Geldvermächtnis an Minderjährige

  • Problematisch sind nur die Fälle unklarer und auslegungsbedürftiger Vermächtnisanordnung, wobei das Familiengericht im Verfahren nach § 1640 BGB so oder so seitens des Nachlassgerichts von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt, weil das Kind entweder Erbe oder Vermächtnisnehmer ist. Und dann muss man eben im Einzelfall entscheiden, was zu tun ist, zumal die Eltern selbst ein Interesse daran haben müssen, dass die Erfüllungshandlungen wirksam sind.

  • ich möchte dieses Thema aufgreifen. Ich habe hier ein Vermächtnis der verstorbenen Kindesmutter an ihr minderjähriges Kind, während der Kindesvater der beschwerte Erbe ist. Ein sehr hoher Geldbetrag ist als Vermächtnis zugewendet, aber die Fälligkeit tritt erst mit der Wiederheirat des Erben ein. Während dieser Schwebezeit soll der Anspruch verzinst werden. Die Zinsen werden aber auch erst mit dem Bedingungseintritt fällig. Ich habe im Kommentar gefunden, dass das Vermächtnis zwar erst mit Bedingungseintritt anfällt aber schon während der Schwebezeit angenommen werden kann (nicht muss, da keine Frist)
    Die Kommentierung Palandt § 2180 BGB lese ich so, dass der Vater sein Kind sich selbst gegenüber bei der Annahme eines Vermächtnisse nur dann nicht vertreten kann, wenn das Vermächtnis auch rechtlich nachteilig ist.

    Bedeutet das im Umkehrschluss, dass wie hier bei einem rechtlich für das Kind nur vorteilhaften Vermächtnis - der Vater bei der (formlos möglichen) Annahmeerklärung sich und das Kind vertreten kann ? Sollte ich mir die Annahme nachweisen lassen ?

    Nach § 2179 BGB erwirbt das Kind mit Annahme für die Schwebezeit der Fälligkeit eine Anwartschaft. Muss oder kann ich als Familiengericht etwas veranlassen, um diesen Anspruch des Kindes für die Zeit bis zur Fälligkeit zu sichern ? :confused:

  • ein Glück, es meldet sich jemand - vielen Dank !! Ich bin noch nie im Nachlass tätig gewesen und bemühe mich jetzt, nichts zu übersehen.
    Das Vermächtnis ist eine mehrfache Summe dessen, was den Pflichtteil rechnerisch darstellt. - aber eben nicht fällig, und es steht nicht fest, ob es je fällig wird.
    Auch bezüglich des Pflichtteils ist die Beschränkung da, dass im Falle des Verlangens nach dem einen Elternteil, auch nach dem weiteren Elternteil nur der Pflichtteil zusteht.

    Im Übrigen habe ich oben einen Fehler. Die Bedingung für die Fälligkeit des Vermächtnisses ist nicht die Wiederverheiratung, sondern der Tod des erbenden Elternteils. Wenn das Vermächtnis erst nach dem Tod des Erben fällig wird, wer ist denn damit beschwert - der jetzige Erbe oder dessen Erben ?

    So kompliziert hatte ich es lange nicht. Ich hoffe auf weitere Hilfe.

  • Nun, so kompliziert ist die Sache eigentlich nicht.

    Für Annahme oder Ausschlagung des Vermächtnisses gibt es keine Fristen, eine Ausschlagung würde ohnehin nur mit (wohl nicht zu erteilender) familiengerichtlicher Genehmigung funktionieren. Insoweit ist derzeit hinsichtlich solcher Erklärung nichts zwingend zu unternehmen. Was die Sicherung von Ansprüchen für ein minderjähriges Kind angeht, ist es doch ähnlich zu dem Fall, dass der Ehegatte allein Erbe wird und das Kind pflichtteilsberechtigt ist. Die Frist für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegenüber einem Elternteil endet entsprechend Verjährungshemmung erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes (§ 207 BGB). Das Kind hat somit noch genügend Zeit, selbst zu überlegen, ob es die Ansprüche geltend macht oder nicht. Auch hier könnte man ja auf den Gedanken kommen, diese Ansprüche bis zu diesem Zeitpunkt wenigstens zu sichern. Aber das ist in der Regel nicht zu veranlassen, wenn nicht eine offensichtliche Gefährdung der Ansprüche des Kindes ersichtlich ist, vgl. Palandt BGB, Rn 4 zu § 2317. Und genauso wird man das im gegenständlichen Fall des Vermächtnisses betrachten müssen: In der Regel nichts unternehmen, es sei denn, es gibt Anzeichen für ein mögliche Gefährdung durch den Kindesvater. Manch einer soll in solchen Fällen auch schon ein Gespräch mit dem überlebenden Elternteil durchgeführt haben .....
    Im Übrigen fällt der Vermächtnisanspruch auch unter die Verzeichnispflicht nach § 1640 BGB, aber ich nehme mal an, dass dies bereits ordnungsgemäß erfolgte, wenn die Höhe des Anspruches schon bekannt ist (es sei denn, dass das Nachlassgericht bislang lediglich informiert hat).

