Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Von der Schenkungsanfechtung freigestellt ist derSicherungsnehmer auch dann, wenn er für die Zuwendung des Schuldners eineausgleichende Gegenleistung an diesen oder einen Dritten erbringt. Für dieEntgeltlichkeit genügt es, dass der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß eineausgleichende Leistung an einen Dritten erbringt, ohne dass hierzu einevertragliche Verpflichtung des Sicherungsnehmers gegenüber dem Sicherungsgeberbestehen muss.

    OLG Düsseldorf, Urt. v. 7. 11. 2013 - I-12 U 114/12

  • 1.Sich erst nach dreieinhalb Jahren auf die angeblicheFormnichtigkeit einer Gesellschaftervereinbarung zu berufen, ist treuwidrig.

    2.Jedenfalls bei einem zerrütteten Verhältnis derGesellschafter untereinander verstoßen die klageweise Geltendmachung einerberechtigten Gewinnforderung und die anschließende Sicherung des tituliertenAnspruchs durch Sicherungshypotheken nicht gegen das gesellschafterlicheRücksichtnahmegebot, sondern dienen vielmehr dem legitimen Schutz eigenerInteressen.

    3.Eine treuwidrige Blockade sinnvoller Sanierungsmaßnahmen istnur bei einer totalen Verweigerungshaltung anzunehmen, nicht dagegen, wenn derwidersprechende Gesellschafter Alternativmaßnahmen vorschlägt und sich dadurchverhandlungsbereit zeigt.

    4.Eine Gesellschaftervereinbarung besteht selbst nach derÄnderung der Rechtsform durch einen Insolvenzplan, hier von einer GmbH &Co. KG zu einer AG, fort. Verstoßen einzelne Regelungen gegen zwingendesAktienrecht, so sind nur diese unwirksam, die übrigen Regelungen behalten ihreGültigkeit.

    LG Berlin, Urt. v. 16. 6. 2014 - 95 O 52/13


  • 1. Die Erbschaftsteuer ist eine Eigenschuld des Erben und keineNachlassverbindlichkeit gemäß § 1967 BGB, § 325 InsO.

    2. § 20 I ErbStG regeltausdrücklich, dass Steuerschuldner der Erwerber ist, nicht der Nachlass alsGanzes. Der Erbe wird zwar in seiner Eigenschaft als Erbe belastet, jedochhaftet er nicht für die Erbschaftsteuerschuld anderer Erben,Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer. Daraus folgt, dass derNachlass gerade nicht belastet mit der Erbschaftsteuerschuld auf den Erben imWege der Gesamtrechtsnachfolge übergeht, sondern dass die Entstehung derSteuerschuld individuell an jeden Erwerb durch einen Erbfall anknüpft unddeshalb nicht zur Abwicklung des Nachlasses gehört. Auch aus dem Urteil desBundesfinanzhofs vom 11.08.1998 (BFH, BStBl. II 1998, 705) ergeben sich nachAuffassung des Senats keine Argumente für eine Qualifizierung der Erbschaftsteuerschuldals Nachlassverbindlichkeit.


    FG Münster, Urteil vom 30.04.2014 - 3 K 1915/12 Erb

  • AG Göttingen, Beschluss vom 26.07.2014 - 74 IN 84/14


    1. In vor dem 01.07.2014 beantragten Verfahren kommt eineAblehnung der Stundung bzw. Versagung der Restschuldbefreiung allenfalls in denin § 287a Abs. § 287A Absatz 2 InsO geregelten Fällen in Betracht, nicht aberz. B. bei unterlassener Stellung eines Restschuldbefreiungsantrages in einemaufgrund eines Fremdantrages eröffneten Erstinsolvenzverfahren (so noch BGHZInsO 2010, ZINSO Jahr 2010 Seite 344).

    2. Die sog. Sperrfristrechtsprechung des BGH ist nämlichspätestens ab dem 01.07.2014 in den nicht in § 287a normierten Fällen nichtmehr anwendbar (AG Göttingen ZInsO 2014, ZINSO Jahr 2014 Seite 1175 = NZI 2014,NZI Jahr 2014 Seite 574 mit zust. Anm. Laroche; offen BGH, Beschl. v. 20.3.2014- BGH Aktenzeichen IXZB1713 IX ZB 17/13, ZInsO 2014, ZINSO Jahr 2014 Seite344).

  • AG Göttingen, Beschluss vom 30.06.2014 - 74 IN 188/08


    1. Es bleibt dahingestellt, ob und innerhalb welcher Grenzendie Begründung für einen im Schlusstermin gestellten Versagungsantrag späternoch ergänzt werden kann.

