Kontrolle von Prozessergebnissen im Insolvenzverfahren?

  • Liebe Mitforisten,

    angeregt durch einen anderen Beitrag von Gegs möchte ich, da ich selbst mit der Abwicklung von Insolvenzverfahren nichts zu tun habe, einmal folgende Frage aufwerfen:


    Wie intensiv berichten Insolvenzverwalter über die von ihnen geführten Rechtsstreitigkeiten und deren Ergebnisse, wie intensiv hakt das Insolvenzgericht von sich aus nach?

    Zum Hintergrund der Frage:
    Mir als Sachrichter für Anfechtungsklagen und Insolvenzverwalterhaftung drängt sich immer mal wieder der Eindruck auf, dass manche Insolvenzverwalter weder Tod noch Teufel (und insbesondere keine Rechtsgrundlage) fürchten, solange für die mit ihnen kooperierende Anwaltskanzlei ein paar Honorare herausschauen. Ich möchte dies an einigen Beispielen erläutern:

    -) Ein Insolvenzverwalter in einem Verfahren mit Null-Masse hat zutreffend erkannt, dass es Anfechtungs- und Haftungsansprüche gegen den letzten Geschäftsführer und dessen Ehefrau, die Alleingesellschafterin der gefallenen GmbH war, gibt. Beide sitzen im nahegelegenen Ausland.
    Wegen Null-Masse beantragt er PkH, die er für das erste Verfahren gegen den Geschäftsführer zutreffend auch erhält, denn alleine dieser Haftungsanspruch würde ausreichen, um die vorhandene Massekostenarmut (und auch die Massearmut) zu beseitigen. Er erzielt auch recht bald ein rechtskräftiges Urteil in auskömmlicher Höhe. Irgendwelche Vollstreckungsbemühungen unternimmt der Insolvenzverwalter nicht. Es geht ein wenig Zeit ins Land, die Masse ist immer noch Null. Nunmehr macht er den Anfechtungsanspruch gegen die Gesellschafterin anhängig und beantragt PkH. Wie das Leben so spielt (Rechtszug rauf und runter), steht die PkH-Entscheidung ca. 2 Jahre später an. Der Insolvenzverwalter wird angefragt und erklärt, er habe bis zu diesem Zeitpunkt (rd. 3 Jahre nach Rechtskraft des ersten Titels) immer noch keine Vollstreckungsbemühungen entfaltet. Seine verfügbare Masse beträgt immer noch Null. Er erwägt, den ersten Titel und den (mittlerweile ohne PkH erstrittenen) zweiten Titel für ca. 3% des Nominal-Titelbetrags an einen Verwerter zu verkaufen. 3% aus den beiden Titeln gemeinsam machen nicht einmal die Gerichtskosten der beiden Streitigkeiten aus.

    -) Ein Insolvenzverwalter sieht sich für die Masse und persönlich einer doppelten Klage ausgesetzt. Es soll festgestellt werden, dass durch Verhalten des Insolvenzverwalters ein Masseanspruch entstanden ist und - weil flugs Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde - der Insolvenzverwalter persönlich für die Sache haftet. Die Prozesse werden getrennt, die vorrangige Feststellung einer Masseverbindlichkeit wird zuerst verhandelt und endet mit einer Verurteilung des Insolvenzverwalters. Der Streitwert beträgt weit unter 20.000,- Euro, gleichwohl legt der Insolvenzverwalter Nichtzulassungsbeschwerde ein.

    -) Ein Insolvenzverwalter verwertet einen Sicherungsgegenstand. Er kehrt den Erlös aber nicht an den Gläubiger aus. Jahre später erfährt der Gläubiger, dass sein Sicherungsgegenstand verwertet wurde und verlangt vom Insolvenzverwalter nun die Auskehr - was dieser mit der Berufung auf angebliche Verjährung zu kontern versucht. Er verliert in mehreren Instanzen, die Masse wird zur Auskehr verurteilt. Für die Dauer dieses Ausgangsverfahrens verlangt der Gläubiger nunmehr noch Zinsen, was der Insolvenzverwalter auch bestreiten lässt, es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass noch eine Pflicht zur Auskehr besteht.