  • Stimme allem mit der Ergänzung zu, dass die Frage, ob der Vermächtnisanspruch letztlich fällig wird, nun nicht mehr völlig ungewiss ist, weil für die Fälligkeit auf das Ableben des Erben abgestellt wurde (ungewiss also nur noch, falls der Vermächtnisnehmer vorverstirbt). In Verbindung mit der Pflichtteilsklausel für den zweiten Sterbefall liegt es somit nahe, dass die Geltendmachung des Pflichtteils aufgrund des aktuellen Sterbefalls keine wirtschaftlich vernünftige Option darstellen dürfte.

    Im Übrigen lese ich aus dem Sachverhalt nunmehr heraus (Pflichtteilsklausel!), dass es sich um ein gemeinschaftliches Testament handeln dürfte. Das war dem ursprünglich mitgeteilten Sachverhalt nicht zu entnehmen.

  • danke für die Antworten.

    zum Ersten, das Vermächtnis ist aus der Nachlassakte ersichtlich gewesen.
    zum zweiten: Nach den Beiträgen meiner Vorredner würde ich zum Ergebnis kommen, dass die minderjährigen Kinder nach Eintritt der Volljährigkeit selbst entscheiden sollten, ob sie das Vermächtnis annehmen oder den Pflichtteil fordern sollten.
    Es bleibt aber dennoch die Frage , wenn die Fälligkeit des Vermächtnisses erst mit dem Tod des jetzigen Erben eintritt , ist eine Annahme ihm gegenüber überhaupt möglich ?

  • Ich häng mich mal hier dran:
    Ich habe ein Testament vom Nachlassgericht erhalten, in dem die Erblasserin (Oma) ihren Sohn (KV) zum Alleinerben einsetzt und dessen Kindern (Enkel) jeweils ein Vermächtnis von 200.000 € in Geld zuwendet. Für die Vermächtnisse wird Testamentsvollstreckung bis zum 35. Lebensjahr der Vermächtnisnehmer angeordnet. Zum TV wird der Erbe=KV ernannt. Der TV wird angewiesen, den Vermächtnisnehmern jeweils mit Vollendung des 20., 25., 30. und 35. Lebensjahrs 25 % des Vermächtnisses aus der TV freizugeben. "Dem TV stehen alle Rechte zu, die ihm nach dem Gesetz eingeräumt werden können. Von den Beschränkungen des § 181 BGB ist er befreit."
    Ich hatte den KV mit dem üblichen § 1640 BGB-Schreiben angeschrieben. Nun kam das Formular zurück mit einem Kreuz bei "Ich versichere, dass der Zuwendende mich bei der Zuwendung von der Pflicht zur Anfertigung eines Vermögensverzeichnisses befreit hat."
    Und nun?
    Meine Überlegungen:
    Der KV ist auch als TV grds. zur Anfertigung des VV verpflichtet.
    Eine evtl. Befreiung müsste sich im Testament finden. Ob der Satz mit der Einräumung aller möglichen Rechte dafür ausreicht, bezweifle ich.
    Aber: Was soll in dem Verzeichnis stehen? Dass jedes Vermächtnis 200.00 € in Geld beträgt, ergibt sich ja schon aus dem Testament.
    Und, die Kinder bekommen den Betrag ja noch nicht, also kann ich nichtmal prüfen, ob die Beträge für die Kinder angelegt wurden.

  • Einen Anspruch auf Auszahlung haben die Kinder erst, wenn sie volljährig sind. Und der Vater unterliegt bei der Verwaltung der Vermächtnisse nicht der Aufsicht des Familiengerichts, denn er übt insoweit nicht die elterliche Sorge aus, sondern handelt als Testamentsvollstrecker - es gibt also kein Vermögen, das "der Verwaltung der Eltern unterliegt", was Voraussetzung für die Anwendung von § 1640 BGB ist. Allenfalls könnte man über die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB nachdenken (Wahrnehmung der Rechte der Kinder gegenüber dem TV).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Die Vermächtnisse müssen natürlich erfüllt und die Geldbeträge auf den Namen der Kinder angelegt werden. Die Gelder werden eben nur nicht von den Eltern, sondern vom Testamentsvollstrecker verwaltet, der zugleich der Vater der Kinder ist. Die zeitlich gestaffelte Auszahlung der Gelder bezieht sich nicht auf die Fälligkeit der Vermächtnisse, sondern lediglich auf die gestaffelte Freigabe von der Testamentsvollstreckung.

