daraus bereits die rechtsgeschäftliche Festlegung des Ausübungsbereichs (s. BGH, Beschluss vom 9. 5. 1972 - V ZB 19/71 = Rpfleger 1972, 250; BGH, Urteil vom 6.3.1981 - V ZB 2/81 = Rpfleger 1981, 286; B. vom 23.10.1981, V ZR 168/80 = Rpfleger 1982, 16 (..“ergibt sich aber jedenfalls über den Inhalt der Eintragungsbewilligung für einen unbefangenen Leser eine zweifelsfreie Bestimmung der Ausübungsstellen. Die Bewilligung bezieht sich auf die bereits verlegten Leitungen und verweist auf den vorhandenen Zustand ..“).

    Das OLG München, 34. Zivilsenat, führt im B. vom 03.03.2014, 34 Wx 489/13, aus:

    ..“Nach der nächsten Wortbedeutung jedenfalls ist damit der Bereich, auf dem das Geh- und Fahrtrecht ausgeübt werden kann, umschrieben und fixiert. Die auch ohne Skizze unmittelbar einleuchtende Beschreibung legt gerade fest, wozu der Eigentümer des herrschenden Grundstücks an welcher genau umschriebenen Stelle berechtigt ist. Sie würde ihren Sinn verlieren, wenn die Berechtigten darüber hinaus das gesamte Grundstück in Anspruch nehmen dürften…“

    Der Plan muss auch nicht aus einer amtlichen Karte bestehen. Skizzen etc. reichen aus. Der BGH führt im B. v. 9. 5. 1972 - V ZB 19/71 – aus: …..“ Es kann hier nichts anderes gelten, als wenn zur Bezeichnung eines Grundstücksteils auf irgendwelche im Gelände vorhandene oder von den Beteiligten erst angebrachte Oritentierungshilfen wie Bäume, Zäune, Gräben, Pflöcke usw. verwiesen wird (vgl. Urteil des Senats v. 17. 1. 1969 - V ZR 162/65, NJW 69, 502 = DNotZ 69, 486 und OLG München, DNotZ 71, 544). Der Unterschied besteht nur darin, dass bei der Bezugnahme auf eine Orientierungshilfe im Gelände der Gegenstand, auf den sich die Beurkundung der Erklärung bezieht, unmittelbar identifiziert wird, während bei der Bezugnahme auf eine Karte (Plan, Skizze u.ä.) der Beziehungsgegenstand erst mittelbar, nämlich dadurch identifiziert werden kann, dass die Karte auf die Örtlichkeit übertragen wird (Weber, aaO 135/136, 144). Die auf eine Karte Bezug nehmende Urkunde ist allerdings im Grundbuch mit Rücksicht auf dessen Publizitätscharakter nur dann vollziehbar, wenn die Karte allgemein zugänglich ist. Dies wird am einfachsten und sichersten dadurch ermöglicht, daß die Karte und die Urkunde nach dem in § 44 BeurkG vorgesehenen Verfahren, wie das hier auch geschehen ist, mit Schnur und Prägesiegel verbunden werden (Weber, aaO 145/146, 147)…“

    Die Festlegung des Ausübungsbereiches müsste aber nicht einmal unbedingt rechtsgeschäftlich erfolgen, sondern kann auch dem Berechtigten überlassen worden sein (s. Jörg Mayer im Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2009, § 1023 RN 9 unter Zitat BGB-RGRK/Rothe Rn 1; vgl den Fall von BGH NJW 2002, 3021 = DNotZ 2002, 721 m Anm. Dümig)..

    Ferner: BGH, Urteil vom 7. 10. 2005 - V ZR 140/04 = Rpfleger 2006, 67. Informativ auch die Anm. von Böttcher zu BGH, Rpfleger 1984, 227

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für die Hinweise! Muss ich mir erst mal raussuchen.

    Kann schon sein, dass die Festlegung den Beteiligten überlassen werden kann, aber das nützt mir für den grundbuchlichen Unrichtigkeitsnachweis wenig.
    Ist da kein Unterschied zwischen "Ausübungsbereich" und "rechtlicher Einschränkung"?

  • ......

    Kann schon sein, dass die Festlegung den Beteiligten überlassen werden kann, aber das nützt mir für den grundbuchlichen Unrichtigkeitsnachweis wenig. ..

    Wenn Du das Freiwerden nicht nachvollziehen kannst, kommt eine Löschung ohne Bewilligung nicht in Betracht. Siehe dazu die in den letzten Wochen in den Rechtsprechungshinweisen eingestellten Entscheidungen des OLG München, zuletzt vom 22.04.2014, 34 Wx 134/14 (…“Auch bei Belastung des ganzen Grundstücks ist die Ausübung auf einen begrenzten Bereich des Grundstücks beschränkbar (vgl. BGH NJW 2002, 3021; Palandt/Bassenge § 1018 Rn. 7). Die Ausübungsbeschränkung muss entweder als Rechtsinhalt der Grunddienstbarkeit rechtsgeschäftlich festgelegt worden sein oder aber auf der dem Berechtigten überlassenen tatsächlichen Ausübung beruhen (vgl. BGH NJW 2002, 3021; Palandt/Bassenge § 1018 Rn. 7). Im ersteren Fall sind für die notwendige Bestimmtheit der in das Grundbuch aufgenommene Eintragungsvermerk und die in Bezug genommene Eintragungsbewilligung (§ 874 BGB) entscheidend. …… Im zweiten Fall wird eine Grundbuchberichtigung ohne Bewilligung des Betroffenen nur in Fällen in Betracht kommen, in denen die äußeren Umstände für jedermann offen zutage liegen. Ansonsten wird ein Unrichtigkeitsnachweis, notwendigerweise in der Form des § 29 GBO (Demharter § 22 Rn. 42), in der Regel nicht zu erbringen sein. Denn das Grundbuchamt darf von sich aus keine Ermittlungen anstellen und darf im Übrigen nur urkundliche Nachweise (§ 29 GBO) berücksichtigen.
    2. Hiervon ausgehend erlauben die Bewilligungen aus dem Jahr 1930 die Löschung der bei Teilung des dienenden Grundstücks FlSt xxx auf das neu gebildete FlSt xxx im Jahr 1970 übertragenen Rechte nicht….“)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die Fragestellerin scheint den Begriff der Ausübungsbeschränkung misszuverstehen.

