Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • BGH, Versäumnisurteil vom 30. April 2015 - IX ZR 1/13


    Wer sich in seinem Parteivortrag erkennbar über die subjektiven Voraussetzungen der Verjährung irrt und deswegen zur Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis vom Anfechtungsanspruch und vom Anfechtungsgegner nicht vorträgt, gesteht diese übersehene Tatbestandsvoraussetzung nicht zu.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 28.05.2015, III ZR 260/14, ohne Leitsatz

    Der Wert des Streitgegenstands einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter bestritten worden ist, bemisst sich nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für diese Forderung zu erwarten ist. Dies gilt grundsätzlich für alle Klagen gemäß §§ 179, 180 InsO auf Feststellung einer bestrittenen Insolvenzforderung.

    Der Gegenstand eines solchen Rechtsstreits ist der Zahlungsanspruch und nicht das Recht, auf eine evtl. bestehende abgesonderte Befriedigung. Allein das Bestehen etwaiger Sicherheiten des Gläubigers und von Absonderungsrechten erhöht den Streitwert nicht.

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  • 1.Die im Rahmen einer sog. qualifizierten Zeitbürgschaftbestimmte Ausschlussfrist für die Anzeige der Inanspruchnahme der Bürgschaftist auch dann einzuhalten, wenn der Bürgschaftsgläubiger verpflichtet ist, vorder Inanspruchnahme der Bürgschaft seine besicherten Ansprüche mit den vomHauptschuldner gestellten "Barkautionen zu verrechnen".

    2.Wenn der Endtermin für die haftungsauslösendeGläubigeranzeige versäumt wurde, ist auch das (rückwirkende) Wiederaufleben deranfechtbar getilgten Verbindlichkeiten des Hauptschuldners nach erfolgreicherInsolvenzanfechtung (§ 144 Abs. 1 InsO) nicht geeignet, die (infolge derFristablaufs erloschene) Bürgenverpflichtung erneut entstehen zu lassen.

    3.Zu der bei einer solchen Zeitbürgschaft bestehendenMöglichkeit für den Bürgschaftsgläubiger, dem Risiko einer erfolgreichenInsolvenzanfechtung (mit den Rechtswirkungen des § 144 Abs. 1 InsO) durch eine"konditionierte" Inanspruchnahme der Bürgschaft innerhalb der hierfürbestimmten Ausschlussfrist vorzubeugen.

    OLG Bamberg, Beschl. v. 12. 5. 2015 - 4 U 205/14

  • 1.Es stellt eine vorsätzliche Benachteiligung nach § 133 Abs. 1InsO dar, wenn der bereits zahlungsunfähige Schuldner einen Rechtsanwalt mitder Einziehung von Außenständen beauftragt und ihn anweist, eingehende Beträgedirekt vom Rechtsanwalts-Anderkonto an ausgewählte Gläubiger auszuzahlen.

    2.Der als anderer Teil nach §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 2 InsO derHaftung unterliegende Rechtsanwalt kann sich nicht auf die Entreicherunginfolge der Auszahlung an Gläubiger berufen, wenn er Kenntnis vomGläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte. Ein Rechtsanwalt, derden Forderungseinzug übernommen hat, stellt nicht lediglich eine Zahlstelle imSinn des Urteils des BGH vom 26.4.2012 - IX ZR 74/11 - BGHZ 193, 129 = ZInsO2012, 924 dar.

    OLG München, Urt. v. 26. 3. 2015 - 24 U 3722/14

  • Bei Einkommen in wechselnder Höhe kann der insolvenzfreiemonatliche Betrag durch einen Blankettbeschluss in zulässiger Weise festgesetztwerden. In diesen Fällen ist es weder dem Schuldner noch denVollstreckungsgerichten zumutbar, dass der Schuldner unter Umständen jedenMonat einen neuen Antrag nach § 850k Abs. 4 ZPO stellen muss.

    AG Regensburg, Beschl. v. 10. 5. 2015 - 12 IN 643/13

  • Verwaltet der Schuldner im Rahmen der Eigenverwaltung dieInsolvenzmasse selbst, obliegt dem vorläufigen Sachwalter nur die Aufsicht überdiese Selbstverwaltung. Erfolgt dennoch eine Beschäftigung des vorläufigenSachwalters mit diesen Vermögensgegenständen, kann das bei Bestimmung derBerechnungsgrundlage ungeachtet der Wirksamkeit des § 11 Abs. 1 Satz 4 InsVVkeine Beachtung finden, weil es nicht dem entspricht, wofür der vorläufigeSachwalter eingesetzt war.

    LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 29. 1. 2015 - 8 T 94/14

  • ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1; InsO §§ 187, 200 Abs. 1


    Zu den Auswirkungen der Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf den Wert des Beschwerdegegenstands eines Berufungsverfahrens, dem die Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle zugrunde lag.


    BGH, Beschluss vom 23. April 2015 - IX ZB 76/12

    http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/ins…rfahrens-395802

  • InsO § 133 Abs. 1

    Werden Sozialversicherungsbeiträge mehrere Monate verspätet abgeführt, kann daraus auf eine Zahlungseinstellung des Schuldners und einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden.


    InsO § 146 Abs. 1; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1

    Auch nach neuem Verjährungsrecht hemmt die Erhebung einer Klage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe die Klageforderung übersteigt, die Verjährung aller ausreichend bestimmten Teilansprüche.

    BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14

    http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/ins…fechtung-395857

  • BGH, Beschluss vom 7. Mai 2015 - IX ZB 75/14

    Das Gericht prüft unter Berücksichtigung sämtlicher rechtlicher Gesichtspunkte, ob die gesetzlichen Bestimmungen über das Vorlagerecht und den Inhalt des Plans beachtet sind. Dabei hat es nicht nur offensichtliche Rechtsfehler zu beanstanden.

    Im Insolvenzplan ist anzugeben, nach welchen Vorschriften die Gruppen gebildet wurden. Bei der Bildung fakultativer Gruppen ist zu erläutern, auf Grund welcher gleichartigen insolvenzbezogenen wirtschaftlichen Interessen die Gruppe gebildet wurde und inwiefern alle Beteiligten, deren wichtigste insolvenzbezogene wirtschaftliche Interessen übereinstimmen, derselben Gruppe zugeordnet wurden.

    Der Insolvenzplan darf keine Präklusionsregeln vorsehen, durch welche die Insolvenzgläubiger, die sich am Insolvenzverfahren nicht beteiligt haben, mit ihren Forderungen in Höhe der vorgesehenen Quote ausgeschlossen sind.

    Die Bewertung von Massegegenständen kann im gerichtlichen Vorprüfungsverfahren regelmäßig nicht beanstandet werden.

    Weist das Insolvenzgericht einen Insolvenzplan von Amts wegen zurück, kann ein neuer Plan nicht allein auf Antrag des Insolvenzverwalters und mit Zustimmung des Gläubigerausschusses zurückgewiesen werden.

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  • BGH, Beschluss vom 18. Juni 2015 - IX ZB 86/12


    Wird die Nachtragsverteilung vorbehalten, ist der bisherige Insolvenzverwalter insoweit auch nach Aufhebung des Verfahrens befugt, für den Schuldner als Gläubiger in einem Restschuldbefreiungsverfahren einen Versagungsantrag zu stellen.


    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • OLG Bamberg, Beschluss vom 12.05.2015 – 4 U 205/14

    1. Die im Rahmen einer sog. qualifizierten Zeitbürgschaft bestimmte Ausschlussfrist für die Anzeige der Inanspruchnahme der Bürgschaft ist auch dann einzuhalten, wenn der Bürgschaftsgläubiger verpflichtet ist, vor der Inanspruchnahme der Bürgschaft seine besicherten Ansprüche mit den vom Hauptschuldner gestellten „Barkautionen zu verrechnen“.


    2. Wenn der Endtermin für die haftungsauslösende Gläubigeranzeige versäumt wurde, ist auch das (rückwirkende) Wiederaufleben der anfechtbar getilgten Verbindlichkeiten des Hauptschuldners nach erfolgreicher Insolvenzanfechtung (§ 144 Abs. 1 InsO) nicht geeignet, die (infolge des Fristablaufs erloschene) Bürgenverpflichtung erneut entstehen zu lassen.


    3. Zu der bei einer solchen Zeitbürgschaft bestehenden Möglichkeit für den Bürgschaftsgläubiger, dem Risiko einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung (mit den Rechtswirkungen des § 144 Abs. 1 InsO) durch eine „konditionierte“ Inanspruchnahme der Bürgschaft innerhalb der hierfür bestimmten Ausschlussfrist vorzubeugen.