    2. Ein pauschaler Vortrag ohne Angabe von Einzelheiten istunsubstantiiert und damit unbeachtlich.

    3. Auch bei vollständiger Befriedigung der Insolvenzgläubigerentfällt nicht das Rechtschutzbedürfnis für einen Restschuldbefreiungsantrag.


  • LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.08.2014 - 13 Ta 19/14


    1. Für die Klage des Insolvenzverwalters gegen einenArbeitnehmer des Schuldners auf Rückgewähr vom Schuldner geleisteter Vergütungist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben.

    2. Für die Frage der Rechtswegzuständigkeit kommt es nichtdarauf an, ob der zwischen Schuldner und Arbeitnehmer schriftlich geschlosseneArbeitsvertrag wirksam ist und beidseitig erfüllt wurde.

  • 1.Nach der Rechtsprechung des BGH stellt die Rückgabe vonLastschriften ein erhebliches Beweisanzeichen für eine drohendeZahlungsunfähigkeit dar. Gehäufte Lastschriftrückgaben bilden ein eindeutigesAlarmanzeichen für eine Zahlungseinstellung, dem sich ein redlicher Gläubigernicht verschließen kann.

    2.Werden Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späterenAnfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg in beträchtlichem Umfangnicht ausgeglichen und ist diesem den Umständen nach bewusst, dass es nochweitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt, begründet dies ebenfalls einBeweisanzeichen im Sinne eines Erfahrungssatzes.

    OLG Schleswig, Urt. v. 4. 6. 2014 - 9 U 148/13

  • Prozesskostenhilfe für den Antrag einer Miterbin auf Eröffnungeines Nachlassinsolvenzverfahrens kann nicht bewilligt werden. Die in § 4a InsOfür die Bewilligung von Kostenhilfe niedergelegten Voraussetzungen sind imNachlassinsolvenzverfahren nicht erfüllt, weil keine Restschuldbefreiungangestrebt wird, auch scheidet ein Rückgriff auf die Bestimmungen der §§ 114ff. ZPO aus.

    LG Kassel, Beschl. v. 25. 6. 2014 - 3 T 170/14

  • ZIP 2014, 1642: OLG Dresden, Urt. v. 30. 7. 2014 – 13 U 461/14 (nicht rechtskräftig; LG Chemnitz)

    Leitsatz der Redaktion:

    Ein Zwangsverwalter ist verpflichtet, insolvenzrechtlich anfechtbar erlangte Mietzahlungen an die Masse zurückzugewähren. Die aufgrund der Empfängereigenschaft begründete Rückgewährverpflichtung nach § 143 Abs. 1 InsO wird durch die Normen des ZVG weder ausgeschlossen noch beschränkt.

  • OLG Celle 2. Strafsenat, Beschluss vom 23.01.2014, 2 Ws 347/13

    1. Nach Inkrafttreten des MoMiG dürfen Forderungen aus Gesellschafterdarlehen im Überschuldungsstatus nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn für sie ein Nachrang i.S.v. § 39 Abs. 2 InsO hinter die Ansprüche aus § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO vereinbart worden ist.

    2. Nach der Aufgabe der Rechtsfigur der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG führen Gesellschafterdarlehen zu einer Gläubigerstellung i.S.v. § 283c StGB. Demnach erfüllt die Rückzahlung eigenkapitalersetzender Darlehen nunmehr grundsätzlich den Tatbestand des § 283c StGB und nicht denjenigen des § 283 StGB.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Es liegt nahe, die Schadensersatzforderung desöffentlich-rechtlichen Leistungsträgers im Kontext der rechtlichenQualifikation als Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO so zu behandeln, wie diezugrunde liegenden Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer gegen denGeschäftsführer aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. Danach istlediglich darauf abzustellen, ob die unerlaubte Handlung selbst - unabhängigvom Zeitpunkt des Schadenseintritts - bereits vor Insolvenzeröffnungabgeschlossen war.

    OLG Brandenburg, Urt. v. 19. 3. 2014 - 11 U 215/12

  • 1.Mit einem Handelsregisterauszug, der nach Durchführung desInsolvenzverfahrens die Löschung einer juristischen Person wegenVermögenslosigkeit ausweist, ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlicheines für diese bestellten Rechts (beschränkte persönliche Dienstbarkeit) nichtbereits nachgewiesen.

    2.Ist ein Recht (Golfanlagen-Dienstbarkeit) unter derauflösenden Bedingung bestellt, dass es endet, wenn für eine Dauer von mehr alseinem Monat kein Pachtvertrag mehr besteht, ist der Nachweis desBedingungseintritts gegenüber dem Grundbuchamt durch öffentliche Urkunde zuerbringen.

