Benachrichtigung von der Erbausschlagung an Verwandte des Erblassers in Italien

  • Ein italienischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Deutschland ist verstorben. Ich gehe davon aus, dass italienisches Erbrecht Anwendung findet, Art.25 Abs. 1 EGBGB. Eine Rechtswahl ist nicht getroffen.
    Die Ehefrau war vorverstorben, alle Kinder und Enkelkinder (in Deutschland) haben die Erbschaft ausgeschlagen.
    Zur Erbfolge sind nunmehr grundsätzlich die in Italien lebenden Geschwister, Nichten, Neffen berufen. Bei diesen handelt es sich ausnahmslos um italienische Staatsbürger, die der Gerichtssprache Deutsch nach Auskunft der Kinder des Verstobenen nicht mächtig sind.
    Nach italienischem Erbrecht erfolgt die Anfall der Erbschaft nicht ipso jure. Der Nachlass bildet zuächst eine selbständige Masse ohne Rechtsträger, die erst durch die Annahme der Erbschaft durch die zur Erbschaft berufenen Personen diesen rückwirkend auf den Erbfall anfällt.
    Annahmeerklärungen der in Italien lebenden - zur Erbschaft berufenen Verwandten - liegen nicht vor.

    Muss ich dennoch die Geschwister und ggfs. Nichten, Neffen in Italien davon in Kenntnis setzen, dass sie aufgrund der Erbausschlagung aller Kinder und Enkelkinder nunmehr zur Erbschaft berufen sind?

    Wenn ja, ist dabei etwas zu beachten? Die Hinweise auf die deutschen Rechtsvorschriften in meinem Vordruck passen natürlich nicht. Bin ich als Rechtspfleger verpflichtet, Hinweise auf die einschlägigen italienischen Rechtsvorschriften zu erteilen?

    Hat jemand in der Rechtspfleger-Online-Community in der Vergangenheit mal ein solches Schreiben nach Italien geschickt? Bitte melden!

    Die Gerichtssprache ist Deutsch. Ein eventuelles Schreiben an die gesetzlichen Erben in Italien beabsichtige ich daher in deutscher Sprache abzufassen. Ich bin mir aber bereits jetzt bewusst, dass kein Adressat in Italien den Inhalt meines Schreibens verstehen wird. Oder muss ich ein solches Schreiben sogar in die italienische Sprache übersetzen lassen?

    Ich hoffe auf Eure Mithilfe,

    Grazie!

  • Frage: Warum willst du überhaupt ein Schreiben an die Erben der höheren Ordnung schicken?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ein italienischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Deutschland ist verstorben. Ich gehe davon aus, dass italienisches Erbrecht Anwendung findet, Art.25 Abs. 1 EGBGB. Eine Rechtswahl ist nicht getroffen.
    Die Ehefrau war vorverstorben, alle Kinder und Enkelkinder (in Deutschland) haben die Erbschaft ausgeschlagen.
    Zur Erbfolge sind nunmehr grundsätzlich die in Italien lebenden Geschwister, Nichten, Neffen berufen. Bei diesen handelt es sich ausnahmslos um italienische Staatsbürger, die der Gerichtssprache Deutsch nach Auskunft der Kinder des Verstobenen nicht mächtig sind.

    Grazie!

    Zu #2:

    Ich denke mal, wegen des roten Teils im zitierten Ausgangsbeitrag.

    Zur Frage:

    Nach Deiner Schilderung kann ein Rechtsnachteil durch die Nichtausschlagung nicht entstehen, da die Erbschaft nicht ipso jure, sondern erst durch ausdrückliche Annahme anfällt. Wenn es also tatsächlich keine Ausschlagungsfristen gibt, sind Benachrichtigungen wohl nicht vorzunehmen, wobei ich mich frage, warum Du das Ausschlagungsverfahren dann nach deutschem Erbrecht begonnen hast (wenn Anfall erst durch Annahmeerklärung, warum dann Ausschlagungserklärung aufnehmen?).

    Unabhängig davon dürfte zu prüfen sein, ob das im Inland belegene Vermögen (Grundbesitz?) zu sichern ist.


    Beste Grüße

  • Ich halte eine Ermittlung und Benachrichtigung von potentiellen Erben im Ausland (durch das NLG) für unverhältnismäßig. Wenn sicherungsbedürftiger Nachlass vorhanden ist, wäre das ein Fall für eine NLPflegschaft.

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  • Zur berechtigten Frage "Warum hast du überhaupt das Erbausschlagungsverfahren in Gang gesetzt?" hier die einfache Antwort:

    Das Ei hat mir leider eine Notarin ins Nest gelegt, die die Erbausschlagung sämtlicher gesetzlicher Erben der 1. Ordnung beurkundet und an das Nachlassgericht geschickt hat. Italienisches Erbrecht hat die Notarin offensichtlich nicht geprüft. Jetzt habe ich den Vorgang am Hals.

    Eine Ermittlung der gesetzlichen Erben in Italien ist nicht erforderlich, da die in Deutschland lebenden Kinder des Erblassers "so freundlich waren", sämtliche in Italien lebenden gesetzlichen Erben der 2. Ordnung ihres Vaters mit kompletten Anschriften dem Nachlassgericht mitzuteilen. Ich habe also sämtliche Namen und Anschriften der Erbprätendenten in Italien.

