Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwaltes im Arbeitsgerichtsprozess

  • Hallo zusammen,

    ich habe folgendes Problem bei der Schlussrechnungsprüfung:
    Das Insolvenzverfahren wurde zum 01.12.2004 eröffnet. In dem Zeitraum bis 30.11.2014 war der Insolvenzverwalter zum vorl. schwachen Verwalter bestellt.
    Das Unternehmen wurde nicht fortgeführt.
    Der IV hat daher die Kündigung der Arbeitsverhältnisse zum 31.03.2005 ausgesprochen. 3 Arbeitnehmer haben Kündigungsschutzklagen eingereicht. Die 3 Verfahren waren jeweils identisch. In dem Arbeitsprozess war eine weitere Firma als Beklagte zu 2) beteiligt. In dem Rechtsstreit ging es um die Feststellung, wann das Arbeitsverhältnis sein Ende gefunden hat (Ergebnis: 31.03.2005) und ob, das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2, die weitere Firma, übergegangen ist.
    Der Insolvenzverwalter war in diesen 3 Prozessen jeweils von einem Rechtsanwalt, Angestellter seiner Kanzlei, vertreten. Die Gebührenabrechnungen 3 x 2.200,00 € liegen mir nun zur Prüfung vor. Laut Schlussbericht hat der Prozessbevollmächtigter des IV`s nicht nur die Interessen der Insolvenzmasse wahrgenommen, sondern gleichtlautend die Verhandlungen mit der Beklagten zu 2) im Hinblick auf die Zahlung von etwaigen Abfindungen geführt. Tatsächlich hat die Beklagte zu 2) dann auch Abfindungsansprüche an die Arbeitnehmer bezahlt. Das bestehende Arbeitsverhältnis ist aber nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Der Gegenstandswert wurde einheitlich festgesetzt. In dem Fall war nicht von einem Betriebsübergang auszugehen, weil keine neue Betriebserlaubnis erteilt worden war.

    Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass hier die anwaltliche Vertretung nicht notwendig war. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
    Ich meine in einer Kündigungsschutzklage, wo es einzig und allein um die Kündigungsfrist des § 113 InsO geht, würde ich die Notwendigkeit eines Rechtsanwaltes doch auch verneinen, oder?

    Liebe Grüße
    Manja

  • Was soll denn da gesamtbetrachtet werden?

    Wenn es nicht notwendig war: Kürzung der Vergütung um nicht erforderliche Masseverbindlichkeiten (BGH, Az. weiß ich gerade nicht)

    Wenn es notwendig war, war es das eben: Wenn IV = Kanzleiinhaber ohne weitere Partner/Sozien, dann § 1 Abs. 2 Nr. 4 lit. a) InsVV, sonst wird auch nichts von der Berechnungsgrundlage abgezogen (wegen personenbezogener Bestellung des IV vs. Partnerschaft/Sozietät, der er angehört, BGH, Az. weiß ich gerade ebenfalls nicht).

  • Hallo zusammen,

    1. Laut Schlussbericht hat der Prozessbevollmächtigter des IV`s nicht nur die Interessen der Insolvenzmasse wahrgenommen, sondern gleichtlautend die Verhandlungen mit der Beklagten zu 2) im Hinblick auf die Zahlung von etwaigen Abfindungen geführt. Tatsächlich hat die Beklagte zu 2) dann auch Abfindungsansprüche an die Arbeitnehmer bezahlt. Das bestehende Arbeitsverhältnis ist aber nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen.

    2. In dem Fall war nicht von einem Betriebsübergang auszugehen, weil keine neue Betriebserlaubnis erteilt worden war.

    1. Ist das Arbeitsverhältnis nicht übergegangen, weil kein Übergang stattgefunden hat oder weil der Beklagte zu 2) sich bzgl. des Risikos eines BÜ freigekauft hat? Wenn es einen BÜ gegeben haben sollte, dann wäre der IV auch nicht zur Kündigung aktivlegitimiert.

    2. Nach meiner laienhaften Vorstellung, ist eine fehlende Betriebserlaubnis keine Abgrenzungskriterium zu einem BÜ, da geht es um den Übergang von Betriebsmitteln und ähnliches. Kaufe ich heute die Kernkraftwerke auf, es soll da einen gewissen Überhang geben, so würde man mir, sicherlich auch berechtigt, die Betriebserlaubnis entziehen bzw. nicht erst erteilen. Gleichwohl werde ich die AN am Hacken haben.

