Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Zu den Anforderungen der Darlegung der Überschuldung i.S.d. § 19 InsO und der Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO durch den darlegungs- und beweispflichtigen Anspruchsteller.

    Zur substantiierten Darlegung von negativem Interesse und entgangenem Gewinn als Folge einer Insolvenzverschleppung.

    Die Darlegungslast des Geschädigten wird hinsichtlich des entstandenen Schadens durch die Vorschriften der §§ 252 und 287 ZPO erleichtert, berechtigt das Gericht aber nicht ohne Weiteres zu einer Schätzung nach § 287 ZPO, da diese Norm nicht dazu dient, die darlegungs- und beweispflichtige Partei zu entlasten.


    OLG Hamm, Beschl. v. 17. 4. 2018 - 9 U 161/17

  • Bei dem Forderungseinzug durch Insolvenzverwalter nach §§ 171, 172 HGB ist auf die zur Tabelle angemeldeten und festgestellten Forderungen abzustellen (Fortführung zu BGH v. 20.2.2018 - II ZR 272/16, ZInsO 2018, 870).

    Anders als nach der Entscheidung des OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2018 - I-8 U 124/17 reicht es bei dem Forderungseinzug nach §§ 171, 172 HGB nicht aus nur auf die zur Tabelle angemeldeten Forderungen (Terminologie BGH, Urt. v. 17.12.2015 - IX ZR 143/13, ZInsO 2016, 330) abzustellen.

    Der nach §§ 171, 172 HGB in Anspruch genommene Kommanditist kann erfolgreich die Einrede der Erfüllung gegen die zur Tabelle angemeldeten und festgestellten Forderungen erheben.


    OLG Schleswig, Urt. v. 20. 6. 2018 - 9 U 18/18

  • Eine Zwangsgeldfestsetzung, die eine Handlung, Duldung oder Unterlassen erzwingen soll (hier: wegen Fortführung von erlaubnispflichtigen Überwachungstätigkeiten), wird mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners rechtswidrig. Diesem wird nämlich die Erfüllung der ihm insoweit auferlegten Verpflichtung mangels eigener Verfügungsbefugnis unmöglich, wodurch auch ein Zwangsgeld als Beugemittel ohne Strafcharakter seinen Zweck verliert.

    VGH Kassel, Beschl. v. 29. 3. 2018 - 8 B 118/17

  • Ist über das Vermögen eines deutschen Schuldners in England das Insolvenzverfahren eröffnet worden, ist die Abtretung des Schuldners einer ihm in Deutschland zustehenden Steuererstattung ohne Zustimmung oder Genehmigung des (englischen) Insolvenzgerichts unwirksam.

    Die im Rahmen der Wirtschaftsförderung des Landes im Vorhinein vereinbarten Globalabtretungen von Rückgriffsansprüchen gegenüber Drittgarantiegebern an Bund und Land (Rückgaranten) sind wirksam, soweit sich die abgetretene Forderung aus der Garantieerklärung bzw. dem Garantieübernahmevertrag klar und eindeutig bestimmen lässt.


    FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16. 1. 2018 - 5 K 1955/14

  • Die Kosten des Verfahrens sind dem Schuldner aufzuerlegen, wenn die antragstellende Gläubigerin den Insolvenzantrag nach Erfüllung der Insolvenzforderung und Abmeldung der bei der antragstellenden Gläubigerin angemeldeten Arbeitnehmer für erledigt erklärt, auch wenn der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin nicht vollständig eingestellt wurde.

    AG Köln, Beschl. v. 20. 2. 2018 - 73 IN 237/17

  • Nimmt der Insolvenzverwalter den Fiskus wegen Rückzahlung vom Insolvenzschuldner anfechtbar erlangter Steuerzahlungen klageweise in Anspruch, ist das Anerkenntnis, das Letzterer im schriftlichen Vorverfahren innerhalb der ihm zur Erwiderung auf die Klage bestimmten Frist abgibt, dann kein sofortiges i.S.d. § 93 ZPO (mehr), wenn er zuvor seine Verteidigungsbereitschaft angezeigt und einen Antrag auf Klageabweisung angekündigt hat (a.A. OLG Celle, [Anerkenntnis-]Urt. v. 24.3.2011 - 6 U 138/10).

    OLG Köln, Beschl. v. 30. 4. 2018 - 2 W 10/18

  • Zuständig für die rechtliche Einordnung einer im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderung als einer aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (hier: nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB) sind die Zivilgerichte auch dann, wenn die Klärung nicht (mehr) im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 184 Satz 1 InsO erfolgen kann, weil das Insolvenzverfahren bereits abgeschlossen ist. Entscheidend bleibt die Rechtsnatur des Begehrens (im Anschluss an BSG, Beschl. v. 14.7.2014 - B 11 SF 1/14 R).