    -) Ein Insolvenzverwalter klagt einen hohen Anfechtungsanspruch ein, der die Masse gewaltig aufwertet. Er und der Anfechtungsschuldner einigen sich vergleichsweise mit einem geringen Abschlag auf Rückzahlung zur Masse. Der Anfechtungsschuldner lässt ein Stück Zeit vergehen und meldet dann seine wieder aufgelebte Insolvenzforderung zur Tabelle an (die alleine nun mehr als 30% der Tabellensumme ausmachen würde). Die vom Anfechtungsgläubiger ungenutzte Zeit hat der Insolvenzverwalter allerdings genutzt, um - noch vor Anmeldung der Forderung - einen Schlusstermin durchzuführen und einen Vorschlag zur Schlussverteilung einzureichen. Noch vor Ablauf der Anhörungsfristen, aber nach Anmeldung der Forderung - schüttet er aus, ohne den Anfechtungsschuldner zu berücksichtigen, dieser sei wegen des durchgeführten Schlusstermins nicht mehr zu berücksichtigen. Es kommt zum Folgeprozess.

    -) Ein GmbH-Geschäftsführer verfällt auf die Idee, er könne Steuern sparen, wenn er sich für seine Dienste nicht direkt von der GmbH entlohnen lässt. Vielmehr gründet er eine eigene Verwaltungs-GmbH, die mit der ersten GmbH vereinbart, dass die Verwaltungs-GmbH für die erste GmbH einen Geschäftsführer stellt, Bezahlung erfolgt von der ersten GmbH an die Verwaltungs-GmbH. Im neuen GF-Anstellungsvertrag mit der ersten GmbH wird dementsprechend geregelt, dass eine Bezahlung an den GF nicht erfolgt. Der Insolvenzverwalter der dann gefallenen ersten GmbH erhebt Klage gegen die Verwaltungs-GmbH mit dem Argument, es liege eine rechtswidrige Arbeitnehmer-Überlassung vor (und einigen weiteren Argumenten, die sich eher hören lassen könnten), er fordert daher wegen behaupteter Nichtigkeit des behaupteten Arbeitnehmerüberlassungsvertrags (es ging um den Geschäftsführer!) alle erbrachten Zahlungen zurück.

    Ich könnte die Beispiele ein Stück weit fortsetzen. Allen ist mehr oder weniger gemeinsam gewesen, dass ich mir - überspitzt - die Frage gestellt habe: Was soll das? In allen Verfahren hat der Senat mehr oder weniger deutlich darauf hingewiesen, dass er für das Verhalten der Insolvenzverwalter keine hinreichende rechtliche Grundlage zu erkennen vermag, gelegentlich fallen die zugehörigen Ausführungen so deutlich aus, dass sich die unmittelbare Haftungsfrage des Insolvenzverwalters für die Masse schon deswegen stellt, weil er diesen Prozess überhaupt geführt hat und nicht gleich eingelenkt hat. Neulich hat der Senat mal ausdrücklich in ein Urteil reingeschrieben, dass wegen des von vorne herein aussichtslosen Prozesses die Masse hier Regressansprüche gegen den Prozessbevollmächtigten (aus der gleichen Kanzlei wie der Insolvenzverwalter) hat.

    Zur Ausgangsfrage zurück:
    Berichten Insolvenzverwalter unter Vorlage der ergangenen Entscheidungen über die von ihnen geführten Rechtsstreitigkeiten, so dass sich das Insolvenzgericht eine eigene Auffassung darüber bilden kann, ob es sinnvoll war, diesen Rechtsstreit zu führen? Oder wird das in einem Bericht eher versteckt nach dem Motto "aus hier nicht vollständig nachvollziehbaren Gründen ging der Prozess bedauerlicherweise verloren, ein Ergebnis für die Masse konnte daher leider nicht erzielt werden"? Fragt das Insolvenzgericht bei vom Insolvenzverwalter als besonders bedeutsam geschilderten Verfahren mal von sich aus nach und lässt sich begründete Entscheidungen vorlegen?