    Bevor man sich also auf ein solches Glatteis begibt, sollte man sich schon anwalticher Hilfe bedienen, insbesondere dann, wenn man selbst keiner ist. Wenn man einer ist, dann wäre über § 5 InsVV abzurechnen, dann kann man aber auch delegieren.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hatte vorhin wenig Zeit und habe jetzt nachgeschaut:

    IX ZB 48/04 war wohl die Geburtsstunde dieses Gedankens. Die Kürzung steht im pdf von Bundesgerichtshof.de begründungsfrei auf S. 6. Danach wurde gelegentlich darauf zurückgegriffen, siehe aus jüngerer Zeit genauso begründungsfrei IX ZB 95/10 und IX ZB 161/11.

    Der Vollständigkeit halber zu dem anderen von mir genannten Punkt (keine Kürzung um an die Sozietät des IV geflossene Vergütung): IX ZB 305/04.

  • sagt doch schon eine ganze Menge und zwar außergewöhnlich klar, Rn. 4 - 6. Konsequenz im Falle einer Verletzung: Rn. 7, Kürzung der Vergütung um das Honorar

    Der Vollständigkeit halber zu dem anderen von mir genannten Punkt (keine Kürzung um an die Sozietät des IV geflossene Vergütung): IX ZB 305/04.

    Das hat mit der obigen Fallgestaltung nichts zu tun. Auch bei einem nicht in einer Sozietät gebundenen Verwalter wird sein Anwaltshonorar nicht von der vergütung abgesetzt, sondern von der Berechnungsmasse.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Evtl. war es nicht notwendig, aber zulässig war es schon.


    So in etwa sehe ich das auch.

    In diesem Verfahren hat der IV ca. 16.000,00 € für ne kalte Zwangsverwaltung bekommen (Vereinbarung mit Absonderungsgl. 10 % der Mieteinnahmen; die Masse hat NICHTS erhalten). Weiterhin wurden ca. 10.000,00 € für die Archivierung ausgegeben (Archivierungsfirma ist eine GmbH; Verwalter hat bei der GmbH seine Finger im Spiel) und nun noch die Rechtsanwaltskosten von 6.600,00 € für m.E. nicht notwendige Rechtsanwaltskosten im Arbeitsprozess. Der IV hat also schon mal nebenbei 32.600,00 € "kassiert".

  • Evtl. war es nicht notwendig, aber zulässig war es schon.


    So in etwa sehe ich das auch.

    In diesem Verfahren hat der IV ca. 16.000,00 € für ne kalte Zwangsverwaltung bekommen (Vereinbarung mit Absonderungsgl. 10 % der Mieteinnahmen; die Masse hat NICHTS erhalten). Weiterhin wurden ca. 10.000,00 € für die Archivierung ausgegeben (Archivierungsfirma ist eine GmbH; Verwalter hat bei der GmbH seine Finger im Spiel) und nun noch die Rechtsanwaltskosten von 6.600,00 € für m.E. nicht notwendige Rechtsanwaltskosten im Arbeitsprozess. Der IV hat also schon mal nebenbei 32.600,00 € "kassiert".

    Es ist kein Ausweis überragenden Einsatzes für die Masse, wenn aus der kalten Zwangsverwaltung nichts dort ankam. Wenn die weiteren Kosten einem Drittvergleich standhalten, sind auch diese nicht zu beanstanden.

  • In diesem Verfahren hat der IV ca. 16.000,00 € für ne kalte Zwangsverwaltung bekommen (Vereinbarung mit Absonderungsgl. 10 % der Mieteinnahmen; die Masse hat NICHTS erhalten).

    Die Vereinbarung einer kalten ZV ist zulässig, die Vergütung hierfür gebühren aber der Masse, nicht dem Verwalter persönlich.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wenn die weiteren Kosten einem Drittvergleich standhalten, sind auch diese nicht zu beanstanden.

    Hihi, ich könnte dem Verwalter ja mal vorschlagen, dass er beim Unternehmen seines Konkurrenten archivert oder aber, dass er nur noch die Anwälte seines Konkurrenten beauftragt.:D

  • Wenn die weiteren Kosten einem Drittvergleich standhalten, sind auch diese nicht zu beanstanden.