    Die (weitere) Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG an das BSG wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.


    LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 9. 5. 2018 - L 1 BA 28/18 B

  • Geht die Befugnis über im Grundbuch eingetragene Rechte der GbR verfügen zu können mit der Insolvenzbefangenheit des Geschäftsanteils des Gesellschafters auf den Insolvenzverwalter über, erlischt zugleich auch eine vom vormaligen Insolvenzschuldner erteilte Vollmacht zur Vertretung der GbR nach § 117 InsO. Folglich ist trotz Rechtsfähigkeit der GbR und dem Umstand, dass "nur" der Geschäftsanteil an der Grundbesitz haltenden GbR vom Insolvenzbeschlag erfasst wird, damit auch eine dem Notar im Grundstückskaufvertrag erteilte Vollmacht zur Vertretung der GbR bei der Eintragungsbewilligung untergegangen. Daran ändert auch eine vom Insolvenzverwalter erklärte Freigabe des Geschäftsanteils nichts. Damit entfällt zwar der Insolvenzbeschlag, sie führt aber nicht dazu, dass die erloschene Vollmacht insoweit (wieder) auflebt.

    OLG München, Beschl. v. 9. 7. 2018 - 34 Wx 223/17

  • Ein Kommanditist, der nach Aufforderung gewinnunabhängige Ausschüttungen an die Gesellschaft erstattet, ohne hierzu verpflichtet zu sein, kann in der Insolvenz der Gesellschaft seinen Rückzahlungsanspruch nicht zur Tabelle anmelden, weil es sich bei diesem Anspruch - unabhängig ob er auf § 812 Abs. 1 BGB oder § 110 HGB gestützt wird - schon um keine Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO handelt. Die geltend gemachte Erstattungsforderung, gerichtet auf die Rückgewähr der zum Eigenkapital der Gesellschaft geleisteten Beiträge, stellt nämlich insoweit ein Mitgliedschaftsrecht des Gesellschafters dar, das jenen als Insolvenzgläubiger ausschließt (vgl. in diesem Sinne auch: OLG Hamburg, Urt. v. 14.8.2015 - 11 U 42/15 sowie 11 U 45/15, ZInsO 2015, 1794).

    LG Hamburg, Urt. v. 8. 9. 2017 - 308 O 78/15

  • Gem. § 116 Satz 2 InsO i.V.m. § 115 Abs. 1 InsO führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch zum Erlöschen eines Dienst- oder Werkvertrages mit einem Sanierungsberater. Dies führt dazu, dass eine weitere Tätigkeit und eine Vergütung hierfür nicht geschuldet waren. Erfolgen sie gleichwohl, können geleistete Zahlungen im Wege der Anfechtung zurückgefordert werden, ohne dass ein aufrechenbarer Gegenanspruch auf Honorar dem entgegengehalten werden kann.

    LG Stuttgart, Urt. v. 18. 4. 2018 - 27 O 338/16

  • Eine disziplinarrechtliche Anordnung mit der (nur) der betroffenen Beamten selbst zur Herausgabe der über ihn beim Insolvenzgericht geführten Insolvenzverfahrensakte verpflichtet werden soll, ist schon deshalb unzulässig, weil dieser an den Insolvenzakten, die auch ohne dienstlichen Bezug sind, keinen Besitz hat und sie damit auch nicht herausgeben kann.

    Eine entsprechende unmittelbar gegenüber dem AG - Insolvenzgericht bestehende rechtliche Befugnis der Disziplinarbehörde zur Anordnung der Herausgabe ist nicht vorhanden und lässt sich auch aus § 26 DG LSA dann nicht ableiten, wenn zuvor ein Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt worden ist.


    VG Magdeburg, Beschl. v. 19. 6. 2018 - 15 B 16/18

  • BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 - IX ZR 296/17

    Die Bestellung einer Sicherheit für eigene, entgeltlich begründete, künftig entstehendeVerbindlichkeiten ist ebenso entgeltlich wie die Abtretung einer Forderung erfüllungshalberzur Erfüllung entgeltlich begründeter, künftig entstehender Verbindlichkeiten.

    Für die Frage der Entgeltlichkeit ist auf den Zeitpunkt des Rechtserwerbs des Anfechtungsgegnersin Folge der Leistung des Schuldners abzustellen.