    Ich habe nur verhältnismäßig wenige (wohl so 20 - 30) Insolvenzakten bisher gesehen, eine Anforderung von Amts wegen kommt im Zivilprozess ja nicht in Betracht. In keiner der Akten habe ich bisher einen detaillierten Bericht über laufende Verfahren gesehen, aber auch keine entsprechenden Anforderungen durch das Insolvenzgericht. Ist die Führung von Rechtsstreitigkeiten für den Insolvenzverwalter damit ein faktisch kontrollfreier Raum? Für das inhaltliche Ergebnis tragen natürlich die Sachgerichte die Verantwortung. Mir geht es um die Frage, ob in irgendeiner relevanten Form (jenseits des Formalbeschlusses nach § 160 InsO, der ja vor der Klageerhebung liegen müsste) geprüft wird, ob durch die tatsächlich geführten Prozesse in Wirklichkeit nur Geld verschwendet wurde und ob dies bei systematischem Auftreten Rückwirkungen für den Insolvenzverwalter hat.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich fang mal an: ich als Insolvenzgericht führe keine Kontrolle der Zweckmäßigkeit durch, sondern nur der Rechtmäßigkeit. Es ist letztlich nicht meine Aufgabe zu überprüfen, ob eine Maßnahme sinnvoll war.
    Ich hatte aber schon mal Nachfragen von Gläubigern und habe dann eine Stellungnahme vom Verwalter eingeholt. Aber alle Deine Fälle wären meiner Ansicht nach Dinge, die ein Gläubiger im Schlusstermin anbringen kann. Ggfs. Kann dann die Gläubigerversammlung dann einen Sonderinsolvenzverwalter beauftragen oder Schadenersatz einfordern. Oder der einzelne kann nach Aufhebung auch Einzelklage erheben.

    im Übrigen finde ich, dass letztlich endlich mal die Gläubiger in Quark kommen sollten. Die können doch so viel mitbestimmen, wenn nur mal ein Paar zu einer Gläubigerversammlung kommen würden.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • ... Aber alle Deine Fälle wären meiner Ansicht nach Dinge, die ein Gläubiger im Schlusstermin anbringen kann. Ggfs. Kann dann die Gläubigerversammlung dann einen Sonderinsolvenzverwalter beauftragen oder Schadenersatz einfordern. Oder der einzelne kann nach Aufhebung auch Einzelklage erheben.
    ...

    Danke für die erste Information.

    Völlig richtig - wenn der einzelne Gläubiger davon erfährt. Soweit ich das momentan beurteilen kann, erfährt er aber nichts davon. In den Berichten des InsVw werden diese Probleme nicht angesprochen (oder doch?). Urteilsabschriften gelangen nicht zur Insolvenzakte, da der Insolvenzverwalter sie nicht einreicht (oder doch?) und das Insolvenzgericht sie nicht anfordert (oder doch?). Lektüre der Insolvenzverwalterberichte oder gar Akteneinsicht in die Insolvenzakte bringen dem Gläubiger daher nichts. Er müsste in die Prozessakten des Insolvenzverwalters sehen, die dieser bei seiner Handakte hält (oder nicht) und im Zweifel behauptet, das sei nicht einsichtsfähig (oder liege ich falsch?), zumindest bis das Insolvenzgericht die Möglichkeit zur Einsicht erzwingt (oder?).

