Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Teilen eine GmbH als bisherige Mieterin und eine neu gegründete GmbH unter gemeinsamem Briefkopf dem Vermieter mit, dass sein bisheriger Vertragspartner künftig unter dem Namen der neu gegründeten GmbH "firmiere", so kann dies als Vereinbarung einer Vertragsübernahme zwischen bisherigem und neuem Mieter auszulegen sein. Die notwendige Genehmigung der Vertragsübernahme durch den Vermieter, die kein echtes Erklärungsbewusstsein erfordert, kann dann darin liegen, dass dieser der gleichzeitig geäußerten Bitte, bei Erteilung von Rechnungen künftig die neue "Firmierung" zu beachten, entspricht.

    Beantwortet der Insolvenzverwalter die Anfrage des Vermieters, ob die Mietsache nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiter genutzt werde, dahin, dass er bis zum Eingreifen einer angedachten Auffanglösung "als Insolvenzverwalter für die Verträge verantwortlich" bleibe, so ist diese Erklärung aus Sicht eines objektiven Empfängers als Erfüllungswahl anzusehen.


    OLG Saarbrücken, Urt. v. 10. 1. 2018 - 5 U 5/17

  • Ein Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines von der Gläubigerversammlung gefassten Beschlusses ist unzulässig.

    Ein Rechtsbehelf gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung ist nicht eröffnet, da es sich nicht um einen Akt öffentlicher Gewalt i.S.v. Art. 19 Abs. 4 GG handelt.

    Eine Inhaltskontrolle von Beschlüssen der Gläubigerversammlung ist nur über § 78 InsO eröffnet.

    Die Durchführung einer Abstimmung ist einem Rechtsbehelf nicht zugänglich, da es sich um einen nichtordnungsrechtlichen Akt der Sitzungsleitung handelt, und nicht um eine gerichtliche Entscheidung.

    Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob eine ordnungsgemäße Einberufung der Gläubigerversammlung erfolgt ist.

    Die Einberufung einer besonderen Gläubigerversammlung ist konkreter zu fassen, als die Bestimmung der Tagesordnung des Berichttermins; nicht erforderlich ist, dass die maßgeblichen Parameter einer besonders bedeutsamen Rechtshandlung in der Einberufung bekanntgegeben werden, sofern die "Appellfunktion" an die Gläubiger gewahrt ist und die weiteren konkreten Informationen in der Gläubigerversammlung erfolgen.


    AG Düsseldorf, Beschl. v. 29. 3. 2018 - 502 IN 216/15

  • Für die Vergütung eines Gläubigerausschussmitglieds kann bei besonderer Sachkunde ein Stundensatz i.H.v. 200 € festgesetzt werden.

    Das Insolvenzgericht ist durch die Einzelfallbetrachtung daran gehindert, "rechtspolitische" Erwägungen zu der grundsätzlichen Problematik der Auskömmlichkeit der Vergütung bei der Tätigkeit in Gläubigerausschüssen durch qualifizierte Vertreter zu berücksichtigen.


    LG Hamburg, Beschl. v. 3. 8. 2018 - 326 T 41/17

  • Sofern ein vom Insolvenzverwalter erstellter Liquiditätsstatus noch durch ein Sanierungskonzept der Schuldnerin ergänzt wird und sich hieraus übereinstimmende Angaben ergeben, bedarf es der weitergehenden Einholung einer Liquiditätsbilanz nicht.

    Ein Sanierungsgutachten muss vom Gläubiger selbst geprüft werden. Er kann sich nicht auf pauschale Aussagen aus dem Vorwort des Gutachtens, auf Angaben weiterer Wirtschaftsprüfer oder weiterer Gläubiger verlassen, der Schuldner sei sanierungsfähig. Für ein Vertrauen auf baldige Überwindung der Krise müssen konkrete Umstände vorliegen, die das Vertrauen auf baldige Genesung rechtfertigen.


    OLG Naumburg, Urt. v. 6. 12. 2017 - 5 U 96/17

  • Hat der Träger der Krankenkasse positive Kenntnis von bzw. angesichts der zahlreicher Lastschriftrückgaben auf eine Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers müssen, ist er infolge Anfechtung durch den Insolvenzverwalters nach §§ 130, 133 InsO auch zur Erstattung diejenigen KV-Beiträge verpflichtet, die an ihn vom Arbeitgeber entsprechend einer mit seinem freiwillig versicherten Arbeitnehmer getroffenen Vereinbarung monatlich abgeführt worden sind (a.A. SG Dresden, Urt. v. 12.2.2104 - S 25 KR 485/12). In diesem Umfang lebt die Beitragsschuld des freiwillig versicherten Mitglieds dann wieder auf. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt hierin nicht.

    LSG NRW, Urt. v. 22. 3. 2018 - L 16 KR 520/17

  • Der Kommanditist haftet dem Insolvenzverwalter gegenüber nach § 171 Abs. 1 HGB auf die Pflichteinlage, die dieser für eine Gläubigerforderung benötigt. Dabei muss der Insolvenzverwalter nicht zunächst die Fondsgesellschaft in Anspruch nehmen.

    Der Pflichteinlageanspruch kann nicht mit Schadensersatzansprüchen aufgerechnet werden.

