Kündigung Mietvertrag durch Nachlassgericht...

  • :eek: Ähm. Ich bin gerade sprachlos. Habe eine Nachlassakte eines Berliner Amtsgerichts. Nachlass überschuldet, keine Nachlasspflegschaft wegen fehlender liquider Mittel. Vermieter fragt nach Erben. Bei mir läuft noch das Genehmigunsgverfahren, d.h. noch haben nicht alle Erben wirksam ausgeschlagen und da findet sich doch ein Beschluss des Amtsgericht mit- ich zitiere :"Das Nachlassgericht als Vertreter der unbekannten Erben kündigt hiermit das Mietverhältnis über die Wohnung der Erblassers." :eek::confused::confused::confused:

    So! Ich wusste noch gar nicht, dass das Gericht die unbekannten Erben vertritt. Das ist ein Scherz, oder? Das macht doch keiner sonst, oder? Ich meine die Frage ganz ernst: das geht doch so nicht?? Es kann ja sein, dass ich was verpasst habe.

    ""Beim Duschen ausrutschen und sich am Wasserstrahl festhalten wollen. Soll ich Ihnen noch mehr über mich erzählen?  :eek:

  • Kleine Korrektur: war gar kein Beschluss- war ein einfaches Schreiben, welches endet mit: "Eventuell bestehende Einzugsermächtigungen werden widerrufen". :gruebel: Ich bin raus...

    ""Beim Duschen ausrutschen und sich am Wasserstrahl festhalten wollen. Soll ich Ihnen noch mehr über mich erzählen?  :eek:

  • Das ist selbstverständlich rechtlich nicht tragbar. Nur der Nachlasspfleger als Vertreter der unbekannten Erben kann das Mietverhältnis - in welcher vertraglichen Gestaltung sei dahingestellt - auflösen.

    Somit wurde in dem Dir vorliegenden Fall das Mietverhältnis noch nicht wirksam beendet.

    Es sollte demnach dringend für Rechtssicherheit gesorgt werden. Anzumerken ist hier wohl auch noch, dass die Anordnung einer Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Aufhebung/Kündigung des Mietverhältnisses nicht von einem werthaltigen Nachlass abhängig gemacht werden darf. Soweit der Vermieter die Anordnung zu diesem Zwecke beantragt, ist die Nachlasspflegschaft anzuordnen. § 1960 Abs. 1 BGB ist diesbezüglich eindeutig.

    Du hast nichts verpasst :daumenrau

    Beste Grüße


    Nachtrag zu Cromwell:

    Ich sehe bei der Auflösung eines Mietverhältnisses (hier nur die Kündigung oder Aufhebung betreffend) keinen Raum für § 1846 BGB. Einen Nachlasspfleger zu bestellen dauert (jedenfalls hier) maximal 2 Werktage. Für so einen kurzen Zeitraum Maßregeln nach § 1846 BGB begründen zu können, dürfte schwierig sein für die bloße Beendigung eines Mietverhältnisses.

  • Aus einem Vortragsmanuskript:

    2. Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte sowie Erfüllung von Verbindlichkeiten

    a) Divergierende Rechtsauffassungen

    Es wird unterschiedlich beurteilt, ob das Nachlassgericht berechtigt ist, ohne die Einschaltung eines Nachlasspflegers in unmittelbarer Vertretung der Erben zu handeln und im Rahmen einer solchen Vertretung rechtsgeschäftliche Verpflichtungsgeschäfte mit Wirkung für den Nachlass vorzunehmen, über Nachlassgegenstände zu verfügen und Verbindlichkeiten des Nachlasses zu erfüllen. Die verneinende Mindermeinung vertritt die Ansicht, dass solche rechtsgeschäftlichen Maßnahmen stets einem zu bestellenden Nachlasspfleger vorbehalten seien,[13] während die befürwortende herrschende Rechtsauffassung solche nachlassgerichtliche Maßnahmen grundsätzlich für zulässig hält.[14]

    b) Stellungnahme: § 1846 BGB als Rechtsgrundlage des nachlassgerichtlichen Handelns