    Wenn meine Annahmen oben richtig sind, dann muss man zuerst die Informationsmöglichkeiten für den Gläubiger ändern, bevor man von ihm Initiative erwarten kann. Wer keine Informationen hat kann auch seine Rechte nicht wahrnehmen. Oder?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Im Grunde ist es natürlich so wie Mosser sagt: Das Insolvenzgericht darf nicht prüfen, ob eine Maßnahme des Insolvenzverwalters zweckmäßig war.
    Grundsätzlich lasse ich mir in meinen Verfahren halbjährlich berichten. Sofern sich nicht viel tut (z.B. in Verfahren der Verwaltungs-GmbH, die auf den Abschluss des KG-Verfahrens wartet) verlängere ich auch mal auf jährlich. Viele Kollegen fordern ohnehin nur jährlich an.

    Ich habe mir im Laufe der Jahre angewöhnt, sehr genau zu gucken, ob ein Fortgang des Verfahrens festzustellen ist. Aber gerade größere Verfahren brauchen nun mal ihre Zeit und für mich als Insolvenzgericht ist kaum wirklich einschätzbar, ob der Verwalter mir einen vom Pferd erzählt oder die Verwertung wirklich zügig vorantreibt. Im Zweifel für den Verwalter ;) Kann ich aus dem Bericht nicht erkennen, warum das Verfahren noch nicht abgeschlossen werden kann, hake ich nach.

    Vernünftige Verwalter berichten natürlich auch über Prozesse, der eine mehr, der andere weniger ausführlich. Spätestens bei der Schlussrechnungsprüfung lasse ich mir ergangene Urteile vorlegen. Letztes Jahr habe ich eine Sache geprüft, da bestand das Verfahren aus mehreren Prozessen über alle Instanzen. Da war kaum noch nachzuvollziehen, wer auf was verklagt wurde. Letztlich prüfe ich aber nur, ob die Gebührenabrechnung des beauftragten Anwalts korrekt war (gerne gehen mal bereits gezahlte Vorschüsse unter). Ob die Klage, Berufung oder gar der Gang zum BGH sinnvoll war, mag ein interessierter Gläubiger beurteilen. Nur leider gibt es diese Spezies kaum, woran das Insolvenzverfahren als solches m.E. krankt.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • (Die wenigen mir untergekommenen Anfechtungsklagen waren alle - soweit erinnerlich - letztlich massemehrend, was entsprechend im Schlussbericht kommuniziert wurde;
    aber hier nur IK, daher erste ggf. gegenteilig größere Erfahrungswerte erst ab dem 1.7. zu erwarten.)

    § 160 InsO > Gläubiger-Entscheidung zur Aufnahme eines etwaig riskanten und ggf. auch masseschmälernden Rechtstreites.

    Ein etwaiger Blödsinn anfechtungsrechtlichen "Über-Aktionismus' " des IV müsste aber schon arg ins Auge springen bei entspr. Antrag 160 zur Klageführung, dass man deren Einberufung als IG ablehnen könnte.

  • Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Auf die einzelnen, doch recht abstrus klingenden Einzelfälle einzugehen halte ich für obsolet. Ohne sachlichen Grund nur Kosten zu produzieren ist eben nicht lege artis. Wir beherrschen indes die Regeln der Kunst.

    Wir berichten - natürlich, möchte man sagen - über jeden einzelnen von uns geführten Rechtsstreit. Das beginnt meist im Bericht nach § 156 InsO, in dem die aus Verwaltersicht bestehenden Forderungen und Ansprüche aufgeführt werden. Die Folgeberichte enthalten dann jeweils den Fortgang der einzelnen Angelegenheit (Zahlungsaufforderung, Zahlung, Vergleich, Klage etc.). Sobald die Bestellung eines Anwalts erforderlich wird, wird auch dies berichtet. Schließlich sind Bestandteil aller Berichte die laufenden Klageverfahren, deren Gegenstand, Gericht und Aktenzeichen sowie welcher Betrag voraussichtlich der Masse zufließen wird. Urteile werden dann kommentiert, aber nicht beigefügt. Geschlossene Vergleiche werden begründet und bei erheblicher Masseauswirkung auch zum Gegenstand von separaten Gläubigerversammlungen gemacht, bei denen indes nie jemand auftaucht ("Schaufenster" hatten wir ja heute schon). Und verlorene Prozesse werden von uns natürlich eingehender ausgewertet (auch wenn sie bei uns verschwindend gering sind:D) und Erfolgschancen für Rechtsmittel dargestellt.

