Errungenschaftsgemeinschaft bei Nießbrauch und RückAV?

  • Guten Morgen ins Forumsland!
    Ein spanisches Ehepaar, eingetragen in Errungenschaftsgemeinschaft spanischen Rechts, übertragen den Grundbesitz auf die Tochter und behalten sich den lebenslangen Nießbrauch vor. Ebenso soll eine RückAV eingetragen werden, beides in Gesamtberechtigung nach § 428 BGB.
    Ich habe das beanstandet für die RückAV, weil (bei Eintritt einer der Bedingungen) die Rückübertragung auch wieder an beide in Errungenschaftsgemeinschaft erfolgen müsste.
    Beim Nießbrauch ist m. E. Art. 1347 CC einschlägig (zum Gemeinschaftsvermögen gehören nicht nur die aus Arbeits- oder Erwerbstätigkeit erworbenen Vermögensgegenstände, sondern auch die Früchte, Zinsen und Erträge hieraus).
    Der Notar sieht das nicht so, insbesondere im Hinblick auf die Frage, was passiert, wenn die Eheleute sich scheiden lassen würden oder wenn einer der beiden stirbt.
    Ich habe hier zwar einen ziemlich guten Aufsatz über spanisches Ehe-, Güter- und Erbrecht, aber natürlich werden da nicht Nießbrauch und Rückübertragungsansprüche thematisiert.
    Hat jemand einen solchen Fall gehabt oder gibt es Ideen dazu?
    Danke schon mal fürs Mitdenken!

    Grüße aus dem Rheinischen
     Bee
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    Jedes Wort ist falsch und wahr, das ist das Wesen des Wortes.
    Max Frisch

  • Ich habe jetzt einen Parallelfall für eine Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechts. Eltern übertragen einen Teil ihres Grundbesitzes auf einen Sohn unter Vorbehalt von Nießbrauch und Rückübertragungsvormerkung -beides als Gesamtgläubiger-. Vielleicht gibt es jetzt ja Antworten??

  • Ich würde diese Frage auch gerne wieder nach oben schieben.

    Bei mir übergeben Eheleute, verheiratet in Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht an ihre beiden Töchter.
    Eingetragen werden soll ein Nießbrauch und eine Rückauflassungsvormerkung, beides für die Eheleute als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB.

    Bezüglich des Nießbrauchs habe ich gefunden, dass die Gesamtgläubigerschaft regelmäßig ausgeschlossen ist, wenn das Recht zum Gesamtgut einer ehelichen Gütergemeinschaft gehört (Schöner/Stöber Rn. 260). Soll das Recht dem Eheleuten in Gütergemeinschaft und nach dem Ableben des ersten Eheteils dem überlebenden Eheteil alleine zustehen, dann wird eine Gesamtgläubigerschaft nach § 428 insoweit für zulässig erachtet, dass ein Sukzessivvermerk empfohlen wird.

    Dieser könnte lauten: Als Berechtigte in Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht, bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB (Schöner Stöber, Rn 1370, 1246, 934).
    Oder:
    In Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht, bei der vereinbart ist, dass sie nach dem Tod des Berechtigten dem überlebenden Berechtigten unverändert alleine zusteht (Amann MittBayNot 1990,225).

    Soweit zu meinen Überlegungen.
    Aber ich weiß nicht, ob ich absolut in die falsche Richtung renne :confused:

    „Zwischen dem, was wir denken, was wir sagen wollen,was wir denken, zu sagen, was wir sagen, was wir hören wollen, was wir hören,was wir hören möchten, was wir denken, zu verstehen, und was wir wirklichverstehen, bestehen neun verschiedene Möglichkeiten, nicht verstanden zuwerden.“

  • Mit Deinen Überlegungen kommst Du mE nur weiter, wenn die Eintragung so, wie beantragt, schlichtweg ausgeschlossen ist.

    Das erscheint mir jedoch nicht der Fall zu sein.

    Was in das Gesamtgut fällt, ist in Art. 177 codice civile (c. c.) aufgezählt. Art. 177 Absatz 2 c.c. formuliert dazu eine Ausnahme:

    Diese lautet:

    (2) Der Erwerb von unbeweglichen oder der in Artikel 2683 aufgezählten beweglichen Sachen, der nach der Eheschließung erfolgt, ist von der Gütergemeinschaft gemäß den Buchstaben c, d und f des vorhergehenden Absatzes ausgeschlossen, wenn dieser Ausschluss aus dem Erwerbsakt hervorgeht und auch der andere Ehegatte Partei dieses Erwerbsakts ist.

    (s. dazu das Gutachten des DNotI Nr. 172451 vom 26. September 2019
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…205bbf92bb7b904)

    Nach dieser Bestimmung ist es nach der Ansicht von Milzer in seiner Anmerkung zum Beschluss des OLG Zweibrücken vom 09.12.2015, 3 W 115/15, in der FGPrax 2016, 113, 114/115 auch möglich, dass ein Ehepartner auch zu Alleineigentum erwerben kann, wenn der andere Ehepartner am Vertrag beteiligt ist und deshalb dessen konkludente Zustimmung zum Alleinerwerb unterstellt werden kann.