    Dass das Nachlassgericht berechtigt ist, in unmittelbarer Vertretung der Erben zu handeln, ergibt sich bereits aus der in § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB enthaltenen Verweisung auf die Vorschrift des § 1846 BGB. Im Anwendungsbereich dieser Norm ist es nämlich völlig unstreitig, dass das Nachlassgericht sowohl Verbindlichkeiten für die Erben eingehen als auch über Nachlassgegenstände verfügen kann.[15] Damit ist die genannte Streitfrage im Sinne der herrschenden Rechtsauffassung entschieden, weil die Mindermeinung ihre rechtliche Sichtweise zu Unrecht auf den Anwendungsbereich des § 1960 Abs. 2 BGB beschränkt.[16] Hieraus ergibt sich zugleich, dass die nachlassgerichtlichen Befugnisse viel weiter gehen, als man dies bei isolierter Betrachtung der Vorschrift des § 1960 Abs. 2 BGB vermuten würde. Diese nachlassgerichtlichen Befugnisse umfassen insbesondere folgende Maßnahmen:

    ● Ausübung von Gestaltungsrechten.[17]
    ● Annahme eines Vertragsangebots und Genehmigung von Verträgen.[18]
    ● Beantragung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung von Ansprüchen des Nachlasses[19] sowie Klageerhebung zum Zwecke der Unterbrechung der Verjährung.[20]

    Ob das Nachlassgericht von diesen Befugnissen selbst Gebrauch macht oder es die betreffenden Aufgaben einem zu bestellenden Nachlasspfleger überträgt, ist somit keine Frage der Zulässigkeit der genannten Maßnahmen, sondern hängt davon ab, wie sich das Sicherungsbedürfnis im Einzelfall darstellt. Dass die betreffenden Maßnahmen in der nachlassgerichtlichen Praxis in aller Regel von einem bestellten Nachlasspfleger ergriffen werden, darf also nicht den Blick darauf verstellen, dass das Nachlassgericht diese Maßnahmen im Anwendungsbereich des § 1846 BGB auch selbst in die Wege leiten könnte.[21] Damit beruht die abweichende Mindermeinung im Wesentlichen auf einer unzulässigen Vermengung von Zulässigkeits- und Dringlichkeitsfragen.

    c) Grenzen der nachlassgerichtlichen Befugnisse

    Die Grenzen der nachlassgerichtlichen Befugnisse liegen dort, wo die zu ergreifenden Maßnahmen über den Zweck der Nachlassfürsorge hinausgehen oder wenn sie in die Rechte bereits bekannter Erben oder in die Rechte Dritter eingreifen würden. Die Herausgabe von im Nachlass befindlichen Sachen an einen Gläubiger kommt daher nicht mehr in Betracht, wenn die Erben bereits ermittelt wurden.[22] Auch ist das Nachlassgericht nicht befugt, einen nach seiner Ansicht zum Nachlass gehörenden Gegenstand einem Dritten gegen seinen Willen unter Umgehung des Prozessweges wegnehmen zu lassen,[23] über ungewisse Rechte Dritter an sichergestellten Gegenständen zu entscheiden[24] oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen.[25] In diesen Fällen bleibt die aktive oder passive Vertretung der Erben somit einem Nachlasspfleger vorbehalten.