    Aber es stellt sich nach wie vor die Frage, ob ich überhaupt verpflichtet bin, die Geschwister in Italien von den Erbausschlagungen aller Kinder und Enkelkinder des verstorbenen Bruders in Deutschland in Kenntnis zu setzen.

    Gibt es im italienischen Erbrecht eine Vorschrift, die der Benachrichtigungspflicht des § 1953 Abs. 3 BGB entspricht? Die Geschwister können zwar nach italienischem Erbrecht Erbe des verstorbenen Bruders werden, dafür müssen Sie die Erbschaft aber annehmen. Dem deutschen Nachlassgericht liegen keine Annahmeerklärungen vor und es ist auch nicht damit zu rechnen, dass solche hier eingehen.
    Laut telefonischer Rücksprache mit einer Tochter des Erblassers wissen dessen Geschwister von der Überschuldung des Nachlasses. Sicherungsbedürftiger Nachlass ist weder in Deutschland noch in Italien vorhanden. Ein Teil der Geschwister war auch wohl schon beim nächstgelegenen deutschen Konsulat in Italien und hat sich nach dem weiteren Vorgehen erkundigt. Was dort besprochen wurde, ist mir nicht bekannt. Nach tel. Auskunft der Tochter des Erblassers gehen die Verwandten in Italien aber davon aus, dass auch sie die Erbschaft ausschlagen müssen. Sie rechnen mit einem Benachrichtigungsschreiben des deutschen Nachlassgerichts.

    Ich stehe als Nachlass-Rechtspfleger aber auf dem Standpunkt, dass eine Mitteilungspflicht des Nachlassgerichts an die - potentiellen - gesetzlichen Erben in Italien nicht besteht, da keiner von ihnen die Erbschaft ausdrücklich angenommen hat.

    O.K.?

  • Okay, ich habe jetzt mal im Kommentar zum Internationalen Erbrecht (Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann) nachgelesen:

    Der geltende Codice civile von 1942 hat die bestehenden Zweifel (bezüglich der Frage, ob die Erbschaft nicht ipos iure anfällt) durch eine ausdrückliche Verwerfung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Erbfolge entschieden. Der Erbe erwirbt das Eigentum am Nachlass daher - anders als den Besitz - erst mit der Annahme.

    Es sind folgende Phasen zu unterscheiden:

    Die Berufung zur Erbschaft ist vor der Eröffnung der Erbfolge eine bloße Chance, noch nicht einmal eine Anwartschaft.

    Im Augenblick des Erbfalls - und der dadurch ausgelösten Eröffnung der Erbfolge - tritt dann der Anfall der Erbschaft ein, d.h. es findet kein unmittelbarer Übergang der Rechtsstellung des Erblassers auf den Erben statt, sondern der Berufene erwirbt mit dem Erbfall nur das Recht, die Erbschaft anzunehmen.

    Im italienischen Recht ist demnach deutlich zwischen dem Erwerb des Eigentums und dem Erwerb des Besitzes (hier bereits mit der Eröffnung der Erbfolge ipso iure) zu unterscheiden.

    Der Berufene hat nach dem Anfall der Erbschaft drei Möglichkeiten:

    a) Er nimmt die Erbschaft vorbehaltlos an.
    b) Er nimmt sie unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung an.
    c) Er schlägt sie aus.

    Daraus ergibt sich folgendes Problem:

    In dem Zeitraum zwischen Erbanfall und Annahme (oder auch konkrete Ausschlagung) ist das Erbschaftsvermögen ohne Rechtsträger. Bei werthaltigem Nachlass muss daher über die Anordnung einer Nachlasspflegschaft zum Schutz der künftigen Erben nachgedacht werden.


    Um zur Ausgangsfrage zurückzukehren:

    Die Ausschlagung entfaltet nach italienischem Recht nur die Wirkung, dass das Recht zur Annahme der Erbschaft entfällt. Daher sehe ich im vorliegenden Fall kein Benachrichtigungserfordernis. :)

  • Die Ausschlagung entfaltet nach italienischem Recht nur die Wirkung, dass das Recht zur Annahme der Erbschaft entfällt. Daher sehe ich im vorliegenden Fall kein Benachrichtigungserfordernis. :)


    ...womit wir wieder zu der in #2 genannten Frage kommen :)

    Ich hätte auch ohne die ganzen IPR-Überlegungen von einer Ermittlung und Benachrichtigung abgesehen. Wenn es sicherungsbedürftigen Nachlass gibt, hätte ich eine NLPflegschaft angeordnet. Das war´s....

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  • Die Frage wurde vom Fragesteller bereits beantwortet, denn die Notarin mit dem Ei hat die Erbausschlagungserklärungen aller Erben der 1. Ordnung beurkundet. Damit erwerben das Recht zur Annahme die Erben der 2. Ordnung.

    Den Erben der 2. Ordnung mitzuteilen, dass wegen der Ausschlagung aller Erben der 1. Ordnung das Recht zur Annahme der Erbschaft übergegangen ist, ist durchaus zweckmäßig. Ich würde es dann allerdings nur als formloses Schreiben machen. Was dann passiert - abwarten. ;)

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