    Wie mein Vorredner richtig bemerkte: Allenfalls Ergänzungspflegschaft zur Wahrnehmung der Rechte der Kinder im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker.

    Hierzu gibt es bekanntlich divergierende Rechtsprechung.

  • Es werden dem TV durch das Testament ausdrücklich "alle Rechte nach dem Gesetz" zuerkannt, aber nicht von "was möglich ist, Befreiung" zugebilligt. Eine derartige Auslegung halte ich für doch zu gewagt. Außerdem ist das Anfertigen des Nachlassverzeichnisses eine gesetzliche Pflicht nach § 2215 BGB, von der nach § 2200 BGB nicht befreit werden kann.

  • Es werden dem TV durch das Testament ausdrücklich "alle Rechte nach dem Gesetz" zuerkannt, aber nicht von "was möglich ist, Befreiung" zugebilligt. Eine derartige Auslegung halte ich für doch zu gewagt. Außerdem ist das Anfertigen des Nachlassverzeichnisses eine gesetzliche Pflicht nach § 2215 BGB, von der nach § 2200 BGB nicht befreit werden kann.

    Es geht nicht um die Frage eines Nachlassverzeichnisses, sondern des Verzeichnisses nach § 1640 BGB. Eine Befreiuung von der Verzeichnispflicht kann ich dem Testament nicht entnehmen.

  • ...
    ....Und der Vater unterliegt bei der Verwaltung der Vermächtnisse nicht der Aufsicht des Familiengerichts, denn er übt insoweit nicht die elterliche Sorge aus, sondern handelt als Testamentsvollstrecker - es gibt also kein Vermögen, das "der Verwaltung der Eltern unterliegt", was Voraussetzung für die Anwendung von § 1640 BGB ist. ....

    Das wird im Münchener Kommentar anders gesehen, wenn der verbliebene Elternteil zum TV ernannt wurde, MüKoBGB/Huber, 8. Aufl. 2020 Rn. 8, BGB § 1640 Rn. 8:

    Zitat

    ...wenn ein anderer als Testamentsvollstrecker eingesetzt ist; ist der betreffende Elternteil selbst Testamentsvollstrecker, unterliegt er hingegen der Inventarisierungspflicht des § 1640).

    Im Beck-Online-Großkommentar spricht man von allgM seit einer Entscheidung des RG im Jahr 1934, vgl. BeckOGK/Kerscher, 1.3.2021, BGB § 1640 Rn. 12:

    Zitat

    Das Verzeichnis ist auch von Eltern vorzulegen, die selbst Testamentsvollstrecker sind, und zwar auch, wenn daneben noch ein zweiter Testamentsvollstrecker eingesetzt ist.

  • [
    Und der Vater unterliegt bei der Verwaltung der Vermächtnisse nicht der Aufsicht des Familiengerichts, denn er übt insoweit nicht die elterliche Sorge aus, sondern handelt als Testamentsvollstrecker - es gibt also kein Vermögen, das 'der Verwaltung der Eltern unterliegt', was Voraussetzung für die Anwendung von § 1640 BGB ist.

    Im MüKo zu § 1640 BGB, RN 8 steht aber: "ist der betreffende Elternteil selbst Testamentsvollstrecker, unterliegt er hingegen der Inventarisierungspflicht des § 1640"

    Die Vermächtnisse müssen natürlich erfüllt und die Geldbeträge auf den Namen der Kinder angelegt werden. Die Gelder werden eben nur nicht von den Eltern, sondern vom Testamentsvollstrecker verwaltet, der zugleich der Vater der Kinder ist. Die zeitlich gestaffelte Auszahlung der Gelder bezieht sich nicht auf die Fälligkeit der Vermächtnisse, sondern lediglich auf die gestaffelte Freigabe von der Testamentsvollstreckung.

    Wie mein Vorredner richtig bemerkte: Allenfalls Ergänzungspflegschaft zur Wahrnehmung der Rechte der Kinder im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker.

    Hm, also kein § 1640er-Verzeichnis?
    Ich würde keinen Ergänzungspfleger bestellen wollen, sehe keine Grundlage/Notwendigkeit.
    Würdet ihr trotzdem einen Nachweis über die Anlage fordern?

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