    [13] Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., § 38 IV 3; Damrau/Boecken, PraxKommErbR, 2. Aufl., § 1960 Rn. 31, Fn. 64; Ziegltrum, Sicherungs- und Prozeßpflegschaft, 1986, S. 76.
    [14] OLG Braunschweig OLGE 26, 289; MüKo/Leipold, BGB, 5. Aufl., § 1960 Rn. 26 Fn. 71; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 1960 Rn. 3; Soergel/Stein, BGB, 12. Aufl., § 1960 Rn. 11; Bamberger/Roth/Siegmann/Höger, BGB, 2. Aufl., § 1960 Rn. 5; Planck/Flad, BGB, 3. Aufl., § 1960 Anm. 3 a; Kipp/Coing, Erbrecht, 14. Aufl., § 124 II.
    [15] BGH DRiZ 1966, 395; BGH Rpfleger 1988, 242 = NJW 1988, 2809; OLG Koblenz Rpfleger 1985, 442; OLG Rostock openJur 2013, 30604 = BeckRS 2013, 10207; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 1960 Rn. 2; Bamberger/Roth/Siegmann/Höger, BGB, § 1960 Rn. 5.
    [16] Zudem ist es nicht frei von Widerspruch, die Veräußerung verderblicher Ware durch das Nachlassgericht zu befürworten, gleichzeitig aber die Befugnis zu Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften zu verneinen.
    [17] OLG Colmar KGJ 51, 319.
    [18] OLG Tübingen DNotZ 1952, 484.
    [19] RGRK-Dickescheid, BGB, 12. Aufl., § 1846 Rn. 5.
    [20] RGRK-Dickescheid, BGB, 12. Aufl., § 1846 Rn. 5.
    [21] Anders Zimmermann Rpfleger 2014, 1, 4 (unter Ziffer 7 e), der die im Text genannten nachlassgerichtlichen Maßnahmen grundsätzlich und rundheraus ablehnt, sich dabei aber sowohl gegen die Rechtsprechung des BGH (Fn. 15) als auch gegen das ganz überwiegende Schrifttum stellt.
    [22] BayObLGZ 7, 591, 594; Staudinger/Marotzke, BGB, Bearb. 2007, § 1960 Rn. 18.
    [23] OLG Darmstadt HessRspr. 17 (1916), 74; MüKo/Leipold, BGB, 5. Aufl., § 1960 Rn. 27.
    [24] KG OLGZ 1982, 398 = Rpfleger 1982, 184; MüKo/Leipold, BGB, 5. Aufl., § 1960 Rn. 27.
    [25] BGH FamRZ 2009, 872 = ZEV 2009, 352.

  • Das ist selbstverständlich rechtlich nicht tragbar. Nur der Nachlasspfleger als Vertreter der unbekannten Erben kann das Mietverhältnis - in welcher vertraglichen Gestaltung sei dahingestellt - auflösen.

    Somit wurde in dem Dir vorliegenden Fall das Mietverhältnis noch nicht wirksam beendet.

    ...

    Das sehe ich anders. Zwar würde ich es auch nicht so machen, aber völlig abwegig finde ich die Vorgehensweise nicht, und ein Scherz ist das auch nicht. Da dehnt ein Kollege den Anwendungsbereich des § 1846 BGB eben weiter aus als ich es machen würde.
    Offenbar hast Du die Sache als Familiengericht vorliegen, und die Nachlassakte ist nur eine Beikate. Daher würde ich nicht weitere daran rütteln. Das mit dem Mietverhältnis und einer evtl. Nachlasspflegschaft ist eine Sache zwischen dem Vermieter und dem Nachlassgericht.

  • Unfassbar....es fehlt nun noch, dass die Gerichte per Runderlass eine allgemeine Genehmigung für solche Kündigungen an die Ordnungsämter erteilen....was soll denn der Unsinn? Will man als Nachlassgericht unbedingt eine 1961er-Pflegschaft vermeiden....warum?

    Wenn ich der Vermieter wäre, würde ich dagegen klagen und ich würde weiterhin auf eine Nachlasspflegerbestellung bestehen, weil nur mit diesem eine sinnvolle Abwicklung des Mietverhältnisses möglich ist.

    Ich unterlasse es, dazu noch mehr zu schreiben, aber das zeigt hier doch mal wieder ganz eindeutig, wie die Rechte aller Beteiligten unter dem Deckmantel der Arbeitsvermeidung mit Füßen getreten werden und nicht nur eine Grauzone sondern geradezu ein schwarzer Bereich entsteht...und das in Kenntnis der BGH-Rechtsprechung zur sogenannten "kalten Räumung". Nichts anderes ist das hier...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich bearbeite selbst auch Nachlassachen- deswegen interessiert mich das auch so.

    Ich habe da offensichtlich ein anderes Rechtsverständnis, aber ich bin davon ausgegangen und sehe das auch jetzt noch so, dass das nicht zulässig sein kann. Ich kenne die Wohnung nicht, weiß nicht, was sich darin befindet und kündige mal eben als Sachbearbeiter ein Vertragsverhältnis und widerrufe noch etwaige Einzugsermächtigungen (in der Hoffnung, dass der Vermieter das auch der Bank mitteilt, ich tue das nämlich nicht, obwohl ich ja Vertreter der unbekannten Erben)bin). Cool, demnächst stelle ich Erbscheinsanträge auch selbst- §1846 BGB lässt sich ja dehnen:gruebel: Das war jetzt ein Scherz:D