    Rückfragen vom Insolvenzgericht kommen selten, von Gläubigern habe ich bislang noch keine gesehen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ich fang mal an: ich als Insolvenzgericht führe keine Kontrolle der Zweckmäßigkeit durch, sondern nur der Rechtmäßigkeit. Es ist letztlich nicht meine Aufgabe zu überprüfen, ob eine Maßnahme sinnvoll war.
    Ich hatte aber schon mal Nachfragen von Gläubigern und habe dann eine Stellungnahme vom Verwalter eingeholt. Aber alle Deine Fälle wären meiner Ansicht nach Dinge, die ein Gläubiger im Schlusstermin anbringen kann. Ggfs. Kann dann die Gläubigerversammlung dann einen Sonderinsolvenzverwalter beauftragen oder Schadenersatz einfordern. Oder der einzelne kann nach Aufhebung auch Einzelklage erheben.

    im Übrigen finde ich, dass letztlich endlich mal die Gläubiger in Quark kommen sollten. Die können doch so viel mitbestimmen, wenn nur mal ein Paar zu einer Gläubigerversammlung kommen würden.

    Mag von Gericht zu Gericht natürlich unterschiedlich sein, aber hier wird i.d.R. in der 1. GV beschlossen, dass Berichte - alle 6 Monate - nur an das Gericht zu erstatten sind. Ich erfahre also meistens gar nichts über besondere Handlungen des Verwalters. Wenn ich dann mal einen solchen Zwischenbericht anfordere weil es sich nach meiner Aktenlage um ein interessantes Verfahren handelt liegt dieser meist auch nach 12 Monaten noch nicht vor. Anscheinend übernehme ich als Gläubiger da die Wiedervorlage für das Gericht. :mad:

    Falls dann doch mal auffällt das da anscheinend ein Sonderinsolvenzverwalter angebracht wäre, stehe ich vor dem Problem die Mehrheiten für die Anberaumung einer GV zusammen zu bekommen. Es ist sicherlich richtig die Verantwortung der Gläubiger zu fordern, aber die Kontrolle der - sicherlich in der Mehrheit guten Verwalter! - durch die Insolvenzgerichte scheint mir manchmal zu kurz zu kommen.

    Ash

  • Ich kann Silberkotelett nur zustimmen. Anzufügen ist aus meiner Sicht, dass Anfechtungsprozesse schwer einzuschätzen sind. Begründet die zweite oder dritte Rücklastschrift die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit? Die Antwort hängt lt. Bundesgerichtshof vom Einzelfall und damit von einem Richter, den man im Leben vielleicht nur einmal sieht, ab. Im Einzelfall riskiere ich diesbezüglich auch mal was. Geht es schief (äußerst selten) verzichte ich auf mein extra RVG-Honorar. Mein Liebling ist Par. 116 ZPO. Da lehne ich mich auch mal weiter raus. Ansonsten meine ich, zu jedem Fall von AndreasH auch eine harmlose Erklärung finden zu können. Zum Beispiel dergestalt: die Anfechtungsklage ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • ... Aber alle Deine Fälle wären meiner Ansicht nach Dinge, die ein Gläubiger im Schlusstermin anbringen kann. Ggfs. Kann dann die Gläubigerversammlung dann einen Sonderinsolvenzverwalter beauftragen oder Schadenersatz einfordern. Oder der einzelne kann nach Aufhebung auch Einzelklage erheben.
    ...

    Danke für die erste Information.

