Änderung Erbvertrag

  • Brauche mal eure Hilfe...

    Eine Ehepaar hat einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, darin haben sie sich zunächst gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Der Ehemann ist vor Jahren (1996) verstorben.

    Die Ehefrau ist 2014 verstorben. in diesem Ehe- und Erbvertrag haben die Ehegatten für den 2. Sterbefall die Schwester der Ehefrau als Alleinerbin, ersatzweise deren Kinder zu gleichen Teilen eingesetzt.

    Die Ehefrau hat dann 2010 ein notarielles Testament errichtet, darin hat sie ein Ehepaar (wohl nicht verwandt und verschwägert) als Erben eingesetzt?

    Meine Frage nun, ob die Ehefrau überhaupt noch den Erbvertrag einseitig hat ändern können....

  • Da bekommst Du die berühmte Das-kommt-darauf-an-Antwort.

    Erfolgte die Einsetzung nach dem Längstlebenden mit vertraglicher Bindung ? Dazu steht oft was im Vertrag?
    Wenn nicht, musst Du auslegen. In welchem Verhältnis stand denn der Mann zu seiner Schwägerin? Grundsätzlich könnte man davon ausgehen, dass deren Einsetzung nur von Seiten der Frau vertragsmäßig gewollt ist (so hab ich es zumindest gelernt), dann könnte sie ändern. Wenn aber der vorverstorbene Ehemann ein sehr intensives Verhältnis zur Schwester seiner Frau und deren Kinder hatte, kann man schon mal dahin kommen, dass er deren Einsetzung als vertragsmäßig gewollt hat.

    Es hört doch jeder nur, was er versteht.

    (Goethe)

  • Es steht bzgl. der Bindung /Änderungsbefugnis nichts im Erbvertrag... es ist auch nichts angedeutet in keinem der beiden Urkunden....

    wie gehe ich in diesem Fall weiter vor? konnte die Ehefrau noch ändern?

    Ich hätte dann alle Beteiligte mal angeschrieben zu der Auslegung zu der ich komme und dann alle angehört oder?

  • Meines Erachtens liegt ein Erbvertrag vor. Und Verträge können dem Grunde nach nur gemeinschaftlich geändert werden.

    Ein Rücktritt scheint nicht vorbehalten zu sein. Ein solcher kann nach dem Tod des Erstversterbenden auch nicht mehr erklärt werden.

    Anhaltspunkte für einseitige Verfügungen eines oder beider Vertragspartner ergeben sich nach dem Sachverhalt aus dem Erbvertrag nicht, so das wohl von einer Vertragsmäßigkeit aller Verfügungen im Erbvertrag auszugehen ist.

    Aus der bloßen Existenz eines einseitigen Testaments des überlebenden Vertragspartners kann nicht auf die "Einseitigkeit" der Schlusserbeneinsetzung geschlossen werden.

    Die Erben aus dem gemeinschaftlichen Testament haben die Möglichkeit, entweder im Rahmen einer Feststellungsklage vor dem Zivilgericht oder im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens vor dem Nachlassgericht Ihr Erbrecht "feststellen" zu lassen. Im Verfahren vor dem Zivilgericht mit absoluter Rechtskraft. Im Rahmen vor dem Nachlassgericht mit der stetigen Möglichkeit, die Einziehung des ggf. erteilten Erbscheins jederzeit erneut zu beantragen.

  • Die für das gemeinschaftliche Testament geltenden Wechselbezüglichkeitsregeln sind beim Erbvertrag nicht von Belang. Dort entscheidet alleine, ob es sich um eine vertragsmäßige Verfügung handelt und ob dem überlebenden Vertragschließenden ein Änderungsvorbehalt eingeräumt ist.

    Was vertragsmäßig ist und was nicht, steht im Erbvertrag. Zumindest sollte es dort (ausdrücklich) stehen.

  • Nach dem vorliegenden Sachverhalt haben wir weder einen ausdrücklichen Änderungsvorbehalt noch kann im Rahmen der Auslegung zu einem Änderungsvorbehalt gelangt werden.

    Denn die Schlusserbenbestimmung erfolgte nach der Darstellung des Sachverhalts unabhängig davon, wer der Längstlebende ist. Somit muss davon ausgegangen werden, dass die Schlusserbenbestimmung vertragsmäßig und nicht einseitig abzuändern sein sollte.

    Ergo: Sofern nicht ein Rücktrittsrecht hergeleitet werden kann, ist die Verfügung von 2010 insoweit unwirksam, wie sie den Schlusserben in seinem Recht beeinträchtigt, § 2289 Abs. 1 BGB.

    Ein Rücktrittsrecht ist bisher ebenfalls nicht erkennbar. Im Übrigen wie Cromwell, gute Notare unterscheiden ausdrücklich zwischen vertragsmäßigen und einseitigen Verfügungen.

  • Naja, entscheidend ist doch hier ob die Schlusserbeneinsetzung eine einseitige oder eine vertragsmäßige Verfügung darstellt. Wenn sich aus dem Erbvertrag - wie nach dem Sachverhalt hier - hierzu nichts ergibt, können lt. Palandt (RZ 4 zu § 2278) die Grundsätze zur Wechselbezüglichkeit herangezogen werden. Demnach soll die Schlusserbeneinsetzung von Verwandten des Erstversterbenden vertragsmäßig, die von Verwandten des Überlebenden einseitig sein (Palandt w.o.).
    Eine einseitige Verfügung kann aber gem. § 2299 BGB durch Testament widerrufen werden.
    Insofern wird man wohl hier um eine Auslegung der Schlusserbeneinsetzung nach Anhörung der Beteiligten nicht herumkommen.

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