    ""Beim Duschen ausrutschen und sich am Wasserstrahl festhalten wollen. Soll ich Ihnen noch mehr über mich erzählen?  :eek:

  • Papenmeier:


    So kann man das nur sehen, wenn man sich grundsätzlich dazu bekennt, dass das NLG überhaupt kündigen darf. Aber bereits das verneine ich und dann spielt es auch keine Rolle, ob und zu welcher Frist gekündigt wird. Das Gericht darf einfach nicht kündigen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Wir sind uns doch alle einig, dass das Nachlassgericht hier über das Ziel hinausgeschossen ist und dass wir es anders gehandhabt hätten, und zwar deshalb - wie schon erwähnt -, weil zur ordnungsgemäßen Auflösung eines Mietverhältnisses eben mehr gehört, als es nur zu kündigen.

    Klar ist des Weiteren, dass die übliche Verfahrensweise darin besteht, auch bei den im Vortragsmanuskript genannten Fallgestaltungen in der Regel einen Nachlasspfleger zu bestellen und dass man die betreffenden Sicherungsmaßnahmen nur im Ausnahmefall selbst ergreift.

    Mir ging es darum, aufzuzeigen, dass es in wissenschaftlicher Hinsicht um die Frage geht, ob im Rechtssinne tatsächlich ein "Vorrang" zugunsten der Nachlasspflegerbestellung besteht. Die hM verneint dies nach meiner Ansicht zu Recht und deshalb hatte ich alle bislang befürworteten nachlassgerichtlichen Maßnahmen zusammenfassend dargestellt. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, ob man überhaupt als Nachlassgericht eigene Maßnahmen ergreift und welche dies dann in concreto sind.

    In letzter Zeit hatte sich der betreffende Streit bekanntlich an der nachlassgerichtlichen Freigabe von Nachlassgeldern - z. B. zur Begleichung der Beerdigungskosten - entzündet. Auch dort geht es um die genannte grundsätzliche Frage und auch dort wird sie von der hM zugunsten einer entsprechenden nachlassgerichtlichen Befugnis bejaht.

    Insgesamt wird man feststellen können, dass die nachlassgerichtlichen Maßnahmen umso eher angebracht erscheinen, wenn es - bei Entbehrlichkeit eines Nachlassverfahrens im Übrigen - nur um die betreffende und einzig notwendige Handlung geht, während in Fällen der Gesamtnachlassfürsorge - von Eilfällen abgesehen - die Bestellung eines Nachlasspflegers zu bevorzugen ist.

  • Unfassbar....es fehlt nun noch, dass die Gerichte per Runderlass eine allgemeine Genehmigung für solche Kündigungen an die Ordnungsämter erteilen....was soll denn der Unsinn? Will man als Nachlassgericht unbedingt eine 1961er-Pflegschaft vermeiden....warum?

    Wenn ich der Vermieter wäre, würde ich dagegen klagen und ich würde weiterhin auf eine Nachlasspflegerbestellung bestehen, weil nur mit diesem eine sinnvolle Abwicklung des Mietverhältnisses möglich ist.


    Unabhängig von der unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung hier, welchen Vorteil sollte es für den Vermieter haben, gegen die Kündigung zu klagen? Zwar besteht dann ggf. das Mietverhältnis länger, aber woher sollen bei einem überschuldeten Nachlass die entsprechenden weiteren Mieten kommen?

  • Es kommt auf den Fall an.

    Wenn der Dauerauftrag für die Miete weiter läuft, dann ist es durchaus zu überlegen, ob man eine Feststellungsklage erheben läßt, dass die Kündigung durch das Nachlassgericht nicht wirksam ist. Insbesondere wenn der Vermieter ein Rechtsanwalt ist und neben den Gerichtskosten keine anderen Gebühren anzufallen drohen, kann das durchaus mal eine interessante Sachfrage sein.