    Völlig richtig - wenn der einzelne Gläubiger davon erfährt. Soweit ich das momentan beurteilen kann, erfährt er aber nichts davon. In den Berichten des InsVw werden diese Probleme nicht angesprochen (oder doch?). Urteilsabschriften gelangen nicht zur Insolvenzakte, da der Insolvenzverwalter sie nicht einreicht (oder doch?) und das Insolvenzgericht sie nicht anfordert (oder doch?). Lektüre der Insolvenzverwalterberichte oder gar Akteneinsicht in die Insolvenzakte bringen dem Gläubiger daher nichts. Er müsste in die Prozessakten des Insolvenzverwalters sehen, die dieser bei seiner Handakte hält (oder nicht) und im Zweifel behauptet, das sei nicht einsichtsfähig (oder liege ich falsch?), zumindest bis das Insolvenzgericht die Möglichkeit zur Einsicht erzwingt (oder?).

    Wenn meine Annahmen oben richtig sind, dann muss man zuerst die Informationsmöglichkeiten für den Gläubiger ändern, bevor man von ihm Initiative erwarten kann. Wer keine Informationen hat kann auch seine Rechte nicht wahrnehmen. Oder?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Also, da sage ich mal wie fast jeder Jurist obwohl ich nur ein halber oder auch keiner bin: das kommt darauf an!

    Sind die Prozesse umfangreich oder die "spielentscheidenden" Sequenzen, dann berichten die Verwalter ausführlicher. tauchen dort Probleme auf, werden die schon auch detailierter berichtet (jedenfalls bei uns).

    Urteile werden in den meisten Fällen nicht mitgeschickt.

    Ich meine, eine Einsicht in die Handakte kann ich als Insolvenzgericht nicht erzwingen. Soweit ich mich erinnere, hatte ich den Fall mal vor vielen Jahren. Wie gesagt, es findet eine Rechtmäßigkeitsprüfung statt. Die Entscheidung, ob nun ein Anspruch eingeklagt wird oder nicht, liegt in den Händen des Verwalters.

    Alles weitere im nächsten Thread.

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  • Ich fang mal an: ich als Insolvenzgericht führe keine Kontrolle der Zweckmäßigkeit durch, sondern nur der Rechtmäßigkeit. Es ist letztlich nicht meine Aufgabe zu überprüfen, ob eine Maßnahme sinnvoll war.
    Ich hatte aber schon mal Nachfragen von Gläubigern und habe dann eine Stellungnahme vom Verwalter eingeholt. Aber alle Deine Fälle wären meiner Ansicht nach Dinge, die ein Gläubiger im Schlusstermin anbringen kann. Ggfs. Kann dann die Gläubigerversammlung dann einen Sonderinsolvenzverwalter beauftragen oder Schadenersatz einfordern. Oder der einzelne kann nach Aufhebung auch Einzelklage erheben.

    im Übrigen finde ich, dass letztlich endlich mal die Gläubiger in Quark kommen sollten. Die können doch so viel mitbestimmen, wenn nur mal ein Paar zu einer Gläubigerversammlung kommen würden.

    Mag von Gericht zu Gericht natürlich unterschiedlich sein, aber hier wird i.d.R. in der 1. GV beschlossen, dass Berichte - alle 6 Monate - nur an das Gericht zu erstatten sind. Ich erfahre also meistens gar nichts über besondere Handlungen des Verwalters. Wenn ich dann mal einen solchen Zwischenbericht anfordere weil es sich nach meiner Aktenlage um ein interessantes Verfahren handelt liegt dieser meist auch nach 12 Monaten noch nicht vor. Anscheinend übernehme ich als Gläubiger da die Wiedervorlage für das Gericht. :mad:

    Falls dann doch mal auffällt das da anscheinend ein Sonderinsolvenzverwalter angebracht wäre, stehe ich vor dem Problem die Mehrheiten für die Anberaumung einer GV zusammen zu bekommen. Es ist sicherlich richtig die Verantwortung der Gläubiger zu fordern, aber die Kontrolle der - sicherlich in der Mehrheit guten Verwalter! - durch die Insolvenzgerichte scheint mir manchmal zu kurz zu kommen.