    Tritt der Schuldner einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung ab, der durch dasVerlangen des Vermieters aufschiebend bedingt ist, eingebrachte Gegenstände amMietende in der Mietsache zu belassen, ist der Rechtserwerb bereits mit Abschlussdes Abtretungsvertrags abgeschlossen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 - IX ZR 307/16

    § 129 InsO
    a) Überlässt der Schuldner ein ihm gehörendes Grundstück einem Dritten zur Nutzung,kann dies gläubigerbenachteiligend sein, wenn der Schuldner geschäftlich tätig ist, die Nutzungsmöglichkeit einen eigenen wirtschaftlichen Wert darstellt, der im Geschäftsverkehr üblicherweise nur gegen Entgelt überlassen wird, und dem Schuldner eine wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks zum Vorteil der Gläubiger rechtlich und tatsächlich möglich war.
    b) Ist eine Vermietung einer Sache nur mit behördlicher Genehmigung zulässig, benachteiligt die Gebrauchsübertragung und -überlassung zur unentgeltlichen Nutzung die Gläubiger, wenn die zuständige Behörde die erforderliche Genehmigung tatsächlich erteilt hätte oder hätte erteilen müssen.


    § 134 I InsO
    a) Steht dem Leistungsempfänger ein eigener Anspruch gegen den leistenden Schuldner zu, richtet sich die Frage nach der Unentgeltlichkeit der Leistung nach den Grundsätzen im Zwei-Personen-Verhältnis.

    b) Eine unentgeltliche Leistung scheidet im Zwei-Personen-Verhältnis auch dann aus, wenn nicht der Empfänger, sondern ein Dritter die ausgleichende Gegenleistung erbringt, sofern zwischen der Leistung des Schuldners und der ausgleichenden Gegenleistung des Dritten ein ausreichender rechtlicher Zusammenhang besteht.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Der Versicherungsschutz eines D&O-Versicherung umfasst nicht den Anspruch einer insolvent gewordenen Gesellschaft gegen ihren versicherten Geschäftsführer auf Ersatz insolvenzzweckwidrig geleisteter Zahlungen der Gesellschaft nach § 64 GmbHG.

    Bei der Haftung aus § 64 GmbHG handelt es sich um einen "Ersatzanspruch eigener Art", der nicht einem Schadensersatzanspruch "im versicherungsrechtlichen Sinne" entspricht und für den Versicherer ein ganz anderes Risiko darstellt, wenn er unabhängig davon leisten soll, ob der Versicherungsnehmerin oder dem Dritten ein Schaden überhaupt entstanden ist.


    OLG Düsseldorf, Urt. v. 20. 7. 2018 - 4 U 93/16

  • Fehlt in der Klageschrift eines Insolvenzverwalters gegen in Anspruch zu nehmende Kommanditisten eines Schiffsfonds die Vorlage einer Tabelle, die den Anforderungen von §§ 174, 175, 178 InsO entspricht, ist ein substanziierter Vortrag zu den einzelnen Gläubigerforderungen, deren Bestehen Voraussetzung einer Inanspruchnahme ist, nicht erfolgt.

    AG Emmendingen, Urt. v. 19. 7. 2018 - 7 C 110/18

  • Der Gegenstandswert für das einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung betreffende Verfahren ist nach dem objektiven wirtschaftlichen Interesse desjenigen zu bemessen, der den jeweiligen Antrag stellt oder das entsprechende Rechtsmittel verfolgt.

    AG Köln, Beschl. v. 13. 2. 2018 - 73 IN 113/08

  • BGH, Beschluss vom 19. Juli 2018 - IX ZB 24/16

    a) Maßgeblich für die Beurteilung, ob es Insolvenzgläubigern zuzumuten ist, die Kosten eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits aufzubringen, ist nicht die voraussichtliche Erhöhung ihrer Befriedigungsquote, sondern das Verhältnis des zu erwartenden Ertrags zu den aufzubringenden Kosten.

    b) Insolvenzgläubigern ist es regelmäßig nicht zuzumuten, die Kosten eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits aufzubringen, wenn sich ihre Befriedigung unter Berücksichtigung des Prozess- und Beibringungsrisikos voraussichtlich um weniger als das Doppelte der aufzubringenden Kosten verbessert.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    2 Mal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (22. August 2018 um 09:38)

  • BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 139/17

    Zahlungen des Inhabers eines Handelsgewerbes an einen stillen Gesellschafter, denen ein gewinnunabhängiges Zahlungsversprechen im Gesellschaftsvertrag zugrunde liegt, sind entgeltliche Leistungen, wenn sie die Gegenleistung für die erbrachte Einlage darstellen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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