    Wenn natürlich schon ein paar Monate keine Miete mehr kommt und man eigentlich nur noch froh ist, dass man inrgendwie in die Wohnung kommt, dann akzeptiere ich eben die Kündigung und gehe dann im Optimalfall nach der Kündigungsfrist in die Wohnung um sie zu räumen. Dass aber auch trotz einer Kündigung eine Wohnung aus der der Mieter nicht ausgezogen ist (und das gilt auch wegen Persönlichkeitsrechten noch nach seinem Tod!) noch immer besonderem Schutz unterliegt (vgl. Art. 13 GG) müßte ich dann eben ignorieren. Auch dass ich mich beim Betreten und der Räumung wegen der verbotenen Eigenmacht strafbar mache. Trotz der Kündigung durch das Gericht.

    Warum sonst sollte nach einer rechtskräftigen Kündigungsklage der Vermieter noch den Gerichtsvollzieher zur Wohnungsräumung eines längst getürmten Mietnomaden benötigen, wenn im Erbfall doch alles so einfach ist? Der "kleine Rechtspfleger" beim Nachlassgericht kündigt und der Vermieter vertickt dann die persönlichen Liebesbriefe und sonstige persönlichen Sachen des verstorben Mieters bei Ebay. Schöne heile Welt....wenn denn da das Gericht in Berlin mal lieber noch über die Kündigung hinaus weiter denken würde....insbesondere wenn man dann auch noch als Gericht die Wohnung zur Räumung an den Vermieter "frei gibt", kommt man ggf. sogar in den Bereich der Starfbarkeit des "Anweisenden"....es wird immer interessanter.

    All diese Konstruktionen die ich schon gesehen habe, bis hin zur Wohnungsfreigabe durch die Ordnungsämter, sind meines Erachtens schreiender Rechtsmissbrauch; sonst hätte sich der BGH auch nicht so eindeutig zur kalten Räumung geäußert. Ohne Räumungstitel und Gerichtsvollzieher geht das nicht.

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  • Dazu passt übrigens auch:

    Die Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben kann bei anstehender Räumung der Mietwohnung nicht auf die Beendigung des Mietverhältnisses beschränkt werden.

    OLG München, 20.03.2012 - 31 Wx 81/12

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  • Zimmermann hat sehr lesenswerte Ausführungen zur Anwendung von § 1846 BGB in Nachlassverfahren im Rechtspfleger 2014, S. 1ff. veröffentlicht.

    Meines Erachtens -als langjähriger Nachlassrichter- ist diesen Ausführungen nichts hinzuzufügen. § 1846 BGB und Nachlassverfahren passen eigentlich nicht zueinander.

    Ein Vermieter, der ein Mietverhältnis wegen nicht bezahlter Mieten beenden will, soll ggf. die Anordnung einer Nachlasspflegschaft beantragen, sofern nicht das Nachlassgericht von sich aus eine (Sicherungs-) Nachlasspflegschaft anordnet.

  • @probate judge:

    Zimmermann und "Cromwell" sind sich da in der Literatur diametral in ihren Meinungen....aber wenn man die Auffassung von Zimmermann vertritt, geht die Wohnungskündigung durch das Gericht gleich von vorne herein nicht und nicht nur, weil es sich um eine "über den Zweck der Nachlassfürsorge hinausgehende" Maßnahme handelt.

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  • "Das Nachlassgericht als Vertreter der unbekannten Erben kündigt hiermit das Mietverhältnis über die Wohnung der Erblassers."

    .

    Abgesehen davon, dass das schon ansich die falsche Begründung ist....Der gerichtlich bestellte Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der (unbekannten) Erben. Aber das Gericht ist das Gericht und niemals der Vetreter der (unbekannten) Erben. Das selbst ist schon Unfug hoch 10.

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  • Hier der Vollständigkeit halber noch die restlichen Ausführungen aus dem besagten Vortragsmanuskript zur Problematik des § 1846 BGB:

    d) Freigabe von Nachlassgeldern und Begleichung von Bestattungskosten

    Bei vorhandenen Kleinstnachlässen entspricht es einer langjährigen nachlassgerichtlichen Tradition, einem Angehörigen des Erblassers oder einem Dritten bestimmte Nachlassgelder im Beschlusswege zur Begleichung oder Erstattung von Beerdigungskosten oder zur anderweitigen zweckgebundenen Verwendung zu überlassen, wenn die geringe Nachlasshöhe in keinem vernünftigen Verhältnis zu einer absehbaren langwierigen Erbenermittlung steht und die Bestellung eines mit diesen Geldern in gleicher Weise verfahrenden Nachlasspflegers nur überflüssige Kosten verursacht und daher als vermeidbarer Umweg erscheint. Das OLG Dresden[26] bricht mit dieser Tradition, weil nach § 1960 BGB nur die "Sicherung" des Nachlasses zulässig und die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten keine eilbedürftige Maßnahme im Interesse der Erben sei.