    Ash

    Also ich finde, Du verdrehst da was. Anscheind bist Du ja Gläubigervertreter. Da sage ich nur: Ihr seid die Herren des Verfahrens! Wenn Ihr alle drei Monate einen Bericht haben wollt, dann könnt Ihr das mit Mehrheit beschliessen. In der ersten Gläubigerversammlung könnt Ihr alles zum Verfahren fragen. Wenn Ihr meint, der Verwalter möge über anstehende Rechtsstreitigkeiten detaillierter berichten, dann könnt Ihr das beschliessen. Der Verwalter ist eben im Verfahren nicht dem einzelnen Gläubiger gegenüber zur Information verpflichtet, sondern der Gläubigerversammlung.

    Das mit den Zwischenberichten ist bei uns - und den Gerichten, die ich kenne - nicht so. Der Bericht trudelt hier nach 6-7 Monaten regelmäßig ein. Wir haben hier eine Wiedervorlagefrist von 7 Monaten, aber nahezu nie müssen wir erinnern. Ich kenne auch kein Gericht, wo das nicht ähnlich ist. Dann hast Du anscheinend wirklich Pech mit Deinen Gerichten und den dort beauftragten Verwaltern.

    Wieso musst Du Mehrheiten für einen Sonderinsolvenzverwalter haben? das kannste auch so bei Gericht als Gläubiger anregen. Das Gericht (nunja, vielleicht nicht Deines) wir im Normalfall den InsoVerwalter dazu anhören. Und ggfs. einen Sachverständigen beauftragen, um festzustellen, ob ein Gesamtschaden vorliegt. Dazu reicht aber natürlich nicht aus, wenn vorgetragen wird, der Verwalter hätte das einfach doof bearbeitet.

    Des Weiteren kannste aber auch im Schlusstermin erscheinen und Deine Dinge vortragen und Einwendungen gegen die Schlussrechnung erheben. Ist doch überhaupt kein Problem. Dafür ist doch der Schlusstermin. In meinen Schlussterminen ist allerdings in den letzten 12 Jahren noch kein einziger Gläubiger erschienen. Geh' doch da einfach mal. Da ist u.a. Tagesordnungspunkt "Erörterung der Schlussrechnung". Und da erörterst Du dann alle Fragen mit dem Insolvenzverwalter. Da kannste ihn dann löchern bis der Arzt kommt. Zu allen Fragen. Und dann kannst Du ihn doch auch zur Sinnhaftigkeit einzelner Klagen befragen. Bei einem Gesamtschaden kannst Du ja dann - als Gläubigerversammlung - einen Sonderinsolvenzverwalter beantragen. Dafür hast Du doch ganz gute Chancen, denn Du wirst ja meist der einzige anwesende Gläubiger sein und somit automatisch die Mehrheit haben.

    Wegen eines Einzelschadens, den Du erlitten hast, kannst Du nach Aufhebung Deinen Quotenschaden geltend machen.

    Es gibt garnicht sooo wenige Möglichkeiten vorzugehen. Aber dieses pauschale "das InsoGericht tut nix" und "der InsoVerwalter macht, was er will" usw. finde ich immer sehr einfach dahergesagt. Ich sage einfach mal (provozierend): Ihr (Gläubiger) müsst einfach mal aus'm Quark kommen.

    Die Aufsicht des Gerichts ergibt sich aus § 59 InsO. Ich habe zu prüfen, ob die vorhandene Masse wie auch immer verwertet wurde. Die Rechtmäßigkeit. Und da dürften keine Zweifel sein, dass der Verwalter klagen kann. Die Prüfung, ob die einzelnen Klagen dann sinnvoll waren, ist nicht meine Aufgabe. Das zu beurteilen, liegt in den Händen der Gläubiger und dann der Zivilgerichte.

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