    Der Anspruch auf Leistung der Pflichteinlage beginnt mit der Verjährung der Drittforderung zu laufen.


    LG Frankfurt/M., Urt. v. 2. 3. 2016 - 2-10 O 158/15

  • Die Frage, ob eine unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO vorliegt, bemisst sich im Zwei-Parteien-Verhältnis nach Leistung und Gegenleistung. Unentgeltlich ist eine Leistung dann, wenn objektiv eine völlig wertlose Gegenleistung vorliegt und subjektiv die Gegenleistung Entgeltcharakter hat und schließlich wenn trotz Wertinadäquanz kein entgeltliches Geschäft mehr angenommen werden kann.

    LG Görlitz, Urt. v. 25. 5. 2018 - 1 O 340/17

  • Den Insolvenzverwalter trifft bei der Inanspruchnahme von Kommanditisten nach §§ 171, 172 HGB insoweit eine sekundäre Darlegungslast, als nur er aufgrund seiner organschaftlichen Stellung in der Lage ist, die Verhältnisse der Gesellschaft im Einzelnen zu überblicken und darzustellen; verweigert er eine solche Aufklärung, gilt der dem Kommanditisten obliegende Beweis, dass es seiner Inanspruchnahme nicht bedarf, als geführt.

    Einem Insolvenzverwalter fehlt für die Durchführung eines sog. Innenausgleichs von Forderungen verschiedener Gesellschaften untereinander bereits die erforderliche Prozessführungsbefugnis. Diese ist vielmehr nach den §§ 93 InsO und 171 Abs. 2 HGB auf die Heranziehung eines Gesellschafters wegen Verbindlichkeiten der Gesellschaft beschränkt.


    AG Dortmund, Urt. v. 24. 8. 2017 - 406 C 4562/17

  • Der als mittelbarer Kommanditist an einer geschlossenen Fondsgesellschaft beteiligte Anleger hat kein Auskunftsrecht auf Bekanntgabe der Namen und Anschriften seiner Mittreugebergesellschafter.

    Das Recht auf Auskunft setzt voraus, dass zwischen den Treugebern eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts besteht oder dass Treugebergesellschafter und direkt beteiligte Gesellschafter gleichstehen (Gleichstellungsklausel).


    AG Frankfurt/M., Urt. v. 26. 4. 2018 - 32 C 2668/17 (84)

  • Stellt die Schuldnerin in einem Fremdantragsverfahren einen Eigenantrag, so ist eine gegen die Eröffnung des Verfahrens eingelegte sofortige Beschwerde mangels Beschwer unzulässig.

    Ein Ausnahmefall, in dem auf das Erfordernis der Beschwer verzichtet werden kann, liegt nicht vor, wenn die Schuldnerin sich gegen den Bestand der von ihr bereits im Eröffnungsverfahren bestrittenen Forderung wendet.


    AG Göttingen, Beschl. v. 14. 8. 2018 - 74 IN 96/18

  • BGH, Beschluss vom 18. September 2018 - IX ZB 77/17, ohne Leitsatz:

    Zu den Kriterien zur Bestimmung des COMI (centre of main interests) bei Wohnsitz im Ausland und Ausübung (selbstständiger) Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland.

    Die Würdigung des Beschwerdegerichts ist hierbei möglich, zwingend muss sie nicht sein.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Urteil vom 13. September 2018 - IX ZR 190/17

    Der eine Grundstücksübertragung anfechtende Gläubiger kann gegenüber demEinwand des Erwerbers, das Grundstück sei bereits wertausschöpfend belastetgewesen, die Anfechtbarkeit einer vorrangigen Belastung nicht geltend machen,wenn die Möglichkeit der Anfechtung nur im Verhältnis zu Dritten besteht (im Anschlussan BGH, NJW 1996, 3147).

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  • BGH, Beschluss vom 20. September 2018 - IX ZB 41/16

    Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit unterliegen in den Grenzen des§ 3b EStG als Erschwerniszulagen nicht der Zwangsvollstreckung.
    Keine Erschwerniszulagensind Zuschläge für Samstagsarbeit (Anschluss an BAG, NJW2017, 3675).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Bogumil: Das „große Insolvenzgericht“ beim Landgericht - Vorschlag für eine Reform der Gerichtsorganisation im Insolvenzrecht

    NZI 2018, 774

  • BGH, Beschluss vom 27. September 2018 - IX ZR 313/16 §133 InsO a.F.

    Der Anfechtungsgegner trägt die Darlegungs- und Beweislast für den Einwand eines bargeschäftsähnlichen Leistungsaustauschs. Den Gegeneinwand, der Schuldner habe nicht mit einem Nutzen für die Gläubiger rechnen dürfen, weil er fortlaufend unrentabel gearbeitet und deshalb auch mittels der in bargeschäftsähnlicher Weise erlangten Leistungen nur weitere Verluste angehäuft habe, hat der Insolvenzverwalter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen.

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  • BGH, Urteil vom 11. Oktober 2018 - IX ZR 217/17


    Der einem Gläubiger zur Zeit der Insolvenzeröffnung zustehende Anspruch auf Abschluss eines Vertrages mit dem Schuldner stellt eine Insolvenzforderung dar. Diese kann nur mit dem geschätzten Wert des Anspruchs zur Tabelle angemeldet werden.

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