    Hihi, ich könnte dem Verwalter ja mal vorschlagen, dass er beim Unternehmen seines Konkurrenten archivert oder aber, dass er nur noch die Anwälte seines Konkurrenten beauftragt.:D

    Er darf das schon innerhalb seines 'Mini-Konzerns' machen, aber zu Wettbewerbskonditionen. Dazu dürfen gerne Vergleichsangebote vorgelegt werden.

  • In diesem Verfahren hat der IV ca. 16.000,00 € für ne kalte Zwangsverwaltung bekommen (Vereinbarung mit Absonderungsgl. 10 % der Mieteinnahmen; die Masse hat NICHTS erhalten).

    Die Vereinbarung einer kalten ZV ist zulässig, die Vergütung hierfür gebühren aber der Masse, nicht dem Verwalter persönlich.

    Auch wenn ich es bisher nur so gesehen habe, wusste ich nicht, dass das so sein muss.

    Alternativ https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…wangsverwaltung #4

  • Der Verwalter hat eine kalte Zwangsverwaltung durchgezogen und die Masse kriegt nichts? Ich bin von den Socken! Wo gibt´s denn sowas :eek:
    10.000,- € Archivierungskosten? Muss aber ein großes Unternehmen sein, dessen Unterlagen archiviert werden...
    Zur Ausgangsfrage muss ich passen, finde es aber merkwürdig, dass eine Abrechnung zu Lasten der Masse erfolgt, wenn er doch gar nicht die Masse vertreten hat :gruebel:

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D


  • Die Vereinbarung einer kalten ZV ist zulässig, die Vergütung hierfür gebühren aber der Masse, nicht dem Verwalter persönlich.

    Echt? Wußte ich gar nicht. Hast du ne Fundstelle?

    Becker: Die "kalte Zwangsverwaltung" im System der InsVV, ZInsO 2013, Heft 51-52

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Notwendigkeit der Rechtsanwaltskosten:
    Die Frage, die ich mir stelle, ist: Hätte der IV den RA auch beauftragt, wenn er nicht indirekt daran verdient hätte?
    Die Masse hat der RA schon irgendwie vertreten, nur nicht in Höhe des volles Gebührenwertes. Es ging für ihn hauptsächlich um die Frage der Kündigungsfrist. Der IV hatte vorsorglich gekündigt zum 31.03.2005. Wenn man im Arbeitsgerichtsprozess nun festgestellt hätte, dass hier ein Betriebsübergang vorlag, hätte er die Gehälter von Eröffnung bis 31.03.2005 nicht aus der Masse zahlen müssen. Das war aber nicht der Fall.

    Archivierungskosten:
    Hier würde mich mal interessieren, was bei Euch so abgerechnet wird:
    Hier wurden z.B. abgerechnet
    10 Jahre: 15 Aktenmeter à 1,30 € = 2.340,00 €
    10 Jahre: 25 Aktenmeter im Karton à 1,00 € = 3.000,00 €
    Auskunftserteilung aus Lohn-, Personal- und Sachakten, Herausgabe und Wiedereinlagerung von Akten bis zum Ende der Einlagerungj pauschal je Monat und AM (EP 15,00 €): 1.800,00 €
    Nebenkosten für Kopien, Fax, Verbrauchsmaterial pauschal je Monat: 484,00 €
    Vernichtung und Rückstellung für Vernichtung (Menge 8 EP 50,00 €): 400,00 €
    Personalkosten Transport/ Beräumung (6 x 17,00 €): 102,00 €
    Personalkosten Archiv (10 x 20,00 €): 200,00 €

    Leider gibt es bei uns kein unabhängiges Archivierungsunternehmen. Jeder IV hat sein "eigenes" Unternehmen.


    Vergütung für die kalte Zwangsverwaltung:
    Die Masse hat durch die kalte Zwangsverwaltung nichts verdient. So einen Fall hatte ich auch noch nie. Warum hier nicht mehr ausgehandelt worden ist, kann ich nicht sagen. Das spricht aber nicht für den IV, da habt ihr Recht.
    Der Masse ist durch die kalte Zwangsverwaltung kein Nachteil entstanden (+/- Null-Geschäft).

