Erbrecht in Benin

  • Werte Mitstreiter im Geiste...
    Jetzt sitze ich hier an meinem kleinen Amtsgericht und die große weite Welt klopft an meine Tür... und irgendwie möchte ich nicht aufmachen!!!

    Folgender Sachverhalt:
    Mit letztem Wohnsitz im hiesigen Bezirk verstarb ein Angehöriger des Staates Benin. Er war ledig, hinterließ aber eine nichteheliche Tochter. Vaterschaft ist anerkannt/festgestellt.
    Die Kindesmutter spricht nun vor und benötigt einen Erbschein, da der Arbeitgeber des Erblassers noch das letzte Monatsgehalt an die Tochter auszahlen will, dafür aber einen Erbschein verlangt.

    So... und nun?:confused:

    Welches Erbrecht kommt zur Anwendung? Das www. hat mir diesbezüglich nicht sehr weitergeholfen, ich kann nur mutmaßen, dass das beninische Erbrecht sich an das französische anlehnt.
    Vielleicht hat ja ein Kollege mit großem Fachwissen oder einer großen Bibliothek eine Lösung für mich.

  • Ah, Benin... eines der noch am besten organisierten Länder im früheren Französisch-Westafrika.

    Du brauchst den "CODE DES PERSONNES ET DE LA FAMILLE DE LA REPUBLIQUE DU BENIN (LOI N° 2002 – 07 PORTANT CODE DES PERSONNES ET DE LA FAMILLE)", hier von der Yale Law School, und ich habe eine vollkommen inoffizielle Schnellübersetzung der vier entscheidenden Artikel angefertigt

    Zusammenfassung: Die Kinder erben zu unter sich gleichen Teilen nach Stämmen, wenn sie nicht aus einer blutschänderischen (inzestuösen) Verbindung stammen.

    Achtung: Die Erbschaft muß angenommen werden, Art. 640 ff. - aber das geht auch stillschweigend:

    Zitat

    ARTICLE 648


    Die Annahme kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen, (...); sie ist stillschweigend, wenn der Erbe einen Rechtsakt oder eine tatsächliche Handlung vornimmt, der oder die notwendig den Willen des Erben zur Annahme voraussetzt und den oder die er nur in seiner Eigenschaft als Erbe vornehmen könnnte.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich kann nur aus einem älteren Staudinger (2000) im dortigen Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 80 zitieren:

    Das Kollisionsrecht von Benin geht auf das französische Recht zurück. Im Internationalen Erbrecht gelten also die aus Art. 3 Abs. 2 frz. Cc entwickelten Regeln. Danach wird das bewegliche Vermögen nach dem Recht des domicil des Erblassers, das unbewegliche Vermögen nach der lex rei sitae vererbt. Das interne Recht von Benin ist interpersonal gespalten. Die Erbfolge hängt davon ab, ob für den Erblasser das moderne Personalstatut maßgebend ist (Anwendung des Coce civil in der zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit geltenden Fassung von 1960 mit späteren Änderungen) oder ob er einem der traditionellen Stammesgewohnheitsrechte untersteht.

    An Literatur ist genannt: Gbaguidi, Erbrecht an Grund und Boden in Benin (1994).

    Wenn das Vorstehende alles noch zutrifft, dürfte bei deutschem Wohnsitz des Erblassers kraft Rückverweisung das deutsche Erbstatut für den beweglichen Nachlass in Betracht kommen. Das gilt dann auch für das Nichtehelichenerbrecht.

    Was mein Vorredner - ganz zutreffend - schreibt, setzt natürlich die Anwendung des Erbstatuts von Benin voraus. Im Ergebnis ergibt sich zum deutschen Erbrecht aber wohl kein Unterschied.

  • Das Gesetz von 2002 hat auch das IPR geändert. Die entsprechende Vorschrift lautet nunmehr:

    Zitat

    ARTIKEL 1004


    Die Frage, wer Erbe ist, in welcher Reihenfolge mehrere Erben berufen sind, und die Übertragung der Nachlaßaktiva und-passiva auf jeden von ihnen, richten sich nach dem Recht des Staates, dem der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes angehört hat.

    Hat der Vorstorbene jedoch im Zeitpunkt seines Todes offensichtlich engere Verbindungen mit dem Staat seines Domizils, so gilt für seine Erbschaft das Recht des Staates, in dem der Verstorbene bei seinem Tod sein Domizil hatte.


    Wer den zweiten Absatz für einen typisch afrikanisch-bananenrepublikanischen Gummiparagraphen hält, möge sich Art. 21 Abs. 2 EU-ErbRVO durchlesen.

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  • Ich wusste schon, weshalb ich darauf verwies, dass ich aus einem älteren Kommentar zitiere.

    Im Übrigen sollten sich alle Kollegen auch rechtzeitig mit der EuErbVO beschäftigen, damit sie im August 2015 nicht völlig überrascht davon sind, dass es so etwas überhaupt gibt.

    In der neuesten Auflage des Palandt ist die VO in Anhang II zu Art. 26 EGBGB auch bereits kommentiert.

    Im Übrigen ein guter Grund für die Anschaffung neuer Palandts im Gericht.

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