    Ob diese Ansicht zutrifft, hat das OLG München im Beschluss vom 25.06.2020, 34 Wx 504/19, dahin gestellt sein lassen, weil im dortigen Fall ersichtlich war, dass der Erwerb nicht mit eigenen Mitteln erfolgte.

    Jedenfalls dürfte es mE nicht ausgeschlossen sein, dass bei der Veräußerung von zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft gehörenden Vermögen bestimmt werden kann, dass die Gegenleistung, nämlich der Nießbrauch und die Rückerwerbsvormerkung nicht zum Gesamtgut gehören sollen.

    Rechtsprechung habe ich dazu allerdings nicht gefunden. Vielleicht wäre insoweit doch eine Zwischenverfügung angebracht ?

    Allerdings dürfte bei der Rück-AV auch das gelten, was das OLG Nürnberg, 15. Zivilsenat, im Beschluss vom 02.07.2020, 15 W 985/20,
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-15424?hl=true
    in Rz. 15 ausgeführt hat:

    „Denn eine Eigentumsvormerkung für einen erwerbenden Ehegatten allein kann auch dann eingetragen werden, wenn das Grundbuchamt weiß, dass das Grundstück in eheliches Gesamtgut fällt (BayObLG, Beschluss vom 09.01.1986 - 2 Z 122/85 -, für den Fall des Grundstückserwerbs durch einen Ehegatten als Alleineigentümer, der im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht lebt; Meikel a.a.O. Rn. 121; Staudinger a.a.O.; Schöner/Stöber a.a.O.; Reithmann/Martiny a.a.O. Rn. 6.891). Dies gilt für Ehegatten, die Miteigentumsanteile erwerben, entsprechend. Die Auflassungsvormerkung ist nur eine vorläufige Eintragung, welche die beabsichtigte dingliche Rechtsänderung vorbereiten will, eine bloße Zwischenerscheinung im Grundbuch, die mit der Eintragung der Auflassung wieder gelöscht werden soll (BayObLG, Beschluss vom 04.06. 1957 - BReg. 2 Z 172/56 -).“.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (17. Dezember 2020 um 20:28) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert

  • Vielen Dank für die ausführliche Antwort.

    Bei der RückAV hatte ich auch schon in diese Richtung gedacht. Mein erster Gedanke war, dass ich kein wirkliches Problem hier habe (gerade wegen den zitierten Rechtsprechungen). Aber dann habe ich mir die Ausgestaltung nochmal genauer angeschaut.

    Die Formulierung lautet:
    "Das Rückforderungsrecht steht den Veräußerer zu ihren beiden Lebzeiten als Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB zu, wobei es im Belieben der Veräußerer steht, ob sie zur gesamten Hand, zu beliebigen Miteigentumsquoten oder zum Alleineigentum eines Veräußerers erwerben; legen sie bei der Rückforderung kein Erwerbsverhältnis fest, ist an beide als Eigentümer in Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht aufzulassen (Gesamtgut)"

    Mein Gedanke bei der Formulierung des Notars ist jetzt jedoch, dass es doch erstmal grundsätzlich Gesamtgut ist, außer es wird bei Rückforderung etwas anderes bestimmt.
    Ich kann doch nicht schreiben, Gesamtgläubiger nach § 428 GBG, aber eigentlich ist es Gesamtgut solange sie nichts dazu sagen.

    Beim Nießbrauch lautet die Formulierung:
    "Der jeweilige Erwerber bestellt deshalb für die Veräußerer als Gesamtberechtigte gemäß § 428 BGB einlebenslängliches und unentgeltliches Nießbrauchrecht an dem gesamten Übergabegegenstand mit der Maßgabe, dass zu Lebzeiten beider Berechtigter nur an beide gemeinsam geleistet werden kann, kein Berechtigter alleine zulastendes anderen über das Nießbrauchrecht verfügen kann und der überlebende Berechtigte alleinberechtigt ist."

    Hier würde ich dann hoffen, dass der Notar die gleiche Formulierung wie bei der RückAV wählt. Eventuell in Errungeschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht, bei der vereinbart ist, dass sie nach dem Tod des Berechtigten dem überlebenden Berechtigten unverändert allein zusteht (Amann MittBayNot 1990, 225).


    „Zwischen dem, was wir denken, was wir sagen wollen,was wir denken, zu sagen, was wir sagen, was wir hören wollen, was wir hören,was wir hören möchten, was wir denken, zu verstehen, und was wir wirklichverstehen, bestehen neun verschiedene Möglichkeiten, nicht verstanden zuwerden.“

  • Zur AV: bei der Gesamtgläubigerschaft wird nur das Forderungsrecht eingetragen, das endgültige Erwerbsverhältniss bleibt dagegen offen. Ist auch ohne Fremdrechtsberührung so. Für die Eintragung maßgebend ist der 428 BGB. Zum NB: Dass das gemeinschaftliche Forderungsrecht zeitweise - hier bis zum Tod des Erstversterbenden - pausiert, sei grds. zulässig. Es gibt zumindest demgemässe Rechtsprechung. Das einzutragende Gemeinschsftverhältnis ist wiederum der 428 BGB.

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