Wiederverheiratungsklausel <-> unbeschränkte Erbeinsetzung

  • Ich habe ein GB-Berichtigungsverfahren, in welchem ein notarielles Ehegattentestament vorliegt. Darin haben sich die Eheleute gegenseitig "zum alleinigen und unbeschränkten Erben" eingesetzt. Dann folgt Schlusserbeneinsetzung dreier namentlich genannter Kinder mit Bestimmung von Ersatzschlusserben (Abkömmlinge nach Stämmen) "für den Fall des Versterbens des Längstlebenden".

    Es folgt weiter eine Teilungsanordnung für den Schlusserbfall und danach kommt folgender Passus:
    "Für den Fall der Wiederverheiratung soll am Tage der der Eheschließung der Schlusserbfall eintreten mit der Maßgabe, dass der Überlebende in diesem Fall im Wege der Erbeinsetzung eine Erbquote in Höhe seines Pflichtteils erhält."

    In aller Regel wird eine Widerverheiratungsklausel ja als aufschiebend bedingte Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge verstanden. Allerdings sprechen die meisten Klauseln, die ich dazu bislang gelesen habe, auch davon, dass bei Wiederverheiratung "der Nacherbfall" eintritt bzw. die "Kinder sofort Nacherben werden" oder - noch deutlicher - "bedingte Vor- und Nacherbfolge eintritt". Hier sehe ich einen gewissen Gegensatz zwischen der einerseits bestimmten "unbeschränkten" Erbeinsetzung zum Alleinerben und der Wiederverheiratungsklausel, welche aber auch den Begriff "Schlusserbschaft" verwendet.

    Ich frage mich daher, ob wirklich eine bedingte Vor- und Nacherbfolge gewollt ist oder ob vielleicht nur schuldrechtliche Ansprüche oder bedingte Vermächtnisse begründet werden sollen?

    Wie seht Ihr das? Eindeutig bedingte Vor- u. Nacherbfolge - wie üblich? Oder brauche ich evtl. einen Erbschein, um diese Frage zu klären?

    Ulf

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  • Die Rechtsfolge, wonach die Kinder mit der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten eine Erbenstellung erhalten sollen, lässt sich nur mittels Anordnung einer (bedingten) Nacherbfolge herbeiführen. Allerdings ist die bedingte Nacherbfolge dann nur für eine die Pflichtteilsquote des überlebenden Ehegatten übersteigende Erbquote angeordnet, weil der Ehegatte in Höhe seiner Pflichtteilsquote in jedem Fall Erbe - und damit Vollerbe - bleiben soll.

    Die Bestimmung der "Pflichtteilserbquote" des überlebenden Ehegatten hängt beim Vorhandensein von drei Kindern allerdings von dem in der Ehe des Erblassers geltenden Güterstand ab, weil sich die Pflichtteilsquote des Ehegatten bei Zugewinngemeinschaft auf 1/4 und bei Gütergemeinschaft und Gütertrennung lediglich auf jeweils 1/8 beläuft, so dass die bedingte Nacherbfolge entweder für eine 3/4-Erbquote oder für eine 7/8-Erbquote angeordnet ist.

  • Klingt logisch!

    Für mich als GBA dürfte es doch aber eigentlich egal sein, ob die bedingte Nacherbfolge den gesamten Nachlass, den 7/8-Nachlass oder den 3/4-Nachlass betrifft, oder!?

    NE-Vermerk muss ich in jedem Fall eintragen und die Verfügungsbeschränkungen betreffen auch in jedem Fall des gesamte Grundstück, denke ich.

    Ulf

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  • Wenn Du einen insoweit "unbeschränkten" Nacherbenvermerk einträgst, erweckt dies aber den unzutreffenden Eindruck, dass insgesamt Nacherbfolge angeordnet ist. Außerdem verhält es sich bei etwaigen künftigen Verfügungen so, dass der überlebende Ehegatte teilweise als unbeschwerter Berechtigter und nur im Übrigen als Vorerbe verfügt. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Grundbesitz bei unbeschränktem Nacherbenvermerk im Fall des Bedingungseintritts insgesamt fälschlicherweise auf die Nacherben umgeschrieben wird.

    Der Nacherbenvermerk muss die zutreffende materielle Erbrechtslage schon zum Ausdruck bringen, weil sich danach bemisst, inwieweit eine Verfügungsbeschränkung besteht.

  • Hmm, muss ich denn jetzt deshalb einen Erbschein verlangen oder reicht mir eine Erklärung der (Vor-)Erbin, dass sie z.B. in Zugewinngemeinschaft gelebt haben?

    Ulf

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  • Na bravo!

    Da beurkundet der Notar also ein Testament mit Anordnung einer quotalen Nacherbfolge und und unterlässt die Angaben, die - jedenfalls für den Zeitpunkt der Testamentserrichtung - zur Bestimmung der betreffenden Quote erforderlich sind. - So er überhaupt realisiert hat, dass das, was da beurkundet wird, nur eine Nacherbfolgeanordnung sein kann.

    Manchmal könnte man schon verzweifeln.

    Ich würde hier zur Sicherheit eine übereinstimmende Erklärung der Witwe und der drei Kinder über den Güterstand verlangen, weil es der Witwe ansonsten freistünde, durch die Behauptung des gesetzlichen Güterstandes ihre eigene Vollerbenquote zu erhöhen.

    Nächste Frage ist dann: Mit eV oder ohne eV?

    Und letztlich, wie Du schon bemerkt hast: Eintragung der Erbfolge ohne Erbschein?

  • Okay, besten Dank erst mal. Dann fordere ich mal Erklärungen der Mutter und Kinder zum Güterstand an. Auf eine eV will ich hier wohl verzichten, da die Kinder als ggf. "Betroffene" die Erklärung ebenfalls abgeben sollen.

    Ulf

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