Erbschein erforderlich?

  • Hallo,

    ein in Abt. III eingetragener Gläubiger ist verstorben, das Recht soll auf Bewilligung der (dritten) Ehefrau des Gläubigers gelöscht werden.

    Es liegt vor ein eröffnetes gemeinschaftliches Testament mit der dritten Ehefrau, die er darin zur Alleinerbin eingesetzt hat.

    In dem Testament wird auf Erbverträge hingewiesen, die der Erblasser mit seinen früheren Ehefrauen geschlossen hat, und dass diese durch Scheidung gem. §§ 2279, 2077 unwirksam geworden sind.

    Diese Erbverträge liegen (auch in der Nachlassakte) nicht vor.

    Ich habe die Vorlage einer Erbscheinsausfertigung verlangt.

    Die Notarin bittet um Überprüfung und weist darauf hin, dass der Erblasser ausdrücklich erklärt hat, dass seine Erbverträge mit seinen früherern Ehefrauen aufgrund Scheidung unwirksam geworden seien. Daher sind keine Anhaltspunkte gegeben, die zur Annahme führen, dass der Erblasser die Erbverträge mit seinen früheren Ehefrauen für den Fall der Scheidung aufrecht erhalten wollte.

    Zwar muss das Grundbuchamt Testamente auslegen, hier wären aber doch weitergehende Ermittlungen nötig, oder?

  • Ich bin zwar kein Nachlassrechtspfleger aber (lt. meinem Gedächtnis) müssen doch auch umwirksam gewordene Verfügungen von Todes wegen eröffnet werden oder? Und die Verfügungen müssen ja irgendwo sein. Die werden ja nicht nach der Scheidung (ich sag es jetzt mal ganz krass) vernichtet....
    Also ich würde, wenn ich eine Urkunde vorbereiten müsste, mir die vorherigen Verfügungen zeigen lassen.
    Was noch für den Sachverhalt dienlich wäre, ist die Tatsache, ob das letzte Testament eigenhändig oder notariell ist.

  • Das Testament muss notariell errichtet sein, denn sonst könnte von vorneherein keine Grundbuchberichtigung ohne Erbschein erfolgen.

    Die früheren Erbverträge müssen an das Nachlassgericht abgeliefert und eröffnet werden und es wundert mich daher, dass diese Erbverträge beim Nachlassgericht nicht vorliegen.

    Erst wenn alle notariellen Verfügungen - nebst Eröffnungsprotokoll - vorliegen, kann im Rahmen einer Gesamtschau aller Verfügungen entschieden werden, ob ein Erbschein erforderlich ist. Alleine aufgrund des Testaments kann jedenfalls keine Grundbuchberichtigung erfolgen.

  • Da hab ich nicht nachgedacht mit der Form des Testamentes. Sorry hierfür :confused:
    Vielleicht hat die Notarin ja zumindest Kopien der Erbverträge oder sie weiß, wo die Erbverträge sind. Denn ansonsten wäre es m. E. ziemlich riskant, eine Aussage über den Inhalt zu machen...

  • "Die früheren Erbverträge müssen an das Nachlassgericht abgeliefert und eröffnet werden und es wundert mich daher, dass diese Erbverträge beim Nachlassgericht nicht vorliegen."

    Das trifft natürlich zu. Ich hatte jetzt (allerdings vor GNotKG) schon ein paar Fälle, wo sich die Ex zu mir als Notarin aufmachten und gemeinsam den alten Erbvertrag zurücknahmen.

  • Hallo zusammen, ich häng mich hier mal an.

    Gemeinschaftliches Testament von 1993, Ehegatten zu je 1/2, Schlusserbe soll die Tochter des Ehemannes sein.

    2001 Testament der Ehefrau: Erbe soll mein Neffe sein.

    Auf meinen Hinweis hin, dass ich auf Grund der unterschiedlichen Testierungen einen Erbschein benötige, bittet mich Notar um Überprüfung. Die Ehe sei 1997 vor dem hiesigen Amtsgericht geschieden worden, das Testament von 1993 sei daher wegen § 2077 Abs. 1 BGB unwirksam. Auf Grund des späteren Testaments sei auch kein Raum für die Auslegung nach § 1077 Abs. 3 BGB, da der Erblasser einen anderen Willen geäußert hat.
    Ein rechtskräftiges Scheidungsurteil liegt mir in der Familienakte vor.

    Bestehen Bedenken, den Neffen als Erben einzutragen? Oder ist der Blick in die Familienakte und die Schlussfolgerung über den Erblasserwillen bereits als weitere Ermittlung anzusehen, die das Grundbuchamt nicht vorzunehmen hat?

  • Bestehen Bedenken, den Neffen als Erben einzutragen?

    Ich hätte keine Bedenken (natürlich nur wenn das neue Testament notariell beurkundet ist). Das rechtskräftige Scheidungsurteil kann zur Auslegung herangezogen werden.

  • Danke für die Rückmeldung.
    Testament ist formgerecht.
    Es ist zwar auch noch eine Testamentsvollstreckung angeordnet, aber nur für einzelne bewegliche Gegenstände, damit habe ich also keine Probleme.

    Dann werde ich wohl eintragen.

  • Ob das Testament trotz Scheidung fortgelten soll, ist nach dem Testierwillen beider Ehegatten zu beurteilen. Das Argument, das einer der Ehegatten anders testiert hat, ist also keines, bestenfalls ein vorgeschobenes.

  • Update:
    Notar beantragt auf meinen Hinweis hin jetzt eine rechtsmittelfähige Entscheidung. Zur Untermauerung seiner Meinung legt er eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 29.10.2020 ( 1 W 1463/20 ) vor. Das passt doch aber hinten und vorne nicht, da dort nur eine Scheidungsklausel der Knackpunkt war. Dies lasse ich mir durch e.V. der Beteiligten nachweisen.

    Naja. Ich werde jetzt förmlich zwischenverfügen. Mal sehen, ob mich das OLG aufhebt (nach den letzten Entscheidungen ist das gar nicht so unwahrscheinlich...).

  • Eine Zwischenverfügung ist m.E. nicht zulässig, wenn der Antragsteller bereits zu erkennen gegeben hat, anderer Ansicht zu sein und dieser nicht folgen zu wollen. Dann ist kostenpflichtig zurückzuweisen.

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