    Die Vorschrift des § 1960 BGB gibt für die hier zu erörternde Problematik in der Tat nichts her, weil das Nachlassgericht nach dieser Norm lediglich zur Sicherung des Nachlasses berufen ist, während im vorliegenden Fall in Frage steht, einem Beteiligten durch gerichtliche Beschlussfassung die Verfügung über Nachlassgelder zu ermöglichen. Diese Betrachtungsweise ist aber zu kurz gegriffen, weil dem Nachlassgericht ohne Beschränkung auf die in § 1960 BGB genannten Maßnahmen auch die Befugnis zusteht, innerhalb eines relativ weit gesteckten gesetzlichen Rahmens über Nachlassgegenstände zu verfügen (§§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1846 BGB). Diese Verfügungsbefugnis kommt auch in § 11 Abs. 2 der im Jahre 1981 außer Kraft getretenen BayNachlO vom 20.03.1903 (BayJMBl. I, 459) zum Ausdruck, wonach dem Nachlassgericht unter Verzicht auf die Einleitung einesErbscheinsverfahrens und die Bestellung eines Nachlasspflegers die Befugnis zukam, einem erbenden oder nichterbenden Beteiligten gegen Empfangsbekenntnis aus dem Nachlass eine bestimmte Geldsumme zur Fortführung des Haushalts und des Geschäfts- oder Wirtschaftsbetriebs des Erblassers sowie zur Erfüllung dringender Nachlassverbindlichkeiten (namentlich der Beerdigungskosten) zu überlassen, sofern sich der Empfänger der Nachlassgelder verpflichtete, später mit den festgestellten Erben über die Verwendung der betreffenden Gelder abzurechnen.[27]

    Der Inhalt dieser dem seinerzeitigen Reichsrecht und dem späteren Bundesrecht untergeordneten landesrechtlichen Verwaltungsvorschrift macht deutlich, dass die Überlassung von Nachlassgeldern an einen Beteiligten seit dem Inkrafttreten des BGB schon immer als eine nach materiellem Recht zulässige und von § 1846 BGB gedeckte nachlassgerichtliche Maßnahme im Interesse einer möglichst problemfreien Nachlassabwicklung angesehen wurde.[28] Es kann daher keine Rede davon sein, dass die genannte Verwaltungsvorschrift aus heutiger Sicht nur noch von historischem Interesse sei und aus ihr daher keine Rückschlüsse auf die nach § 1846 BGB zulässigen Maßnahmen gezogen werden könnten.[29] Richtig ist vielmehr, dass diese Vorschrift die materiellrechtiche Zulässigkeit der genannten Maßnahmen bereits voraussetzte, weil sie ansonsten überhaupt nicht hätte erlassen und nicht 78 Jahre lang hätte angewendet werden dürfen. Soweit Zweifel daran geäußert werden, dass es sich bei der Begleichung oder Erstattung von Beerdigungskosten um eine "dringende" Maßnahme handelt,[30] wird übersehen, dass § 11 Abs. 2 der ehemaligen BayNachlO die Bestattungskosten beispielhaft als eine eben solche "dringende Nachlaßverbindlichkeit" bezeichnet und auch diese mittels Verwaltungsvorschrift erfolgte Definition des Begriffs der "Dringlichkeit" nur unter der Voraussetzung möglich war, dass die betreffende materiellrechtliche Definition mit ihr übereinstimmt.

    Nach den vorstehenden Ausführungen unterliegt es keinem Zweifel, dass die genannte Freigabe von Nachlassgeldern entgegen der Rechtsauffassung des OLG Dresden auf keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken stößt. Dass das OLG Dresden gleichwohl unzutreffend entschieden hat, dürfte darauf beruhen, dass die Entscheidung eine gründliche Auswertung und Berücksichtigung der einschlägigen nachlassrechtlichen Literatur vermissen lässt und die Norm des § 1846 BGB als durchaus existente und vom Senat daher zu Unrecht "vermisste" Rechtsgrundlage für die von ihm beanstandete nachlassgerichtliche Verfahrensweise in den Entscheidungsgründen nicht einmal erwähnt wird. Es geht bei der vorliegenden Problematik somit nicht um das angebliche Fehlen einer Rechtsgrundlage, sondern darum, ob das Nachlassgericht nach den stets zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls auch von ihr Gebrauch macht.