    OLG München, Beschl. v. 10. 6. 2014 - 34 Wx 167/14

  • 1.Gem. § 69 Satz 1 AO i.V.m. § 34 Abs. 1 AO haften diegesetzlichen Vertreter einer KG, soweit Ansprüche aus demSteuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzungder ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt odererfüllt worden sind.

    2.Sind im Zeitpunkt der Lohnsteuerfälligkeit noch liquideMittel zur Zahlung der Lohnsteuer vorhanden, besteht die Verpflichtung desGeschäftsführers zu deren Abführung so lange, bis ihm durch Bestellung eines(starken) Insolvenzverwalters oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens dieVerfügungsbefugnis entzogen wird.

    FG Köln, Urt. v. 25. 2. 2014 - 10 K 2954/10

  • 1.Die öffentliche Bekanntmachung des Ankündigungsbeschlusses,wie dies § 289 Abs. 2 Satz 3 InsO vorgibt, ersetzt nicht das den Gläubigern zugewährende öffentliche Gehör. Dieser Verfahrensschritt - Ankündigungsbeschlussplus Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens am Ende der erstenStufe des zweistufigen Schuldbefreiungsverfahrens - ist zu unterscheiden vonder Restschuldbefreiungsentscheidung nach § 300 Abs. 1 InsO und dervorgeschriebenen Schlussanhörung am Ende des zweiten Verfahrensabschnitts.

    2.Obliegenheitsverletzungen des Schuldners, die vor demEintritt der Treuhandphase begangen werden, begründen keine Versagung derRestschuldbefreiung. Sie können aber dem Anwendungsbereich des § 290 InsOunterfallen.

    LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 24. 1. 2014 - 1 T 304/13

  • Bei der Geltendmachgung von Ansprüchen aus Insolvenzanfechtung handelt es sich um eine Handelssache im Sinne des § 95 GVG, wenn das der Zahlung zugrunde liegende Geschäft eine Handelssache ist (Leits. d. Verf.).

    LG Osnabrück, Beschluss vom 24.07.2014, 3 O 1497/14

  • KG vom 25.07.2014, 12 W 81/13

    1. Wird im laufenden Zwangsvollstreckungsverfahren zur Durchsetzung des ausserordentlichen Informationsrechts des Kommanditisten gemäß § 375 Nr. 1 FamFG i.V.m. § 166 Abs. 3 HGB das Insolvenzverfahren über das Vermögen der der auskunftspflichtigen Kommanditgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, hat dies nicht die Unterbrechung des Zwangsvollstreckungsverfahrens zur Folge.

    2. Der ausserordentliche Informationsanspruch des Kommanditisten gemäß § 166 Abs. 3 HGB richtet sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG gegen den Insolvenzverwalter.

    3. Die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die KG auskunftspflichtigen Komplementär zur Durchsetzung des vorgenannten Informationsanspruchs ist während des Insolvenzverfahrens ausgeschlossen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • 1. Der Zulässigkeit eines mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundenen Antrags des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht nicht entgegen, dass zuvor der Antrag eines Gläubigers mangels Masse abgewiesen worden ist. Dies gilt auch dann, wenn das Insolvenzgericht in dem früheren Verfahren den Schuldner darauf hingewiesen hat, dass er einen Antrag auf Restschuldbefreiung nur dann stellen könne, wenn er selbst auch die Eröffnung des Verfahrens beantrage. (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 01.12.2005 - IX ZB 186/05)

    2. Daran hat sich auch durch die spätere Rechtsprechung des Senats zur Annahme von Sperrfristen (BGH, Beschluss vom 07.05.2014 - IX ZB 51/12, Rn. 9 ff.) nichts geändert.

    BGH, Beschl. v. 17.07.2014 - IX ZB 86/13

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Für das Vorliegen des Benachteiligungsvorsatzes beim Schuldner können neben der Inkongruenz des Deckungsgeschäfts bei gleichzeitig beengten finanziellen Verhältnissen auch der Eintritt einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und das besondere Ausmaß der Beeinträchtigung indizielle Bedeutung haben. Dabei kann insbesondere die Übertragung des letzten werthaltigen Vermögensgegenstandes auf einen Dritten ein gewichtiger Anhaltspunkt sein. Ein Näheverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Begünstigten kann dieses Beweisanzeichen noch verstärken.

    BGH, Urt. v. 10.07.2014 - IX ZR 50/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!