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  • Keine Vereinbarung eines "qualifizierten Rangrücktritts" mehr erforderlich:

    § 19 Abs. 2 S. 2 InsO verlangt (nur), dass der "Nachrang im Insolvenzverfahren" vereinbart ist, um die betroffenen Forderungen bei der Ermittlung der Überschuldung unberücksichtigt zu lassen. Eine weitergehende Vereinbarung, die entsprechend der früheren BGH-Rechtsprechung als "qualifizierter Rangrücktritt" bezeichnet wurde und ausdrücklich die Nachrangigkeit auch für die Zeit vor Insolvenzeröffnung aussprechen musste, ist nach der ab dem 01.11.2008 geltenden Rechtslage nicht zu verlangen.

    AG Mönchengladbach, Beschl. v. 25.07.2014 - 45 IN 27/14

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Dient ein Insolvenzverfahren sowohl der Befriedigung vonVerbindlichkeiten des - zum Vorsteuerabzug berechtigten - Unternehmens wie auchder Befriedigung von Privatverbindlichkeiten des Unternehmers, ist derUnternehmer aus der Leistung des Insolvenzverwalters grundsätzlich imVerhältnis der unternehmerischen zu den privaten Verbindlichkeiten, die imInsolvenzverfahren jeweils als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden, zumanteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.

    BFH, Urt. v. 15. 4. 2015 - V R 44/14

  • 1.Dem Großen Senat wird folgende Rechtsfrage zur Entscheidungvorgelegt:

    2.Verstößt das BMF-Schreiben vom 27.3.2003 IV A 6-S2140-8/03(BStBl I 2003, 240 = ZInsO 2003, 363; ergänzt durch das BMF-Schreibenvom 22.12.2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18 = ZInsO 2010, 222;sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?

    BFH, Urt. v. 25. 3. 2015 - X R 23/13

  • 1.Die Anfechtung von Willenserklärungen, die gegenüber dem späteren Insolvenzschuldner abgegeben wurden, hat nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter als dem Anfechtungsgegner (§ 143 Abs. 1 BGB) zu erfolgen.

    2.Die Weigerung der Schuldnerseite im Eröffnungsverfahren, Gegenstände herauszugeben, die einem Aussonderungsrecht unterliegen, beinhaltet nicht schon deshalb eine Drohung im Sinn des § 123 BGB, weil die Herausgabe von einem Forderungsverzicht des Gläubigers abhängig gemacht wird. Eine solche Verknüpfung ist vielmehr an § 138 BGB zu messen.

    3.Eine Anordnung des Insolvenzgerichts nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO führt auch für aussonderungsberechtigte Gläubiger zu einem Vollstreckungsverbot. Während des Eröffnungsverfahrens besteht daher weder für den Schuldner noch für den vorläufigen Insolvenzverwalter eine Pflicht zur Herausgabe von Gegenständen, die mit einem Aussonderungsrecht belastet sind. Dies gilt auch für den Fall, dass eine begleitende Anordnung nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO unterblieben ist.

    OLG Bamberg, Urt. v. 23. 3. 2015 - 4 U 60/14

  • 1.Eine Arglisthaftung wegen der Täuschung durch Verschweigenoffenbarungspflichtiger Mängel - hier Schimmelbefall in einem vermietetenHausanwesen - gemäß §§ 434 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 437 Nr. 2, 444 BGB setzt
    voraus, dass dem Verkäufer Mängel bekannt waren oder er siezumindest für möglich hielt und er billigend in Kauf nahm, dass dem Käuferdiese Mängel nicht bekannt waren und er bei deren Offenlegung den Kaufvertragnicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. DasTatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Verhalten desVeräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solcheVerhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens"und "Inkaufnehmens" reduziert sind und mit denen kein moralischesUnwerturteil verbunden sein muss.

    2.Ist dem Insolvenzverwalter der sich in Insolvenz befindlichenVermieterin des Hausanwesens (Insolvenzschuldnerin) bekannt, dass nach Angabender Mieter des Objekts die vom Insolvenzverwalter in Auftrag gegebenenMängelbeseitigungsarbeiten nicht vollständig erfolgreich waren, hat er dies demKäufer bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags mitzuteilen, andernfalls ersich den Vorwurf der arglistigen Täuschung entgegen halten lassen muss.

    OLG Koblenz, Urt. v. 12. 6. 2015 - 10 U 755/14 (rkr.)

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