    Der IV hat die Forderungen eingezogen. Den Erlös, hier 90 % abzgl. Betriebskosten, hat er an die Bank ausgezahlt. Seine Sondervergütung von 10 % (mit Bank ausgehandelt) hat er sich aus der Masse entnommen.

    Bei der Berechnungsmasse für die Vergütung wurden die Mieteinnahmen nicht berücksichtigt. Muss ich hier was machen? So richtigt klar ist mir das noch nicht.

  • Die Archivierungskosten sind im Rahmen, aber stimmt das mit den Nebenkosten von 484,- EUR je Monat?
    Wann und wie kam denn zutage, dass die Masse aus der kalten ZV nichts bekommt? Ist den Zwischenberichten evtl. zu entnehmen, dass es anders geplant war?

  • Notwendigkeit der Rechtsanwaltskosten:
    Die Frage, die ich mir stelle, ist: Hätte der IV den RA auch beauftragt, wenn er nicht indirekt daran verdient hätte?
    Die Masse hat der RA schon irgendwie vertreten, nur nicht in Höhe des volles Gebührenwertes. Es ging für ihn hauptsächlich um die Frage der Kündigungsfrist. Der IV hatte vorsorglich gekündigt zum 31.03.2005. Wenn man im Arbeitsgerichtsprozess nun festgestellt hätte, dass hier ein Betriebsübergang vorlag, hätte er die Gehälter von Eröffnung bis 31.03.2005 nicht aus der Masse zahlen müssen. Das war aber nicht der Fall.

    Wenn das Arbeitsgericht festgestellt hätte, dass es ein Betriebsübergang war, dann hätte der IV nicht kündigen können. Wenn es ein betriebsübergang war, dann wäre dieser anzuzeigen gewesen, ohne Anzeige ist die Masse da nicht raus. Weiterhin besteht die Nachhaftung nach § 613a II BGB. Das sind alles Dinge, da würde ich als Verwalter keine Luft ranlassen.

    Die Positionen a+b+e sind ME recht günstig, die Abzocke ist bei Position d. Position f ist einzelfallbezogen.
    Was allerdings Blödsinn ist, ist die Einlagerung pauschal auf zehn Jahre. Zwar müssen die Unterlagen zehn Jahre lang aufbewahrt werden, die Aufstellung in a+b suggeriert aber, dass sämtliche Unterlagen aus einem Jahr stammen. Korrekt wäre es ME, die Lagerkosten abzuschichten nach Vernichtungsdatum, 3m in 2015, 4 m in 2016,....



    Vergütung für die kalte Zwangsverwaltung:
    a. Die Masse hat durch die kalte Zwangsverwaltung nichts verdient. So einen Fall hatte ich auch noch nie. Warum hier nicht mehr ausgehandelt worden ist, kann ich nicht sagen. Das spricht aber nicht für den IV, da habt ihr Recht.
    Der Masse ist durch die kalte Zwangsverwaltung kein Nachteil entstanden (+/- Null-Geschäft).

    b. Der IV hat die Forderungen eingezogen. Den Erlös, hier 90 % abzgl. Betriebskosten, hat er an die Bank ausgezahlt. Seine Sondervergütung von 10 % (mit Bank ausgehandelt) hat er sich aus der Masse entnommen.

    c. Bei der Berechnungsmasse für die Vergütung wurden die Mieteinnahmen nicht berücksichtigt. Muss ich hier was machen? So richtigt klar ist mir das noch nicht.

    a. Ob die Masse einen Nachteil hatte, kann man so nicht sagen, es können erhebliche Steuernachteile entstehen, siehe BFH IX R 65/01, IX R 66/01 und IX R 67/01. Weiterhin wird die Masse mit Umsatzsteuer belastet, da die kZV eine steuerbare Leistung darstellt.

    b. Das ist nicht Dein Ernst. Entnahme von Geld aus der Masse, ohne Beschluss auf Grundlage einer Vergütungsvereinbarung mit einem absonderungsberichtigen Gläubiger. Das bringt mindestens einen Aufsatz von the goatfather.

    c. Ds ist natürlich dann die konsequente Fortsetzung des Schwachsinns. Aber wer darauf verzichten will, gut. Für die Bestimmung der GK geht das aber nicht :cool:.Die Tätigkeit der kZV ist über einen Zuschlag zu honorieren, IX ZB 120/07.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (28. Mai 2014 um 10:12)

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