Wechselseitig? Abänderung möglich?

  • Hallo zusammen,

    ich befinde mich in einer Grundbuchsachen und habe folgen Konstellation vorliegen, bei der ich eure Hilfe benötige:

    Ehefrau verstirbt 2004, Ehemann (=jetziger Erblasser) verstirbt 2014, Kinder A (=gemeinsames Kind), Kinder B, C und D (B,C,D = nur Kinder der Ehefrau)

    Ehefrau und Ehemann haben ein gemeinsames privatschriftliches Testament verfasst. Dabei haben sie sich zu gegenseitigen Alleinerben eingesetzt. Alle Kinder A,B,C und D werden als Schlusserben eingesetzt. Es folgen eine Pflichtteilsstrafklausel und Vorschläge zur Aufteilung des Vermögens.Ferner folgt der folgende Passus: "Der überlebende Ehegatte wird ausdrücklich ermächtigt, dass Vermögen unter den gemeinsamen Kindern notfalls auch anders zu verteilen (gemeinsame Kinder= alle 4 aufgeführten Kinder)"

    Der Ehemann hat nun nach dem Tod der Ehefrau ein neues notarielles Einzeltestament errichtet. In diesem Testament nimmt er Bezug auf den obigen Passus und setzt nur noch Kinder A,B und C als Erben ein (Begründung: sein einziges Kind soll mehr erhalten). Es folgen Vermächtnisse, u.a. auch für D.

    Konnte der Ehemann die Erbeinsetzung derart abändern? Meiner Meinung nach war es der Ehefrau doch wichtig, dass alle ihre Kinder Erbe sein sollen....

  • "Der überlebende Ehegatte wird ausdrücklich ermächtigt, dass Vermögen unter den gemeinsamen Kindern notfalls auch anders zu verteilen (gemeinsame Kinder= alle 4 aufgeführten Kinder)"


    Noch Mal zur Klarstellung:
    Dieser Passus steht GENAUSO mit dem Klammerzusatz im ersten Testament so drin. Du hast da (für uns zur "Vereinfachung") nix ergänzt, weggelassen oder geändert?

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde


  • Konnte der Ehemann die Erbeinsetzung derart abändern? Meiner Meinung nach war es der Ehefrau doch wichtig, dass alle ihre Kinder Erbe sein sollen....

    Dann kann man die Frage nur mit einem: "Ja klar!" beantworten.

    Wenn der Frau dran gelegen war, hätte sie diesen Passus nicht oder nicht in der Form unterschreiben sollen. Der überlebende (hätte sie ja theoretisch auch sein können) hatte alle Möglichkeiten, das Vermögen unter den vier Kindern zu verteilen. Streng genommen würde auch eine Alleinerbeneinsetzung nur eines Kindes möglich sein.
    Aus meiner Sicht: Keine Bedenken.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Sowohl das gemeinschaftliche privatschriftliche als auch das nachfolgende einseitige notarielle Testament berücksichtigen nicht, dass dann, wenn - wie eingetreten - der Ehemann der überlebende Eheteil ist, dessen einzigem Kind A eine Pflichtteilsquote von 1/2 zusteht (gesetzlicher Alleinerbe, davon die Hälfte). Soweit die Erbquote nicht ausreicht, kann dieser Pflichtteilsanspruch auch geltend gemacht werden (§ 2305 BGB). Unter Umständen kommt wegen der angeordneten Vermächtnisse auch noch § 2306 BGB sowie eine denkbare Kürzung der Vermächtnisse zur "Verteidigung" des Pflichtteilsanspruchs in Betracht (§§ 2318 ff. BGB).

    Hier könnte sich somit ganz erhebliches Streitpotential anbahnen.

    Im Übrigen lässt sich auch mit guten Gründen die Ansicht vertreten, dass der Testiervorbehalt nicht ermöglicht, eines oder mehrere Kinder völlig zu enterben. Dies ist letztlich eine Frage der Auslegung, die aber in der besagten Weise durchaus möglich erscheint ("unter den Kindern anders verteilen" kann auch bedeuten, dass nur die Erbquoten verschoben werden dürfen, aber jedes Kind Miterbe bleiben muss).

    Dann wären wir beim Verlangen nach einem Erbschein.

  • Pflichteilsüberlegungen stelle ich (genau wie erschaftssteuerrechtliche) bei privatschriftlichen Testamenten prinzipell nicht an. Da kennt sich kaum einer wirklich aus und ist daher bei der Ermittlung der Motivation einer Erbeinsetzung (oder Vermächtinszuwendung) in der Regel (!) von untergeordneter Bedeutung. Dass diese Dinge Streitpotential bieten, ist natürlich richtig, aber nicht von uns im Wege der Auslegung letztwilliger Verfügungen zu bereinigen.

    Die Enterbung war von mir auch nur als Extrembeispiel der weitestmöglichen (wörtlichen) Auslegung genannt.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Genau das ist ja mein Problem. Meiner Meinung nach kann er das nicht. Er hätte vllt andere Vermächtnisse anordnen oder evtl. die Erbquote ändern können. Aber ein Kind als Erbe komplett rauszunehmen und diesem nur ein Vermächtnis auszusprechen geht meiner Meinung nach nicht

  • Das Problem liegt hier in der Auslegung eines Testiervorbehalts, der in einer privatschriftlichen letztwilligen Verfügung enthalten ist, so dass die Erbfolge hier nicht alleine auf einer notariellen letztwilligen Verfügung beruht.

    Damit ist § 35 Abs. 1 S. 2 HS. 1 GBO nach meiner Ansicht von vorneherein nicht einschlägig und es ist schon aus diesem Grund ein Erbschein erforderlich (hilfsweise: weil die besagte Auslegung dem Nachlassgericht vorbehalten ist, was ohne weitere Ermittlungen nicht geklärt werden kann).

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!