    Stimmt :oops:

    Und das Subsumieren von konkreten Formulierungen in Eintragungsbewilligungen unter

    "....Die Ausübungsbeschränkung muss entweder als Rechtsinhalt der Grunddienstbarkeit rechtsgeschäftlich festgelegt worden sein....."

    fällt mir auch häufig schwer.

  • Zunächst ist auf die Eintragung abzustellen, evtl. ist daraus der Ausübungsbereich schon erkennbar, z.B. durch das bekannte "lastend an: Flst. ...", oder den Inhalt, z.B. Überbaurecht, das kann logischerweise nicht an der gegenüberliegenden Grenze lasten, sondern an der gemeinsamen Grenze von Diener und Herrscher,...so Sachen sieht man dann schon mal.

    Dann nimmt man sich die Bewilligung (Obacht: die "echte" Bewilligung macht evtl. nur einen kleinen Teil der Bestellungsurkunde aus, da vieles gern nur schuldrechtlich vereinbart wird) vor, meistens steht da schon was drin, dann guckt man, ob das ausreicht um den Ausübungsbereich ich sag mal "objektiv" zu bestimmen.

    Dazu ist je u.U. ein Blick in die Flurkarte nötig.

    Wenn das alles passt, dann kommen die bisher gemachten Ausführungen zur "rechtlichen" Beschränkung zum Zuge und wenn der Ausübungsbereich dann tatsächlich oder rechtsgeschäftlich (oft verkürzt ausgedrückt:"rechtlich beschränkt") beschränkt ist dann darf man löschen.

  • Von Kollegen wurde die Meinung vertreten, dass die in Bezug genommene, der Eintragungsbewilligung beigefügte Karte (in der der Ausübungsbereich eingezeichnet ist), immer eine "amtliche" Karte sein müsse. Deshalb meine Fragen hier.

  • Nein, s.o.

    Sich bei der Prüfung von § 1026 BGB nun auf so Notanker wie "amtliche" Karten zu versteifen ist nicht zielführend.

    "...wenn die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des belasteten Grundstücks beschränkt ist..."
    das ist der Wortlaut - und von einer Karte ist da nicht die Rede.
    "bestimmt" muss der Grundstücksteil sein und die "Ausübung" muss "beschränkt" sein.
    Das muss erstmal der Fall sein, und dann gilt natürlich weiterhin die GBO ;)

  • Nein, es muss keine amtliche Karte sein und dieses Erfordernis gab es auch noch nie.

    Im Übrigen gibt es auch die Möglichkeit, den Ausübungsbereich im Text - und ohne Karte - zu beschreiben, z. B. als Geh- und Fahrtrecht auf einem drei Meter breiten Streifen entlang der gesamten östlichen Grenze des Grundstücks.

  • Ich häng mich hier mal dran. Es geht um die lastenfreie Abschreibung bezüglich eines Abwasserkanal- und Wasserleitungsrechts.

    Text der Urkunde: "Die Beseitung der Abwässer und die Versorgung mit Frischwasser soll künftig über das Grundstück ... führen. Hierfür werden im Grundstück ... eine Abwasserleitung und eine Frischwasserleitung verlegt. Der Verlauf ist in dem beifgefügten Plan mit ... gekennzeichnet. Zur Sicherung der Abwasserleitung und der Frischwasserleitung bestellen ... folgende Dienstbarkeiten: Der jeweilige Eigentümer duldet den Forbestand und die Benützung der vorgenannten Leitungen.

    Die abzuschreibenden Grundstücke liegen eindeutig außerhalb der Leitungen. Auch die Zufahrt und Zugang zu den Leitungen ist gewährleistet. M.E. ergibt sich aus der Formulierung der Urkunde eindeutig der Ausübungsbereich der Dienstbarkeit, auch wenn zum Zeitpunkt der Bestellung die Leitungen noch nicht verlegt waren. Ansonsten würde ein Verweis auf den Lageplan ziemlich sinnlos sein.

    Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks erhebt nun Einwendungen. Er meint -neben einigen anderen hier unrelevanten Aussagen- dass er nicht überprüfen könne, wo die Leitungen tatsächlich verlaufen. M. E. ist dies jedoch irrelevant, da der Ausübungsbereich gemäß dem Plan beschränkt ist.

    Gibt es Meinungen hierzu? Ich bin über jede Äusserung dankbar!

  • Sehe ich ebenso. Es ist bzgl. des Ausübungsbereichs auf den Plan Bezug genommen worden und eben nicht auf die tatsächliche Ausübungsstelle abgestellt worden. Damit ist es irrelevant, wo die Leitungen tatsächlich verlaufen.

    Ulf

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