    Die Entscheidung des OLG Dresden wurde vom Verfasser des vorliegenden Manuskripts aus den genannten Gründen kritisch besprochen[31] und auch nach der Ansicht anderer Autoren[32] ist die in der nachlassgerichtlichen Praxis seit Jahren bewährte pragmatische Abwicklung von Kleinstnachlässen unverändert beizubehalten.[33] Dies gilt umso mehr, als diese Verfahrensweise mittlerweile auch vom OLG Rostock ausdrücklich für zulässig gehalten wird.[34]

    Bevor das Nachlassgericht den besagten Auszahlungsbeschluss erlässt, wird aber zur Vermeidung des Eingriffs in Rechte Dritter zu empfehlen sein, dass das Gericht bei der Bank anfragt, ob an dem betreffenden Kontoguthaben entweder Drittrechte (etwa in Form des Pfändungspfandrechts) bestehen oder ob aufgrund des üblicherweise mit dem Erblasser vereinbarten Verpfändungspfandrechts eigene Ansprüche der Bank geltend gemacht werden. Erfolgt die nachlassgerichtliche Beschlussfassung ohne eine solche vorherige Rückfrage, darf und wird die Bank den Beschluss im Fall des Bestehens solcher Eigen- oder Drittrechte nicht vollziehen, während sie im Fall der Nichtexistenz solcher Rechte mittels der beschlussgemäßen Auszahlung mit befreiender Wirkung leistet.[35] Angesichts dieser befreienden Wirkung steht dem Kreditinstitut gegen die Auszahlungsanordnung des Nachlassgerichts mangels Rechtsbeeinträchtigung kein Beschwerderecht zu.[36]


    [26] OLG Dresden Rpfleger 2011, 35 = ZEV 2010, 582 m. abl. Anm. Bestelmeyer Rpfleger 2011, 211.
    [27] Haberstumpf/Barthelmeß/Schäler/Firsching, Nachlaßwesen in Bayern, 4. Aufl., 1952, § 11 NachlO Anm. 4.
    [28] Bestelmeyer Rpfleger 2004, 679 und Rpfleger 2011, 211; Mayer, Richtig handeln im Trauerfall, 4. Aufl., 2010, S. 77 ff.: Nachlassgerichtliche "Nothilfe".
    [29] So aber Zimmermann Rpfleger 2014, 1.
    [30] Zimmermann Rpfleger 2014, 1, 3.
    [31] Bestelmeyer Rpfleger 2011, 211 im Anschluss an Rpfleger 2004, 679.
    [32] Burandt/Rojahn/Trimborn von Landenberg, Erbrecht, § 1960 Rn. 15; Krug/Rudolf/Kroiß, Erbrecht, § 6 Rn. 5; Firsching/Graf, Nachlassrecht, 9. Aufl., Rn. 4.560 und Rn. 4.585 ff.; Mayer, Richtig handeln im Trauerfall, 4. Aufl., 2010, S. 77 ff.; a. A. Zimmermann Rpfleger 2014, 1, 3, 4; differenzierend Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 1960 Rn. 3: Unmittelbare Bezahlung zulässig, aber keine Auszahlung als Erstattung bereits bezahlter Beerdigungs-kosten. Für eine solche Differenzierung ist jedoch kein sachlicher Grund zu erkennen.
    [33] Zu den Einzelheiten des Verfahrens und zur Formulierung der betreffenden nachlassgerichtlichen Beschlüsse unter Geltung des vormaligen FGG vgl. Bestelmeyer Rpfleger 2004, 679.
    [34] OLG Rostock openJur 2013, 30604 = BeckRS 2013, 10207.
    [35] OLG Dresden Rpfleger 2011, 35 = ZEV 2010, 582; OLG Rostock openJur 2013, 30604 = BeckRS 2013, 10207.
    [36] OLG Rostock openJur 2013, 30604 = BeckRS 2013, 10207.

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